Proagogeia. Das Verführen, Verkuppeln einer freien Jungfrau oder Frau oder eines freien Knaben zur Unzucht (ἐάν τις ἐλεύθερον παῖδα ἢ γυναῖκα προαγωγεύῃ, Aischin. I 14) hieß προαγωγεία, ebd. und Plat. Theaet. 150a, der Kuppler oder die Kupplerin προαγωγός, Aristoph. Thesm. 341; Ran. 1077. Aischin. I 184. Xen. conv. 4, 65, auch μαστροπός, Athen. X 443 a, und dementsprechend ihr Gewerbe μαστροπεία, Xen. 4, 61. Die Beschuldigung wegen προαγωγεία gehörte zu den schlimmsten Schmähungen, vgl. Diog. Laert. X 4. Nach Aischin. I 14 gab es einen νόμος προαγωγείας, der von Solon stammen sollte. Gemäß diesem Gesetze wurde jedermann, der in bürgerlichen Ehren war, aufgefordert, gegen dieses Vergehen Klage zu erheben. Für den, der dieses Vergehens überwiesen wurde, war die Todesstrafe festgesetzt, Aischin. I 184. Hauptquelle für diese γραφή ist Aischin. c. Tim., der sie der ἑταιρήσεως γραφή gleichstellt, I 72, wonach dem Vater oder Vormund, der einen freien Knaben einem Dritten zu unsittlichen Zwecken verkuppelte, und diesem Dritten selbst jedes Amt und das Amt und das Reden vor dem Rat und Volk untersagt war, s. o. Bd. VIII S. 1372f.; vgl. auch Bd. XI S. 901, 22. Die Anklage zu unterlassen war selbst ein Vergehen, Aristoph. Ran. 1077. Im Widerspruch zu Aischines steht die Bemerkung bei Plut. Sol. 23, Solon habe eine Strafe von 100 Drachmen für den Entführer einer Frau und für den Kuppler eine solche von 20 Drachmen festgesetzt. Nach Meier-Schömann-Lipsius Der att. Prozeß 410 f. war wahrscheinlich die Strafe später verschärft worden und diese Verschärfung dem Solon zugeschrieben, da man gerne spätere Anordnungen auf Solon zurückführte. Die Todesstrafe durch Versenken ins Meer ließ der Tyrann Kleomenes von Methymna (bei Schäfer Demosthenes I 435 Kleomis, oder Kleonis, o. Bd. XV S. 1394, 24) an mehreren Kupplerinnen vollziehen, die freie Frauen verkuppelt hatten, Theop. b. Athen. a. O. Ebenso wurde ein Euthymachos zum Tode verurteilt, der eine junge Olyntherin in ein Bordell eingeliefert hatte, Deinarch. c. Demosth. 23. Unter den verlorenen Reden des Hypereides gab es eine oder zwei Anklagen wegen p., Poll. III 27. Aspasia wurde vom Komödiendichter Hermippos bezichtigt, freie Frauen dem Perikles zugeführt zu haben, was eine Anklage wegen p. bedeutete. Plut. Perikl. 32, 1. – Daremb.-Sagl. Bd. IV 658.