Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Banck, Karl“ von Hermann Arthur Lier in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 46 (1902), S. 199–202, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Banck,_Karl&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 04:01 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Bamberger, Ludwig
Nächster>>>
Bandel, Ernst von
Band 46 (1902), S. 199–202 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Carl Banck in der Wikipedia
Carl Banck in Wikidata
GND-Nummer 102424799
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|46|199|202|Banck, Karl|Hermann Arthur Lier|ADB:Banck, Karl}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=102424799}}    

Banck: Karl B., Musiker und Musikschriftsteller, wurde am 27. Mai 1809 zu Magedeburg als Sohn eines Domvicars geboren, dessen vielseitige künstlerische und litterarische Interessen der Erziehung seiner Kinder wesentlich zu Statten kamen. Vor allem aber übertrug sich die musikalische Begabung des Vaters, die er namentlich als tüchtiger Orgelspieler und als Componist entwickelte, auf diesen Sohn Karl. Er erhielt schon als Knabe vortrefflichen Musikunterricht und fiel in dem musikalischen Kreis, in dem er sich von Jugend auf bewegte, durch sein Clavier-, später auch durch sein Orgelspiel auf. Trotzdem dachte der Vater ursprünglich nicht daran, seinen Sohn Müsiker werden zu [200] lassen. Er schickte ihn vielmehr auf das Magdeburger Domgymnasium, damit er später Theologie studiren könnte und ließ ihn die Schule bis zur Erlangung des Maturitätszeugnisses durchmachen. Als es sich aber herausstellte, daß B. keine Neigung für die Theologie besaß, willigte der Vater ein, daß er nach Berlin gehen durfte, um sich unter der Leitung Zelter’s und Bernhard Klein’s zum Musiker auszubilden. Hierauf begab er sich für kurze Zeit nach Dessau, wo er Schüler Friedrich Schneider’s wurde und den Instrumentalsatz erlernte. Nach seiner Rückkehr schloß er sich eng an Ludwig Berger, der sein Lehrer im Clavierspiel wurde, an und trat auch zu Otto Nicolai, dem Componisten der „Lustigen Weiber“, in nahe Beziehungen. Auf Anrathen Klein’s wandte er sich im Juli 1830 nach Italien. Er benutzte seinen dortigen Aufenthalt, der sich bis zum Jahre 1832 ausdehnte, dazu, die ältere italienische Musik und den italienischen Gesang gründlich zu studiren und ließ sich in Rom durch den Umgang mit Malern wie Jordan und Alexander Simon auch für die Beschäftigung mit der Malerei und überhaupt mit der bildenden Kunst begeistern, die ihn fortan Zeit seines Lebens kaum weniger als die Musik fesselte. Zum Componiren kam er in der ersten Zeit der Reise nur selten; erst als er auf der Rückreise vier Monate in Venedig Halt machte, gewann er zu eigenem Schaffen größere Ruhe. In Venedig ist dann auch das meiste von dem entstanden, was wir aus Banck’s jüngeren Jahren gedruckt besitzen, besonders der „Liederkreis aus Italien und Deutschland“ (op. 1). Erschienen sind diese Lieder erst geraume Zeit nach seiner Rückkehr nach Berlin, zu Anfang des Jahres 1834. Da Zelter gestorben war und Klein vergeblich auf eine Verwirklichung seiner Pläne bezüglich der Errichtung eines Conservatoriums für Musik durch die Regierung harrte, fand B. in Berlin nur durch Spontini Anregung, die ihm jedoch nicht genügte, um ihn dort festzuhalten. Als der Winter vorüber war, reiste er zunächst in Verlagsangelegenheiten nach Leipzig, wo er Robert Schumann kennen lernte. Durch ihn ließ er sich bestimmen, Mitarbeiter an der soeben begründeten „Neuen Zeitschrift für Musik“ zu werden. Er schrieb für sie die Skizzen aus Italien und lieferte den größten Theil der Kritiken über Gesangscompositionen, italienische und deutsche Opern. Auch nahm er eifrig unter dem Namen Serpentius an den Zusammenkünften der „Davidsbündler“ theil und zog auch seinen Freund, den schon erwähnten Maler Simon, mit in den Kreis dieser aufstrebenden jüngeren Männer. Die Zerwürfnisse zwischen Friedrich Wieck und Schumann, bei denen B. zufällig auf die Seite Wieck’s gekommen war, und die Einsicht von der geringen praktischen Wirksamkeit des Unternehmens bestimmten ihn jedoch schon zu Ostern 1836 davon zurückzutreten und sich nach Thüringen zu wenden, wo er zuerst in Jena, dann in Rudolstadt wesentlich nur dem eigenen Schaffen lebte. In dieser Zeit lernte ihn O. L. B. Wolff kennen und entwarf in seinen „Portraits und Genrebildern“ ein fesselndes Charakterbild der Persönlichkeit und der musikalischen Ansichten des jungen Musikers.

Nachdem sich B. mit einer Rudolstädterin vermählt hatte, begab er sich im J. 1840 mit ihr nach Dresden. Er gedachte hier nur vorübergehenden Aufenthalt zu nehmen, fühlte sich aber sehr bald so an diese Stadt gefesselt, daß er beinahe ein halbes Jahrhundert lang seinen Wirkungskreis in ihr fand. Er war anfangs in Dresden hauptsächlich als Componist und Gesangslehrer thätig, wobei er durch Reißiger und Lipinski Förderung und Unterstützung genoß. Auch verkehrte er in dem anregenden Kreis von Künstlern, Schriftstellern und Dichtern, die damals in der Hauptstadt Dresden zusammen lebten, z. B. mit Rietschel, Bendemann, Gutzkow, Auerbach, Freytag und Hettner. Während der Jahre 1845 und 1846 unternahm er in Begleitung seines jüngeren Bruders, [201] des Dichters und Kunsthistorikers Otto Banck, eine zweite längere Reise nach Italien und hatte die Freude, daß dieser, mit dem er in das innigste Verhältniß trat, sich nach ihrer Rückkehr gleichfalls dauernd in Dresden niederließ. Beide Brüder fingen schon geraume Zeit vor dem Jahre 1848 an, sich als Kritiker an dem künstlerischen Leben Dresdens zu betheiligen. Sie unterzogen gemeinsam die Dresdener Kunstzustände einer ziemlich scharfen, aber gerechten Kritik, indem sie in Anknüpfung an die Kunstausstellung vom Jahre 1843 vor allem auf den „lebensmatten und poesielosen Zustand der bildenden Kunst in Dresden“ hinwiesen und die damals eben vollendeten Cartons von Julius Schnorr von Carolsfeld für den Königsbau in München im Gegensatz zu den übrigen Dresdener Leistungen auf dem Gebiete der Historienmalerei als großartig und wahrhaft bedeutend feierten (vgl. Dresdener Kunstzustände, Nr. 1: Malerei mit näherer Berücksichtigung der diesjährigen Kunstausstellung. Allen Künstlern gewidmet von C . .* und O . .* [d. h. Banck]. Dresden u. Leipzig 1843, 8°). Karl B. übernahm später an dem von H. Häpe im J. 1846 begründeten „Dresdner Tageblatt“ das Referat für Musik und Oper und setzte diese Thätigkeit an dem nach den Revolutionsjahren begründeten officiellen Organ der sächsischen Staatsregierung, dem „Dresdner Journal“, vierzig Jahre hindurch bis zu seinem Ende fort. Sie wurde nur unterbrochen, als er nach seiner zweiten Verheirathung mit einer jungen Amerikanerin im J. 1861 nach Amerika reiste, wo er sich in New-York und New-Haven fast ein Jahr lang aufhielt. Hand in Hand mit seiner Beschäftigung als Kritiker ging bei B. die Ausübung der musikalischen Production, in der es ihn namentlich zum Liede zog. Eine Zeit lang nahm er sogar unter den deutschen Liedercomponisten eine Art führender Stellung ein und durfte sich der Anerkennung der Kritik und des Publicums in reichem Maaße erfreuen. Leider hat er seine Lieder nie gesammelt herausgegeben, so daß es heute schwer fällt, eine Uebersicht über ihre lange Reihe zu gewinnen. Außer mit eigenen Schöpfungen trat er auch mit Bearbeitungen zahlreicher volksthümlicher Melodien hervor und zwar nicht bloß mit deutschen, sondern auch mit ausländischen, namentlich italienischen. Sehr umfassend war seine Thätigkeit als Herausgeber in Vergessenheit gerathener Schätze der älteren Musik, für deren Wiederbelebung er unermüdlich besorgt war, ohne sich einzubilden, dadurch das moderne Musikleben dauernd beeinflussen zu können. In den Kämpfen, die sich auch in Dresden bezüglich des Emporkommens Richard Wagners entspannen, verhielt er sich reservirt, doch war er zu keiner Zeit, wie behauptet worden ist, ein principieller Gegner des Meisters von Bayreuth. Wenn auch vorsichtig, suchte er dem Neuen stets eine gute Seite abzugewinnen und Männer wie z. B. Peter Cornelius und Adolf Jensen, die ihn für ihren Widersacher hielten, sahen sich durch seine Anerkennung freudig überrascht. Einen besonderen Werth legte er in aller seiner litterarischen Hervorbringung auf die Schönheit und Reinheit der Form, in der er bei seiner bedeutenden Begabung weit mehr leistete, als es in der Regel bei den Tageskritikern der Fall ist. In Anerkennung seiner Verdienste um die Hebung der Dresdener Kunstverhältnisse wurde er durch die Ernennung zum kgl. sächsischen Hofrath ausgezeichnet, und bei Gelegenheit seines achtzigsten Geburtstages durch die Verleihung des Albrechtsordens erster Classe geehrt. Bald darauf wurde der bis zum Schluß unermüdlich arbeitende Mann durch den Tod aus dem Leben abgerufen. Er starb in Dresden am 28. December 1889.

Vgl. O. L. B. Wolff, Portraits und Genrebilder. Erinnerungen und Lebens-Studien. Cassel und Leipzig 1839. III, 234–260. – 5. Beilage zum Dresdner Anzeiger vom 30. Dec. 1889, Nr. 364. – Beilage zur Allgemeinen Zeitung 1891, Nr. 22. – Neue Musik-Zeitung. Stuttgart-Leipzig [202] 1891. XII, Nr. 21. – Signale für die musikalische Welt 1890, Nr. 2, S. 19, 20. – Mendel’s Musikalisches Conversationslexikon. Berlin 1876. I, 440–441.