ADB:Ruben, Christoph Christian
Peter Cornelius auch unsern R. begeisterte und 1823 nach der neu aufblühenden Musenstadt führte. Hier arbeitete der junge R., welcher an dem Präsidenten v. Delius in Trier einen fördernden Gönner gefunden hatte, mit brennendem Eifer; zu seinen damals schon gerühmten Leistungen gehört das für eine Kirche Westfalens gemalte Altarbild einer „Kreuzabnahme“. Als dann Cornelius bleibend nach München übersiedelte, folgte R. 1828 seinem Meister auch dahin und begründete mit einer Reihe von Compositionen und Bildern seinen guten Ruf und gefeierten Namen. Dazu gehören in erster Reihe eine allegorische Figur in den Bogenzwickeln der Arkaden, dann (unter der Leitung von Heinrich Heß) ein Carton mit der „Anbetung der hl. drei Könige“ für die Glasfenster des Regensburger Domes (1829); diesem folgten 1830 zwei weitere Bilder aus dem Leben Johannes des Täufers und vier Darstellungen aus der Geschichte des hl. Stephanus (1832), Arbeiten, welche weder an die kurz vorher noch beliebte Almanach-Deutschthümelei erinnerten, noch in schülerhafter Nachahmung die alten Meister carikirten, dafür aber mit gleicher Gefühlsinnigkeit und Tiefe der Empfindung eine correcte Zeichnung und würdige Schönheit verbanden (vgl. Stuttgarter Kunstblatt 1832, S. 100). Infolge davon wurden ihm auch zwei große Cartons zu der (das Hochaltarbild ersetzenden) „Himmelfahrt und Krönung Mariens“ und dem „Kreuzestod des Erlösers“ übertragen (1836), welche als riesige Glasbilder für die damals erbaute Marienkirche in der Vorstadt Au ausgeführt wurden (auf Stein radiert von Völlinger in dem von F. Eggert herausgegebenen Prachtwerke: „Die Glasgemälde der Kirche in der Vorstadt Au“ und in Raczynski’s „Gesch. der Kunst“, 1840, II, 296 ff.). Inzwischen hatte R., gleichzeitig mit Moriz v. Schwind, den ehrenvollen Auftrag erhalten, für den Kronprinz Maximilian zwei Gemächer des neuerbauten Schlosses Hohenschwangau mit Bilder-Cyclen aus dem „Deutschen Frauenleben im Mittelalter“ und der „Schwanritter-Sage“ (ausgeführt von M. Neher) zu schmücken. Darauf widmete sich R. ganz der Oelmalerei und schuf von 1835–1844 eine Anzahl von Bildern, welche einen lyrisch-romantischen Ton anschlugen und mit zu dem Besten gehörten, was die damalige mit der Düsseldorfer wetteifernde Genremalerei der Münchener Schule in die Welt setzte. Im Jahre 1835 erschien der „Cartäusermönch“, welcher in sinnender Betrachtung von seiner Zelle weit über Land und Meer ausblickt (lithographirt von Fr. Hohe. vgl. Kunstblatt 1835, S. 368); als Gegenstück 1836 ein „Räuber“, welcher auf die Trümmer einer hochgelegenen Burg gelehnt, schwerbewaffnet in die abendlich dunkelnde Heimath hinabträumt, wozu ihm die Rückkehr versperrt ist (lithographirt von Karl Kratz für den Augsburger Kunstverein 1836). Dann malte R. unter dem Titel: „Die Macht des Glaubens“ einen bei tiefer Nacht zu einem Sterbenden eilenden Priester, welcher von italienischen Räubern überfallen wird und den reuig auf die Kniee fallenden Banditen den Segen mit dem Viaticum ertheilt (1837, Leuchtenberg-Gallerie, lithogr. von A. Kaufmann. Vgl. Kunstblatt 1840, S. 334). Gleichzeitig entstand „Der Eintritt in das Kloster“ (1837, Lotzbeck-Galerie, lithogr. von Bergmann), wo ein blühendes Mädchen, all’ ihr Hab und [414] Gut in einem Bündelchen tragend, an der Klosterpforte von einer Nonne bewillkommt wird, wobei die warme Sommerlandschaft mit der kühlen Halle in coloristisch-wirksame contrastirende Beleuchtung gebracht ist. Noch größere Popularität errang das „Abendgebet auf dem See“ (1838, lithogr. von C. Kratz, Kaufmann und Anderen. Vgl. Kunstblatt 1839, S. 98): Ein Schiffer und dessen Tochter fahren einen Pilger über den glatten, unbewegten Chiemsee; am klaren Himmel steht schon die Mondsichel, und von dem Kloster, dessen Fenster durch die Dämmerung leuchten, hallt die Abendglocke herüber; es ist ein poetisches Stimmungsbild voll lieblichen Ernstes. Als Curiosum, zu welchem Preise damals gute Gemälde gekauft wurden, mag die Notiz dienen, daß der Münchener Kunstverein das Bild für die Verloosung des Jahres 1838 um 495 Gulden erwarb; eine ähnliche Wiederholung (auch die vorgenannten Bilder wurden vielfach durch R. reproducirt) erhielt der Senator Bernus zu Frankfurt. Inzwischen entstand auch ein historischer Stoff „Herzog Erich von Calenberg zu Hardegsen 1533“; das Bild gelangte in Besitz des Herrn Kemper in Orlinghausen und wurde als Prämienblatt für den Kunstverein in Hannover 1839 von Fr. Hohe auf Stein gezeichnet. Dann folgten noch eine kleine „Sennerin auf einer Hochalpe“ sitzend und weit ausblickend (1841, Neue Pinakothek zu München), ein betendes „Fischermädchen“ (1843) und 1844 der vielgerühmte „Columbus in dem Augenblicke, da er die neue Welt entdeckt“, ein ziemlich akademisch componirtes Werk, welches durch Schöninger’s Galvanographie (im Verlag von Hanfstängl) die weiteste Verbreitung fand (vgl. Adolph Stahr im Kunstblatt 1844, S. 83). Mitten in dieser Thätigkeit erhielt R. 1841 einen Ruf als Director der neu zu organisirenden Akademie zu Prag; er unterzog sich mit Energie dieser Aufgabe und wirkte bald fördernd und anregend auf Lehrer und Schüler, unter welch’ Letzteren besonders Swoboda und Trenkwald hervorragen. Außer dem „Columbus“, welcher in der ersten Zeit des Prager Aufenthaltes entstand, malte R. ein großes Hochaltarblatt (Mariae Geburt) und zwei Seitenaltarbilder für die Kirche zu Turnau und das Staffelbild „Gutenberg“, ferner lieferte R. die Zeichnungen zu einem Tafelaufsatz (welchen die Stände Böhmens dem Oberstburggrafen v. Chotek zur Feier seines Amtsjubiläums verehrten) und zu vierzehn, Scenen aus der böhmischen Geschichte darstellenden Cartons, welche im Belvedere zu Prag stereochromisch ausgeführt wurden: Boriwoi’s Taufe; Brzetislaw’s Einzug mit den Reliquien des hl. Adalbert zu Prag; die Ermordung des hl. Wenzeslaus (vgl. Nr. 492 Illustr. Ztg. 1852); die Krönung Wratislaw’s zum ersten Könige von Böhmen; Wladislaw tritt an Ottokar I. die böhmische Krone ab; Wenzel als Minnesinger; Ottokar II. bekehrt die heidnischen Preußen an der Ostsee zum Christenthum; die Gründung der Universität Prag. Die folgenden Cartons behandeln Scenen aus dem Hussitenkriege (die „letzte Hussitenschlacht“ in Nr. 50 Ueber Land und Meer 1872, XXVIII. Band), ferner einzelne Episoden aus dem XVI. und XVII. Jahrhundert und dem dreißigjährigen Kriege. Während R. noch an diesem Bilder-Cyclus beschäftigt war, erreichte ihn der Ruf als Director an der k. k. Akademie der Künste zu Wien (1852 an Rösner’s Stelle). R. folgte, ahnungslos, daß über den neuen organisatorischen Arbeiten der schaffende Künstler für lange Zeit in den Hintergrund trat. Auch erwuchs ihm eine Menge von Anfeindungen und Parteikämpfen, aus welchen der Director zwar siegreich hervorging, während der Künstler sichtbar darunter litt. Er hatte seit dem Abgang von München die schönste Zeit des originellen Schaffens schon hinter sich und vermochte, mit Ausnahme des freilich auch manche Achillesferse bietenden „Columbus“, kein Werk mehr zu schaffen, welches die Popularität seiner Münchener Bilder erreicht hätte. Doch erlebte R. die Freude, daß sein zu Prag 1845 geborener Sohn Franz R. unter seine Schüler trat und als Genre- und Historienmaler [415] einen geachteten Namen errang. – Ueberhaupt erfolgten Anerkennungen und Ehren in gebührender Menge: der Kaiser verlieh ihm den Franz-Joseph-Orden, den Orden der eisernen Krone 3. Classe und 1869 den Titel eines k. k. Regierungsrathes; der König der Belgier sendete 1865 das Ritterkreuz des Leopold-Ordens, der ritterliche Kaiser Maximilian von Mexiko das Officierkreuz des Guadeloupe-Ordens, Pius IX. das Comthurkreuz des päpstlichen Gregor-Ordens u. s. w. R. starb am 8. Juli 1875 zu Wien und wurde seinem Wunsche gemäß auf der im Chiemsee gelegenen schönen Frauen-Insel bestattet, wo er in fröhlicher Jugend so gerne mit den Münchener Malern die Sommerfrische genoß und vor fünfunddreißig Jahren – ebenso wie sein Freund, der Landschaftsmaler Max Haushofer – mit einer ächten „Insulanerin“, einer schönen Tochter jener vielgefeierten Thumser’schen Eheleute, welche die berühmte „Künstler-Herberge“ allda besaßen, einen beglückten Ehebund geschlossen hatte. Von Wien, Salzburg und München kamen Freunde und Kränze, und die Bewohner der Insel und der benachbarten Ortschaften, wo „Herr Ruben“ immer in Achtung und ehrendem Andenken stand, gaben ihm ein stattliches Geleite zu seiner letzten Rast unter den hohen, altehrwürdigen, blüthenduftigen Linden dieses von Dichtern und Malern so viel verherrlichten, stillen Eilandes.
Ruben: Christoph Christian R., Historienmaler, geb. am 13. November 1805 zu Trier, erhielt den ersten Unterricht von seinem Vater Karl R., welcher als Zeichnungslehrer am Gymnasium zu Trier waltete; trotz seiner nicht unbedeutenden Kunstbegabung widerstrebte der lebhafte Knabe dem Wunsche des Vaters, Maler zu werden, und vollendete seine Gymnasial-Studien, bis der Ruhm des nach Düsseldorf berufenen