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Artikel „Adelheid, deutsche Kaiserin“ von Ernst Steindorff in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 1 (1875), S. 75–77, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Adelheid_(Kaiserin)&oldid=- (Version vom 9. Oktober 2024, 19:29 Uhr UTC)
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Adelheid: Adalheid, deutsche Kaiserin, geb. um 931, † 16. oder 17. Dec. 999, Tochter des dem altwelfischen Hause entstammenden Königs Rudolf II. von Hochburgund (911–937), welcher seit 933 auch Niederburgund beherrschte und mit Bertha, einer Tochter des Herzogs Burchard von Schwaben, vermählt, schon vor Adelheids Geburt einen Sohn, den nachmaligen König Konrad II. (937–993), erzeugt hatte. Noch ein Kind, wurde A. bald nach dem 937 erfolgten Tode ihres Vaters und während die Mutter sich mit König Hugo von Italien vermählte, mit dessen Sohn Lothar verlobt, um sich, als dieser nach dem Sturze seines Vaters (945) durch den Einfluß des Markgrafen Berengar von Ivrea König von Italien geworden war, 947 mit ihm zu vermählen. Diese Ehe, welche einer Tochter – Emma, später Königin von Frankreich – das Leben gab, dauerte nur kurz. Denn schon 22. Nov. 950 starb König Lothar, sein Nachfolger Berengar II. aber, wahrscheinlich erbittert darüber, daß A. sich weigerte, die Gemahlin seines Sohnes Adalbert zu werden, begegnete der jungen, wegen ihrer Schönheit, Klugheit und Sittsamkeit gepriesenen Königin alsbald äußerst feindselig, hielt sie sogar seit dem 20. April 951 gefangen in einem elenden Kerker zu Como, bis es ihr 20. Aug. unter mancherlei Gefahren und Abenteuern gelang, zu entkommen, zunächst nach Reggio und dann nach Canossa zu Atto, dem Ahnherrn der Herzogin Mathilde. Hier wird es denn auch wol geschehen sein, daß A. Kunde erhielt von der Werbung des deutschen Königs Otto I. d. Gr., der seit 946, wo seine erste Gemahlin, die angelsächsische Königstochter Edgitha, gestorben war, Wittwer, auf die Nachricht von Adelheids Mißgeschick im Sept. 951 mit einem stattlichen Heere nach Italien kam in der Absicht, sie zu befreien, dann zu heirathen und mit ihrer Hand die Krone von Italien zu gewinnen. In der That, da einerseits Berengars Widerstand nur gering war, da andererseits A. der Einladung Otto’s, zu ihm nach Pavia zu kommen, willig Folge leistete, so wurde noch Ende 951 unter ihnen jene denkwürdige, vor Allem in politischer Beziehung so bedeutungsvolle und folgenreiche Ehe geschlossen, welche erst 973 durch den Tod Otto’s († 7. Mai) wieder gelöst werden sollte und mit vier Kindern gesegnet war, von denen aber nur zwei den Vater überlebten, nämlich Otto II. und Mathilde, seit 966 Aebtissin von Quedlinburg. Für die ersten Zeiten, welche A. in Deutschland verlebte, wurde es verhängnißvoll, daß sie ihrem Schwager, Herzog Heinrich I. von Baiern, von Anfang an besondere Gunst zuwandte. Denn dadurch wurde das ohnehin schon gespannte Verhältniß zwischen diesem und ihrem Stiefsohn, dem aus Otto’s erster Ehe entsprossenen Herzog Liudolf von Schwaben, noch mehr verbittert, was dann wieder auf die Stellung des Sohnes zum Vater unheilvoll zurückwirkte und schließlich um Ostern 953 Liudolfs und seiner Genossen Aufstand zur Folge hatte, welcher doch mit der Unterwerfung Liudolfs und seines Schwagers, Konrad von Lothringen, endete, nach Verhandlungen, welche Ende 954 zu Arnstadt in Thüringen zum Abschluß kamen, ob unter Betheiligung Adelheids ist nicht mehr ersichtlich, gewiß aber zu ihrer großen Befriedigung, da sie nun erst tathsächlich werden konnte, was sie nach dem Willen des Königs, ihres Gemahls, und nach [76] der Sprache seiner Kanzlei sein sollte: die Genossin des Reichs. Als solche wurde sie 2. Febr. 962 in Rom gekrönt, nachdem zuvor Otto aus den Händen Papst Johanns XII. die Kaiserkrone empfangen hatte, und ebenso war sie Otto’s Gefährtin, als er 966 zum dritten Male nach Italien zog, um sechs Jahre lang dort zu bleiben und nicht eher nach Deutschland heimzukehren, als bis er den Widerstand der Römer gegen seine Herrschaft nachhaltig gebrochen, mit den Griechen in Unteritalien einen glücklichen Krieg geführt und zur Besiegelung des wiederhergestellten Friedens seinen Sohn und Mitkaiser mit der griechischen Kaisertochter Theophano vermählt hatte. Wie nun die Erziehung Kaiser Otto’s II. wesentlich als das Werk seiner Mutter zu betrachten ist, namentlich soweit der St. Gallische Mönch Ekkehard II., der Rathgeber der Kaiserin-Mutter, daran betheiligt war, so stand jener Kaiser auch während der ersten Jahre seiner Regierung in hohem Grade unter Adelheids Einfluß, bis um 978 eine Entfremdung eintrat, über deren Ursachen wir nur noch Vermuthungen hegen können, welche aber zur Folge hatte, daß A. den deutschen Hof eine Zeit lang mied und abwechselnd bald in Italien, bald in Burgund bei ihrem Bruder König Konrad lebte. Durch dessen Vermittlung mit ihrem Sohne wieder ausgesöhnt, übernahm sie 983, kurz vor dem Tode Otto’s, die Statthalterschaft in Italien und wurde dann in den nächstfolgenden Jahren, als es sich darum handelte, das Nachfolgerecht ihres unmündigen Enkels Otto III. gegen die Prätensionen Herzog Heinrichs II. von Baiern, des Zänkers, zu vertheidigen zusammen mit ihrer Schwiegertochter Theophano und mit Erzbischof Willegis von Mainz Halt und Stütze der ganzen Reichsregierung, welche denn auch schließlich seit 985 an Herzog Heinrich einen zuverlässigen Anhänger gewann. Damit hatte nun aber Adelheids Einfluß in Reichsangelegenheiten einen Höhepunkt erreicht, von dem er bald darauf in Folge eines heftigen Zerwürfnisses mit Theophano tief herabsank, und zu dem er auch später, als A. nach dem Tode ihrer Rivalin 991–994 nochmals auf längere Zeit am Hofe ihres Enkels verweilte, nicht wieder emporgestiegen ist. Seit 996, wo Otto III., inzwischen mündig und selbständig geworden, seinen Römerzug antrat, verhielt A. sich dem Reiche gegenüber vorwiegend passiv, zeigte sich aber um so eifriger in dem Streben nach einer streng ascetischen Frömmigkeit, welche, genährt durch intimen Verkehr mit den Aebten Majolus und Odilo von Cluny in zahlreichen Kirchen- und Klosterstiftungen zum Ausdruck kam. Adelheids Lieblingsschöpfung auf deutschem Boden war das St. Peter- und Paulkloster zu Selz im Elsaß. Hier ist A. zugleich als Stadtgründerin thätig gewesen, und hier hat sie denn auch, als sie 16. oder 17. Dec. 999 nach kurzer Krankheit mitten unter geistlichen Uebungen verschied, ihr Grab gefunden. Die Sorge für den Nachruhm der Verstorbenen und später Heiliggesprochenen übernahm zunächst Abt Odilo von Cluny (994–1049), indem er ein sog. „Epitaphium Adalheidae“ mit einem um 1050 in Selz entstandenen „Liber miraculorum“ (zuletzt herausg. Mon. Germ. Histor. SS. IV. 637 ss., übersetzt von Hüffer, Berlin 1856) schrieb, welches zwar auf persönlicher Bekanntschaft und einer noch frischen Erinnerung beruht, aber doch vorwiegend erbaulich gehalten ist und daher Adelheids großer politischer Bedeutung in keiner Weise gerecht wird. Um diese zu würdigen, muß man sich vor Allem an die zahlreichen, zuletzt von K. Fr. Stumpf verzeichneten Urkunden halten, in denen auf Adelheids Fürbitte oder Verwendung Bezug genommen wird, und mit diesen dann die bezüglichen Abschnitte in den zeitgeschichtlichen Werken der Ottonenepoche, bei Liutprand, Fortsetzer des Regino, Hrotsvit, Quedlinburger Annalen, Thietmar verbinden, aus späterer Zeit aber namentlich die Chronik von Novalese und die Lebensbeschreibung Mathildens von Donizo berücksichtigen. [77] Eine Vita S. Adalheydis (heroico carmine) Durlaci saec. XV. 8°. ist ein Auszug aus Odilo und den Mirakeln.

Giesebrecht’s Geschichte der deutschen Kaiserzeit, Bd. I. Giovanni-Battista Semeria, Vita politico-religiosa di santa Adelaide, Turin 1842.