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Artikel „Rechenberg, Adam“ von Julius August Wagenmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 27 (1888), S. 756–757, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rechenberg,_Adam&oldid=- (Version vom 4. Oktober 2024, 00:03 Uhr UTC)
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Rechenberg *): Adam R., lutherischer Theolog und Polyhistor des 17. bis 18. Jahrhunderts, geb. am 7. September 1642 zu Leipsdorf bei Augustusburg in Sachsen, † am 22. October 1721 in Leipzig. – Er war der Sohn eines Gutsbesitzers Clemens R., besuchte 1650 ff. die Schule zu Freiberg, wo er durch Fleiß und Talent gründliche Kenntnisse sich erwarb, studirte 1661–65 in Leipzig, wo er durch Fürsprache des kursächsischen Oberhofpredigers Weller ansehnliche Stipendien genoß, Philologie und Geschichte, Philosophie und Theologie. Seine Lehrer in den philosophischen Fächern waren besonders Frankenstein, Rappolt und Thomasius, in den theologischen Scherzer, Kromayer und Geyer. Nachdem er 1665 Magister geworden, hielt er mit Beifall philologische und philosophische Vorlesungen und Disputationen und wurde 1677 außerordentlicher Professor der lateinischen und griechischen Sprache und der historischen Wissenschaften. 1678 erwarb er sich die Würde eines Licentiaten der Theologie und damit das Recht, theologische Vorlesungen und homiletische Uebungen zu halten. Gegen die Uebernahme einer theologischen Professur sträubte er sich anfangs aus Liebe zum Frieden und Abneigung gegen die damals in Leipzig entbrannten pietistischen Streitigkeiten. Nachdem aber 1699 kurz nacheinander die beiden Theologen Lehmann und Carpzov gestorben, mußte er fast wider Willen als Professor Theol. Primarius an die Spitze der theologischen Facultät treten, wurde noch in demselben Jahre Domherr zu Meißen, Ephorus der kurfürstlichen Stipendiaten und Dr. theol. durch Vertheidigung einer Dissertation „De justitia Dei ultrice“, verwaltete auch zweimal das akademische Rectorat und andere Aemter mit rastlosem Eifer und musterhafter Treue. Nachdem er bis ins höchste Lebensalter einer kräftigen Gesundheit sich erfreut, fühlte er doch zuletzt eine Abnahme seiner Kräfte, zog sich mehr und mehr in die Stille zurück, eifrig bemüht, das Heil seiner Seele zu fördern, und starb zuletzt im 80. Lebensjahre, mit christlicher Freudigkeit, bei vollem Bewußtsein, ohne Schmerz und Todesfurcht, wegen seines frommen, friedliebenden, wohlwollenden Charakters allgemein beliebt, wie um seiner gründlichen und vielseitigen Gelehrsamkeit willen geachtet. Er war viermal verheirathet: seine dritte Frau war eine Tochter des Philosophen Jakob Thomasius, seine vierte eine Tochter von Philipp Jakob Spener: letztere überlebte ihn und starb 1726, „eine der gelehrtesten, gottseligsten und besten Frauen ihrer Zeit“; von ihr hatte er zwei Söhne, von denen der eine frühe starb, der andere, Karl Otto R., sich als Jurist einen Namen gemacht hat. – Trotz seines friedliebenden Sinnes blieb R. in einer so streitsüchtigen Zeit und Umgebung von den Angriffen theologischer Gegner nicht verschont: insbesondere verwickelte ihn seine 1700 erschienene Abhandlung über den Gnadentermin („De gratiae revocatricis termino“) in den unerquicklichen und nicht ohne Leidenschaftlichkeit geführten sog. terministischen Streit mit seinen Collegen Th. Ittig in Leipzig, Neumann in Wittenberg, Schelwig in Danzig, einen Nebenstreit der sog. pietistischen Streitigkeiten, worüber zu vgl. Walch, Lehrstreitigkeiten II, 857; Ritschl, Geschichte des Pietismus II, 212. – Rechenberg’s übrige Schriften sind außerordentlich zahlreich und mannichfaltig (s. die mehr als 80 Titel bei Rotermund), meist kleinere, aber zum Theil noch jetzt werthvolle Abhandlungen. Besonders zu nennen sind 1) sein „Summarium historiae ecclesiasticae in usum stud. juventutis“, 1697, und in wiederholten Auflagen bis 1789 neu erschienen und vielgebraucht, ein für jene Zeit trefflicher, gedrängter, gut geordneter Grundriß der Kirchengeschichte, epochemachend durch den ersten Versuch einer Periodeneintheilung; 2) „Hierolexicon reale h. e. biblico-theologicum [757] historico-ecclesiasticum“, 1714, erster Versuch eines Bibellexikons und einer theologischen Realencyclopädie; 3) „Exercitationes in N. T., historiam eccl. et literariam“, 1707, und „Dissertationes hist. politicae“, 1698, 1715, eine Sammlung einzelner Abhandlungen verschiedensten Inhaltes; auch durch Ausgaben patristischer Schriften, durch eine Ausgabe des Neuen Testaments, der symbolischen Bücher usw. hat er sich bekannt und verdient gemacht.

Vgl. über sein Leben und seine Schriften Börner, Oratio in memoriam A. R. 1724. – Sicul’s Leipz. Jahrb. II, 3, 192. – Ranfft, Leben der kurs. Gottesgelehrten II, 949–98. – Hirsching-Ernesti IX, 183–90. – Jöcher III, 1948. – Rotermund VI, 1508. – Döring, Gelehrte Theologen Deutschlands III, 475. – Frank, Gesch. der prot. Theol. II, 176. – Tholuck, Akad. Leben des 17. Jahrh. II, 93.

[756] *) Zu S. 498.