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Artikel „Rotbert, Erzbischof von Trier“ von Karl Uhlirz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 294–296, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ruotbert&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 19:25 Uhr UTC)
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Rotbert, Erzbischof von Trier (nach 30. Juni 930 bis 19. Mai 956). Ein Bruder der Königin Mathilde, der Gemahlin Heinrich’s I., durch hohe Bildung und staatsmännische Begabung ausgezeichnet, übte er auf die lothringischen Angelegenheiten, die Beziehungen des deutschen zum westfränkischen Reiche großen Einfluß aus. Allerdings kann ihm das Verdienst, die Vereinigung Lothringens mit Deutschland bewirkt zu haben, nicht zugesprochen werden, unter der Regierung Heinrich’s I. und im ersten Decennium der Regierung Otto’s I. trat er wenig hervor. Wir treffen ihn auf einer am 1. Juni 932 zu Erfurt abgehaltenen Synode (Mon. Germ. Leges II, 18), bei der Krönung Otto’s machte er den Anspruch seiner Kirche, als die älteste des Reiches geltend, mußte aber gleich dem Kölner zu Gunsten des Mainzer Erzbischofs zurücktreten, während er die von den Vorgängern überkommende Würde eines Erzkanzlers für Lothringen behielt. Wird er jedoch durch mehrere Jahre in den Urkunden für lothringische Empfänger nicht als Erzcapellan genannt, ja auf einer Versammlung zu Duisburg im Mai 944 vom Herzog Konrad der Untreue gegen den König angeklagt, so werden wir, wenn er auch diese Anschuldigung als unbegründet zurückweisen konnte, doch annehmen dürfen, daß er nicht im allerbesten Verhältnisse zum Hofe stand. Als aber in den Jahren 946–948 die Streitigkeiten zwischen König Ludwig von Westfrancien und seinen großen Vasallen im Verein mit den [295] Händeln über die Besetzung des erzbischöflichen Stuhles von Reims das unmittelbare Eingreifen des deutschen Königs in die Angelegenheiten des Nachbarreiches erheischten, erhielt R., durch das Vertrauen des Papstes und des Königs geehrt, maßgebenden Einfluß auf die Führung der Geschäfte und war dem westfränkischen Ludwig, dem Gemahl seiner Nichte Gerberga, ein guter Berather im Kampfe gegen den mächtigen Gegner, Herzog Hugo von Francien. Im J. 946 begleitete er Otto I. auf einem Kriegszuge gegen Hugo und führte den als rechtmäßig anerkannten Erzbischof Artold in das eroberte Reims ein, im J. 947 verweilte er im Gefolge seines Königs zu Frankfurt, kraft päpstlicher Vollmacht hatte er auf den Synoden zu Verdun (Nov. 947) und Mouzon (13. Jan. 948) den Vorsitz inne, während man ihm bei der großen Versammlung zu Ingelheim (17. Juni 948) die Einleitung der Verhandlung und die Berichterstattung übertragen hatte; er nahm den Erzbischof Artold, in dessen Begleitung sich der Geschichtschreiber Flodoard befand, gastlich auf, zu Trier wurde auf einer Synode vom 8. September 948 gegen Herzog Hugo die Excommunication ausgesprochen. Auch in der Folge nahm R. an den wichtigeren Reichsversammlungen theil, so fand er sich im Juni 949 mit andern lothringischen Großen beim König in Nimwegen ein, begleitete diesen zwei Jahre später nach Italien, von wo er als kostbaren Schatz die Reliquien des heiligen Severus mitbrachte.

So treu ergeben jedoch R. in dieser Zeit seinem Könige war, so wenig mochte es ihm behagt haben, daß dieser die Oberleitung Lothringens zuerst Konrad dem Rothen, dann seinem Bruder Brun übertrug. Gegen den ersten, der die Güter der Trierer Kirche mit Gewaltthat aller Art schwer schädigte, den Erzbischof selbst durch schmähliche Beschuldigung an seiner Ehre gekränkt hatte und sich thatkräftig dessen Absicht, das Kloster St. Maximin bei Trier in seine Gewalt zu bekommen, entgegenstellte, stand R. in offenem Gegensatz. Aber auch mit Brun war er nicht immer im besten Einvernehmen. Zu dessen Gunsten war ihm die Erzkanzlerwürde entzogen worden, wie Konrad war auch Brun für das Kloster St. Maximin eingetreten, das wol seinem Einflusse es zu danken hatte, daß, wie bereits im J. 950 der Papst, so am 20. August 953 auch der König Rotbert’s Ansprüche abwies und die Selbständigkeit des altberühmten Stiftes sicherte. Zwar wohnte R. im September 953 der feierlichen Einsetzung Brun’s als Statthalters in Lothringen, dessen und des Bischofs Rather von Lüttich Weihe bei, aber wenig später im Frühjahr 955 war er im Sinne der mit Brun unzufriedenen lothringischen Adelsherren als Genosse der Hennegauer Grafen mit Erfolg thätig, den Sturz und die Vertreibung Rather’s, des Schützlings Bruno’s, zu bewerkstelligen. Keineswegs war er jedoch geneigt, seine Gegnerschaft gleich jenen Adligen bis zur offenen Auflehnung zu treiben; dem Könige Treue und Dienst zu erweisen, fand er sich im Mai 956 zu Köln ein, wo dieser die Gaben der lothringischen Großen in Empfang nahm. Hier raffte ihn mit anderen Bischöfen am 19. Mai eine ansteckende Krankheit hin.

Den Besitz und die Rechte seines Erzstifts wußte er mit gutem Verständniß zu wahren und zu mehren. Der König lohnte die Dienste des Oheims mit der Rückgabe der vielumstrittenen Abtei des h. Servatius zu Maastricht, mit der Bestätigung der Immunität, der Zollfreiheit und wichtigen Schenkungen. Reiche Grundbesitzer ließen sich zu vortheilbringenden Tausch- und Prekarieverträgen herbei, sorgfältig wachte R. darüber, daß unbebautes Land der Bearbeitung zugeführt wurde, des Neubruchs besserer Ertrag der Kirche zu Nutzen kam. – Mit Eifer war R. bemüht, den kirchlichen Pflichten seines hohen Amtes zu genügen: wie am 13. October 942 die neu erbaute Kirche von St. Maximin, so wurden auch andere Kirchen an verschiedenen Orten seines Sprengels von ihm geweiht; auf dem Grabe des heiligen Magnericus im Martinskloster zu [296] Trier ließ er einen Altar errichten; Kloster Mettlach dankt ihm die Reform und die Vergünstigung, daß am Tage der Kirchweihe die Leute der umliegenden Pfarren dahin wallfahrten durften; das Marienstift in Trier, dem er großmüthig die Abgaben von Weingärten und Aeckern, die seine Vorgänger einst von den Königen zum Geschenk hatten, übertrug, ehrt ihn als seinen Wiederhersteller. Wie wohlbewandert er auf dem Gebiete des Wissens seiner Zeit war, dafür haben wir mehrere Zeugnisse. Ein Brief Rather’s beweist uns seine Theilnahme für die Werke der Alten, der Griechen wie der Römer, dem gelehrten Erzbischof sandte Rather, so lange beide noch in gutem Verhältniß waren, seine Schriften, widmete Flodoard sein großes Gedicht über die Thaten Christi und der Päpste, auf Rotbert’s Anregung schrieb er die Geschichte der Reimser Kirche. – Verdient waren durch vielseitige und nutzbringende Thätigkeit die Lobesworte, mit denen zeitgenössische Geschichtsschreiber die Nachricht von seinem Tode begleiteten.

Mon. Germ. Script. Bd. 1, 3, 4, 8, 23; Diplomata Bd. 1. – Beyer, Mittelrhein. UB. 1. Bd. – Görz, Mittelrhein. Reg. 1. Bd. – Brower, Annales Trevir. ed. II. 1, 451 ff. – Giesebrecht, Kaiserzeit 1. Bd. – Waitz, Jahrb. Heinrich’s I. – Dümmler, Jahrb. Otto’s I. – Kalckstein, französ. Königthum 1. Bd. – Vogel, Ratherius von Verona I, 98 ff., 181 ff. – Wattenbach, Geschichtsquellen 1. Bd. – Sickel in Sitzungsber. der Wiener Akad. 93, 708 und Mon. Germ. Diplomata 1, 37, 81.