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Artikel „Gropper, Johann“ von Leonhard Ennen in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 734–740, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gropper,_Johannes&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 06:31 Uhr UTC)
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Gropper: Johann G., Jurist und Theolog, geb. im Februar 1502 und † am 14. März 1559. Er war ein Sohn des im J. 1533 in Folge wiedertäuferischer Bewegungen aus seiner Vaterstadt Soest nach Köln übergesiedelten Bürgermeisters Johann G. In einem Alter von 14 Jahren trat er 1516 in die Juristenfacultät und erhielt am 7. November 1525 die juristische Doctorwürde. Einige Monate vor seiner Promotion war er, der „hochgelehrte Meister Johann G.“ vom Dompropst Hermann v. Neuenar zu dessen Official ernannt worden. Ein halbes Jahr später erhielt er vom Kurfürsten Hermann von Wied an Stelle des Bernard v. Hagen das Amt eines Großsieglers des Kölner Kurfürstenthums. Unter seiner Betheiligung entstand die auf der Provinzial-Synode 1528 publicirte, 1529 bei Quentel gedruckte „Jurisdictionis ecclesiasticae archiepiscopalis Curiae Coloniensis reformatio, adjectis aliquot tum veteribus jam restitutis et repurgatis, tum novis statutis et ordinationibus, omnibus jurisdictione [735] spirituali uti volentibus apprime utilibus et necessariis“. Als Kurfürst Hermann 1530 nach Augsburg auf den Reichstag sich begab, befand sich G. als juristischer und theologischer Beirath in seinem Gefolge. Hier trat er in Gemeinschaft mit Arnold von Wesel und dem Kanzler Bernard v. Hagen mit Melanchthon in nähere Beziehung und bemühte sich auf alle Weise, das Seinige zur Ausgleichung der schroffen Gegensätze beizutragen. G. gehörte, wie die meisten Räthe des Erzbischofs, der freisinnigen Erasmischen kirchlichen Richtung an, welche dem allgemeinen Rufe nach Reformen in der Kirche nachgeben wollte und zur Abstellung der zahlreichen Mißbräuche im kirchlichen Wesen die Hand zu bieten bereit war. Dem Erzbischof selbst schien das Institut der Provinzial-Synode ganz besonders geeignet, seine Reformgedanken zu verwirklichen. Für die nöthigen Vorbereitungen bediente er sich des Mannes, der vorzugsweise befähigt war, diese schwierige Aufgabe zu lösen. Es war dies G. Obwol derselbe nicht Theologe von Fach, sondern Jurist war, so glaubte doch Hermann die Ausarbeitung eines Entwurfs zu den Beschlüssen einer im J. 1536 abzuhaltenden Provinzial-Synode nur seinen fähigen Händen anvertrauen zu können. G. war ebenso wie sein Fürst, in dessen Hofdienst er seit dem J. 1533 stand, von der Nothwendigkeit einer durchgreifenden Reform im ganzen kirchlichen Wesen durchdrungen. Die gewaltige reformatorische Strömung der Epoche war nicht ohne Einfluß auf seine ganze kirchliche Haltung geblieben, und mit richtigem Verständniß seiner Zeit, der Bestrebungen und Schwächen derselben, wollte er seinerseits mit dazu beitragen, die vielen Gebrechen der Kirche, namentlich der Geistlichkeit, zu heilen, ohne das Institut selbst in seiner apostolischen Grundlage zu erschüttern. Er bewährte sich als ein Kind seiner Zeit, die in gewaltigem, mühevollem Ringen nach Umgestaltung der haltlosen kirchlichen Zustände strebte. Ein fester, fertiger, unbeugsamer Charakter, dessen ganzes Streben und Wirken auf einer unerschütterlichen Grundlage ruhte, war er nicht; er glaubte mit den Factoren rechnen zu müssen, welche in seiner Zeit geboten waren und die Gedanken der Welt bewegten. Selbst seine heftigsten Gegner konnten nicht in Abrede stellen, daß er ein gelehrter, bescheidener und gutherziger Mann war. Von seinen Freunden wurde er das „os cleri“ genannt und für einen „unbändig gelehrten und beredten Mann“ gehalten. In dem von G. verfaßten Entwurf wurden Bestimmungen getroffen, welche wol geeignet waren, die katholische Religion in ihrer Reinheit herzustellen, die Kirchenzucht zu erneuern und den Einfluß derselben auf die Sitten und die Pflichterfüllung eines Bischofs, Priesters und wahren Christen in allen Verhältnissen zu sichern. Es sollte zugleich durch Strenge gezügelt und durch Milde versöhnt werden. Es galt den Kern des katholischen Glaubens und der kirchlichen Disciplin so zu formuliren, daß schwankende Gemüther zu festem Anschluß an die Kirche zurückgeführt würden; es galt mit geschickter Hand alles Mißbräuchliche und alle unwesentlichen Zuthaten aus dem kirchlichen Leben und Wesen auszuscheiden, so daß die vielen gerechten Klagen über Aberglauben, Mißbräuche und leeres Formenwesen verstummen mußten. G. gab sich Mühe eine zur Prüfung des Entwurfes beauftragte Rathscommission zur widerspruchslosen Annahme desselben zu bestimmen. Diese Commission trug Bedenken sich zu binden; sie hätte am liebsten gesehen, wenn der Erzbischof das Werk der Reform dem in Aussicht stehenden allgemeinen Concil überlassen hätte. Auf der Synode selbst wurde der Entwurf einstimmig genehmigt. Um die Synodalbeschlüsse ins Leben überzuführen, publicirte der Erzbischof im October 1536 ein Formular, wonach dieselben zur Ausführung gebracht und die Reformation in der ganzen Erzdiöcese vorgenommen werden sollte. Die Canones des Concils selbst wurden erst im Jahre 1538 in Verbindung mit dem die einzelnen Artikel erläuternden und erklärenden Religions-Handbuch (enchiridion) veröffentlicht. [736] Dieses Enchiridion war wieder eine Arbeit Gropper’s. Das Vorwort, wodurch dieses Handbuch bei sämmtlichen Pfarrern und Predigern des göttlichen Wortes eingeführt wird, sagt, der Erzbischof habe es lieber gesehen, wenn es möglich gewesen wäre, die engen Grenzen eines kleinen Handbüchleins einzuhalten; aber man habe sich während der Ausarbeitung von der Unmöglichkeit überzeugt, innerhalb dieser Schranken die hochwichtigen Lehren, welche gegenwärtig zum größten Schaden der Kirche von gewissen Neuerern angegriffen würden, in der für die Pfarrherren nothwendigen Ausführlichkeit und Klarheit darzulegen; denn es handle sich darum, den Kirchen der Diöcese ein Gegengift zu reichen gegen die in dieser gefährlichen Zeit immer weiter um sich greifende Pest alter und neuer Ketzereien. Doch sei dieses in der Weise geschehen, daß Niemand, welcher Secte er auch angehöre, namentlich getadelt sei, sondern allein die nicht zu billigenden Lehren habe man in bescheidener Weise widerlegt und an deren Stelle die bisher geltenden zu vertheidigen gesucht. Das Enchiridion ist die ausführlichste, wichtigste und klarste Dogmatik, welche die vortridentinische theologische Wissenschaft aufzuweisen hat. Den controversen Glaubenssätzen hat G. in dieser Arbeit eine eingehende und sorgfältige Behandlung zu theil werden lassen. Wenn die in diesem Buche ausgesprochenen Grundsätze und Anschauungen von Seiten der höchsten kirchlichen Instanzen, vom Papst und allgemeinen Concil, als die richtigen anerkannt wurden, war der erste Schritt zur Aussöhnung und Beilegung des Streites geschehen; den modernen Ideen war die von ihnen verlangte Concession gemacht, und es hing dann nur von dem versöhnlichen Sinne und der Geschicklichkeit der mit den weiteren Unterhandlungen betrauten Persönlichkeiten ab, das Maß der gegenseitigen Zugeständnisse zur Herbeiführung des Ausgleiches festzustellen. Und es gewann in der That den Anschein, daß der Geist des Enchiridions wirklich in den maßgebenden Kreisen das Uebergewicht gewinnen werde. In Köln hatte die Gropper’sche Schrift die Billigung der Universität, weil sie ganz den Geist athmete, von welchem die Synode beseelt gewesen war. In der ganzen katholischen Welt fand Gropper’s Werk Billigung und Anerkennung. Auf die Zustimmung kirchlicher Autoritäten, wie des Cardinals Sadolet, des veroneser Bischofs Giberti, des Cardinals Contarini, des Cardinals Paulus, des gelehrten Ambr. Catharinis von Siena, Albert Pippius, Arnold von Tongern, Jacob Omphal, Johann Cochläus und Johann Eck konnte G. mit Stolz hinweisen. Auch Kaiser Karl V. huldigte eine Zeit lang den Grundsätzen der Versöhnlichkeit, und es nahm den Anschein, als ob der Versuch, die getrennten Parteien wieder zu vereinigen, zu glücklichem Ziele werde geführt werden. In dieser friedlichen Richtung bewegten sich die Religionsgespräche zu Hagenau 1540, Worms 1540–41, in Regensburg 1541. Auf der Grundlage des Gropper’schen Enchiridion schien eine Versöhnung der stimmführenden Theologen und eine Ausgleichung der bestehenden Gegensätze möglich. Der Kurfürst Hermann, der sich selbst im Juni 1540 auf den Tag nach Hagenau begab, nahm G. als seinen theologischen Beirath mit dahin. Auch in Worms war G. zugegen. Hier, wo er die in kaiserlichem Auftrag gehaltene Eröffnungsrede Granvella’s beantwortete, trat er in Gemeinschaft der drei anderen erzbischöflichen Bevollmächtigten wiederholt mit den Vertretern der übrigen katholischen Stände zu Besprechungen zusammen. Auf Ersuchen Granvella’s und auf Veranlassung des kaiserlichen Secretärs ließ er sich mit Bucer und Capito in geheime Unterredungen ein. In diesen Besprechungen legte er eine Reihe von dogmatischen Sätzen vor, welche zur Grundlage für den sich daran knüpfenden Meinungsaustausch gemacht wurden. Aus den Ergebnissen dieser Besprechungen scheint das sogenannte Regensburger Buch, welches auf dem Reichstag zu Regensburg als Concordienbekenntniß-Schrift für sämmtliche Confessionen vorgelegt wurde, erwachsen zu sein. [737] Gropper’s Enchiridion, aus welchem die meisten Sätze des Regensburger Buches genommen sind, muß als die eigentliche Quelle des letzteren angesehen werden. Nachdem das Versöhnungswerk gescheitert war, entschloß sich der Erzbischof Hermann, die Reform im Kölner Erzstift auf eigene Hand durchzuführen. Niemand schien ihm für die Lösung dieser Aufgabe besser geeignet als Martin Bucer. Hermanns Wunsch war es, daß Bucer, der Ende 1541 in das Erzstift gekommen war, sich zuerst mit G. und dem Weihbischof Nopelius verständige. G., der die Hoffnung auf einen schließlichen Ausgleich der verschiedenen Anschauungen und Ansichten noch nicht aufgegeben hatte, bot gerne die Hand, um auf Grund der Regensburger Artikel das so sehnlich gewünschte Ziel zu erreichen. Er trug kein Bedenken, den Bucer in Köln auf das Zuvorkommendste aufzunehmen und mehrere Tage gastfreundlich zu bewirthen. Bald aber erkannte er, daß Bucer nur in Nebendingen, keineswegs aber in den Grundprincipien zum Nachgeben geneigt war. Er ließ die Hoffnung auf eine endliche Verständigung fahren, schloß sich immer enger an die allmählich ganz auf die Seite der unversöhnlichen curialistischen Theologen getretene Kölner Universität an und wandte sich immer mehr vom Erzbischof und den Vertretern freisinniger Grundsätze ab. Offen trat er dem Erzbischof entgegen, als dieser im Herbst 1542 den Bucer, den er des lieben Friedens willen entlassen hatte, nach Bonn zurückberief. In dem Kampfe, den das Domcapitel und die Universität gegen den immer weiter von der katholischen Kirche sich abwendenden und schließlich förmlich zum Protestantismus übertretenden Erzbischof führten, stand G. in erster Reihe unter den Anhängern des alten Glaubens und man wird schwerlich irren, wenn man seiner gewandten Feder einen hervorragenden Antheil an den vielen gegen Hermann erlassenen Streitschriften zuschreibt. Nachdem er aus dem Hofdienst Hermanns ausgetreten war, versah er auf den besonderen Wunsch der Studenten eine Zeit lang die Professur der Dekretalen. Bald trat er aber auch von dieser Stelle zurück, um seine ganze Zeit gelehrten Studien und litterarischen Arbeiten widmen zu können. Ohnedies würde ihm nach seiner 1547 durch den Papst erfolgten Ernennung zum Propste der Bonner Stiftskirche und hiermit zum Archidiacon der Bonner Christianität die Fortsetzung der Professur unmöglich geworden sein. Als Frucht seiner Muße erschienen vor und nach von seiner Feder: „Capita institutionis ad pietatem“; „Bettbüchlein mit Holzschnitt, vom wahren, wesentlichen und bleiben des Leibs und Bluts Christi nach geschehener Consecration“; „Institutio catholica, elementa christianae pietatis et isagoge ad pleniorem cognitionem universae religionis christianae“; „Catechismus“; „Modus confitendi pro sacerdote“; „De sacramento altaris, de communione alterius dumtaxat speciei et aliis quibusdam ad id pertinentibus“; „Institutio catholica, elementa christianae pietatis succinta brevitate complectens, cui subjungitur isagoge ad pleniorem cognitionem universae religionis catholicae“. An die Stelle des im J. 1546 vom Papste abgesetzten Erzbischofs Hermann war Adolf III., Graf von Schauenburg, seit 1536 Coadjutor, getreten. Er nahm bald genug Gropper’s Dienste in Anspruch. Als er im Herbste 1551 sich auf das Concil nach Trient begeben wollte, glaubte er sich als theologischen und kirchlichen Rathgeber keinen befähigteren Mann wählen zu können als den Propst G. Am 10. October langte G. in Trient an und wohnte der 13., 14. und 15. Sitzung bei. Am Feste Epiphaniä 1552 hielt er vor den versammelten Vätern des Concils eine manche kirchliche Mißbräuche unbarmherzig bloßlegende Rede. Diese Rede erschien bei Caspar Gennep im Druck. Beim Papste Paul IV. stand G., dem allein es zu verdanken war, daß die für die katholische Sache so äußerst wichtige Kölner Erzdiöcese dem alten kirchlichen Glauben erhalten worden, in hohem Ansehen. Diesem Papste, [738] einem von den strengsten hierarchischen Grundsätzen geleiteten und durchdrungenen Feuergeiste, war es mit der Durchführung der so heiß ersehnten und so oft geforderten kirchlichen Reform heiliger Ernst. Der mit der Verwirklichung der höchsten kirchlichen und politischen Pläne[WS 1] sich tragende kräftige Greis war noch von demselben Geiste beseelt, welcher in ihm wirksam gewesen, als er im J. 1538 in Gemeinschaft mit Contarini, Sadolet, Reginald Polus und fünf anderen Reformfreunden als Cardinalbischof von Theate die bekannten Reformvorschläge zur Abstellung der schreiendsten kirchlichen Mißbräuche dem Papste Paul III. einreichte. Pauls Absicht war es, das durch die Vertagung des Trienter Concils ins Stocken gerathene Regenerationswerk wieder aufzugreifen und in Rom unter seiner eigenen Betheiligung zu dem gewünschten Ende zu führen. Durch seinen Bevollmächtigten, den Kämmerer Theophilus Herhena, ließ er dem Kölner Rathe sagen, „die päpstliche Heiligkeit sei gemeint, eine Reformation der Kirche von oben, vom Papste selbst an bis nach unten hindurchzuführen und zu diesem Zweck ein christliches Concilium nach einem Orte, den die christlichen Fürsten für geeignet halten würden, auszuschreiben; an dieses Concil wolle Seine Heiligkeit solche Reformvorschläge bringen und er selbst werde an den Berathungen Theil nehmen.“ Zur Durchführung dieses Reformplanes bedurfte Paul bewährter, gelehrter Leute aus allen Nationen, namentlich aber solcher Männer, welche mit den deutschen Verhältnissen vollkommen vertraut waren. Er entschloß sich, neben sechs anderen Celebritäten den „berühmten und hochgelehrten“ Herrn Johann G. in das Cardinals-Collegium zu berufen. Im Consistorium vom 20. Januar 1556 ernannte er ihn zum Cardinal S. Luciae in silice. Des Papstes Gewohnheit war es, in den meisten Dingen völlig selbständig zu handeln und seine Entschlüsse als eine unmittelbare Eingebung Gottes zu betrachten. So war auch der Erhebung Gropper’s zum Cardinal keinerlei diplomatische Unterhandlung vorher gegangen. Das Cardinals-Collegium wurde ebenso wie der Ernannte selbst von dieser Berufung überrascht. Der schon genannte Kämmerer Herhena erhielt den Auftrag, dem neuerwählten Cardinal das rothe Baret zu überbringen und denselben nach Rom einzuladen. Der päpstliche Abgesandte erschien in Köln, stieg im Gasthofe zum wilden Manne auf dem Thurmmarkt ab und ließ dem Scholaster den Zweck seiner Reise kund thun. Der römische Höfling hatte erwartet, daß G. in der Freude seines Herzens sich in den wärmsten Dankesäußerungen über die unerwartete Gnade des Stellvertreters Christi ergehen und sich zur Erfüllung des päpstlichen Wunsches bereit erklären werde. Statt dessen fand er bei der Erfüllung seines Auftrages eine äußerst kühle Aufnahme, und zu seinem höchsten Erstaunen mußte er vernehmen, daß G. die ihm angebotene hohe Würde ablehnte und sich beharrlich weigerte, die Reise nach Rom anzutreten. Das rothe Baret behielt G. zwar in seiner Wohnung, erklärte aber, er werde es nur so lange verwahren, bis er Gelegenheit finde, es dem Papst wieder zuzustellen. Der Papst hatte nicht erwartet, daß G. die ihm übertragene hohe kirchliche Würde ausschlagen werde. Er, der Stellvertreter Christi, der nicht den mindesten Widerspruch ertragen konnte, der sich als den obersten Herrn aller Fürsten der Welt betrachtete und seinem Willen gegenüber überall unbedingten Gehorsam verlangte, stieß hier bei der Ertheilung der höchsten kirchlichen Auszeichnung auf eine frostige Ablehnung. Gründe hatte G. nicht angegeben. Der Papst wollte diese Gründe in Gropper’s Demuth und Bescheidenheit suchen; er könne nicht vermuthen, schrieb er an den Erzbischof Adolf, daß dem Scholaster durch Einfluß des Teufels das Licht der Wahrheit verdunkelt worden. Er glaubte, daß G. doch schließlich den Widerstand fahren lassen und sich zur Annahme der ihm angetragenen Würde bereit erklären werde. Anfangs Juli ersuchte er in einem besonderen Breve den Erzbischof Adolf, dem Scholaster [739] befehlen, dem durch den Mund des Papstes an ihn ergangenen Rufe Gottes zu folgen, das Baret mit den üblichen kirchlichen Cäremonien anzunehmen und sich zur Erfüllung der mit dem Cardinalat übernommenen Pflichten nach Rom begeben. Dem Kölner Rathe hatte der Papst durch ein Breve vom 18. Februar Kenntniß von der Cardinals-Ernennung Gropper’s gegeben. In seinem Namen ersuchte nun auch Herhena den Rath, seinen ganzen Einfluß dahin verwenden zu wollen, daß G. dem Wunsche des Papstes entgegenkomme, die ihm angetragene Würde annehme und sich zur Reise nach Rom anschicke. Wenn G. nach der Durchführung der fraglichen Reformation nicht länger in Rom verweilen wolle, stehe es ihm frei, die heilige Stadt wieder nach Belieben zu verlassen. In Folge dieses Ansuchens begaben sich Arnold von Siegen, Constantin von Lyskirchen, Eberhard Sudermann, Hittorp und Dr. Conrad Betzdorf zum Scholaster, um ihn zur Annahme des Cardinalates zu bestimmen. Diese Sendung hatte aber nicht den gewünschten Erfolg; G. blieb dabei, daß er keine Lust habe in das Cardinals-Collegium zu treten.

Erst als Johann Gebhard von Mansfeld (1558) zum Erzbischof gewählt war, entschloß sich G. zu der Reise, gegen die er sich vor zwei Jahren gesträubt hatte. Die Thatsache, daß er diesen Entschluß faßte, deutet darauf hin, daß nach Gropper’s Auffassung die Bestätigung oder Verwerfung des neugewählten Erzbischofs für die Sache des Katholicismus am Rheine wichtige Folgen im Schooße barg. Er inventarisirte sein gesammtes Mobiliar in der Propstei von St. Gereon, schloß das Haus zu und trat in Begleitung seines Bruders Caspar, Dechanten von St. Maria ad gradus, und des Vicars Johann Oliverius die Reise nach Rom an. Bezüglich dieser Reise schrieb am 15. August der Dechant von St. Aposteln, Dr. Georg Lisch, an den Elektus Johann Gebhard: „Euer Kurfürstlichen Durchlaucht kann ich in Unterthänigkeit nicht verhalten, daß ich in gewisse Erfahrung gebracht, daß die zwei Gropper, der Propst und der Dechant, miteinander hinauf nach Rom gezogen und vor einigen Tagen zu Augsburg gewesen sind; es ist zu besorgen, daß sie sollen unterstehen allerlei Praktiken gegen Euer Kurfürstliche Gnaden und deren Stift vorzuwenden, weshalb nothwendig, daß Euer Kurfürstliche Gnaden den Ihrigen zu Rom schreiben, um das Vornehmen gegen die Confirmation Euer Kurfürstlichen Gnaden zu verhindern.“ Johann Gebhard machte bald nach der Abreise der Brüder G. seinem Agenten in Rom, dem Propst von St. Cunibert, Johann Doolshagen, Mitteilung von der Absicht dieser „ehrgeizigen, ränkesüchtigen und unruhigen Köpfe“; er bat denselben, genaues Augenmerk auf jeden Schritt der beiden G. zu halten und bei den einflußreichsten Prälaten ihnen auf alle Weise entgegen zu arbeiten. Dasselbe Ansuchen stellte er an den römischen Agenten Johann Fonchius. G. kam, nachdem er sich in Augsburg einige Tage wegen Krankheit hatte aufhalten müssen, gegen Ende August in Rom an. Hier fand er im päpstlichen Palaste freundliche Aufnahme. Es machte ihm geringe Mühe, den Papst von seiner unzweifelhaften Rechtgläubigkeit und seiner untadelhaften kirchlichen Gesinnung zu überzeugen und so alle Angriffe und Verdächtigungen seiner Gegner zu entkräften. Was die päpstliche Anerkennung Johann Gebhard’s von Mansfeld anlangt, so brauchte G. nicht viel dagegen oder dafür zu thun, weil der Papst entschlossen war, sie nur um den Preis der Unterwerfung des Gewählten unter sein politisches System, besonders in den deutschen Angelegenheiten, zu gewähren, eine Zumuthung, zu der sich Gebhard freilich so wenig als seine Collegen im Kurcollegium geneigt zeigte; auf der anderen Seite aber hätte G. sehr gerne eine Verständigung zwischen dem Papste und dem Reiche herbeigeführt. Um einen völligen Bruch der Curie mit dem deutschen Reiche zu verhüten, gab er sich alle Mühe, den Papst zur Anerkennung der vollendeten Thatsache und zur Anknüpfung [740] freundlicher Beziehungen zu Kaiser Ferdinand zu bewegen. Paul aber blieb starr und unbeugsam. Kaum anderthalb Jahr hatte G. in Rom verweilt, als er von einem Fieber ergriffen wurde und nach kurzem Krankenlager am 8. März 1559 starb. Die Leichenrede hielt der 80jährige Papst selbst mit dem Feuer und Begeisterung der ihm angeborenen Beredtsamkeit. Diese Leichenrede war eine Rechtfertigung des vielfach angegriffenen G., wie sie glänzender und demonstrativer nicht gedacht werden konnte. Seine Ruhestätte fand G. in der den Deutschen gehörigen Kirche Dell’ Anima zu den Füßen des Papstes Hadrian VI. Er wurde auf Anordnung des Papstes mit bischöflichen Ehren bestattet.

Brieger, Gropper, in Ersch und Gruber’s Encyklopädie, 1. Section, Theil 92, S. 219 ff. – Meuser, in Dieringer’s Zeitschrift I. – Ennen, Geschichte der Stadt Köln, Bd. IV. – Deckers, Hermann v. Wied. – Varrentrapp, Hermann v. Wied. – Drouven, Die Reformation in der Köln. Kirchenprovinz. – Meshovius, Hist. schismatis. etc. – Hassenkamp, Hessische Kirchengeschichte. – Liessem, Johann Gropper. – Crombach, Ann. eccl. Metrop. Col. – Handschriftliches im Kölner Stadtarchiv.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Plane