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Artikel „Raveaux, Franz“ von Karl Wippermann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 27 (1888), S. 465–470, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Raveaux,_Franz&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 13:15 Uhr UTC)
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Raveaux: Franz R., Politiker in den Jahren 1848 und 1849, wurde geboren am 1. April 1810 in Köln als Sohn des Magazin- und Fourageverwalters bei der Festungsverwaltung in Deutz, Peter Raveaux und der Anne Marie, geb. Maaß. Der Vater stammte aus Frankreich, lebte 1794 und während der französischen Zeit des Rheinlandes in Bonn, dann in Mainz, seit 1805 in Köln und Deutz. Für den Kaufmannsstand bestimmt, besuchte R. die Handelsschule von Schumacher, 1820–24 das Gymnasium der Karmeliter in Köln. Hier zeichnete er sich jedoch mehr als Anführer bei tollen Streichen als in den Studien aus; seine Geschicklichkeit und Kühnheit rief aber vielfach Anerkennung hervor, namentlich nachdem er als Schwimmer 4 Personen das Leben gerettet. 1824 wegen Ausschreitungen vom Gymnasium gewiesen, nahm er 1825 Unterricht in der Malerakademie zu Düsseldorf, trat jedoch bald darauf als Freiwilliger in ein preußisches Dragonerregiment. Diesem entfloh er während der siebenmonatlichen kriegsgerichtlichen Untersuchung wegen eines Streits mit einem Lundwehrmajor. In das nahe Ausland flüchtend, betheiligte er sich an der belgischen Revolution von 1830 und 1834 zog ihn sein abenteuerlicher Sinn nach Spanien, wo er unter den Christinos gegen die Karlisten kämpfte. Von diesen wurde er eine Zeit lang gefangen gehalten. Nach der Befreiung zeichnete er sich in den Kämpfen gegen dieselben so sehr aus, daß er mehrere Orden erhielt und zum Hauptmann aufrückte. Nach dem Ende des Krieges durchschweifte er die Schweiz und Frankreich, dann wandte er sich dem Vaterlande wieder zu. Er ließ sich 1837 in Köln nieder, wo er sich mit Brigitte Neukirchen vermählte und dann einen Arrest abbüßte, weil er als Landwehrmann ohne Urlaub in fremde Kriegsdienste getreten war. In Köln fand er geschäftliche Schwierigkeiten, weshalb er nach Blankenheim in der Eifel verzog. Hier hatte er zwar mehr Glück mit dem Geschäft, er mußte aber den Ort bald wieder verlassen, weil er in einem Schriftchen: „Die Bürgermeisterwahl oder Erzeugnisse eines humoristischen Katzenjammers“ (Köln 1843) dortige Vorgänge in beißender Weise und in Knittelversen besungen hatte und deßhalb gerichtlich bestraft war. Nach Köln zurückgekehrt, redigirte er den „Kölnischen Anzeiger“ und gab Unterricht [466] im Französischen und Spanischen. Gleichzeitig legte er eine Cigarrenfabrik an, wodurch seine Vermögensverhältnisse eine Besserung erfuhren. Eine öffentliche Wirksamkeit eröffnete sich ihm zunächst im „Verein der Dombaufreunde“, wo er als Redner große Erfolge errang; Bedeutung für Köln erlangte er aber dadurch, daß er 1844 die Wahl des Vorstandes dieses Vereins durch Stimmenmehrheit durchsetzte und so die langjährige Praxis des sog. Klüngels oder einer Anzahl mit einander verwandter Familien stürzte. Infolge weiteren Verfalls des Klüngels trat er mit Genossen aus und gründete im „Neuen Kuhberg“ einen neuen Carnevalsverein, welcher volksthümlicheren Grundsätzen folgte und den alten an Mitgliederzahl wie Glanz der Aufführungen weit übertraf. Auch wurde hier die Politik grundsätzlich in die freien Vorträge gezogen, was zur Folge hatte, daß sich die politische Opposition in Köln während der nächsten Jahre unter der Narrenmaske weit hervorwagte. Präsident dieses Vereins, pflegte R. beim Carneval als beliebter Sprecher aufzutreten. Vermöge gesunden Mutterwitzes und durch geschickte Benutzung des rechten Augenblicks gelang es ihm, größere Versammlungen zu einstimmigen Beschlüssen fortzureißen. Seine Beliebtheit wuchs noch erheblich durch sein Vorangehen in productiven Angelegenheiten des Rheinlandes. Insbesondere nahm er sich durch kühnes Auftreten in der Presse mit Erfolg der armen Weinbauern gegen die Verfälscher des rothen Ahrweins an. Eine Sammlung der hierauf bezüglichen Zeitungsartikel gab er unter dem Titel „Die Ahr“ (Köln 1844) heraus. Als am 3. August 1846 Volkshaufen in Köln, welche sich zur Feier der Kirmeß von St. Martin belustigten, mit Militär blutig zusammengestoßen waren, trat R. vermittelnd auf. Sein umsichtiges Benehmen den Behörden gegenüber fand allseitige Anerkennung, aber die von ihm gebildete und geleitete Bürgercommission behufs Feststellung der Einzelheiten über das Verhalten des Militärs wurde wegen Anmaßung richterlicher Befugnisse in Anklage versetzt; man mußte jedoch infolge seiner Schrift „Die Kölner Ereignisse vom 3. und 4. August nebst ihren Folgen“ (Mannh. 1846) von der Anklage wieder Abstand nehmen. Nur wegen Zurechtweisung eines Lieutenants erhielt R. Arreststrafe, worauf er zur Anerkennung seines Verhaltens in den Stadtrath gewählt wurde. Solchergestalt allmählich der populärste Mann in Köln geworden, war er hier auch im März 1848 der thätigste. Nachdem er am 5. März an der das Vorparlament berufenden Versammlung liberaler Männer in Heidelberg Theil genommen, veranlaßte er als Stadtverordneter am 15. März die Absendung der Deputation nach Berlin, welche hier Veranlassung zum Barrikadenbau gab. Die Leichenscene im Berliner Schloßhof hat er als Augenzeuge geschildert in Kolatschek’s „Deutscher Monatsschrift f. Pol. u. Wiss.“ (Stuttg. 1849, Märzheft, S. 417). Am 19. März setzten ihn radicale Berliner auf die Liste einer projectirten provisorischen Regierung. Nach Köln zurückgekehrt, war er für kurze Zeit Commandant der Bürgerwehr. Ende März war er fast der Einzige, welcher auf einer von vielen Rheinländern besuchten Versammlung in Mainz, die sich zum Vorparlament begeben wollte, der constitutionellen Monarchie nicht zustimmte. Im Vorparlament sprach er sich neben Hecker am lebhaftesten für Permanenz der Versammlung und für die Republik aus, die er jedoch „nicht jählings“ eingeführt wissen wollte. Parlamentarischen Ruf erlangte er dadurch, daß er am 2. April nach dem Ausscheiden von Hecker und Genossen erklärte, er habe zwar mit den Ausgetretenen gestimmt, sei aber zurückgeblieben, weil er denjenigen für den freisinnigsten halte, der seine Meinung der Mehrheit unterwerfe. Die geschickte Entschlossenheit, mit welcher er auf diese Art in einem Augenblicke großer Verwirrung vielen Mitgliedern die rechte Haltung wiedergab, ja die Versammlung in eine erhöhte Stimmung versetzte, machte so günstigen Eindruck, [467] daß ihm der Vorsitzende besonderen Dank aussprach. Schon vorher hatte er in öffentlichen Versammlungen zu Frankfurt mehrere für die Republik aufgetretene Redner durch besonnenen und warnenden Hinweis auf die Macht der entgegenstehenden Hindernisse gezügelt. Im 50er Ausschuß vertrat er die Ansicht, daß die Nationalversammlung das Recht habe, allein die Verfassung zu beschließen. An Arbeiten betheiligte er sich hier nicht, sondern ließ sich nebst Blum und Spatz an den Rhein senden, um die Uferregierungen in der Herstellung der durch Gewaltthätigkeiten gestörten Schifffahrt zu unterstützen, die Deputation hatte aber geringen Erfolg. Als Vertreter Kölns sprach er sich im deutschen Parlamente gegen eine kirchliche Feier zu dessen Eröffnung aus und regte schon am 19. Mai die wichtigsten Fragen an. Nachdem er am 1. Mai mit Simon und Jacoby den preußischen Minister Camphausen ersucht hatte, die preußische Nationalversammlung erst nach Vollendung der Reichsverfassung einzuberufen, verlangte er nun, daß die zugleich nach Frankfurt und Berlin Gewählten berechtigt sein sollten, beide Mandate anzunehmen. Damit berührte er die Frage eines Zwiespalts beider Constituanten und die des Vorrangs unter denselben. Am 22. Mai präcisirte er seinen Antrag dahin, daß die Landtage sich, zur Vermeidung von Widersprüchen mit der zu schaffenden Reichsverfassung, nicht mit Verfassungsfragen beschäftigen sollten, und wußte diese Frage schließlich durch den von ihm und Werner beantragten Beschluß über das Verhältniß der Verfassungen der Einzelstaaten zum deutschen Verfassungswerk tactvoll zu einem so versöhnlichen Abschluß zu bringen, daß er seitdem als erfolgreicher Vermittler im Parlamente galt. Anfangs hielt er sich zur Linken, unterschied sich aber bald von vielen Mitgliedern derselben durch seine Beachtung der wirklichen Verhältnisse. Auch hielt er sich außerhalb des Parlaments völlig rein von der Aufstachelung böser Leidenschaften. Daher stand er auch an der Spitze der Gemäßigteren, welche sich Anfang Juni vom Club der Linken, dem „Deutschen Hof“ trennten und im „Holländischen Hof“ ein linkes Centrum gründeten, welches bald darauf unter dem Namen des „Württembergischen Hofs“ die nächst dem Casinoclub zahlreichste Partei wurde. Im Juli trennte er sich mit Andern, die doch wieder mehr nach links drängten, von diesem Club und gründete mit H. Simon den Club der gemäßigten Linken in „Westendhall“. Ferneren parlamentarischen Erfolg hatte R. am 24. Juni bei den Verhandlungen über die provisorische Centralgewalt. Er trat zwar für den unterliegenden Vorschlag Schoder’s auf Einsetzung eines von den Regierungen zu bezeichnenden, von der Versammlung zu bestätigenden unverantwortlichen Präsidenten auf, machte aber im übrigen großen Eindruck, indem er die Versammlung aus dem Gewirre der Programme auf den Standpunkt des praktisch Möglichen rief, dann sie zu einer lebhaften Erwiderung des von der französischen Nationalversammlung den Deutschen gesandten Grußes hinriß und diese Einmüthigkeit geschickt zu einer Aufforderung an die Parteien, sich einander zu praktischen Schritten zu nähern, benutzte. Den Gipfel der Popularität erlangte R. auf kurze Zeit als Mitglied der Abordnung zur Einholung des Reichsverwesers. In den auf der Reise nach Wien an vielen Orten gehaltenen Ansprachen entfaltete er sein in Köln lange geübtes Talent, volksthümlich zum Herzen und dem gesunden Verstande zu reden. Als er krank in Wien zurückbleiben mußte, wurden ihm dort viele Ehrenbezeigungen zu Theil. Von hier begab er sich nach seiner Vaterstadt, welche ihn in einer sonst nur beim Empfang des Königs üblichen Weise begrüßte. Hierauf trat jedoch ein entschiedener Wendepunkt für R. ein. Seine Ernennung zum Gesandten des Reichsverwesers in Bern erfolgte, weil man keinen geeigneteren Vertreter zu dem republikanischen Nachbarvolke senden zu können glaubte, als den maßvollen Anhänger [468] der idealen Republik. Beim feierlichen Empfang in Bern am 12. Sept. 1848 hielt er an Funk, den Präsidenten der Tagsatzung, eine längere Ansprache. Es zeigte sich aber bald, daß ihm für eine solche Stellung geschäftliche Gewandtheit und politischer Tact fehlten. Gern hätte er sich in ein gemüthliches Verhältniß zu den Schweizern versetzt; mußte nun aber an die dortige Regierung eine entschiedene Note wegen der heimlichen und offenen Unterstützung der Flüchtlinge aus Hecker’s badischem Aufstande richten und sich eine starke Zurückweisung gefallen lassen. Im Gefühl des Unpassenden seiner Stellung entfernte er sich von seinem Posten zu einer Zeit, wo die Vorbereitungen der Flüchtlinge in der Schweiz zu einem neuen Einfall in Deutschland seine ganze Wachsamkeit hätten in Anspruch nehmen sollen, stimmte am 16. September zu Frankfurt in einer Cabinets-, der Malmöer Waffenstillstandsfrage, gegen das Reichsministerium und griff dasselbe auch in öffentlichen Versammlungen heftig an, ohne aber von der Stellung zurückzutreten. Im Parlament bestand seine Hauptthätigkeit auch ferner in Kundgebungen. So rief er am 23. November den Beschluß wegen einer Todtenfeier für Blum hervor und beleuchtete am 30. November das bisherige „Intriguenstück“ der Abgeordneten Oesterreichs. Bis zuletzt einer der entschiedensten Widersacher der nach Gagern’s Programm angelegten Reichsverfassung, gehörte er doch zu dem kleinen Theile derselben, welche am 12. März 1849 auf die Verhandlung über Welcker’s Antrag überhaupt eingingen. Er schlug damals vor, den König von Preußen vorläufig auf 6 Jahre zu wählen. Nach Vollendung der Reichsverfassung ward er ihr eifrigster Vertheidiger, namentlich wies er als Vorsitzender einer Versammlung der Linken und der Centren eindringlich auf die Nothwendigkeit des Zusammenhaltens aller Parteien für die Verwirklichung der Verfassung hin. Eine Folge dieser Besprechungen war die Einsetzung eines 30er Ausschusses, in welchem die Linke für eine Regentschaft stimmte, während R. und die Gemäßigten sich mit Berufung des Reichstages und Beeidigung aller Beamten sowie des Heeres auf die Verfassung begnügen wollten. Nachdem dann am 10. Mai 1849 der Reichsverweser vom Parlament aufgefordert war, alle Bestrebungen zur Durchführung der Verfassung in Schutz zu nehmen, führte R. Namens der Parlamentsdeputation, welche den Reichsverweser wegen Ernennung eines diesen Beschluß befolgenden Ministeriums befragen sollte, das Wort. Wohl im Hinblick auf seinen hierbei gezeigten Eifer wurde R., nachdem er am 11. Mai für die Bildung eines Heeres der reichsverfassungstreuen Regierungen aufgetreten war, am 12. Mai von dem die Geschäfte vorläufig fortführenden Ministerium Gagern als Reichscommissar entsandt, um am 13. in Offenburg auf der behufs Durchführung der Reichsverfassung angesagten badischen Landesversammlung mäßigend einzuwirken. Hier wurde er jedoch kaum angehört. Auf der Rückreise schilderte er dem Minister Bekk in Karlsruhe die Besinnungslosigkeit in Offenburg, Eindrücke, welche er später in der „Deutschen Monatsschrift“ (I, 106) wieder verwischt hat, und rieth dann dem Parlamente, zur Fernhaltung radicaler Elemente die Bewegung selbst in die Hand zu nehmen. Das geschah nicht, aber die Linke des Parlaments sandte auf Wunsch aus Rastatt am 18. Mai ihn und v. Trützschler nach Baden, um bei der dortigen provisorischen Regierung belehrend und vermittelnd zu wirken. In der That bewog er den gemäßigteren Brentano, an die Spitze des Landesausschusses zu treten und unterzeichnete mit v. Trützschler und Erbe am 19. Mai die von diesem Ausschuß und der Vollziehungsbehörde Badens an das deutsche Volk und an die badischen Soldaten erlassenen Aufrufe. In diesem, welcher mit den Worten „Tod den verbündeten Tyrannen!“ schloß, war wahrheitswidrig behauptet, das Parlament habe durch R. den Schutz des badischen Volkes erbeten. Dann entwarf er einen Feldzugsplan [469] zur Umgehung der im Odenwald stehenden aus hessen-darmstädtischen Truppen bestehenden Reichsarmee. Die provisorische Regierung genehmigte diesen Plan und sandte R. nach Stuttgart, wo er den Minister Römer erfolglos zu bestimmen suchte, die württembergischen Truppen nicht ferner der Centralgewalt zu unterstellen. Zugleich traf er dort Vorbereitungen zur Uebersiedelung der Nationalversammlung. Am 26. Mai neben Brentano, Fickler, Peter, Sigel und Struve zum Mitglied einer geheimen Kriegscommission in Baden mit den ausgedehntesten Vollmachten ernannt, bewirkte er, daß Eichfeld, der badische Kriegsminister und Oberfeldherr, weil er nicht rasch an die Ausführung von Raveaux’ Kriegsplan ging, durch Sigel ersetzt wurde. Mit diesem und Brentano hielt er am 27. Mai bei Mannheim Heerschau ab und stellte hier in einer Ansprache den Truppen die Aufgabe, „ganz Deutschland die Freiheit zu bringen“. Dann sorgte er als Stadtcommandant von Mannheim für Disciplin unter den Truppen, überwachte die Einheit der Operationen und nahm am 28. Mai mit Sigel und als Civilcommissar bei demselben in längerer Ansprache „an das deutsche Volk“ die Zwecke des Aufstandes gegen Verdächtigungen in Schutz. Nach dem für die Aufständischen unglücklichen Gefechte bei Heppenheim verhinderte er mit Brentano eine Meuterei der Truppen in Heidelberg. Am 5. Juni von der provisorischen Regierung Badens zu ihrem Mitgliede ernannt, lehnte er das ihm vom badischen Landesausschuß angebotene Kriegsministerium ab, um an der Nationalversammlung in Stuttgart theilzunehmen, welche ihn am 6. Juni zum Mitglied der Reichsregentschaft wählte. In dieser übernahm er mit Becher das Kriegsdepartement. Nach Sprengung der Versammlung flüchtete er am 20. Juni mit der Regentschaft nach Freiburg i. Br. Hier zeigte er sich, in der Meinung, „daß der Terrorismus noch im Stande sei, die Sache zu retten“, auf Struve’s Anregung zur Uebernahme der Dictatur bereit, es scheiterte dies jedoch an der badischen Constituante. Nachdem am 22. Juni 1849 vom Oberprocurator in Köln auf Grund der Art. 87 und 88 des rheinischen Strafgesetzbuchs „wegen versuchter Bildung eines Complotts“ sowie wegen „Complotts zum Umsturz der bestehenden Regierungen und zur Bewaffnung der Bürger gegen dieselben“ ein Steckbrief gegen R. erlassen war, fand er beim weitern Vordringen der preußischen Truppen am 30. Juni zugleich mit v. Itzstein ein Asyl in Thierachern bei Thun, auf dem Gute des Nationalraths Carlen. Von hier aus trat er am 4. November öffentlich der Behauptung Mieroslawski’s entgegen, daß er für seine Theilnahme am badischen Aufstande Geld bezogen habe (A. Allg. Ztg. 1849. Nr. 319). In seinen „Mittheilungen über die badische Revolution“ (Frankfurt a. M. 1850) schilderte R. seine Thätigkeit in Baden, die Unfähigkeit mehrerer dortiger Führer und die Gleichgültigkeit der Stuttgarter gegen das Parlament. Von der Rathskammer in Köln wurde am 19. Decbr. 1850 ein Verhaftsbefehl gegen R. erlassen und durch Beschluß des Anklagesenats vom 12. April 1851 wegen Betheiligung am badischen Aufstand sowie wegen Uebernahme der Reichsregentschaft Anklage gegen ihn erhoben. Er hielt sich nach seiner Ausweisung aus der Schweiz eine Zeit lang in Frankreich, wo er „französische Briefe“ in Kolatschek’s Monatsschrift schrieb, auf, und ließ sich dann in Brüssel nieder, wo er, fern von Politik, seine früheren geschäftlichen Verbindungen wieder aufnahm. Nachdem eine von der Polizeidirection in Köln am 28. April 1851 gegen seinen dortigen Aufenthalt erhobene Einsprache unbeachtet geblieben war, wurde er am 8. Juni an mehreren Orten Kölns, unter Begleitung eines Militärpiquets und unter Trommelschlag von einem Gerichtsvollzieher aufgefordert, sich zu stellen. Auf Bedingungen, auf welche er sich hierzu bereit erklärte, wurde nicht eingegangen. Der Assisenhof in Köln verurtheilte ihn am 8. Juli zum Tode und am 11. Juli ward [470] der Name des einst in Köln so populären Mannes auf dem dortigen Altmarkt an den Pranger geheftet. Diese Wendung hat R. nicht lange überlebt. Nach langen Brustleiden starb er am 13. September 1851, nachdem er eben seine Memoiren begonnen hatte, in einem kleinen Gartenhause zu Laeken bei Brüssel. Am Leichenbegängniß betheiligten sich am 16. September zahlreiche seiner Freunde und die deutschen Arbeiter in Brüssel. Eisenstuck, der Dichter Arago, ein Belgier und ein Ungar trugen die Zipfel des Leichentuches. Am Grabe hielten Prof. Merz aus Brüssel und Gemeinderathsmitglied Schemmer aus Köln Reden. Charakteristiken Raveaux’ finden sich in Grenzboten, 1849 (2. Sem., 3. Bd. S. 104 und Bd. 4 – „Deutsche Flüchtlinge in der Schweiz“ –); in den „Brustbildern aus der Paulskirche“ (Lpz. 1849) S. 149 und in der „Gegenwart“ (Bd. 5. Lpz. 1850. S. 197), vornehmlich aber in Ludw. Simon’s „Aus dem Exile“, Bd. 1 (Gießen 1855), S. 58, 101, 140; Nekrolog in Köln. Ztg. 1851, Nr. 224.

Fr. Raveaux, sein Leben und Wirken (Köln 1848). – Art. Fr. R. in Steger’s Ergänz. Konv.-Lex. Bd. 4 (Lpz. 1849). – Biedermann, Erinn. a. d. Paulsk. (Lpz. 1849). – G. v. Struve, Gesch. d. drei Volkserhebungen in Baden (Bern 1849. S. 182). – Laube, D. 1. d. Parl. – Haym, D. d. Nat.-Vers. – Amalie Struve, Erinn. a. d. bad. Freiheitskämpfen (Hamb. 1850. S. 150). – Häusser, Denkw. z. Gesch. d. bad. Rev. (Heidelb. 1851). – J. W. Schirmer’s hinterl. autobiogr. Fragmente in d. Deutschen Rundschau v. Juni 1877, S. 393. – W. Koch, Kölsche Scheldereie (III: Et Johr Aachunveezig), Köln 1885. – Biedermann, Mein Leben ein Stück Zeitgeschichte (Bd. 1. Breslau 1886) S. 361.