Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Regino“ von Wilhelm Bäumker in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 27 (1888), S. 557–558, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Regino&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 08:16 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Reginar
Band 27 (1888), S. 557–558 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Regino von Prüm in der Wikipedia
Regino von Prüm in Wikidata
GND-Nummer 118598996
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|27|557|558|Regino|Wilhelm Bäumker|ADB:Regino}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118598996}}    

Regino von Prüm wurde um die Mitte des 9. Jahrhunderts zu Altripp am Rhein (alta ripa), in der Nähe von Speier gelegen, geboren und von Jugend auf im Kloster Prüm erzogen. Im J. 892 „erlag dieses herrliche Kloster den räuberischen Dänen; der Abt Farabert legte nach der Zerstörung desselben sein Amt nieder und zu seinem Nachfolger wurde Regino gewählt“. Obwohl er unter den schwierigsten Verhältnissen seines Amtes mit Eifer und Gewissenhaftigkeit waltete, war es ihm doch nicht vergönnt, länger als sieben Jahre Vorsteher des Klosters zu bleiben, weil nach seiner eigenen Aussage (Chronicon ad annum 899) Nebenbuhler fortwährend gegen ihn agitirten. Schon bei der letzten Wahl hatten die Grafen Gerhard und Matfried von Hennegau alles aufgeboten, um ihrem Bruder die Abtswürde zu verschaffen. Trotz des Mißerfolges gaben sie ihren Plan nicht auf und wußten es schließlich durchzusetzen, daß R. im J. 899 dem Richarius weichen mußte. Erzbischof Ratbod zu Trier nahm sich jetzt des unschuldig verfolgten Mannes an und ernannte ihn zum Abt des Kloster St. Martin bei Trier, um das Klosterwesen zu reformiren. Aber auch hier war seine Wirksamkeit nicht von langer Dauer. Nach Ratbod’s Tode mußte R. das Kloster wieder verlassen. Seine letzten Lebenstage verbrachte er im Kloster St. Maximin bei Trier, wo er im J. 915 starb. In der Klosterkirche fand man im J. 1581 sein Grab. Sein Hauptwerk ist die Chronik in zwei Büchern. Das erste umfasst die Jahre von der Geburt Christi bis zum Tode Karl Martell’s 741. Das zweite „über die Thaten der Frankenkönige“ reicht bis zum Jahr 906. „Dieses Werk“, sagt Wattenbach, „verdient unsere Beachtung als einer der frühesten Versuche, die Weltgeschichte in einer ziemlich ausführenden Erzählung zusammenzufassen, eine Aufgabe, an welche sich damals nicht leicht Jemand wagte, und deren Schwierigkeiten außerordentlich groß waren. Die Ausführung ist freilich auch sehr mangelhaft geblieben und namentlich die Chronologie in der höchsten Verwirrung; auch versucht er gar nicht wie Frechulf eine Verarbeitung seiner Quellen, sondern begnügt sich mit wörtlichem Ausschreiben“. Ebenso wichtig für die Culturgeschichte, wie für die Entwicklung der kirchlichen Disciplinargerichtsbarkeit ist seine in zwei Bücher getheilte Sammlung kirchenrechtlicher Bestimmungen, welche er auf Ratbod’s Wunsch verfaßt zu dem praktischen Zwecke, bei Visitationen und Sendgerichten als Norm zu dienen. Die Sammlung führt den Titel: „Reginonis libri duo de synodalibus causis et disciplinis ecclesiasticis“ (neue Ausgabe von Wasserschleben Lipsiae [558] 1840). Ein drittes Werk, welches er seinem Gönner, dem Erzbischof Ratbod dedicirte, ist betitelt: „De harmonica institutione“. Die Veranlassung zu dieser Arbeit war der confuse und fehlerhafte Gesang in den Kirchen, den er als Begleiter des Erzbischofs auf dessen Visitationsreisen kennen gelernt hatte. Außer praktischen Instructionen enthält dieser Tractat eine vollständige „Theorie der Musik“ nach den Anschauungen der damaligen Zeit. Die nothwendige Ergänzung hierzu bildet der „Tonarius“, in welchem alle 8 Kirchentöne mit ihren Differenzen in Neumennotation beschrieben werden. Jeder Ton wird durch eine gewisse melodische Formel, von Alters her Nonanneane u. s. w. genannt, charakterisirt. Vermöge dieser Formeln sollen die Sänger den Unterschied der Kirchentöne untereinander ihrem Gedächtnisse einprägen. Dann folgt die Intonation mit den Textworten: Gloria patri et filio et spiritui sancto: Sicut erat in principio et nunc et semper et in secula seculorum. amen. Bei den letzten beiden Worten werden die Differenzen (d. h. die Abweichungen in den Schlußclauseln) angegeben. Hieran schließen sich die Antiphonenanfänge des betr. Kirchentones, dann folgen die Introitusgesänge und die Communionen. Den Schluß bilden Responsoriengesänge, ebenfalls nach den einzelnen Tönen geordnet.

W. Wattenbach, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, 4. Aufl., Berlin 1877. S. 210 ff. – Marx, Geschichte des Erzstiftes Trier, Bd. II, S. 253 ff., Trier 1858–1864. – Reginonis Chronicon ed. Pertz. M. G. I, 536–612, übersetzt von Dümmler, Berl. 1857. – De harmonica institutione, abgedruckt in Gerbert’s Scriptores eccl. de musica sacra I, 230–247. Auszug daraus in Bäumker’s Buch „Zur Geschichte der Tonkunst in Deutschland“, S. 40–48, Freiburg 1881. – Den Tonarius edirte v. Coussemaker in Facsimile im II. Bande seiner Scriptores S. 3–73.