ADB:Leopold I. (Markgraf der Ostmark)

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Artikel „Leopold I., Markgraf von Oesterreich“ von Heinrich Ritter von Zeißberg in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 18 (1883), S. 379–381, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Leopold_I._(Markgraf_der_Ostmark)&oldid=- (Version vom 18. April 2024, 04:39 Uhr UTC)
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Leopold I. (Liutpold), Markgraf von Oesterreich (976–994), aus dem Hause der Babenberger. Seine Abkunft ist dunkel. Die Familientradition wie dieselbe bei dem Babenberger Otto von Freisingen erhalten ist, leitete Leopolds Sohn Adalbert von jenem Adalbert ab, der unter Ludwig dem Kinde angesichts seiner Burg Babenberg enthauptet wurde. Dieser genealogische Zusammenhang ist jedoch durch neuere Untersuchungen (F. Steins) erschüttert worden, da ein näheres Eingehen auf die Besitzverhältnisse zeigt, daß der Allodialbesitz der Markgrafen von Schweinfurt, aus deren Hause die österreichischen Babenberger stammen, sich nicht mit dem Allodialbesitze der einstigen Babenberger berührt, sondern vielmehr vielfach mit dem Allodialbesitze eines anderen westfränkischen Geschlechtes, das man nach seiner Hauptbesitzung die Geisenheimer nennen könnte, obgleich allerdings auch die Burg Babenberg später im Besitze des letzteren Hauses erscheint. Ja man hat sogar die fränkische Abstammung der österreichischen Babenberger in Abrede gestellt und denselben entweder (Riezler) baierische Herkunft, oder gar in barocker Weise (Cl. Schmitz) Abkunft von den Scheyern-Wittelsbachern vindicirt oder endlich (A. Huber) schwäbischen Ursprung behauptet. [380] Dunkel wie die Abkunft seines Hauses im allgemeinen ist auch Leopolds unmittelbare Abstammung. Sein Bruder Berthold war Graf im Nordgau und im Volkfelde. Er selbst war ursprünglich Graf im Donaugau. Der Vater beider scheint jener ostfränkische Graf Heinrich gewesen zu sein, der zu König Heinrich I. in engen Beziehungen stand und zuletzt mit ihm verwandt war. Auch das Jahr, in welchem L. einem gewissen Burchard als Markgraf von Oesterreich folgte, war früher strittig; gewöhnlich entschied man sich für das J. 984. Gegenwärtig gilt als der Zeitpunkt, zu welchem L. in den Besitz der Ostmark gelangte, das J. 976, in welchem er zuerst urkundlich als Markgraf von Oesterreich erscheint und man bringt, wol mit Recht, seine Einsetzung mit der Empörung Herzog Heinrichs II. von Baiern gegen König Otto II. in Verbindung, bei welcher u. a. die Brüder Berthold und L. auf Seite des letzteren standen. Sowie wahrscheinlich damals Graf Berthold durch die Verleihung der wiederhergestellten Markgrafschaft im Nordgau belohnt wurde, so wird eben damals wo nicht schon früher auch L. die Ostmark mit dem Traungau verliehen worden sein, doch so, daß er daneben die Grafschaft im Donaugau behielt, die sogar noch auf seine Söhne überging. Eine spätere Zeit kleidete die Erhebung Leopolds zum Markgrafen von Oesterreich in die Form einer Sage, die uns ein Melker Geistlicher aus dem Ende des 12. Jahrhunderts überliefert hat, wonach ein Kaiser unserem L., der ihm auf der Jagd im Augenblicke der Gefahr beisprang, seinen gebrochenen Bogen mit der Aussicht auf Belehnung mit einem zunächst erledigten Reichslande gegeben und sein Versprechen durch die Verleihung der Ostmark erfüllt habe. Dieselbe Sage weiß auch zu erzählen, daß L., in der Mark angelangt, eine Burg, in der sich ein gewisser Gizo festgesetzt hatte, erstürmt, den eroberten Platz Melk d. i. mea dilecta genannt und an demselben 12 weltliche Kleriker angesiedelt habe, damit nicht wieder eine Festung daraus gemacht werden könne. Als Kern dieser Localsage dürfte zu betrachten sein, daß L. einen Theil der alten karolingischen Ostmark (bis zum Wienerwalde) noch von den Ungarn (Gejsa) besetzt fand, sein Gebiet erst in schweren Kämpfen erweitern mußte und den ersten Grund zu dem Kloster Melk gelegt hat. Noch unter L. wurde die Ostmark bis zum Wiener Walde ausgedehnt, wie man aus den noch von Bischof Pilgrim von Passau zu Lorch und Mautern abgehaltenen Synoden ersieht, auf denen es sich um die in dem Lande zwischen Enns und Wiener Walde der Passauer Kirche zustehenden Zehnte handelte. Vermuthlich damals wurde zum Schutze gegen die Ungarn Wieselburg an der Erlaf angelegt. Zu Bechlaren scheint L. residirt zu haben. L. starb am 10. Juli 994. Bertholds des Nordgauers Sohn Heinrich hatte sich nach längerer Fehde mit dem Bischofe von Würzburg ausgesöhnt. Aus diesem Anlasse veranstaltete der Bischof zu Würzburg ein Fest, zu welchem auch L. geladen wurde. Als nun dieser eines Morgens nach der Messe sich in Kampfspielen erlustigte, traf ihn ein Pfeil, der nicht ihm, sondern seinem Neffen bestimmt war. Dies war am 8. Juli; zwei Tage darnach verschied der Markgraf und wurde zu Würzburg begraben. Sein Verwandter Thietmar von Merseburg erzählt dies und fügt hinzu: „Man beweinte ihn mit Recht, denn es gab keinen verständigeren und in jeder Beziehung besseren Mann“. Seine Gemahlin Richeza, deren Abstammung dunkel ist, gebar ihm vier Söhne, Heinrich, Adalbert, Ernst und Poppo, von denen die beiden ersten nach einander ihrem Vater in der Ostmark folgten, Ernst Herzog von Schwaben, Poppo Erzbischof von Trier wurde.

Breve chronicon Austriae Mellicense (MG. T. XXIV). – Thietmar von Merseburg, Lib. IV. c. 14. – Meiller, Regesten der Babenberger. – Büdinger, Oesterr. Geschichte, 271 ff., 464 ff. – G. Waitz, Jahrb. d. deutschen [381] R. unter K. Heinrich I. (neue Bearbeitung), Excurs XII. – F. Stein, Ueber die Herkunft des Markgrafen Liupold von Oesterreich (Forsch. zur deutschen Geschichte, XII. 1. 1871). – Ambros Heller, Ueber die Herkunft der österr.-babenberg. Fürsten (Blätter des Vereins für Landeskunde von Niederösterreich, 10.-11. Bd.). – S. Riezler, Geschichte Baierns, I. 360. – Cl. Schmitz, Oesterreichs Scheyern-Wittelsbacher oder die Dynastie der Babenberger, München 1880. – Alfons Huber in den Mittheilungen des Instituts für österr. Geschichte, II. 374 ff.