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Artikel „Major, Georg“ von Julius August Wagenmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 20 (1884), S. 109–111, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Major,_Georg&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 04:13 Uhr UTC)
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Major: Georg M., lutherischer Theolog des 16. Jahrhunderts, geb. den 25. April 1502 zu Nürnberg, † 28. November 1574 zu Wittenberg. – Schon als Knabe kam er an den Hof des Kurfürsten Friedrich von Sachsen, der ihn unter seine Kapellenknaben aufnahm, studirte dann mit Unterstützung des Kurfürsten und des Nürnberger Rathes in Wittenberg, wo er im Wintersemester 1511–1512 als Georgius Meyer de Nürnberga immatriculirt wurde, Humaniora und Theologie, wurde Schüler und Freund von Luther und Melanchthon, ging 1529 als Schulrector nach Magdeburg und trat in die Ehe mit Margaretha von Mochau, einer Schwester von A. Karlstadt’s Frau. Nachdem er 7½ Jahre lang der dortigen Schule rühmlich vorgestanden hatte (vgl. über diese Wirksamkeit H. Holstein, Das altstädtische Gymnasium in Magdeburg, Fleckeisen und Masius, Neue Jahrb. f. Phil. u. Päd. 1884, H. 1, S. 20 ff.), kehrte er 1536 als Professor der Theologie und Pfarrer nach Wittenberg zurück, bekleidete 1540 das Rectorat der Universität, wurde 1542 Assessor des Wittenberger Consistoriums, 1544 unter Luther’s Vorsitz Dr. theol. (vgl. Mollenhauer, Eine Wittenberger Doctordisputation, Dorpat 1880; Köstlin II, 686); 1545 10. November ist er Luther’s Gast bei dessen letzter Geburtstagsfeier, 1546 wird er auf Luther’s Vorschlag statt Melanchthon’s zum Religionsgespräch in Regensburg abgeordnet und bei dieser Gelegenheit von Luther mit ernster Ermahnung zum Festhalten an der reinen Lehre entlassen. Während des schmalkaldischen Krieges muß er mit seiner zahlreichen Familie (Frau und 10 Kindern) Wittenberg verlassen, wird aber im Mai 1547 vom Herzog Moriz und August von Sachsen erst als Feldprediger, dann als Prediger und Inspector in Merseburg angestellt und kehrt 1548 in seine frühere Stellung in Wittenberg zurück, – 1550 von dem Grafen von Mansfeld als Pastor und Superintendent nach Eisleben berufen, wird er gleich anfangs wegen seiner Theilnahme an den Verhandlungen über das Leipziger Interim und speziell wegen seiner Lehre von der Nothwendigkeit der guten Werke zur Seligkeit mit Mißtrauen aufgenommen und 1551 nach kurzer Wirksamkeit wieder verabschiedet. Er kehrt nun zum dritten Mal auf seine Wittenberger Professur und Pfarrstelle zurück und verbleibt in dieser Stellung, freilich nicht ohne fortdauernde Anfechtungen und Kämpfe, bis zu seinem Lebensende. Den ersten Anlaß zu diesen speciell sogenannten Majoristischen Streitigkeiten, die nur wieder eine einzelne Episode in den sogenannten philippistischen Streitigkeiten des [110] 16. Jahrhunderts bilden, gab Major’s früherer College, Nicolaus von Amsdorf (vgl. Bd. I, 412 ff.), durch eine 1551 zu Magdeburg erschienene Schrift unter dem Titel: „Daß D. Pommer und D. Major Aergerniß und Verwirrung angericht“, worin M. wegen seiner Betheiligung an dem sogenannten Leipziger Interim aufs heftigste angegriffen wurde. M. vertheidigte sich in einer 1552 zu Wittenberg erschienenen „Antwort“, worin er die Verantwortlichkeit für das Interim von sich ablehnt; über den ihm besonders gemachten Vorwurf aber, daß er die Nothwendigkeit der guten Werke zur Seligkeit gelehrt, erklärt er offen: „Das sage und bekenne ich, daß ich also vormals gelehrt habe und noch lehre und fürder lehren will, daß gute Werke zur Seligkeit nöthig sind“ etc. Dieser Satz wurde der Anlaß zu einer ganzen Reihe von Angriffen gegen M., der des Abfalls von der reinen lutherischen Lehre beschuldigt wurde. Noch im selben Jahr 1552 erschienen drei Schriften gegen ihn von den drei Gnesiolutheranern Amsdorf, Flacius, Gallus. M. sucht seinen Satz in verschiedenen Predigten und einer 1553 zu Leipzig erschienenen sehr umfangreichen Schrift: „Ein Sermon von St. Pauli und aller gottfürchtigen Menschen Bekehrung zu Gott“, theils zu vertheidigen, theils näher zu erklären. Flacius erbittet sich Gutachten von den geistlichen Ministerien zu Lübeck, Hamburg, Lüneburg, Magdeburg, die sämmtlich gegen M. ausfallen, und publicirt diese 1553 zu Magdeburg, tritt auch in einer neuen gehässigen Streitschrift gegen M. (kurze Antwort auf das lange Comment Dr. Geitz von guten Werken) hervor. Der Streit verbitterte sich und nahm immer breitere Dimensionen an. Der fernere Verlauf desselben gehört nicht hierher. M. selbst erklärte sich später in seinem Bekenntniß von dem Artikel der Justification 1558, in der Vorrede zu seiner Auslegung der Sonn- und Festtagsevangelien 1562 und in seinem Testament vom J. 1570 bereit, um allem Mißverstand zu begegnen, seinen Satz von der Nothwendigkeit der guten Werke zur Seligkeit zurückzunehmen und bekennt sich in unzweideutigen Worten zu der lutherischen Lehre von der Rechtfertigung allein durch den Glauben. Dennoch wollte die Gegenpartei seinen Worten nicht ganz trauen und immer wieder erhob sich gegen ihn der Verdacht philippistischer Irrthümer. 1569 verhandelte J. Andreä mit ihm über seine fünf Vergleichsartikel, M. ist geneigt, sie zu unterzeichnen, aber unter Vorbehalt des Corpus Doctrinae Philippicum. 1570 muß er, obwol hochbetagt und altersschwach, nach dem Tode seines Collegen Paul Eber, die Facultätsgeschäfte ganz allein übernehmen und bei einer großen Doctorpromotion präsidiren, wobei er am 11. Mai 1570 eine Rede hielt de confusionibus dogmatum veteribus et recentibus. Neue Stimmen erhoben sich bald darauf wider die Wittenberger Philippisten aus Anlaß des ihnen schuldgegebenen Kryptocalvinismus, in die auch der alte M., obwol in seinen letzten Jahren fast immer bettlägerig, noch einmal hineingezogen wurde. Am 30. Mai 1574 muß er die zur Beseitigung des Kryptocalvinismus aufgestellten sogenannten Torgauer Artikel unterzeichnen: er thut es mit der Erklärung, daß er von der Lehre Luther’s niemals abgewichen sei, Calvin’s Sätze nie gebilligt habe. Wenige Monate darauf starb er an Altersschwäche. Seine Frau überlebte ihn; von 12 Kindern, die sie ihm geboren, waren ihm nur zwei Töchter geblieben. Von seinen zahlreichen, meist kleineren Schriften hat er einen Theil in einem Sammelband herausgegeben unter dem Titel: „Operum D. G. Majoris tomus I.“ Vitebergae 1569, Fol.; die zwei weiteren Bände, die mehrfach erwähnt werden, scheinen niemals erschienen zu sein. Verzeichnisse seiner Schriften geben Adami, Will, Jöcher a. a. O. Außer den schon erwähnten mögen hier noch genannt werden a) die philosophischen „Scholia in Justinum, sententiae veterum poetarum, quaestiones rhetoricae ex Cicerone et Quintiliano, elementa grammat. lat. et graecae“ und b) die theologischen: „Vitae patrum“, 1544 u. ö., „Catalogus [111] doctorum eccl.“, 1550, „Bericht vom Colloquium zu Regensburg“, 1546, „Trostschrift von der wahren und falschen Kirche“, 1550, „Historia von St. Pauli Leben“, 1555, „De origine et auctoritate verbi Dei“, 1565, „Commonefactio historica etc.“, 1567 (autobiographischen Inhalts), abgedruckt in den Opp. t. I; außerdem viele Predigten und Programme in den Script. Witteb. T. I–VII.

Vgl. über sein Leben, seine Schriften und Streitigkeiten die Litt. zur Geschichte des Reformationszeitalters und des protestantischen Lehrbegriffs, bes. aber Walch, Religionsstreitigkeiten, I, 98; Adami, Vitae theol. pag. 223; Will, Nürnb. Gel.-Lexikon II, 537 ff. Preger, Flacius I, 356 ff.; Thomasius, D. G. II, 284; Beck in der Theol. Real-Encykl. 2. A. IX, 156 ff.; Holstein in N. Jahrb. f. Phil. u. Päd. 1884. I, 2. S. 20 ff.