Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Redner, in freundschaftl. Verkehr mit Demetrios v. Phaleron
Band IV,2 (1901) S. 23862388
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Deinarchos. 1) Der Sohn des Sostratos, war zu Korinth geboren, und zwar nach der Berechnung des Dionysios (Dinarch. 4) Ol. 104, 4 = 361 v. Chr., kam jung nach Athen, um sich dem Studium der Philosophie und Beredsamkeit zu widmen, zunächst unter Theophrastos, während er auch freundschaftlichen Verkehr mit Demetrios von Phaleron hatte. Da er aber, weil er ein Fremder war, nicht selbst als Redner auftreten konnte, so verfertigte er, nach Dionysios seit 336, Reden für andere um Geld, was ihm, wie es scheint, zu einem beträchtlichen Vermögen verhalf. Seine Hauptwirksamkeit fällt in die Zeit der Verwaltung des genannten Demetrios zu Athen; sie nahm auch mit der Vertreibung desselben ein Ende. D. wurde, obwohl Metoeke, gleichfalls angeklagt, begab sich nach Chalkis auf Euboia Ol. 118, 2 = 307 und kehrte erst nach fünfzehn Jahren (Ol. 122, 1 = 292) auf Theophrastos’ Verwendung wieder nach Athen zurück, wo er bald darauf gegen Proxenos, der ihn vermutlich um sein Vermögen betrogen, vor Gericht aufzutreten genötigt war. Weder den Ausgang des Processes noch die [2387] weiteren Lebensschicksale des Mannes kennen wir; was wir überhaupt über ihn wissen, verdanken wir hauptsächlich der Schrift, welche Dionysios von Halikarnassos über ihn und seine Beredsamkeit hinterlassen hat (V 629 Reisk.), aus welcher auch das meiste entnommen ist, was bei Plutarch (Vit. X orat. 850), Photios (Bibl. Cod. 267 p. 406), Suidas und sonst vorkommt. D. erscheint in der Reihenfolge der zehn attischen Redner als der letzte, und es wird über seine Beredsamkeit von den Alten ein günstiges Urteil in ziemlicher Übereinstimmung ausgesprochen, wie insbesondere aus der genannten Charakteristik des Dionysios hervorgeht, mit welcher sich das Lob des Hermogenes form. or. II 11 verbindet. Doch hat er keinen eigenen Typus herausgebildet, sondern ist im wesentlichen Nachahmer und zwar je nach der Sachlage bald des Lysias, bald des Hypereides, hauptsächlich aber des Demosthenes. Und dies ist ihm im ganzen wohl gelungen, wenn er gleich in Klarheit und Schärfe wie an Kraft hinter seinem grossen Muster zurückbleiben musste. Die Namen Δημοσθένης ὁ ἄγροικος und ὁ κρίθινος (s. Dionys. c. 8 u. Hermog. a. O.), die ihm von Zeitgenossen gegeben wurden, beziehen sich offenbar auf dieses Streben der Nachahmung. Der unbestimmte Charakter seiner Beredsamkeit hatte indes zur Folge, dass ihm eine Menge herrenloser Reden zugeschrieben wurde. Und so betrug die Zahl der Reden, welche für Reden des D. ausgegeben wurden, nach Demetrios von Magnesia (bei Dionys. 1) 160; jedoch erkennen Plutarch und Photios (a. O.) nur 64 echte an, Dionysios selbst (c. 10) unter 87 nur 60 echte; vgl. Westermann Gr. Ber. Beil. IX. Blass Att. Ber. III 2², 298. Für das Ansehen des D. spricht auch der Umstand, dass seine Reden von mehreren Grammatikern der späteren Zeit, wie Didymos von Alexandreia und Heron von Athen mit Erklärungen versehen wurden. Alle seine Reden, mit Ausnahme von dreien, sind verloren. Die vorhandenen Reden beziehen sich auf den harpalischen Process und sind gegen Demosthenes, gegen Aristogeiton und gegen Philokles gerichtet. Sie zeigen entschiedene Nachahmung des Demosthenes in der Bitterkeit des Tons, der häufigen Ironie, der Leidenschaftlichkeit, daneben manche Entlehnungen, Mangel an Ordnung und in der Form ein Überwuchern schwerfälliger Participialconstructionen. Damit zeigt die Rede gegen Theokrines (Demosth. LVIII), welche von Alten und Neueren dem D. zugeschrieben wurde, keine Verwandtschaft, ist auch schon der Zeit nach schwerlich ein Werk des D. (s. Art. Demosthenes Verz. d. Reden nr. 58). Die Hss. sind dieselben wie bei Antiphon (s. d.). Jene drei Reden erschienen zuerst gedruckt in den Rhet. Graec. von Aldus (1513) T. II p. 98, in den ähnlichen Sammlungen von Stephanus (1575) und Gruterus (1619), dann besser in Reiskes Orat. Graec. (Vol. IV. VIII) und in einem mehrfach berichtigten Texte bei Bekker Orat. Attic. (1823) Vol. III, Baiter und Sauppe 1839/43, woselbst II 321 die Fragmente. Besonders sind sie herausgegeben worden von C. E. A. Schmidt (Lips. 1826), mit Erklärung von Ed. Maetzner Berol. 1841, von Blass Lips. (1871) 1888, von Thalheim Berol. 1887. Übersetzung von Plaschke Progr. 1885. Zur Erklärung und Kritik: Adler De D. [2388] vita et dictione, Diss. 1841. Finke Quaest. Din., Diss. 1873. Weidner Parerga Din. Pr. 1875. Vogel Din. curae gramm. rhet. crit. Troebst quaest. Hyper. et Din. Pr. 1881/82. Egger Gebr. der Parenthese Pr. 1891. Im allgemeinen vgl. Blass Att. Ber. III 2², 293.