ADB:Kromayer, Hieronymus
Calixt etc. zusammenfällt; das Auftauchen des Spener’schen Pietismus hat er nicht mehr erlebt. Diesem Stand der Dinge entsprechen die Schriften, welche K. hinterlassen hat. Am harmlosesten erscheinen die exegetischen Dissertationen, welche theils alttestamentliche Stellen behandeln, theils, und bei weitem überwiegend, neutestamentliche Aussprüche und Thatsachen, namentlich des Lebens Jesu, zum Gegenstande haben. Ein Buch beschäftigt sich mit der vollständigen Auslegung des Briefes an die Galater und der Offenbarung Johannis. Das Hauptgewicht der schriftstellerischen Thätigkeit des Mannes liegt indeß offenbar in denjenigen Werken, welche die Glaubens- und Sittenlehre betreffen. Hier tritt der polemische Zug damaliger Zeit kräftig zu Tage. Schon der Titel „Theologia positivo-polemica“ ist sprechend genug. Die polemischen Spitzen der Werke Kromayer’s richten sich erstlich gegen Rom, z. B. in den Abhandlungen „De apostasia romanae ecclesiae“ und „De primatu Petri et successione“; „De traditionibus“; „De justificatione hominis peccatoris coram Deo“; „De bonis operibus“; sodann kehrte sich die Polemik gegen die calvinische Lehre von der Gnadenwahl: „De libro vitae“, „De divina contingentium praescientia“; aber auch gegen Calixt und seinen Synkretismus macht er Front in den „Loci antisyncretistici“. Voll der Polemik ist ferner das Werk, welches der „Kritik der Religionen“ gewidmet ist: „Scrutinium religionum tum falsarum tum unice verae et orthodoxae“. Das Buch erschien zuerst 1670, wurde aber nach Kromayer’s in demselben Jahre [181] erfolgtem Tode noch in zweiter und dritter Auflage 1673 und 1682 herausgegeben. Dasselbe handelt im ersten Abschnitt von der Religion überhaupt, sodann aber in buntester Reihe, ohne sachliche oder zeitliche Ordnung, vom Heidenthum, Muhamedanismus, Judenthum, dann von allen möglichen christlichen Confessionen, Richtungen und Secten, nämlich vom Wiedertäuferthum und Quäkerthum, vom Weigelianismus, Rosenkreuzern und Paracelsisten, vom Photinianismus, Arminianismus, Calvinismus, Abyssinismus, Anatolicismus, d. h. von der abessynischen Landeskirche und der griechisch-orientalischen Kirche; das 12. Kapitel gibt die Kritik des „Papismus“; das letzte endlich handelt vom „Lutherthum“ als der ausschließlich wahren und rechtgläubigen Religion. Das Ganze stellt also eine Art Symbolik vor, die jedoch völlig in Polemik aufgeht. An dieses Scrutinium religionum schließen sich fünf Abhandlungen an „De scrutinio religionis“. Von ebenso starkem polemischem Geist ist selbst das kirchengeschichtliche Werk beseelt: „Ecclesia in Politia i. e. Historiae ecclesiasticae centuriae XVI. cum praesente dimidiata“, ganz gemäß dem Vorbild der Magdeburger Centurien nach Jahrhunderten mechanisch abgetheilt, Leipzig 1673. Je näher der Verfasser hier seiner eigenen Lebenszeit kommt, desto stärker überwiegt die Polemik, z. B. anlangend Valentin Weigel, den er als Führer der Schwarmgeister, als princeps fanaticorum behandelt, S. 531 ff.
Kromayer: Hieronymus K., wurde zu Zeitz am 18. Januar 1610 geboren, verlor seinen Vater schon während seiner Knabenjahre, erhielt seine humanistische Vorbildung in der Stiftsschule zu Naumburg, und studirte von 1628 an vorzugsweise in Leipzig, eine Zeit lang aber auch in Wittenberg und Jena, und promovirte zum Magister in der philosophischen Facultät zu Leipzig. An letzterer Universität wurde er 1643 zum Professor der Geschichte, später der Beredsamkeit ernannt. Bald aber erwarb er die theologische Doctorwürde, wurde 1646 zum außerordentlichen Professor der Theologie befördert, und rückte zum ordentlichen Professor in der theologischen Facultät, sodann zu verschiedenen akademischen Würden vor, wurde Domherr zu Zeitz, bald darauf zu Meißen. Deshalb wurde ihm, nachdem er am 3. Juni 1670 gestorben war, einige Wochen später ein sogenannter Leichenproceß, am 10. Juli 1670, im Dom zu Meißen gehalten, wobei der Domprediger Matthias Zimmermann die Gedächtnißpredigt hielt, aus der manches in Betreff seiner Persönlichkeit zu entnehmen ist. Der Prediger führt, um seines Taufnamens willen, eine Vergleichung durch zwischen K. und dem Kirchenvater Hieronymus. Darf man den Angaben dieser Gedächtnißrede Glauben schenken, ungeachtet sie panegyrisch gehalten ist, so hat K. als Professor viel Freundlichkeit und Entgegenkommen gegen die Studirenden gezeigt und bedeutende Anziehungskraft auf sie geübt. Die Zeit seines kräftigen Mannesalters umfaßt die 30 Jahre von 1640–1670, ein Zeitalter, welches mit der Höhezeit altlutherischer Orthodoxie und Polemik, mit den Kämpfen gegen