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Artikel „Ketelhodt, Christian“ von Theodor Pyl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 666–667, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ketelhodt,_Christian&oldid=- (Version vom 30. Dezember 2024, 17:44 Uhr UTC)
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Ketelhodt: Christian K., in Gemeinschaft mit seinem Freunde Johannes Kureke, als Verbreiter der Reformation in Pommern von Bedeutung, gehörte zu den Mönchen des Klosters Belbuck, welche unter der Führung des Abtes Boldewan, von Johann Bugenhagen angeregt, mit großer Begeisterung die Lehre Luthers verbreiteten. Während K. in Stolpe an der Nikolaikirche predigte, setzte Kureke Bugenhagens Wirksamkeit in Treptow a. R. fort, hatte aber nebst anderen Gesinnungsgenossen, sowohl von dem bischöflichen Coadjutor Erasmus Manteuffel, als auch von Herzog Bogislaw heftige Angriffe zu erleiden, welche endlich 1523 zur Aufhebung des Klosters Belbuck führten. Beide Zwangsmaßregeln hatten jedoch die Folge, daß die bisher auf kleineren Umfang beschränkten reformatorischen Ideen jetzt bis in ferne Kreise verbreitet wurden. Andreas Knöpke ging nach Riga, Peter Swave, ein Vetter des späteren evangelischen Bischofs von Cammin, nach Dänemark, der Abt Boldewan nach Hamburg, Georg Kempe von Ukermünde und Heinrich Sichermann nach Stralsund, wo sie am 1. Mai 1523 in der Nikolaikirche predigten, jedoch dem Kirchherrn Hippolytus Steinwehr und dem an der alten Lehre hängenden Rathe gegenüber, noch zu keinem großen Einflusse gelangten. Von desto größerem Erfolge war dagegen Ketelhodt’s Auftreten, welcher, von Stolpe vertrieben, nachdem er kurze [667] Zeit in Mecklenburg sich im Kriegsdienst versucht hatte, nach Stralsund kam, um von dort zu Schiffe seinem Freunde Knöpke nach Riga zu folgen. Sein durch Mangel an Schiffsgelegenheit verursachter Aufenthalt lehrte ihn die Unwissenheit der Stralsunder Geistlichen und die oberflächliche Aeußerlichkeit ihres Gottesdienstes kennen, und veranlaßte ihn, dem eigenen Bekehrungseifer, sowie der Mahnung seiner lutherisch gesinnten Freunde, des späteren Bürgermeisters Franz Wessel (s. d. A.) und des Gewandhausmitgliedes L. Fischer folgend, im Mai 1524 auf dem St. Jürgenskirchhof vor dem Thor, dann im Juni in der Nikolaikirche das Evangelium zu predigen. Obwohl er den höchsten Unwillen der katholischen Geistlichkeit und eines Theils des Raths erregte, wurde er doch von dem Bürgermeister Nikolaus Schmiterlow (s. d. Art.) und anderen Gesinnungsgenossen in diesem Berufe geschützt und erlangte in der Stadt eine solche Sicherheit, daß er sich, obwohl dem geistlichen Stande angehörend, am 24. Juli mit der Tochter von Detmar Röling vermählte, wobei Franz Wessel und seine Freunde gegenwärtig waren. Eine wesentliche Stütze gewann K. durch die gleichzeitig von Rolof Moller (s. d. Art.) bewirkte Aenderung der städtischen Verfassung, welche dem Rathe ein bürgerliches Collegium von 48 meist lutherisch gesinnten Männern zur Seite stellte, sowie dadurch, daß sein früherer Genosse Johann Kureke ihm nach Stralsund folgte und dort seit dem Herbst 1524 predigte. Dieser, leidenschaftlicheren Sinnes, regte die Menge zu einer schrofferen Stellung gegen den Clerus auf, welcher seinerseits heftig auf die Neuerer schmähte, ein Zustand, der uns aus gegenseitigen Spottliedern, sowie Berichten der Chroniken über derbe Injurien, Fastnachtsaufzüge, welche den Gegner carikirten, u. A. mit großer Anschaulichkeit dargestellt ist. Endlich bewirkte die Katastrophe des Bildersturms, welche Ostern 1525 erfolgte, obwol sie Anfangs sowol K. als Kureke, sowie alle gemäßigten mit Unwillen erfüllte, den Sieg der neuen Lehre in Stralsund. Sie zeigte, daß die bisherige Unentschiedenheit des Rathes das größte Uebel sei, und bewog ihn, da die katholische Partei in der Minderheit war, nicht nur eine Reihe lutherischer Anhänger, u. A. Rolof Moller und Christoph Lorber (s. d. Art.) als Bürgermeister und 8 neue Rathsherrn, unter ihnen Franz Wessel, aufzunehmen, sondern auch die Kirche im lutherischen Sinne umzugestalten. Da der Kirchherr Hip. Steinwehr mit der Mehrzahl der Geistlichen und Mönche entflohen war, so besetzte man die Kirchen mit evangelischen Predigern. Demzufolge erhielten K. und Kureke die Hauptpfarren an St. Nikolai, während Gregor Zepelin und Joh. Knipstro (s. d. Art.) der Marien-, die beiden vom Katholicismus übergetretenen Geistlichen Heinrich Schlichtkrull und Joh. Nigemann der Jakobikirche zugeordnet wurden. Zugleich hatte der Rath die geistlichen Güter und Klöster umgestaltet, sowie eine neue Kirchen- und Schulordnung erlassen, und deren oberste Leitung in Ketelhodt’s Hände gelegt. Als er dann jedoch sich Zwingli’s Lehre zuwandte, und Kureke 1528 verstarb, erhielt Knipstro die Superintendentur. Erst da letzterer später zum Generalsuperintendenten für Pommern 1535 berufen wurde, folgte ihm K. in jener Würde. Die Gefahr, welche der Reformation vom Kaiser Karl V. und Herzog Georg von Pommern, sowie durch den Proceß des Kirchherrn Steinwehr drohte, wurde durch den Religionsfrieden zu Nürnberg 1532 beseitigt, dagegen erlebte K. noch den Erlaß des Interims, starb jedoch schon 1546, sodaß sein Nachfolger Frederus erst von den üblen Folgen der Opposition gegen dasselbe zu leiden hatte.

Mohnike und Zober, Strals. Chroniken I, 97, 227–310, mit einem Bildniß Ketelhodt’s nach dem Portrait in der Nicolaikirche zu Stralsund. Dröge, Leben Wessel’s in Mohnike’s Sastrow III, 279 ff. Fock, Rüg. Pom. Gesch. V, 1868. Kosegarten, De acad. Pom. ab doctr. Pom. ad evang. trad. 1839. Balt. Studien II, 1, p. 3. Kloster Belbuck.