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Artikel „Huber, Alfons“ von Karl Uhlirz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 50 (1905), S. 495–498, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Huber,_Alfons&oldid=- (Version vom 9. Oktober 2024, 13:20 Uhr UTC)
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Band 50 (1905), S. 495–498 (Quelle).
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Huber: Alfons H., Historiker, geboren am 14. October 1834 zu Fügen im Zillerthale als Sohn eines Bauern. Der Knabe verrieth schon frühzeitig geistige Begabung und treffliche Anlagen; durch das seiner Zeit in kirchlichen Kreisen beliebte Buch Annegarn’s, das er im Pfarrhofe fand, wurde seine Neigung zur Geschichte geweckt. Aber erst im Jahre 1847 kam H. an das Gymnasium zu Hall, an dem er bis zu den zwei obersten Classen verblieb, die er dann in Innsbruck zurücklegte. Im Jahre 1855 bezog er die Universität [496] der Landeshauptstadt. Hier fand er in Julius Ficker, der im J. 1852 nach Oesterreich berufen worden war und alsbald eine sehr fruchtbare Thätigkeit entfaltet hatte, den anregenden Lehrer, aber auch den treuen Freund und Förderer. Am 2. December 1858 wurde H. für das Lehramt am Gymnasium für Geschichte und Geographie approbirt, am 7. Februar 1859 zum Doctor der Philosophie promovirt. Noch im October dieses Jahres wurde auf Grund der von ihm vorgelegten Abhandlungen über das hellenische Staatensystem und über die Entstehungszeit der österreichischen Freiheitsbriefe seine Habilitation für allgemeine Geschichte genehmigt, die später auf die Lehrbefähigung für alte und österreichische Geschichte eingeschränkt wurde. Die zweite Abhandlung, die im J. 1860 in die Sitzungsberichte der Wiener Akademie aufgenommen wurde, zeigt schon das Arbeitsgebiet, das H. unter Ficker’s Leitung mit Sicherheit betrat und dem er bis an sein Lebensende mit größtem Erfolge treu blieb, die eindringende Erforschung der österreichischen Geschichte. Ihr folgten die Untersuchungen über die „Waldstädte Uri, Schwyz, Unterwalden bis zur festen Begründung ihrer Eidgenossenschaft“ (Innsbruck 1861). Schon hatten des jungen Docenten Arbeiten die Aufmerksamkeit der gelehrten Welt erregt und schon war er für den Lehrstuhl der österreichischen Geschichte an der Lemberger Universität in Aussicht genommen, als durch den am 2. Februar 1863 genehmigten Uebertritt Ficker’s an die juridische Facultät für ihn ein Platz an der liebgewonnenen heimathlichen Hochschule frei und er am 21. September 1863 zum ordentlichen Professor der Geschichte in Innsbruck ernannt wurde.

Das Jahr, in dem er eine feste, gesicherte Stellung erhielt, wurde auch für seine wissenschaftliche Thätigkeit von großer Bedeutung. Als Johann Friedrich Böhmer, der die Arbeiten des jungen Gelehrten von Anfang an mit Theilnahme begleitet und ihm Studienreisen nach München und Wien ermöglicht hatte, am 22. October 1863 gestorben war, hatte neben anderen Gelehrten Ficker die Obsorge über seinen wissenschaftlichen Nachlaß übernommen. Er betraute seinen hervorragenden Schüler mit der Herausgabe des vierten Bandes der Fontes rerum Germanicarum, der im J. 1868 erschien, und mit der Bearbeitung der Regesten Kaiser Karl’s IV., die H. in mustergültiger Weise während der Jahre 1874–1877 fertigstellte. Ein Ergänzungsheft dazu erschien im J. 1889.

Vor der Vollendung dieser größeren Werke, die ihn zu eingehender Beschäftigung mit der Reichsgeschichte während des 14. Jahrhunderts führten, hatte H. aus Anlaß der Feier der 500jährigen Zugehörigkeit Tirols zur habsburgischen Herrschaft im J. 1864 eine „Geschichte der Vereinigung Tirols mit Oesterreich“ erscheinen lassen, der im folgenden Jahre sich die „Geschichte Herzog Rudolf’s IV.“ anschloß. Während der Jahre 1864–1868 war er auch in hervorragendem Maße an der Redaction des Archivs für Geschichte und Alterthumskunde Tirols betheiligt, im J. 1866 erschien in der „Oesterreichischen Geschichte für das Volk“ der von ihm bearbeitete Band, in dem er die Geschichte der ersten habsburgischen Landesfürsten von Albrecht I. bis Rudolf IV. behandelte.

Am 22. December 1870 erfolgte auf sein von der Facultät befürwortetes Ansuchen eine seiner Arbeitsrichtung durchaus entsprechende Aenderung seines Lehrauftrages, indem er an Stelle des am 20. August in den Ruhestand versetzten Professors Glax zum Professor für österreichische Geschichte bestellt wurde. Zunächst veröffentlichte er eine Anzahl kleinerer Arbeiten, die sich über das ganze Gebiet der österreichischen Geschichte von den Zeiten Rudolf’s von Habsburg bis zum Ende des 18. Jahrhunderts ausdehnten. Vor die eigentliche [497] Aufgabe seines Lebens, der er fortan seine ungewöhnliche Arbeitskraft widmete, wurde H. durch den Antrag Giesebrecht’s gestellt, für die von diesem geleitete „Geschichte der europäischen Staaten“ die Geschichte Oesterreichs zu übernehmen. In seiner streng methodischen Weise bereitete er durch eine Reihe von[WS 1] Einzeluntersuchungen die Grundlage, auf der sich das Werk erheben konnte. In den Jahren 1885–1896 sind fünf Bände erschienen, die bis zum Jahre 1648 reichen. Der echt wissenschaftliche Charakter, der sich in der kritischen Benutzung der Quellen und der Litteratur, in dem aus jeder Seite hervorleuchtenden Streben nach Erkenntniß und Feststellung der Wahrheit äußert, die eingehende Berücksichtigung der böhmischen und ungarischen Geschichte, bilden die großen Vorzüge des Werkes, das man immer wieder mit erneutem Danke zur Hand nimmt, sie helfen über unleugbare Mängel der Darstellung, welche sich namentlich in Zeitabschnitten, die von höheren als den rein politischen Gesichtspunkten zu beurtheilen sind, und bei der Schilderung von Persönlichkeiten, die über das gewöhnliche Maß hinausragen, fühlbar machen, über grundlegende Irrthümer, wie die allzustarke Hervorhebung des künstlichen, mechanischen Momentes in der Bildung des Kaiserstaates, die damit verbundene Vernachlässigung der natürlichen Vorbedingungen für diesen, hinweg. Jedenfalls bedeutet das Werk einen wichtigen Abschnitt in der Entwicklung der österreichischen Geschichtschreibung und Forschung; wie es die Ergebnisse der bisher geleisteten Arbeit zusammenfaßt und kritisch verarbeitet, bildet es die Grundlage und den Ausgangspunkt für die Fortsetzung der wissenschaftlichen Thätigkeit.

Neben der Ausarbeitung der Geschichte Oesterreichs und neben seiner Lehrthätigkeit fand H. noch Zeit zu eifriger Betheiligung an den Angelegenheiten der Universität, die ihn für die Jahre 1876 und 1883 zum Rector wählte und zur Bedachtnahme auf die Geschäfte des Museum Ferdinandeum, dem er seit dem Jahre 1858 als Mitglied angehörte und dessen zeitgemäße Umbildung er als Vorstand während der Jahre 1881–87 durchführte.

Am 16. Juni 1887 erfolgte seine Ernennung zum o. Professor für allgemeine und österreichische Geschichte an der Wiener Universität, an die er zum Ersatz für Ottokar Lorenz berufen worden war, und damit trat er in einen ungleich weiteren und inhaltreicheren Wirkungskreis. Auch hier bewährte er sich aufs beste und erwarb sich bald das Vertrauen der Facultät, die ihn im J. 1896 zum Decan wählte. Auch neue litterarische Aufgaben erwuchsen ihm. Die Aenderung der juridischen Studienordnung veranlaßte ihn zur Abfassung eines Handbuches der österreichischen Reichsgeschichte (1895, 2. Aufl. 1901), in dem er die Richtlinien der Entwicklung des Kaiserstaates schärfer, als es im Hauptwerke geschehen ist, herausarbeiten und die Darstellung bis zur Gegenwart fortführen konnte. In Ausführung der letztwilligen Anordnung eines ehemaligen Innsbrucker Collegen gab er eine aus den Aufzeichnungen des Appellationsgerichtsrathes Ignaz Beidtel abgeleitete „Geschichte der österreichischen Staatsverwaltung“ (2 Bde., 1896 und 1898) heraus. Aufs engste aber verwuchs er mit den Arbeiten der kais. Akademie der Wissenschaften, die ihn im Jahre 1891 zum Secretär der philos.-histor. Classe, zwei Jahre später zum Generalsecretär bestellte, und deren Geschichte er im J. 1897 veröffentlichte. Dazu übernahm er den Vorsitz des Ausschusses, dem anläßlich des fünfzigjährigen Regierungsjubiläums des Kaisers die Herstellung einer Geschichte der Wiener Universität während der Jahre 1848 bis 1898 übertragen worden war.

Die unermüdliche wissenschaftliche Thätigkeit, das geschlossene, sichere Wesen seiner Persönlichkeit hatten ihm einen weiten Freundeskreis, eine stattliche Schar [498] begabter und dankbarer Schüler verschafft, mit vollem Recht ließ ihm die wissenschaftliche Welt jene Ehren zu Theil werden, welche sie zu vergeben hat. Die Wiener Akademie hatte ihn schon im J. 1867 zum correspondirenden, fünf Jahre später zum wirklichen Mitgliede, die bairische Akademie der Wissenschaften im J. 1878 zum auswärtigen Mitgliede gewählt, in gleicher Eigenschaft gehörte er der böhmischen und der ungarischen Akademie an. Während der Jahre 1887–1890 war er Mitglied der Centraldirection der Monumenta Germaniae, im J. 1895 war er in den österreichischen Archivrath, im folgenden Jahre in die historische Commission an der bairischen Akademie berufen, nach dem Tode Arneth’s im J. 1897 zum Vorsitzenden der Commission für die Herausgabe von Quellen zur neueren Geschichte Oesterreichs ernannt worden. Im J. 1893 führte er den Vorsitz auf dem ersten deutschen Historikertag. Dagegen blieb ihm die längste Zeit jede Ehrung von staatlicher Seite versagt, erst im J. 1897 wurde ihm der Hofrathstitel verliehen.

Während er Begonnenes mit zäher Ausdauer zu Ende zu führen trachtete, mit unverminderter Spannkraft neu an ihn herantretenden Aufgaben gerecht zu werden vermochte, riß ihn das Schicksal hinweg. Von einem Krankheitsanfalle, der ihn im J. 1897 betraf, hatte er sich schnell erholt, da überraschte ihn am 23. November 1898 der Tod auf dem Heimwege von der Universität in seine Wohnung.

(Hertzber)g-(Fränke)l in der Wiener Zeitung 1898, Nr. 294 vom 23. Dec. – Oswald Redlich in der Beilage zur Allgem. Zeitung 1899, Nr. 3. – Dopsch in der Hist. Vierteljahrschrift II (1899), 294–296. – M(ühlbacher) in den Mitth. des Inst. f. österr. Geschichtsf. XX (1899), 189–191. – E. v. Ottental in der Zeitschr. des Ferdinandeum III. F., XLIII (1899), 337–343, mit Porträt. – Julius Jung in den Mitth. des Vereins f. Gesch. der Deutschen in Böhmen XXXVIII (1900), 1–6. – Oswald Redlich im Biographischen Jahrbuch III (1900), 104–110. – Almanach der kais. Akademie der Wissensch. XLIX (1899), 321 ff., mit Portr. – J. Friedrich in den SB. der k. bair. Akademie der Wissensch. 1899, I, 164. – Personalact im k. k. Ministerium f. Cultus u. Unterricht.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: vor