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Artikel „Dieringer, Franz Xaver“ von Franz Heinrich Reusch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 140–142, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Dieringer,_Franz_Xaver&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 10:20 Uhr UTC)
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Dieringer: Franz Xaver D., geb. 22. Aug. 1811 zu Rangendingen im Fürstenthum Hohenzollern-Hechingen, erhielt seine Gymnasialbildung zu Sigmaringen und Constanz, absolvirte dann den zweijährigen philosophischen Cursus am Lyceum zu Constanz und studirte 1832–34 Theologie zu Tübingen. Am 19. Septbr. 1835 wurde er zu Freiburg zum Priester geweiht und dann sofort als Repetent (Bibliothekar und Lehrer der Kanzelberedsamkeit) in dem erzbischöflichen [141] Seminar daselbst angestellt. Seiner Absicht, Docent an der Freiburger Universität zu werden, trat die badische Regierung wegen seiner ultramontanen Richtung hindernd entgegen. Im Herbst 1840 wurde er Professor der Theologie in dem bischöflichen Seminar zu Speyer, Ostern 1841 auch Professor der Philosophie an dem dortigen Lyceum. In demselben Jahre wurde er von der Münchener theologischen Facultät honoris causa zum Doctor der Theologie creirt. Nachdem der Bischof v. Geissel von Speyer als Coadjutor des Erzbischofs v. Droste nach Köln übergesiedelt war, wurde auf dessen Antrag D. im März 1843 zum ordentlichen Professor der Theologie an der Universität Bonn ernannt. Außer seinem Hauptfache, der Dogmatik (nebst Dogmengeschichte, Apologetik etc.), las er dort anfangs auch über Moraltheologie und bis zum Ende seiner Lehrthätigkeit auch über Homiletik; er leitete auch als Director des homiletischen Seminars die Predigtübungen der Studenten. 1843–44 war er zugleich provisorisch Inspector des katholisch-theologischen Convictoriums und 1845–61 katholischer Universitätsprediger. (Im J. 1848 war er Mitglied des Frankfurter Parlaments für den 35. rheinpreußischen Wahlkreis [Neuß]; er gehörte zum rechten Centrum [Casino] und zu dem [katholischen] Club im „steinernen Hause“.) Der Erzbischof v. Geissel ernannte ihn zum geistlichen Rathe und Prosynodal-Examinator und 1853 zum Domcapitular in Köln (mit Beibehaltung seiner Professur und seines Wohnsitzes in Bonn). Eine Reihe von Jahren war D. auch erzbischöflicher Commissar für die Frauenklöster in Bonn und der Umgegend. 1846 gründete er in Verbindung mit Anderen den „Verein vom h. Karl Borromäus zur Verbreitung guter Bücher“; bis 1871 war er Präsident des Verwaltungsausschusses dieses Vereins. Von 1853–71 war er auch Präsident des akademischen Dombauvereins. – 1855 stand D. für den Paderborner, 1864 für den Trierer bischöflichen, 1865 für den Kölner erzbischöflichen Stuhl auf der von den betreffenden Domcapiteln aufgestellten Candidatenliste, wurde aber von der preußischen Regierung als persona minus grata bezeichnet. Die Einladung, im Winter 1868–69 sich an den Vorarbeiten für das vaticanische Concil zu betheiligen, lehnte er „aus Gesundheitsrücksichten“ ab. Obschon er seiner kirchlichen Anschauung und Richtung nach ultramontan war und in seinen Schriften sich zu Gunsten der Infallibilität des Papstes geäußert hatte, sprach er sich 1869 und 1870 entschieden gegen die Dogmatisirung derselben aus, die er nicht nur für durchaus inopportun, sondern auch in der vaticanischen Form für unzulässig erklärte. Er betheiligte sich auch noch nach dem 18. Juli 1870 lebhaft an der antiinfallibilistischen Bewegung, unterwarf sich aber nach längeren Verhandlungen mit dem Erzbischof Melchers von Köln den vaticanischen Decreten (Rhein. Merkur 1871. S. 101). Bald darauf, Ostern 1871, legte er seine Professur und sein Canonicat nieder und übernahm die Pfarrei Veringendorf in seiner Heimath Hohenzollern, für welche ihn auf seine Bitte der Fürst von Hohenzollern präsentirt hatte. Er betheiligte sich seitdem, geistig und körperlich gebrochen, gar nicht mehr an litterarischen und kirchlichen Verhandlungen. 1874 wurde er von dem Freiburger Domcapitel auf die Candidatenliste für den erzbischöflichen Stuhl gesetzt, von der badischen Regierung aber, weil er eine befriedigende Erklärung bezüglich der Anerkennung der Staatsgesetze verweigerte, gestrichen. Er starb nach fast zweijährigen schweren Leiden 8. Sept. 1876. – Dieringer’s „Lehrbuch der katholischen Dogmatik“ erlebte, so lange er in Bonn docirte, mehrere Auflagen; die erste erschien Mainz 1847, die 5. 1865. Außerdem veröffentlichte er: „System der göttlichen Thaten des Christenthums als Lehre von der Selbstbegründung des Christenthums, vollzogen durch seine göttlichen Thaten“, 2 Bde., 1840. 41, 2. Aufl. in 1 Bde. 1857; „Kanzelreden an gebildete Katholiken“, 2 Bde. 1846; „Der h. Karl Borromäus und die Kirchenverbesserung seiner Zeit“, 1846; „Das Epistelbuch der katholischen [142] Kirche, theologisch erklärt“, 3 Bde. 1863; „Laien-Katechismus über Religion, Offenbarung und Kirche“, 1865, 2. Aufl. 1868, – ferner einige Broschüren: „Offenes Sendschreiben über die kirchlichen Zustände der Gegenwart an Prof. Hirscher“, 1849; „Dogmatische Erörterungen mit einem Güntherianer“ (X. Schmid), 1852; „Trauerrede auf den Cardinal v. Geissel“, 1864, „Die Theologie der Vor- und Jetztzeit“ (gegen den Jesuiten Kleutgen), 1868, 2. Aufl. 1869, – endlich viele Aufsätze in Zeitschriften. 1841–43 redigirte er den (1821 von Nic. Weiß und A. Raeß gegründeten) „Katholiken“, 1844–46 die von ihm selbst gegründete „Katholische Zeitschrift für Wissenschaft und Kunst“, an deren Stelle 1847 (bis 1849) die von der Bonner katholisch-theologischen Facultät herausgegebene „Katholische Vierteljahrschrift für Wissenschaft und Kunst“ trat. 1866–71 war er ein fleißiger Mitarbeiter des Bonner „Theologischen Litteraturblatts“.