Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Gymnich, Johann“ von Ernst Kelchner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 10 (1879), S. 244–247, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gymnich,_Johann_I&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 16:14 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Gyrowetz, Adalbert
Band 10 (1879), S. 244–247 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Johann Gymnich I. in der Wikipedia
Johann Gymnich I. in Wikidata
GND-Nummer 122953886
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|10|244|247|Gymnich, Johann|Ernst Kelchner|ADB:Gymnich, Johann I}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=122953886}}    

Gymnich: Johann G., lateinisch Gymnicus, Buchhändler und Buchdrucker von 1516–44 zu Köln. Er war ein Schüler des Alexander Hegius († 1498), Humanist und mit den besten Köpfen des nordwestlichen Deutschland bekannt. Seine Thätigkeit begann mit dem J. 1516, doch scheint er damals noch keine eigene Buchdruckerei besessen zu haben, denn auf dem ersten Buche: „Petri Alphunsi Exjudaei Christiani Dialogi“ befindet zwar angegeben: „Coloniae per Joannem Gymnicum Anno 1516“, dagegen bei dem zweiten 1517 erschienenen Drucke: „Annaei Senecae Trajoedia quae inscribitur Octavia, per Erasmum Roterodam.“ steht: „Coloniae ex Aedibus Cornelii Ziryckzee pro Jo. Gymnico. MDXVII“ zu lesen. Es hat demnach damals der bekannte Drucker Cornelius Zyrickzee in Köln für ihn gedruckt. Seine Bücher ließ er künstlerisch ausstatten, indem er Randleisten und Titeleinfassungen zu verschiedenen Werken seines Verlages anfertigen ließ. So hat für denselben der berühmte Holzschneider Meister Anton von Worms manche Titeleinfassung, Dedicationswappen etc. geliefert, aber nicht allein diese Arbeiten wurden von dem Meister für G. geliefert, sondern auch sein Buchdrucker-Signet wurde von ihm gefertigt. G. hatte verschiedene Buchdruckerzeichen. Das früheste zeigt ein aufspringendes Einhorn, nach links gewandt, in einem zierlichen Schilde, der an einen Baum befestigt ist und mit der Endspitze den landschaftlichen Boden berührt. An die Stelle des Einhorns tritt bald darauf eine andere Figur: das Meerpferd, die vordere Körperhälfte als Roß, die hintere als Fisch gestaltet. Das nun damit gebildete neue Signet zeigt auf einer von Säulen eingefaßten Tafel ein nach rechts gerichtetes Meerpferd, ein Scepter in die Höhe haltend, auf welchem ein Kranich nach links steht, im Schnabel einen Wurm und das rechte Bein in die Höhe haltend; in vielfachen Verschlingungen umflattert ein Bandstreifen das Scepter mit dem Wahlspruch: Discite Justitiam Moniti. G. war ein sehr fleißiger Drucker und Verleger. Seine Verlagswerke waren meist griechische und lateinische Classiker, doch wurden auch andere Gebiete der Wissenschaft von ihm berücksichtigt, im Ganzen gehörten seine Drucke überwiegend den strengeren Wissenschaften an. Im J. 1520 verlegte er auch eine Octavausgabe des berüchtigten Buches von Jacob Sprenger: „Malleus Maleficarum“. Vom J. 1528 beginnt seine Hauptthätigkeit als Verleger, so daß in jedem der folgenden Jahre seine Firma ansehnlich vertreten ist. Eine deutsche Uebersetzung des Neuen Testaments, die [245] 1531 bei ihm gedruckt worden war, wurde dem Index librorum prohibitorum von 1550 überwiesen. Seine beiden Geschäftshäuser in Köln hatten die Benennung „zum Einhorn“, daher nahm er auch anfangs dieses Zeichen in sein Buchdruckersignet auf. In Antwerpen soll G. ein Filialgeschäft besessen haben. Im Ganzen sind von ihm 173 Drucke bekannt, welche seine Firma tragen. Er scheint bis 1544 thätig gewesen zu sein, denn im J. 1545 haben die Werke seiner Officin die Bezeichnung: „Coloniae Haeredes Gymnici excudebant, Anno MD.XLIV“. Er hinterließ zwei Söhne, Martin und Johann, nach Andern drei (Arnold), welche das Geschäft fortsetzten, doch überlebten sie ihren Vater nicht sehr lange.

Martin G. scheint der ältere Sohn gewesen zu sein und tritt im folgenden J. 1545 als selbständiger Buchhändler auf. Er hatte eine gelehrte Bildung erhalten, steht in der Matrikel der Universität in Köln wie folgt eingegetragen: „1538 in mense Januario Martinus Gymnicus Coloniensis ad artes juravit et solvit“. In der Vorrede zu einer Ausgabe der „Adagia“ des Erasmus (ex officina nostra octav. Cal. Martii 1545) gedenkt er seines verstorbenen Vaters: „quanta fuerit Jo. Gymnici foelicis memoriae patris mei cura, industria et in faciendis sumptibus facilitas“. Seine Thätigkeit war von keiner langen Dauer und sind nur 24 Druckwerke von ihm bekannt. Seine Wittwe setzte das Geschäft fort, wie eine Inschrift im J. 1551 sagt: „Coloniae apud Viduam Martini Gymnici“.

Johann Gymnicus II. war verheirathet mit Elisabeth v. Erverfeld. Erst 1550 findet man sein erstes Werk: „Eberhardi Pappii Epitome Adagiorum. Coloniae, Sumptu & Typo Jois. Gymnici. MDL.“ Er hatte den Verlag seines Vaters vollständig übernommen und es gilt wol hauptsächlich jenem das Lob, was der berühmte Züricher Gelehrte Conrad Geßner dem 15. Buche seines Werkes „Pandectae de Metaphysica“ voranstellt. Maittaire hat in seinen „Annales typographici“ die Firma durch die Aufstellung eines „Catalogus librorum qui ex Officina Joannis Gymnici Coloniae prodierunt“ geehrt, und zwar reicht derselbe bis zum J. 1557. Auch ihn wie seinen Vater finden wir in Antwerpen ums J. 1550 als Buchhändler thätig, wie dieses einige Werke, welche seine Firma tragen, aufweisen. In Köln hat er nur wenig verlegt, da er jung gestorben sein muß. Aus seiner Ehe sind zwei Söhne hervorgegangen. Der ältere, Engelbert, hatte ein anderes Berufsfach gewählt und der jüngere, wieder mit dem Taufnamen Johann, wurde Buchhändler und übernahm später das väterliche Geschäft.

Der angebliche dritte Sohn, Arnold, war Buchhändler und Buchdrucker in Basel. Er gehörte wol sicher in diese Familie, denn sein Buchdruckerzeichen hat das Kölner Meerpferdsignet nebst demselben Wahlspruch.

Nun tritt Gualtherus Fabritius in die Reihenfolge ein. Derselbe hatte die noch ziemlich jugendliche Wittwe des Johann Gymnicus II. geheirathet und das Gymnich’sche Buchdruckerzeichen mit seinem eigenen vereinigt. Er war zu Emmerich geboren, hatte in Köln Jurisprudenz studirt und war zur Zeit seiner Verheirathung Licentiat beider Rechte. Im Anfang war er um seine Verlagsunternehmung allein, später wird Johann Gymnicus III. als Betheiligter genannt. 1572 trat er vom Geschäfte zurück und das Ganze kam unter die Leitung seines Stiefsohnes. Er starb als Doctor der Rechte und herzoglich jülichscher Rath im J. 1589 zu Köln. Seine Frau hatte ihn einige Jahre überlebt.

Johann Gymnicus III. war zwei Mal verheirathet, zuerst mit Katharine Feddersen, dann mit Hieronyma v. Aich. Die Firma G. hatte sich auf den damaligen berühmten Frankfurter Buchhändlermessen eine angesehene Stellung erobert und diese Stellung nicht allein zu behaupten, sondern noch zu steigern, [246] trug Johann Gymnicus III. redlich bei. Er machte daselbst die Bekanntschaft mit dem berühmten Gelehrten Bernhard Thurneysen, der seine Werke zum Theil auf eigene Kosten hatte drucken lassen, G. kaufte nun im J. 1587 den ganzen übrigen Vorrath der Werke Thurneysen’s: Magna Alchemia, Onomasticum und den ersten Theil des Herbarium ab und ließ dann einen neuen Titel mit seiner eigenen Firma vorsetzen. So begannen schon damals jene ungeraden Manipulationen im deutschen Buchhandel, die heutiges Tages in weit ausgedehnterem Maßstabe betrieben werden. Er führte das alte Buchdruckerzeichen, nur mit einigen Abänderungen. Mit den Erben von Andreas Wechel in Frankfurt am Main hatte er gemeinschaftlichen Verlag gehabt und in dem betreffenden Buchdruckerzeichen sind die Symbole beider Firmen vereinigt, links das Wechel’sche und rechts das Meerpferd mit Scepter und Kranich. Außerdem hat er viele auswärtige Pressen mit dem Drucke seiner Verlagswerke beschäftigt, es sind über 200 Werke bekannt, die seine Firma tragen, dazu kommen noch manche, denen die Jahreszahl fehlt und bei denen es daher zweifelhaft ist, ob sie von ihm oder von seinem gleichnamigen Vorgänger oder Nachfolger verlegt worden sind. Er starb am 21. Januar 1596. Aus seiner ersten Ehe stammten zwei Kinder, Johann, dieses Namens der Vierte, der sich dem Buchhandel widmete, und Johann Winand, welcher beider Rechte Doctor und Professor der Kölner Universität wurde. Aus der zweiten Ehe stammten sechs Kinder, von denen uns nur Elisabeth, weil sie den Buchhändler Johann Kinckius zum Manne nahm, für unsere Zwecke hier interessiren kann. Die Wittwe des Johann Gymnicus III., Frau Hieronyma, welche einstweilen das hinterlassene Geschäft fortsetzte, heirathete dann in zweiter Ehe den Buchdrucker und Buchhändler Anton Hierat in Köln (s. d. Art.). Dieser trat nun mit dem Stiefsohne seiner Frau, Johann Gymnicus IV., in Gemeinschaft und viele Bücher sind unter ihrer gemeinschaftlichen Firma erschienen, von denen nur „Venerabilis Bedae Opera. Coloniae Agrippinae Sumptibus Anton Hierati et Joan. Gymnici. Anno MDCXII.“ in Folio, hier genannt sei. Das dieser Gemeinschaft angehörige Holzschnitt-Buchdruckerzeichen hat folgende Darstellung aufzuweisen: In einer Rundung hält eine sitzende weibliche Figur, die Concordia, in der Rechten eine Fahne, auf welcher zwei verschlungene Hände ein Herz fassen, in der anderen Hand hält sie ein großes Herz, über welchem sich ein Kranz von kleinen Herzen befindet. Die Umschrift lautet: Firmum Concordia Vallum. In der Höhe springt links ein Greif, rechts das Einhorn heran, zwischen ihnen ist das Kölner Wappen aufgestellt. Unten sitzen zwei allegorische Figuren, Charitas und Pietas, und zwischen ihnen sind zwei Schildchen an dem Sockel aufgestellt, welche die Hierat’sche und die Gymnich’sche Marke enthalten.

Johann Gymnicus IV. war der erstgeborne Sohne von Johann III. und wird, obgleich er zu Köln wohnte und lebte, auf einem im J. 1597 erschienenen Buche als Drucker zu Frankfurt am Main genannt. Er hat eine eigene Druckerei besessen, doch war er öfters in Gemeinschaft mit andern Druckern; denn außer der Verbindung mit Anton Hierat druckte er noch zusammen mit Lambert Resfelt in Münster (1601 und 1611) und mit seinem Schwager Johann Kinckius (1620) zu Köln. Er war der bedeutendste als Buchhändler und Buchdrucker unter allen seines Namens und auch derjenige, der die Firma „zum Einhorn“ am meisten in Flor und Ansehen gebracht hat. 113 Werke verschiedener Art hat er als selbständiger Verleger gedruckt, ohne die fast gleiche Zahl aus der Gemeinschaft mit Anton Hierat zu rechnen, so daß er zu den größten Verlegern seiner Zeit mit Recht gezählt werden kann. Er war zwei Mal verheirathet, das erste Mal mit Helene Hilgers und das zweite Mal (1615) mit Sophie Meinerzhagen. Mit beiden Frauen hatte er zusammen [247] zehn Kinder erzeugt. G. hatte sich der Goldschmiedezunft angeschlossen und wurde von derselben 1613 in den Rath seiner Vaterstadt berufen. Er stand bei dieser Zunft in großem Ansehen. Im J. 1634 ist Johann Gymnicus IV. gestorben.

Gerwin Gymnicus, Sohn des Vorigen, geboren 1626 zu Köln, widmete sich ebenfalls dem Buchhandel und setzte das Geschäft seines Vaters fort. Es sind nur 14 Druckwerke bekannt, die seinen Namen tragen, da überhaupt seine Thätigkeit auf wenige Jahre beschränkt war. Zuerst findet man ihn im J. 1648 als Verleger, in den darauffolgenden Jahren häufig in Gemeinschaft mit Anderen, so: 1649 Geruinus Gymnicus et Jodocus Ralcovius, ferner Apud Geruinum Gymnicum et Socios, 1650 Apud Geruinum et Engelbertum Gymnicum, 1652 Coloniae, Impensis Joannis Godofredi Schonwetteri et Gervini Gymnici etc. Sein Frau Katharina, geborene Brassart, gebar ihm zwei Töchter, Maria Helena und Anna Theresia. Die erstere (am 2. November 1651 geboren, gestorben am 6. September 1714) heirathete am 26. Juli 1670 den Kölner Buchhändler Johann Wilhelm Friessem, den Inhaber eines bedeutenden Geschäftes. Zu seinen Verlagswerken gehören die verschiedenen Originalausgaben der Spee’schen „Trutz-Nachtigal“, sowie Scherer’s „Preces et Meditationes piae“, Ausgabe von 1680, mit den Goossen’schen Copien der Dürer’schen Kupferstich-Passion. Nachdem Friessem gestorben war, vermählte sie sich mit dem Buchhändler Johann Everhard Frommart, welcher dadurch Geschäftsnachfolger ihres ersten Mannes wurde. Das Todesjahr von Gerwin Gymnicus läßt sich nicht mit Bestimmtheit ermitteln.

Engelbert Gymnicus war Gerwin’s jüngerer Bruder und 1650 in Gemeinschaft mit jenem bei einem Verlagsunternehmen. Man kennt nur zwei Werke aus dem J. 1653, die seinen Namen tragen. Er zog dann nach Antwerpen, wo er als Verleger und Drucker in den J. 1663 und 1665 erscheint. Ueber sein weiteres Leben läßt sich nichts nachweisen.

Peter Gymnicus, der letzte Träger dieses Namens im Kölnischen Buchhandel, war der Neffe des Vorgenannten und nahm als Verleger eine sehr bescheidene Stelle ein. Unter den wenigen Büchern, welche in seinem Verlage erschienen, ist ein Werkchen des bekannten Historiographen Aegidius Gelenius, was durch sein historisches Interesse und seine Seltenheit gegenwärtig hohen Werth hat: „Historia et Vindiciae B. Richezae Comitissae Palatinae Rheni Reginae Poloniarum. Coloniae Agrippinae apud Petrum Gymnicum Civem et Bibliopolam juxta portam Flaminiam Anno Christi M.DC.IL“.

Vgl. Gesner, Pandectae. fol. 237 sq. Maittaire, Annales, Tom. II pars II, S. 584 sq. Geßner, Buchdruckerei, III. S. 283. Lesser, Historie der Buchdruckerei, S. 233. Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein, Heft 30 S. 11 u. ff. Kirchhoff, Beiträge zur Geschichte des deutschen Buchhandels, II. S. 104. Niesert, Beiträge zur Buchdruckergeschichte Münsters, S. 61, 65 u. 74. Panzer, Annales typogr., VI. p. 429. Hartzheim, Bibliotheca Coloniensis, p. 179. Mallinkrot, De ortu et progr. artis typogr., p. 97. Nordhoff, Denkwürdigkeiten aus dem Münster. Humanismus, S. 104 bis 105, etc.