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Artikel „Anschütz, Hermann“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 46 (1902), S. 16–17, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ansch%C3%BCtz,_Hermann&oldid=- (Version vom 5. Oktober 2024, 19:44 Uhr UTC)
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Anschütz: Hermann A., Historienmaler, erhielt, zu Coblenz am 12. Octbr. 1802 geboren, daselbst den ersten Unterricht, dann 1820 in Dresden bei F. A. Hartmann und Fr. Matthäi. Nach zwei Jahren zog ihn Cornelius’ Name nach Düsseldorf. A. gehörte zu jenen Nebenwandelsternen des großen Meisters, die von ihm ihr Licht empfingen, ohne durch eigene Kraft einen besonderen Glanz auszustrahlen. Als Gehülfe von Stürmer und Stilke wirkte er mit an dem großen, das „jüngste Gericht“ vorstellenden Fresko im Assisensaale zu Coblenz; darauf wurde A. 1826 mit W. Kaulbach und Adam Eberle nach München gerufen, um mit den Genannten die fast allen Besuchern des großen Odeon-Saales unbekannte Decke zu malen. Die Wirkung der Tonkunst darzustellen war der leitende Gedanke. Während Kaulbach den „Apoll unter den Musen“ (d. h. die Kunst in den höchsten Sphären der Bildung) und der feine A. Eberle denselben Gott unter den Hirten (also die Kunst als Bildungsmittel unverdorbener Naturen) darstellten, traf auf A. die Scene der Execution des Marsyas als zarte Anspielung für unberechtigte Tonkünstler oder böswillige Kritiker. Dann wurde A. (1830) mit Hiltensperger nach Neapel geschickt, um daselbst, insbesondere auch zu Pompeji, die antiken Wandmalereien zu studiren. Nach ihrer Rückkehr frescotirten sie mit C. F. Nilson im Speisesaal des neuen Königsbaues allerlei von Clemens Zimmermann componirte Scenen zu den Gedichten Anakreon’s; die tanzenden Figuren und den Chor der Musen malte A. in Enkaustik. Darauf widmete sich A. ganz der Oelmalerei und größtentheils der religiösen Kunst. Er lieferte einige Madonnen, eine „Magdalena“ als Troglodytin, eine „Esther“ und wagte sich sogar an einen Amor: Sie zeigten insgesammt eine schwächliche Zeichnung und eine magere Phantasie, da bei A., wie bei allen Epigonen, die Gabe des eigenen Schaffens nicht flüssig wurde. Dagegen strebte er, durch das Vorbild von August Riedel und J. B. Lodewijk Maes veranlaßt, nach größerer Kraft und Tiefe der Farbe, welche bei ihm bald wieder in weiche Süßigkeit umschlug. Es schwebt ein eigenes Mißgeschick um [17] diese Satelliten! Deßungeachtet reichte nach dem damaligen Stande der Dinge das Experiment hin, um A. in den Ruf eines „Coloristen“ zu bringen, weshalb derselbe 1847 (fast gleichzeitig mit Moritz v. Schwind) an die Münchener Akademie zur Leitung der Malclasse berufen wurde. Seine Technik brachte er auch gewissenhaft den Scholaren bei, bis er in den erbetenen Ruhestand trat. A. starb am 30. August 1880. Heute noch lebt sein Andenken in der Nachwelt Klatsch; schade, daß die Mehrzahl der über seine Lehrthätigkeit umgehenden Histörchen sich als uralte „Meidinger“ erweisen! Vor und während seiner akademischen Wirksamkeit malte A. einige große Altarbilder: eine „Auferstehung Christi“ nach Dinkelsbühl, etliche Oelgemälde für das Jesuiten-Convict zu Feldkirch, eine „Himmelfahrt Mariens“ nach Fürth (photographirt bei Jos. Albert) und im Auftrage des damaligen Prinzen von Preußen und nachmaligen Kaisers Wilhelm I. das große Altarbild für die Garnisonskirche in Coblenz, darstellend die Madonna als Himmelskönigin, umgeben von St. Georg, Mauritius, Barbara und Joseph, den Patronen der vier Waffengattungen. Dasselbe erschien noch mit Gastrecht auf der großen historischen Ausstellung des Jahres 1858 zu München. Eine im König-Ludwig-Album befindliche „Madonna“ hat A. Fleischmann gestochen. In jüngeren Jahren versuchte sich A. auch im Gebiete der Lithographie. Er war mit der ihrer Zeit gefeierten Pianistin Karoline Dulcken verheirathet; dem Aeltesten seiner zahlreichen Kinder, welcher sich dem geistlichen Stande gewidmet hatte, sah der Vater schon 1864 ins Grab.

Vgl. Raczynski, Gesch. der neueren Kunst II, 213. – E. Förster, Gesch. der deut. Kunst II, 1860, V, 65. – Nagler-Meyer, Künstlerlexikon 1872, II, 82. – Nekrolog in Nr. 254 d. Allgemeinen Zeitung, 10. Septbr. 1880. – Fr. v. Bötticher, Malerwerke, 1895, I, 37.