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Artikel „Hoefer, Edmund“ von Alexander Reifferscheid in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 50 (1905), S. 387–392, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hoefer,_Edmund&oldid=- (Version vom 19. März 2024, 11:28 Uhr UTC)
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Hoefer: Edmund Franz Andreas H., einer der besten Novellisten aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und namhafter Litterarhistoriker, geboren am 15. October 1819 zu Greifswald, † am 22. Mai 1882 zu Cannstatt. Jüngerer Bruder des Vorigen, von dem er sich in jeder Hinsicht unterschied. Während jener ernst und verschlossen sich und Anderen das Leben unnöthig erschwerte, dabei leicht empfindlich und mißtrauisch war, hatte dieser ein leichtes und frohes Gemüth und gewann sich ohne Mühe durch seine Offenheit und Herzlichkeit die Zuneigung und das Vertrauen Aller, mit denen [388] das Leben ihn zusammenführte. Er verband in seinem ganzen Wesen die poetische Natur der Mutter und die edle Humanität des Vaters. Direct übte die Mutter, die stets leidend und ernstlich krank war, keinen Einfluß auf ihren jüngsten Sohn, der sich umso mehr an den Vater, soweit es dessen Beruf erlaubte, anschloß. Der Vater betrieb neben seiner Fachwissenschaft, Geschichte und Philologie mit Hingebung, war ein leidenschaftlicher Sammler von Curiositäten und daneben ein großer Naturfreund, als Richter war er überaus milde und suchte stets die streitenden Parteien zu versöhnen. Edmund verherrlichte ihn später in der Person des alten Friedensherrn, des Senators und langjährigen Stadtrichters Michael Wohlgemut seines Romans „Ein Findling“. Die Schilderung des Frühaufstehens, der kostbaren Liebhabereien Wohlgemut’s, besonders seiner Vorliebe für lebendige Wesen aller Art, die seine Wohnräume zu einem zoologischen Garten machten, ihn aber trotz ihres furchtbaren Lärmens weder bei der Unterhaltung noch bei der Arbeit störten, paßt genau auf Hoefer’s Vater. Der Bau des Hauses entspricht in allem wesentlichen dem des Elternhauses Hoefer’s. Wie dort für Emmerich, wird es auch für diesen der stolzeste Tag seines Lebens gewesen sein, als er an seinem neunten Geburtstage zum Premierminister des ganzen Vogelreiches ernannt wurde. So lassen sich ungezwungen eine ganze Reihe wichtiger Züge und Motive in Hoefer’s späteren Erzählungen auf eigene Erlebnisse zurückführen. Er begleitete den Vater auf seinen zahlreichen Ausfahrten und wurde von ihm, der Pflanzen und Gethier wie ein Fachmann kannte, in das volle Verständniß des Lebens der Natur eingeführt und zu genauen Beobachtungen angeleitet. So lernte er frühe seine Heimath, die Eigenart von Land und Leuten richtig kennen und beurtheilen. Weniger gefielen ihm anfangs seine Gymnasialstudien, er unterbrach sie sogar, um in Ludwig Bamberg’s Buchhandlung als Lehrling einzutreten. Allein dort behagte es ihm noch weniger und er kehrte daher bald zum Gymnasium zurück, das er am 15. März 1839 mit dem Zeugnisse der Reife verließ. Er war allmählich ein musterhafter Schüler geworden, der sich stets der Liebe und Achtung seiner Mitschüler sowol als seiner Lehrer zu erfreuen hatte. Wiewol mit guten Anlagen ausgestattet, hatte er doch in den oberen Classen mit einer gewissen Unklarheit und daraus hervorgehender Schwerfälligkeit des mündlichen und schriftlichen Ausdrucks zu kämpfen, die er jedoch durch seinen regen und anhaltenden Fleiß größtentheils überwunden hatte. Von seinem deutschen Stil heißt es dann: „er ist höchst einfach und trocken und in dieser Einfachheit im wesentlichen correct und nicht ungefällig, wiewol die Gedanken nicht Rundung genug haben und schiefe und matte Ausdrücke mitunterlaufen“. Am wenigsten befriedigten seine grammatischen Kenntnisse in den fremden Sprachen. H. verdankte es also seinem eisernen Fleiße und seiner energischen Ausdauer, daß er als Schriftsteller über einen tadellosen und schönen Stil verfügte. Die dichterische Thätigkeit Hoefer’s beginnt schon 1831. Im J. 1838 lagen ihm 84 eigene Gedichte, meistens Balladen vor, die er später als bloße Stilproben unbeachtet ließ. Angeblich sollen mehrere seiner besten lyrischen Gedichte, einige Liebeslieder, dem Jahre 1837 angehören. Das ist ein böser Irrthum, sie stammen in Wirklichkeit aus den Jahren 1845–46, tragen aber in einer Handschrift Hoefer’s Daten aus dem Jahre 1837, weil sie dort in Verbindung mit einer Erzählung gebracht sind, die, um persönliche Beziehungen zu verschleiern, ins Jahr 1837 verlegt worden. Vom Sommer 1839 an hörte H. zwei Semester in Greifswald, eins in Heidelberg, drei in Berlin philologische und geschichtliche Vorlesungen, wol wie Franz „Auf der Universität“ nicht allzu regelmäßig. Wie dieser ging er nach Heidelberg, um die anziehendsten Gegenden Deutschlands leichter [389] kennen zu lernen und überhaupt in ein etwas weiteres und bewegteres Leben sich hineinzufinden. Rückhaltlos schreibt er aus Heidelberg dem Vater von solchen Ausflügen, bei Tag und Nacht, mit seinen Freunden, in die Nähe und in die Ferne, ebenso, daß er halbe Tage lang auf einem grünen sonnigen Fleck im Walde liegt, oder stundenlang unter der Neckarbrücke in seinem Kahn sitzt, die Angel im Wasser. „Wenn dann die Sonne sich zum Untergang neigt und das Wasser glühend roth ist, wenn sie so die letzten Streiflichter über den tiefblauen Neckar wirft, so daß er fast chamois aussieht, wenn der Himmel so dunkelblau und die Berge so grün und bunt sind und besonders das rothe Schloß in merkwürdiger Farbenpracht dasteht – dann kommts über mich mit einer sonst nie gefühlten Traurigkeit und ich muß dann so bald als möglich nach Hause.“ Kein Wunder, daß er dann wieder stundenlang am Fenster sitzt, all die Eindrücke verarbeitend und seine Gedanken fortspinnend. Solche scheinbare Unthätigkeit brachte ihm dann die schönsten Früchte, die aber noch Zeit zur Reife bedurften. Zum Sommer 1842 war H. wieder in seiner Vaterstadt. Er mußte jetzt seiner Militärpflicht genügen und hatte reichlich Gelegenheit für seine späteren Erzählungen aus dem Soldatenleben den Stoff zu sammeln. Um die wahrgenommenen argen Mißstände freimüthig darstellen zu können, verlegte er die meisten dieser Erzählungen wohlweislich in viel frühere Zeit. Wie sein „Alter Mann“ überragte er damals und später seine Umgebung bedeutend an Bildung, Kenntnissen und vor allem an freiem, weitem, unbefangenem Geist. Man mißachtete ihn aber, wie „Eberhard Waldow“, da er keine Stellung und kein Amt hatte und auch garnicht darnach strebte. Daß die Feder sein Amt und der Kopf sein Titel war („Kriegsleben im Frieden“), erkannte man nicht. Zum Entsetzen braver Staatsbürger suchte er, wie der Erzähler „Im Erker“, nichts verlangender auf und liebte nichts herzlicher als abenteuerliche Menschen und gute Weine. Grund genug für die Kleinstädter ihn völlig aufzugeben. So folgte er gerne den Einladungen seiner Freunde, die ihn zu würdigen verstanden, aufs Land. Besonders oft und lange brachte er auf dem Rittergute Boltenhagen bei Ziemssens zu, wo er sein „Skizzenbuch aus Norddeutschland, Schwanwiek“ vorbereitete. Er kehrte immer wieder nach Greifswald zurück, um seinem kränkelnden Vater durch Vorlesen die unfreiwillige Muße zu erleichtern. Erst 1854, nachdem der Vater gestorben, konnte er frei über sein Schicksal und seinen Wohnort entscheiden. Rechtzeitig bahnte er sich seinen Weg, wie es seiner Eigenart und Begabung entsprach.

Im Herbste 1844 schickte H. seine erste Erzählung „Anno zweiundneunzig“, die erste Tambourgeschichte, an Cotta’s Morgenblatt ein. Sie wurde sofort angenommen, Januar 1845 ohne den Namen des Verfassers gedruckt und fand in ihrer Einfachheit und ihrem gesunden Realismus vielen Beifall. Dem Wunsche der Redaction, daß er auch ferner in ähnlicher Weise dem Morgenblatte seine schätzbare Theilnahme schenken möge, entsprach H. und sandte in den nächsten Jahren alle seine Erzählungen, wie sie entstanden, an das Morgenblatt ein, das sie aufs bereitwilligste aufnahm. Cotta selbst suchte am 1. September 1851 die Ehre der Bekanntschaft Hoefer’s schriftlich nach, hauptsächlich, um ihm für die trefflichen Beiträge zum Morgenblatt zu danken. H. habe ihn wie seinen Freund Hauff damit wahrhaft erfreut. Er möge auch künftig an dem Blatte lebendigen Antheil nehmen, die Cotta’sche Buchhandlung werde sich freuen, mit ihm in Verbindung zu bleiben. Darauf hin sprach H. im Winter desselben Jahres den Wunsch aus, daß sein Name unter die Erzählungen im Morgenblatt gesetzt werde. Der Vater, der bis dahin von der schriftstellerischen Thätigkeit seines Sohnes nichts erfahren [390] durfte, hatte sich damals wol, veranlaßt durch den allgemeinen Beifall, den sie gefunden, mit ihr ausgesöhnt. Der Verleger A. Krabbe in Stuttgart machte H. damals den Antrag, eine Sammlung seiner Erzählungen zu veranstalten. Cotta, der ähnliches beabsichtigte, trat zu Gunsten Krabbe’s zurück. Einem Nicht-Stuttgarter würde er nicht nachgestanden sein, unter keiner Bedingung. Wenn man aber in derselben Stadt neben einander wohne, so sei es dem vom Glück Begünstigteren schwer dem ärmeren, mit der Lebensexistenz ringenden Mitbürger einen Wunsch abzuschlagen, auf dessen Erfüllung er große Hoffnungen setze. In der That brachte die Verbindung Beiden, Hoefer wie Krabbe, große Vortheile, der eine hatte dem anderen sein Glück zu verdanken. Frühjahr 1852 erschienen die ersten acht Geschichten Hoefer’s bei Krabbe unter dem Titel „Aus dem Volk. Geschichten von Edmund Hoefer“. Dieser ersten Sammlung folgten bald darauf aus demselben Verlage weitere. Als 1856 die Greifswalder Hochschule ihr vierhundertjähriges Stiftungsfest feierte, schickte H. die vier Sammlungen „Aus dem Volk“, „Aus alter und neuer Zeit“, „Bewegtes Leben“, „Erzählungen eines alten Tambours an Rector und Senat ein „als ein äußerliches Zeichen seiner Anhänglichkeit zugleich und seines Strebens. Wenn es auch nicht die Wissenschaft sei, der er sein Streben geweiht, so habe er doch in diesen Bänden das Beste niedergelegt, was er in sich trage. Mit offenem herzlichen Danke spreche er es aus, was er auf dem von ihm erwählten Felde erreicht habe und erreichen werde, schulde er zum größten und besten Theile der Heimathsuniversität, die auch ihn einmal in ihre ernste und liebevolle Zucht genommen. Die Universität konnte stolz sein auf H. Er war damals anerkannt als Meister der deutschen Erzählung und als sachverständiger Kritiker schönwissenschaftlicher Werke. 1854 hatte er einem Rufe Krabbe’s nach Stuttgart Folge geleistet und dort mit F. W. Hackländer zusammen eine neue Zeitschrift die „Hausblätter“ begründet, an der die angesehensten Schriftsteller gerne mitarbeiteten. Sie hielt sich bis zum Jahre 1868. H., der alle Redactionsarbeiten allein besorgte, trat zu den meisten Mitarbeitern in nähere, freundschaftliche Beziehung. Er veröffentlichte in der Zeitschrift eine große Zahl seiner Erzählungen und besprach die wichtigsten Erscheinungen sachkundig und freimüthig.

Von den größeren Geschichten, die in mehreren Bänden musterhaft durchgeführte Romane waren, nenne ich die, welche die größte Anerkennung gefunden: „Norien. Erinnerungen einer alten Frau“, II, 1858; „Der große Baron“, II, 1861; „Unter der Fremdherrschaft“, III, 1863; „Tolleneck“, III, 1864; „Altermann Ryke“, IV, 1864, sowie seine vortreffliche plattdeutsche Geschichte „Pap Kuhn“ 1878. Eine Sammlung seiner „Erzählenden Schriften“, die 12 Bände umfaßte, veranstaltete er selbst, 1865. Eine andere, „Ausgewählte Schriften“, erschien 1882.

Wirkliches Verdienst um deutsche Volkskunde erwarb sich H. durch die Sammlung urwüchsiger sprichwörtlicher Redensarten „Wie das Volk spricht“, die er seit 1855 in mehreren verbesserten und vermehrten Auflagen veröffentlichte.

Lange Jahre trug er sich mit dem Gedanken eine umfassende Goethebiographie zu schreiben, für die er aufs eifrigste alles, was mit Goethe zu thun hatte, sammelte. Leider fand er keine Muße dazu. 1876 gab er, von seinem Verleger dazu aufgefordert, eine deutsche Litteraturgeschichte für Frauen heraus, die von seinem feinen Verständniß für geistige Entwicklung und Eigenart zeugt. Mit rühmenswerther Unbefangenheit urtheilte er sachverständig über lebende Dichter, wie auch seit 1873 einige Jahre lang in seinem „Literaturfreund“. 1878 verfaßte er eine treffliche Schrift über Goethe und Charlotte [391] v. Stein, wozu er, ein ebenso gewiegter Goethe- wie Frauenkenner, besser als der pedantische Düntzer berufen war.

Einmal hatte H. sich auch mit strengwissenschaftlicher Arbeit befaßt, mit einer Untersuchung über griechische Colonien auf Sicilien, wozu ihn August Boeckh angeregt hatte, als er, dem Wunsche seines Vaters folgend, sich den Doctorgrad erwerben wollte. Da Barthold in Greifswald die Arbeit nicht zu würdigen wußte, begnügte sich H. 1854 mit dem Doctordiplom aus Jena.

Er kannte genau seine Begabung und ließ sich nicht von Andern aus der gewählten Bahn herausbringen. So forderten ihn 1855 F. Wallner wie L. Schücking vergebens auf, sich im Fache des feineren Lustspiels der Bühne zuzuwenden. Ebensowenig ließ er sich 1869 dazu bewegen, die Redaction einer belletristischen Wochenschrift in Leipzig zu übernehmen. Er war mit Stuttgart seit seiner Verheirathung mit Elise, der Tochter des Rittergutsbesitzers Ch. v. Rodbertus zu Gransebieth in Pommern so verwachsen, daß er die neue Heimath nicht mehr verlassen mochte. Er stand dort im anregendsten geselligen Verkehr mit Gelehrten, Schriftstellern und Künstlern, u. a. mit J. G. Fischer, F. Freiligrath, K. Gerok, F. W. Hackländer, W. Lübke, K. Mayer, dem Germanisten Fr. Pfeiffer, G. Pfizer, W. Raabe, Frau Emma v. Suckow (E. Niendorf), L. Walesrode. Die letzten Jahre seines Lebens brachte H. in Cannstatt zu, von mancherlei Krankheit schwer heimgesucht. Lange quälte ihn ein Husten, der ein Herzleiden zur Folge hatte. Im J. 1881 befiel ihn die Wassersucht, im Juli Gehirnkrämpfe, sodaß seine geistige Klarheit zeitweilig gestört wurde. Gebrochen an Geist und Körper ließ sich der unermüdliche Frühaufsteher noch immer morgens um 5 Uhr an seinen Schreibtisch bringen. Trotz aller Versuche brachte er das vor ihm liegende Manuscript auch nicht eine Zeile weiter. Am 22. Mai 1882 erlöste ihn ein sanfter Tod.

Aus ungedruckten Briefen, die mir zur Verfügung stehen, schließe ich einige Urtheile über H. an, geordnet nach der Zeit, in der sie gefällt worden. Am 21. Mai 1852 schreibt Adolf Stahr: „Seit langem hat mich nichts so frisch und poetisch angemuthet, wie diese ‚Geschichten‘ des Hrn. Edmund Hoefer, wahrhafte Poesie in edel-schlichter, einfach angemessener Sprache, kräftig und gesund wie reines Gebirgsquellwasser“; derselbe am 8. Februar 1857: „Wir beide, Frau Fanny und ich, haben uns an Ihrer letzten Dichtung ‚Das Haus van der Roos‘ wahrhaft erfreut. Diese Dichtung ist fast durchweg ein Meister- und Musterstück, und gewisse Scenen sind darin von einer so wundervollen Pinselführung, daß wenige lebende Dichter es unternehmen dürften, Aehnliches zu malen. Unvergleichlich ist alles Lokale geschildert, hier ist jeder Pinselstrich Poesie und von sicherster Wirksamkeit. Gemälde wie die des alten Hauses des patricischen Handelsherrn v. d. R. sind in der ganzen neueren Litteratur wenig vorhanden“. Fanny Lewald-Stahr hat die Schilderung des „Thurm und Rosenhauses am grauen Herbsttage“ wirklich entzückt. Sie fügt hinzu: „Ich habe diese Stelle als ein Muster der Darstellung verschiedenen Personen vorgelesen … Ihnen geht es wie dem Riesen Antäus; so wie Sie Ihren rechten Boden berühren, den Boden der nordisch-bürgerlichen Realität, so sind Sie immer unübertrefflich. Die Herzensphantastik der Melusinereien gelingt Ihnen nicht. Ihre einfache, gesunde Natur kann dann nicht. Aber wenn Sie wahres Gefühl zu schildern haben, wie in der schönen tiefen Universitätsliebe, dann sind Sie am Platze. Nur Sie selbst bleiben müssen Sie, um sich zu haben. Sowie Sie in die Romantik verfallen, geben Sie sich auf. Sie sind der Poet der Hanseatik – und das ist ein weites Feld, weil es seine Zweige so weit ausgestreckt hat durch die Zeiten und Länder“. Johann Jacoby freut sich, Königsberg, den 30. März 1857, H. „seinen innigen warmen [392] Dank für manche genußreiche Stunde der Stärkung und Erhebung auszusprechen“, die ihm durch Hoefer’s „treffliche Erzählungen zu Theil geworden“. Gustav v. Struensee gesteht am 13. Mai 1857, daß er H. „um die Autorschaft des Hauses van Roos beneidet, namentlich um die Studien, welche er zu dem Capitel ‚eine helle jugendliche Stimme‘ gemacht“. In langer Zeit habe er nichts in dieser Art Vollendeteres gelesen, welches den ganzen Reiz eines solchen Verhältnisses, ohne die ihm sonst stets angehörende und gewöhnlich zur Hauptsache werdende sinnliche Beimischung schildere. v. Holtei schreibt, Graez, 27. April 1860, von dem eigenthümlichen Zauber der Werke Hoefer’s, der den besonderen Reiz besitze, daß Einem, auch wenn etwas Trauriges verhandelt werde, dabei wohl werde, weil Alles auf einem so sicheren Grunde stehe. Er möchte gerne von ihm lernen; nur leider erlerne sich so was nicht. Franz Pfeiffer nennt am 14. Juli 1861, die „Alten von Ruhneck“ eine meisterhafte Geschichte, und leicht die beste, die H. geschrieben. Levin Schücking sagt ihm am 9. Mai 1876, wie oft er mit warmem und dankbarem Herzen an ihn denke und seiner immer gleich frisch sprudelnden füllereichen Thätigkeit folge. Nicht anders lauten die öffentlich über H. ausgesprochenen Urtheile, ich berücksichtige nur das von Paul Heyse, darnach hat er unter den anerkannten Meistern der deutschen Erzählung seinen unbestrittenen Rang. Als seine Vorzüge führt er auf: gesunden Realismus, Naturwahrheit und ungemeine Virtuosität in der Detailschilderung, besonders wo es sich um Land und Leute seiner norddeutschen Heimath handle.

Da die Heimathkunst jetzt immer überzeugtere Anhänger findet, wird auch Edmund H., der sie als einer der ersten ausgebildet hat, nicht so leicht vergessen werden.

Gütige Mittheilungen von Hrn. Gymnasialoberlehrer Dr. Ulrich Hoefer in Saarbrücken und von Fräulein Gertrud Hoefer in Charlottenburg. – Ueber Edmund Hoefer vgl. Unsere Tage VIII, 173–178; Illustr. Zeitung 1882, Nr. 2032, S. 481 fg. (Schmidt-Weißenfels), ferner alle Werke über neuere deutsche Litteraturgeschichte. Die Titel seiner Werke in Fr. Brümmer, Lexikon d. deutschen Dichter u. Prosaisten d. 19. Jahrhunderts.