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Artikel „Gros, Carl Heinrich von“ von Emanuel Ullmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 740–741, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gros,_Karl_Heinrich_von&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 12:44 Uhr UTC)
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Gros: Carl Heinrich v. G., königl.[1] würtembergischer Geheimrath, geb. am 10. Nov. 1765 zu Sindelfingen, † am 9. Nov. 1840. G. war der Sohn des nachmaligen Specialsuperintendenten G. in Urach. Sein namhaftes Talent entwickelte sich schon frühzeitig unter dem Einfluß seines Großvaters mütterlicher Seite, des Stadtpfarrers Hummel in Sindelfingen, welcher den Grund zu seiner klassischen Bildung gelegt hatte, die ihn bis an sein Alter begleitete. Nach zurückgelegtem philosophischem und theologischem Cursus (in Tübingen) bekleidete er durch fünf Jahre von 1788 an die Stelle eines Instructors der königlichen Prinzen von Würtemberg. Unter dem Einflusse der Verhältnisse am Hofe und hingezogen zur kritischen Philosophie verließ er die ursprünglich gewählte theologische Laufbahn und wandte sich der Jurisprudenz zu. 1793 bezog er zu diesem Zwecke die Universität Jena. Hier gehörte er dem Kreise derjenigen an, welche sich um Schiller, Niethammer, Reinhold, Griesbach, Schütz versammelten. Auch Wilhelm v. Humboldt weilte damals in Jena. 1794 bezog G. Göttingen. Der Einfluß der an diesen beiden Universitäten damals herrschenden Richtungen der Forschung (der philosophischen in Jena, der historischen in Göttingen) führte bei G. zur Vereinigung dieser beiden Methoden. In Göttingen verkehrte er meist mit seinem Landsmanne, dem Historiker Spittler. Hier wurde auch der Grund zu seiner künftigen Laufbahn gelegt. Der damalige preußische Minister für die fränkischen Herzogthümer, Freiherr v. Hardenberg, in der Nähe von Göttingen begütert, schenkte G., der sich inzwischen habilitirt hatte, besondere Aufmerksamkeit und bewirkte dessen Ernennung zum Professor an der damals preußischen Universität Erlangen (1796) (siehe die Briefe v. Hardenberg’s an G. in den Anlagen zu Schmidtlein’s Jubiläumsschrift der Erlanger Juristenfacultät: das Leben von Carl Heinrich Gros 1843 – lateinisch). Bei Gelegenheit seines Eintritts in die Juristenfacultät schrieb er gemäß altem Herkommen eine Dissertation: „De notione poenarum forensium“, die insofern von großem Interesse ist, als G. darin zu gleicher Zeit und unabhängig von Feuerbach zur Begründung des Strafrechts gleichfalls eine Theorie des psychologischen Zwanges aufstellt. Die Vergleichung der Zeit des Erscheinens obiger Dissertation (October 1798 bei A. E. Junge in Erlangen) und der Feuerbach’schen Schriften (siehe die citirte Schrift von Schmidtlein, S. 10, Anm. 12 u. 13) zeigt deutlich, daß G. in dieser Frage nicht Feuerbach, sondern seinen eigenen Ansichten über die Begründung der Strafe gefolgt ist. – 1801 hatte er Christiane, die Tochter des Gymnasialdirectors Eyring in Göttingen, geheirathet. – Seine akademische Thätigkeit war von dem glänzendsten Erfolge begleitet. 1800 wurde er an Stelle [741] E. F. Klein’s nach Halle berufen und war es vorzüglich des Ministers Massow Plan (gegen Hardenberg, der G. für Erlangen erhalten wollte), ihn für Halle zu gewinnen, der jedoch vereitelt wurde, indem G. 1802 einer Berufung als Consulent der würtembergischen Landschaft folgte – nicht ohne inneren Kampf, da er der ihm lieb gewordenen akademischen Thätigkeit entsagen mußte. Die Liebe zu seinem engeren Vaterlande, die ihn die Consulentenstelle zu übernehmen hieß, wurde indessen schlecht gelohnt; es wurde seiner Wahl die herzogliche Bestätigung verweigert. Nach längeren Verhandlungen, in denen die Landschaft dem Herzog das Recht bestritt, die Bestätigung ohne gerechte Gründe abzulehnen, wandte sich endlich der größere Ausschuß mit einer Beschwerde an den kaiserlichen Hofrath und sandte G. nach Wien, um die Angelegenheit persönlich zu betreiben (1803). Hardenberg, der den Verlauf des Streits aufmerksam verfolgt hatte, glaubte die Zeit gekommen, um G. wieder für Erlangen zu gewinnen; und da der Herzog öffentlich erklärte, daß er die Bestätigung niemals ertheilen werde, so entschloß sich G., dem Frieden zu Liebe, Hardenberg’s Anerbietungen anzunehmen. Inzwischen war die landständische Beschwerde in Wien zur Entscheidung gelangt: durch Mandat vom 16. August 1804 befahl der Reichshofrath dem Herzog die verweigerte Bestätigung sofort zu ertheilen. Allein an demselben Tage, an welchem dies Mandat in Stuttgart eintraf (21. August), ward G. auf Befehl des Herzogs nach Versiegelung seiner Papiere auf den Hohen Asperg abgeführt. Länger als fünf Wochen blieb er in Haft. Endlich gelang es Hardenberg seine Freilassung am 28. September 1804 zu erwirken. Sofort reiste er nach Erlangen, um, durch Verleihung des Titels eines königlich preußischen Hofraths ausgezeichnet, noch im Wintersemester seine Vorlesungen zu eröffnen. – Während des Stuttgarter Aufenthalts erschien sein „Lehrbuch der philosophischen Rechtslehre oder des Naturrechts“ (1. Aufl. 1802, 2. Aufl. 1829), dem er vorzugsweise seinen schriftstellerischen Ruf verdankt. Im Lehramte blieb G. bis zum J. 1817, nachdem er in der ungünstigen Zeit des J. 1806 im Vereine mit seinen Collegen wesentlich dazu beigetragen hatte, die Universität Erlangen vor gänzlichem Verfall zu bewahren. In den zweiten Erlanger Aufenthalt fällt eine Reihe sehr ehrenvoller Berufungen an andere Universitäten, darunter zwei nach Breslau. In das J. 1817 fällt seine definitive Rückkehr in seine Heimath; er wurde in die Stelle eines Präsidenten des königlich würtembergischen Criminaltribunals, dann des Obertribunals und bald darauf in den königlichen Geheimrath berufen. In letzterer Stelle verblieb er bis zu seinem Tode. Die Produkte seiner litterarischen Thätigkeit sind theilweise in verschiedenen Zeitschriften, deren Mitarbeiter er war, niedergelegt: darunter in den von Schiller herausgegebenen Horen und in der allgemeinen Jenaer Litteraturzeitung. Selbständig erschien – außer der bereits genannten Dissertatio juridica de notione poenarum forensium, Erlangae 1798, und dem Lehrbuch des Naturrechts – seine „Geschichte der Verjährung nach römischem Recht“, Göttingen 1795. –

Vgl. die oben citirte Schrift von Schmidtlein und N. Nekr. d. D., 18. Jahrg. Nr. 334.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 740. Z. 17 v. o.: „königl.“ ist zu streichen. [Bd. 12, S. 795]