Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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antike Kochbücher
Band XI,1 (1921) S. 932943
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Kochbücher (τὸ ὀψαρτυτικόν, ἡ ὀψοποιΐα [ἡ ὀψολογία], ἡ μαγειρικὴ διδασκαλία; res coquinaria).

Quellen. Einen wesentlichen Einfluß auf die Ausbildung der opsartytischen Literatur hat zweifellos das Emporwachsen des Gewerbes der Köche im Laufe der sich immer mehr verfeinernden griechischen Kultur des Mutterlandes wie der griechischen Kolonien des Ostens und Westens und das damit wachsende Bedürfnis nach feinerer Lebensführung und Überlieferung derselben auf die kommenden Generationen ausgeübt. In den homerischen Gedichten ist von einem Stand oder Gewerbe der Köche noch keine Rede. Entweder sind es die Helden selbst, die das Zurichten und Braten (ein Kochen kennt diese Zeit nicht) besorgen, oder die dienenden Frauen tun es (Hom. Od. III 428), eventuell unter Aufsicht der Fürstin (Od. XV 93). über die Bestandteile des homerischen Mahles vgl. Orth Art. Kochkunst. Zweifellos galt die Ausübung der Kochkunst in homerischer Zeit als des Freien durchaus würdig, und dies ist auch in den folgenden Zeiten ganz ebenso geblieben [vgl. Bilabel Opsartytika und Verwandtes, S.Ber. Akad. Heidelb. 1919, 23. Über die Köche Rankin The role of the μάγειροι in the life of the Ancient Gρeek, Chicago 1907]. Besonders der griechische Westen hat eine wichtige Rolle in der Entwicklung der Kochkunst gespielt, wie die Herkunft vieler griechischer Köche, die gleichzeitig Verfasser [933] von K. waren, zeigt. Aber auch im Mutterlande gab es am Anfang des 7. Jhdts. v. Chr. schon μάγειροι, wenn anders auf das kürzlich veröffentlichte Fragment einer Chronik von Sikyon Verlaß ist, das den Tyrannen Orthagoras zu dem Abkömmling eines solchen macht [Pap. Oxyrh. XI 1365 Z. 20]. Der sich immer mehr ausdehnende Handel der Griechen untereinander wie mit dem Orient ließ neue Gerichte aus den Erzeugnissen anderer Länder entstehen und die alteinheimischen vielfache Veränderungen unter dem Einfluß derselben in den Händen findiger Köche durchmachen. Auch werden Rezepte aus fremden Ländern importiert: Athenaios z. B, erzählt uns von den lydischen Gerichten καρύκη und κάνδαυλος und ihrer großen Beliebtheit (s. u.). Auch kamen Köche aus dem Auslande und waren gesucht und teuer bezahlt. Archestratos empfiehlt (P. Brandt Corp. poes. ep. Graec. lud. I frg. V) Bäcker aus Phoinikien und Lydien, Athenaios daneben (III 112 b) solche aus Kappadokien. Des letzteren Schriften berichten von vielen solchen fremdländischen Gerichten, die in Griechenland Eingang fanden (z. B. XIV 657 e), und diese hatten nicht weniger Nachahmer bei den Römern, die ganz durch die Schule griechischer und überhaupt ausländischer Köche gegangen sind (vgl. z. B. bei Cato r. r. 85 puls Punica).

Diese Kochkunst hat den mannigfaltigsten Niederschlag in der griechischen, dann auch in der römischen Literatur gefunden. Vor allem hat sich ihrer die Komödie bemächtigt (s. Burckhardt Vorträge 18441887, Basel 1918, 103f.), in der der Koch eine stehende Figur wurde. Auch entstand eine ganze Literatur von δεῖπνα, die uns die mannigfaltigsten Nachrichten über die antike Küche überliefert. Vor allem den zitatenreichen ,Deipnosophisten‘ des Athenaios verdanken wir fast unser ganzes Wissen von griechischer Kochkunst und griechischen K. Er führt uns (VII 308f. XII 516 c. XIV 622 c) eine Fülle von Prosaschriftstellern über Kochkunst an und gibt öfters Zitate aus ihnen. Ergänzend tritt Pollux onom. VI 70 zur Seite. Am instruktivsten sind die Fragmente zweier griechischer K., die ich auf einem der Heidelberger Universitätsbibliothek gehörigen Papyrus gefunden habe. Früh bemächtigte sich auch die Medizin der Kochkunst, zu der man sie gerne rechnete (Bilabel Opsartytika 3), und nicht selten haben Ärzte K. – oft vom diätetischen Standpunkt aus – verfaßt. Nachwirkungen davon sind noch bei dem Byzantiner Συμεὼν Σήθ zu finden. Aber auch opsartytische Schriften in Versen gab es, die uns eine Fülle von Rezepten überliefern – allen voran des Archestratos Hedypatheia – und daher, im Gegensatz zu den δεῖπνα, hier mitbehandelt werden dürfen [vgl. Christ–Schmid Gesch. d. griech. Lit. II 1⁵, 157]. Auf römischer Seite sind unsere Quellen für die Kochkunst, neben gelegentlichen Notizen bei den landwirtschaftlichen Schriftstellern Cato, Varro, Columella, bei Plinius in der Naturgeschichte, bei Petronius im Gastmahl des Trimalchio, auch bei satyrischen Dichtern, vor allem die Rezepte, die unter des Apicius Namen zu einem umfangreichen Kochbuch verarbeitet auf [934] uns gekommen sind – letzten Endes auf griechische Quellen zurückgehend.

A. Kochbücher der Griechen.

I. Prosa.

a) Umfassende Kochbücher. Mithaikos wird von Athen. XII 516 c in dem Verzeichnis der Verfasser von K. (οἱ τὰ Ὀψαρτυτικὰ συνθέντες) mit an erster Stelle erwähnt, und ebenso nennt Pollux onom. VI 70 seine Schrift unter den ὀψοποιικὰ συγγράμματα. Für seine Lebenszeit ist maßgebend, daß ihn Platon im Gorgias (518 b) mit dem Brotbäcker Thearion und dem Krämer Sarambos zusammen anführt. Ob Mithaikos zur Abfassungszeit des Gorgias (1. Jahrzehnt des 4. Jhdt.) noch lebte, geht aus der Stelle nicht mit Sicherheit hervor, doch darf man seine Tätigkeit an den Ausgang des 5. Jhdts. verlegen. Während Platon ihn als ὁ τὴν ὀψοποιίαν συγγεγραφώς bezeichnet und auch Pollux a. O. den Titel ὀψοποιΐα nahelegt, zitiert Athenaios das Werk immer als ὀψαρτυτικόν (ebenso Suid. s. Mithaikos). Über das Leben des Mithaikos erzählt uns Maximus Tyrius in seinen Philosophumena [(p. 207f. Hob.) der ihn einen Συρακόσιος σοφιστής nennt und von ihm sagt, er sei für die Griechen κατὰ ὀψοποιΐαν dasselbe gewesen wie Pheidias κατὰ ἀγαλματουργίαν noch, daß er nach Sparta gekommen sei, um dort seine Kunst auszuüben. Dort sei er aber ausgewiesen worden, da man Leute in der Küche in Sparta nicht geschätzt habe, und zu anderen Griechen gegangen. Daß er also seine Kunst praktisch ausgeübt hat, können wir nicht bezweifeln. Er war der älteste aus dem griechischen Westen stammende Verfasser eines K. Über dasselbe sind wir leider nur schlecht unterrichtet. Nicht einmal der Titel steht sicher fest, wenn auch wohl dem Zeitgenossen Platon gegenüber Athenaios, der das Werk kaum mehr im Original gelesen haben wird, der Vorzug zu geben ist. Daß Suidas s. v. ihn einen γραμματικός nennt, der Ὀψαρτυτολά, Κυνηγετικά u. a. geschrieben habe, wird wohl darauf beruhen, daß Artemidoros (s. u.) ihn exzerpiert und seine Fachausdrücke in sein Lexikon aufgenommen hat. So kann er schließlich den Eindruck eines Grammatikers gemacht haben. Außer der Erwähnung zweier Gerichte, die in seinem K. behandelt waren, der καρυκη (Athen. XII 516 c) und einer ἀλφησταί genannten Fischart (ebd. VII 282 a), überliefert uns derselbe Autor ein Rezept für die Zubereitung des ταινία–Fisches (VII 325 f), das zugleich zeigt, daß die Sprache dorische Färbung zeigte (τὰν κεφαλάν!).

Herakleides aus Syrakus (s. o. Bd. VIII S. 496 Nr. 58. Susemihl Gesch. der griech. Literatur in der Alexandrinerzeit I 877, auch für die folgenden maßgebend), dem 4. Jhdt. v. Chr. angehörend, wird von Pollux a. a. O. den ὀψοποιητικῆς πραγματείας zugeteilt. Athen. XII 516 c unterscheidet zwei des gleichen Namens, beide aus Syrakus stammend. Doch werden die K. der beiden an den sonstigen Stellen nie auseinandergehalten. Athen. XIV 647 a zitiert aber auch von einem Herakleides aus Syrakus eine Schrift περὶ θεσμῶν ,über‘ Bräuche. Das von Kaibel für den Titel zur Erwägung gestellte περὶ ἐδεσμάτων befriedigt nicht; denn es paßt nicht zu dem Inhalt des Fragmentes, [935] das uns erzählt, daß in Syrakus am Thesmophorenfest aus Sesam und Honig (und wohl noch anderen ungenannten Bestandteilen) gefertigte ἐφήβαια γυναικεῖα, die man in Sizilien μυλλοί nannte, für die Göttinnen herumgetragen wurden. Das paßt zu dem überlieferten Titel sehr gut. Da die Herstellungsart dieser ἐφήβαια γυναικεῖα geschildert war, so konnte Athenaios, zumal wenn er das Buch nicht mehr im Original las, sondern nur Auszüge vor Augen hatte, sehr wohl auf die Idee kommen, auch diesen Herakleides zu einem Opsartytiker zu stempeln. Alle anderen Fragmente sind von Athenaios ausdrücklich als dem Ὀψαρτυτικόν entnommen bezeichnet, so daß sie wohl alle ein und demselben Herakleides zugesprochen werden dürfen. Sie geben uns leider kein anschauliches Bild von dem Werk. Zwei Fragmente (Athen. III 114 a und XII 516 c) zeigen, daß das Buch wirklich für die Praxis bestimmt und sehr umfassend war, da das erstere von der Bereitung einer κύβος genannten Brotsorte spricht, während das andere die Herstellung der καρύκη geschildert hat. Andere Partien allgemeineren Inhalts scheinen dem Verfasser den Titel eines σοφιστής der Kochkunst bei Pollux verschafft zu haben. Athen. XIV 661 e weist darauf hin , daß die Kochkunst nicht eine Beschäftigung für Sklaven sei, sondern nicht einmal für den ersten besten Freien passe. Da hier ein Vers vorliegt, so hat man auf poetische Bearbeitung des K. geschlossen; es ist aber ein Zitat aus einer Komödie, was schon dadurch wahrscheinlich wird, daß auch Glaukos der Lokerer diesen Vers anführt (Athen. ebd.). II 58 b bei Athen. unterscheidet er verschiedene Vogeleier nach ihrer Güte, während III 105 c und VII 328 d nur je den Namen einer Krebs-(καρίς) bezw. Fischsorte (χαλκεύς nennen.

Glaukos, der Lokrer (vgl. Lübker Reallex. d. klass. Altert.⁸ unter Kochbücher; o. Bd. VII S. 1421 Nr. 41). Sein Opsartytikon, aus dem uns Athen. VII 324 a ein Rezept für ein ὑπόσφαγμα genanntes suppen- oder tunkenähnliches Gericht ganz überliefert, während er von der καρύκη nur mitteilt , daß Glaukos ihre Zubereitung geschildert habe, muß wie das des Herakleides allgemeinere Abschnitte gehabt haben; denn an der oben zitierten Stelle hat auch Glaukos über die Achtbarkeit der Kochkunst gesprochen. Sonst wird (ebd. IX 369 b) aus ihm für eine ῥάφυς genannte Rübe die Form ῥάπυς belegt.

Aus Hegesippos von Tarent (o. Bd. VII S. 2611 Nr. 5) überliefert Athen. VII 516 d die Zubereitungsart des lydischen κάνδαυλος, einer Mischung aus gekochtem Fleisch, geriebenem Brot, phrygischem Käse, Dill und einer fetten Brühe; das stand offenbar in dessen ὀψαρτυτικόν, ebenso wie das Rezept der καρύκη (XII 516 c). Das von Athen. XIV 643 f angeführte πλακουντοποιικὸν σύγγραμμα wird wohl ein Teil des K. gewesen sein. Da ihn Kallimachos in seinen Pinakes angeführt hat, gewinnen wir dadurch für ihn einen Terminus ante quem.

Epainetos wird von Athenaios und Pollux a. a. O. unter den Küchenschriftstellern angeführt. Für seine Lebenszeit (ca. 100 v. Chr.) ist wichtig, daß Athen. IX 387 d e ein Zitat aus Epainetos gibt, das er den Lexikographen Artemidoros [936] (1. Jhdt. v. Chr.) und Pamphilos (2. Jhdt. n. Chr.) entnommen hat [vgl. Cohn o. Bd. S. 2672 Nr. 9]. Daraus mit Cohn zu schließen, daß Athenaios alle Zitate des Epainetos über Artemidoros aus Pamphilos genommen habe, geht nicht an; denn las Athenaios bei Pamphilos die Artemidorosstelle mit dem Zitat des Epainetos, dann würde er nicht sagen ,Artemidoros und Pamphilos führen Epainetos an, der sagt‘ usw. Auch wird Athen. XIV 662 d e für das μῦμα genannte Gericht erst eine kurze Zusammenfassung über die Herstellung aus Artemidor und dann das ausführliche Rezept des Epainetos über die Zubereitung gegeben. Das sieht nicht so aus, als ob beides aus Artemidor geflossen wäre. Wir müssen vielmehr annehmen, daß Athenaios neben Epainetos auch die Glossographen als bequemes Nachschlagemittel benützt hat, wo er z. B. unter Φασιανοὸς ὄρνις das IX 386 e ausgeschriebene Zitat mit dem seltenen Namen aus Epainetos fand.

Das bei Athen. VII 328 f zitierte Werk des Epainetos περὶ ἰχθύων ist schon von Kaibel Athen. III S. 611 (ebenso Praefatio Vol. III p. VIII) für ein Versehen des Athenaios oder seiner Abschreiber erklärt worden, da kurz vorher Dorion, der Verfasser eines Fischbuches (s. u.), genannt wird, dem die Worte zugewiesen werden könnten. Doch könnte damit auch ein bestimmtes Buch des Ὀψαρτυτικόν gemeint sein. Daß Epainetos in demselben auch über die Fische gehandelt hat, ist bei der Bedeutung derselben für die antike Küche an sich selbstverständlich, wird aber außerdem dadurch sicher, daß uns Athenaios eine besonders stattliche Anzahl von Fragmenten über Fische als aus diesem Ὀψαρτυτικόν stammend überliefert: VII 294 d, wo über eine γαλεοί genannte Haifischart und deren Sorten (auch über die zoologischen Merkmale derselben) berichtet wird; VII 297 c über den γναφεύς; VII 304 d über den ἵππουρος; VII 305 e über den κάπρος–Fisch; VII 313 b über die σμαρίς; VII 312 b über eine Rochenart (λειόβατος). Sicherheit ist in der Frage zwar nicht zu gewinnen, aber es ist doch sehr möglich, daß Titel einzelner Bücher von den Abschreibern zu Titeln eines ganzen Werkes gestempelt wurden. Auch die vom Schol. Nik. Ther. 585 genannte Schrift des Epainetos περὶ λαχάνων könnte sehr wohl ein Teil des K. gewesen sein, wie ich schon in meinen Opsartytika 5 vermutet habe, da das bei Athen. IX 371 e als aus dem Ὀψαρτυτικόν entnommen angeführte Fragment über Knoblauch gut zu einem Buch über Gemüse paßt. Dagegen scheint die ebenfalls von Epainetos verfaßte iologische Schrift (vgl. Rohde Rh. Mus. XXVIII 270) nichts mit dem K. zu tun zu haben. Susemihl a. a. O. rechnet ihn wegen ihr zu den Ärzten (II 425).

Ob Epainetos selbst als Koch tätig war, wissen wir nicht. Jedenfalls hat er die Kochkunst mit wissenschaftlichem Ernst betrieben und galt als Autorität für seltene Ausdrücke der Küchensprache. Mehrfach äußert er sich über die Qualität verschiedener Sorten von Nahrungsmitteln (Athen. III 88 c. VII 294 d). Sind die oben vorgetragenen Ansichten über die Angehörigkeit des Fisch und Gemüsebuches zum Ὀψαρτυτικόν richtig, so dürfen wir uns die Anlage des Werkes ähnlich dem des sog. Apicius vorstellen. Für das [937] Aussehen der Rezepte im einzelnen ist auf das des μῦμα (Athen. XIV 662 d e) zu verweisen, welches denen des Heidelberger K. und des Apicius sehr ähnlich sieht und wie diese eine Unzahl von Gewürzen vorschreibt.

Artemidoros, der Lexikograph der Küche, nach Christ-Schmid Gesch. d. griech. Lit. II 1⁵, 157 dem 1. vorchristl. Jahrhundert angehörend, darf unter den Opsartytikern einen Platz beanspruchen. Er wird von Athenaios bald als Pseudaristophaneios (I 5 b ; ebenso danach Suid. s. Ἀρτεμιίδωρος) bald als Aristophaneios (IX 387 d. XI 485 e. XIV 662d. e) bezeichnet, was auf Benützung verschiedener Quellen hinweist (also nicht nur aus Pamphilos, s. o.). Suidas sagt von ihm a. a. O., daß er ὀψαρτυτικὰς λέξεις zusammenstellte. Den Titel des Werkes gibt Athen. IX 387d u. a. als Ὀψαρτυτικαὶ γλῶσσαι an. Die bei diesem Schriftsteller überlieferten Fragmente zeigen, daß sich die Sammlung keineswegs auf die Zusammenstellung der Namen von Küchenausdrücken beschränkte. Manchmal hat er ganze Rezepte (so Athen. XIV 663 d über ein ματτύης genanntes feines Gericht, vgl. dazu Hesych s. v., oder XIV 662 d über das μῦμα) ausgeschrieben. Daneben stehen Glossen über seltene Ausdrücke (III 111 c über eine ναστός heißende Kuchenart. IX 387 d e ein Zitat aus Epainetos über denΦασιανὸς ὄρνις = τατύρας) für Gerichte exzerpiert, dazwischen hat er aber auch über nur entfernt mit der Küche zusammenhängende Dinge wie Gastlader (IV 171 b) oder eine λεπαστή genannte Becherart geschrieben. Vielleicht darf auch Anth. Pal. XI 35, 1 auf unseren Autor bezogen werden.

Von anderen bei Athenaios und Pollux genannten Opsartytikern ist uns noch weniger oder gar nichts bekannt.

Sophon (Poll. VI 70) stammt nach Athen. IX 403 e aus Akarnanien. Wenn wir dem bei letzterem zitierten Fragment des Komikers Anthippos trauen dürfen, haben er und sein Mitschüler Damoxenos aus Rhodos (beider Lehrer war der Sizilier Labdakos) ,τὰ μ]ςν παλαιὰ καὶ θρυλούμενα | ἀρτύματ’ ἐξήλειψαν ἐκ τῶν βιβλίων‘ und dafür wichtige Neuerungen eingeführt. Der Komiker Baton (Mitte des 3. Jhdts. v. Chr.) zählt in den Euergetai (Athen. XIV 662 c) den Sophon neben Semonaktides aus Chios, Tyndarichos aus Sikyon und Zopyrinos auf, die alle als K.-Verfasser auch bei Pollux a. a. O. stehen. Athen. XIV 622 e wird S. μάγειρος genannt, war also auch ein Praktiker.

Von Parmenon aus Rhodos erzählt Athen. VII 308f, daß er im 1. Buche seiner μαγειρικὴ διδασκαλία den πλατίστακος-Fisch σαπέδης genannt habe. Wie Kaibel Athen. III Index s. Πάξαμος vermutet hat, ist dieser Verfasser eines K. gewesen, da ein Koch ihn seinen συγγραφεύς nennt und sagt, daß er ein als ἰσίκιον bezeichnetes Gericht erwähnte. Er wird auch von Pollux a. a. O. angeführt und ist uns auch sonst als Grammatiker bekannt (vgl. Suid. s. v., der von ihm Ὀψαρτυτικὰ κατὰ στοιχεῖον erwähnt; vgl. Susemihl I 843). Zahlreiche von ihm in den Geoponika erhaltene Fragmente weisen auf eine landwirtschaftliche Schrift (vgl. Suid.) hin, nur ganz weniges, wie seine Erwähnung als Autorität für Fische (Geop. XX 6, 3) und das Rezept über [938] die Herstellung eines μέλκη (Geop. XVIII 21) genannten Milchgerichtes könnten auf das K. deuten. Eine Art Zwieback hieß vielleicht nach ihm παξανᾶς (Suidas) oder παξαμάτιον; vgl. FHG IV 47. Susemihl I 843, 47. Von einigen anderen Opsartytikern sind bei Athenaios und Pollux a. a. O. nichts weiter als die Namen erhalten, so Dionysios (zwei des gleichen Namens), Kriton, Stephanos, Archytas (auch landwirtschaftlicher Schriftsteller), Akesios, Pantoleon.

b) Spezialliteratur. Neben den die ganze Kochkunst umfassenden Büchern gab es auch eine größere Zahl Spezialschriften. So hat Dorion in seinem Fischbuch (περὶ ἰχθύων) öfters über die Zubereitung der Fische gehandelt: Athen. VII 287 c über die der βεμβράς genannten Sardellenart, ebenso VII 304f. von der der ἰουλίς; ebd. 309f. von der des Knurrhahns; VII 328f. von der des ἐρίτιμος. Sein Hauptberuf scheint nach Athen. I VIII 337 c. f Musiker gewesen zu sein, daneben kursierten von ihm zahlreiche Witze, die sich zum Teil auf seine Leidenschaft für gute Fische bezogen, vgl. über ihn M. Wellmann Herm. XXIII 187f.; o. Bd. V S. 1563 Nr. 3.

Besonders über Kuchen und Backwerk gab es Spezialschriften, s. den Art. Kuchen. So zitiert uns Athen. IV 647c ein ἀρτοκοπικόν betiteltes Buch des Chrysippos aus Tyana (III 113 a wird es allerdings ἀρτοποιικόν genannt), aus dem uns derselbe Autor eine Fülle von verschiedenen Kuchen aufzählt, die zum Teil römische Namen führen oder nach Römern genannt sind – unter anderen kommt der berühmte Apicius darunter vor –, so daß kein Zweifel sein kann, daß er in der römischen Kaiserzeit unter starker Benützung römischer Quellen sein Werk verfaßt hat, s. o. Bd. III S. 2511 Nr. 21. Von einigen dieser Kuchenarten wie der φθοίς, ὑποτυρίς (Käsekuchen), τυροκόσκινον, γάστρις ist ausführlicher die Bereitung geschildert. XIV 648 b zitiert uns Athenaios von einem Harpokration aus Mende (s. o. Bd. VII S. 2416 Nr. 8) aus einem Werk περὶ πλακούντων ein verstümmelt auf uns gekommenes Frg. über eine von den Alexandrinern παγκαρπίας genannte Kuchenart. Und derselbe führt auch das Buch eines Iatrokles (ἀρτοποιικόν, so Athen. VII 326 e, oder περὶ πλακούντων, so ders. XIV 646 a b f. 647 b; beide wohl identisch oder Teile desselben Werkes) an, aus dem er einige Proben XIV 646 a. a O. gibt (über einen Gerstenkuchen, κριμνίτης; den σταιτίτης-Kuchen u. a.). Unser Gewährsmann Athenaios erwähnt endlich XIV 643 f aus einem Pinax des Kallimachos als Verfasser von πλακουντοποιικὰ συγγράμματα Aigimios, Hegesippos (s. o.), Metrobios und Phaitos (oder Phaistos), von denen Näheres nicht bekannt ist.

Außer den besprochenen Fragmenten griechischer K. besitzen wir noch einige ohne Herkunftsangabe überlieferte, der opsartytischen Literatur angehörige griechische Rezepte, so bei Pollux VI 57f. über ein θρῖον genanntes Gericht (vgl. dazu meine Opsartytika 6/7) und über ἀθάρη (= ἀθήρα u. ä.), vgl. z. B. Photios s. v. (weitere Stellen in meinen Opsartytika). Dazu kommen noch einige, meist sehr knappe Auszüge aus Rezepten bei den antiken Glossographen wie Hesych Suidas u. a., ebenfalls ohne Quellenangabe überliefert unter [939] opsartytischen Stichwörtern (vgl. z. B. Suidas u. a. s. κάνδυλος; καρύκη. Hesych. s. κάραβος; Θασία ἄλμη). Vgl. auch Art. Garum o. Bd. VII S. 841.

Weitaus die wichtigsten Fragmente, die leider bislang keinem der bekannten Opsartytiker angewiesen werden können, habe ich auf einem der Heidelberger Universitätsbibliothek gehörigen Papyrus festgestellt und in meiner mehrfach erwähnten Schrift ,Opsartytika und Verwandtes‘ 8f. herausgegeben. Der Papyrus ist ein Stück einer griechischen Opsartytikerhandschrift, sicher literarischen Charakters. Die Vorderseite in literarischer Schrift etwa des 3. nachchristl. Jhdts., enthält die Reste von vier numerierten Kolumnen, von denen allerdings nur die beiden mittleren einigermaßen erhalten sind. Sie zeigen etwas größere Ausführlichkeit als die Athenaiosfragmente, lassen insbesondere, wie das Apiciuskochbuch, mit dem sie sich sprachlich öfter nahe berühren, die Zubereitungsart der Gerichte näher erkennen. Kol. ζ enthält eine als ζωμὸς ἰχθύος bezeichnete Brühe: zuerst werden Graupen, Koriander, Lauch, Zwiebel, Dill, feiner Annesos und einige andere Ingredienzien zusammengemengt, dann das Gemengsel auf Kohlen unter Beisatz von Wasser, Wein, Garon gekocht, mit Pfeffer, Feigensaft und scharfem Essig besprengt und noch etwas weiter gekocht. Andere Gerichte sind Pökelfleisch und Schinkenstücke, ein Linsenbrei, Leber (Kol. θ), Lenden (und Fleischartiges), nochmals Leber (Kol. θ), ἀθήρα.

Die Rückseite des Papyrus enthält Reste eines anderen Kochbuches in einer ungefähr dem 4 /5. nachchristl. Jhdt. entstammenden kursiven Schrift (3 Kolumnen). In ε handelt es sich um die Zubereitung von Fleisch, in den beiden einigermaßen erhaltenen Rezepten von ς um Herstellung von Brühen. Gemeinsam ist allen diesen Rezepten die große Häufung von Gewürzen.

c) Kochbücher von Ärzten und diätetische Schriften. Schon im Laufe des 5. Jhdts bemächtigte sich die strenge Wissenschaft der Medizin des dankbaren Gebietes der Kochkunst und Ärzte verfaßten nicht nur diätetische Rezepte für einzelne spezielle Fälle, sondern legten vielfach ihre Erfahrung auf dem Gebiet der Kochkunst – wohl oft im Zusammenhang mit wissenschaftlichen Erwägungen – in K. nieder. Zu den ältesten derselben gehörte Akron aus Agrigent [s. für ihn und die beiden folgenden die Zeugnisse bei M. Wellmann Fragmentsammlung der griech. Ärzte I 108f.] mit seinem Buche περὶ τροφῆς ὑγιεινῶν βιβλίον α. Fragmente daraus besitzen wir nicht. Ein Werk gleichen Titels (oder περὶ διαίτης s. Wellmann 73) schrieb Philistion der Lokrer, den Athen. a. a. O. unter den K.-Verfassern nennt. Derselbe hat III 115 d ein Fragment über die Wirkungen und Bekömmlichkeit verschiedener Brotsorten erhalten. Auch soll er nach demselben XII 516 c über die Bereitung der καρύκη in seinem ,Kochbuche‘ (= die diätet. Schrift) geschrieben haben. Auch in dem hippokratischen Corpus ist eine Schrift περὶ διαίτης ὑγιεινῆς erhalten, die aber schon im Altertum dem Meister abgesprochen wurde. Und auch Diokles von Karystos gilt dem Athen. a. a. O. als K.-Verfasser, wohl mit [940] Rücksicht auf seine ὑγιεινὰ πρὸς Πλείσταρχον. Doch zeigen die bei Wellmann 162f. gesammelten Fragmente, daß es sich nicht um ein K. im Sinne der unter I a besprochenen gehandelt hat. Die einzelnen Nahrungsmittel waren vom medizinischen Standpunkt aus besprochen und klassifiziert (z. B. frg. 117 eine Aufzählung von Hülsenfrüchten; 119 von wildwachsenden Gemüsen; 126 über Mandeln und Ähnliches; 133 über Schaltiere; 135 über Fische). Nur ganz selten ist die Zubereitung geschildert (frg. 115 über χόνδρος) oder angedeutet (frg. 120 über πέπων). Vielleicht gehört frg. 137 hieher, da Athenaios behauptet, er habe über die Herstellung der καρύκη gehandelt.

Von ähnlicher Beschaffenheit war wohl auch das ‚Kochbuch‘ (so Athen. a. a. O.) des Erasistratos aus Iulis auf Keos [vgl. Christ-Schmid a. a. O. II 1⁵, 226/7 und Wellmann o. Bd. VI S. 333]. Auch er hat (Athen. a. a. O.) über die Bereitung der καρύκη geschrieben und ein Rezept über ein ὑπόσφαγμα genanntes Gericht (vgl. Glaukos) ist uns bei demselben Autor erhalten. Allgemeinen Inhalts ist Athen. II 46 c über die Prüfung von Wasser durch Wägung. Auch von dem Zeitgenossen des Vorigen, Phylotimos, macht uns Athen. VII 308f ein Ὀψαρτυτικόν namhaft (Phylotimos hat darnach dargelegt, daß der κορακῖνος genannte Fisch von vielen als σαπέρδη) bezeichnet wurde). Da wir indessen gesehen haben, daß die Bezeichnung als ,Kochbuch‘ seitens des Athenaios bei den Ärzten nicht wörtlich zu nehmen ist, bleibt auch bei Phylotimos die Möglichkeit, daß die von demselben Schriftsteller mehrfach zitierte Abhandlung des Phylotimos περὶ τροφῆς mit dem ‚Kochbuch‘ identisch ist; in demselben war nach Athen. II 52f. III 79 a–d von der Verdaulichkeit verschiedener Früchte gehandelt.

Ähnlichen Inhalts war auch des Mnesitheos aus Athen (oder Kyzikos; vgl. über die Identität beider Christ-Schmid I⁵ 599) Buch περὶ ἐδεστῶν, von dem wir eine größere Anzahl Fragmente bei Athenaios lesen, die alle nur ganz allgemein bei den verschiedensten Nahrungsmitteln angeben, in welcher Form (gekocht, gebraten usw.) sie am bekömmlichsten sind. Außerdem hat uns Oreibasios von ihm ein Fragment περὶ κράμβης erhalten.

Von dem Arzt Euthydemos aus Athen überliefert Athen. XII 516 c, daß er ein K. geschrieben habe. Als Spezialschrift muß sein Werk περὶ λαχάνων (über Gemüse; Frg. bei Athen. 8. Wellmann o. Bd. VI S. 1505 Nr. 15) gelten. In den Überresten wird indessen nichts von der Zubereitung der Gemüse erzählt, sondern diese handeln lediglich von den Benennungen der betreffenden Pflanzen und den Sorten nebst medizinischen Wirkungen. Ein anderes Spezialwerk war περὶ ταρίχων (über Salzfische). Bei Athen. 116 a werden aus ihm entnommene pseudohesiodische Verse angeführt, die schon im Altertum als dem Euthydemos selbst angehörig galten. In Hexametern abgefaßt, erinnern sie in der Art an Archestratos. Doch enthalten die Fragmente keinerlei eingestreute Rezepte, sondern nur Angaben über Heimat, Arten und Benennungen verschiedener Fische.

[941] Ebenso allgemein gehalten sind die Überreste, die uns Athenaios von des Diphilos aus Siphnos Schrift περὶ τῶν προσφερομένων τοῖς νοσοῦσι καὶ τοῖς ὑγιαίνουσιν gerettet, hat. Ähnlich verhält es sich mit den einschlägigen Schriften späterer Ärzte von Galen und Oreibasios bis herab zu den Werken des Symeon Seth (περὶ τροφῶν δυνάμεων) und des Michael Psellos (vgl. Krumbacher Gesch. d. byz. Lit.² 615).

II. Poesie. Philoxenos von Leukas (vgl. Christ-Schmid I⁶ 252 u. a.) hat ein δεῖπνον geschrieben, das der Komiker Platon – er nennt es eine ὀψαρτυσία – in den bei Athen. I 5 b c ausgezogenen Versen parodiert. Wenn wir den in heroischem Versmaß abgefaßten, aus Philoxenos zitierten Zeilen trauen dürfen, hat der Dichter mehrfach sich über die Zubereitung der Speisen – vom Standpunkt des Feinschmeckers aus – verbreitet (auch Kuchen waren nach ihm benannt, ebd.). Die Verse des Philoxenos von Kythera, die Athenaios aus dessen δεῖπνον gibt und die v. Wilamowitz Textgesch. d. griech. Lyr. 85f. in ein opsartytisches Gedicht verweist, passen zu den von Platon zitierten des Leukadiers gar nicht, so daß man kaum bei beiden an ein und dasselbe Werk denken kann, auch die Benennung als ὀψαρτυσία will zu des Kytheräers Versen nicht stimmen. Auf sicheres Gebiet kommen wir bei Archestratos (s. d.) von Gela (vgl. Christ-Schmid II 1⁵, 157. Bequemste Ausgabe von P. Brandt Corpusc. poes. ep. Gr. lud. I 114f.). Sein Lehrer war Terpsion, ὁ πρῶτος γαστρολογίαν γράψας (Athen. VIII 337 b). In seinem Ἡδυπάθεια betitelten Gedicht legt Archestratos, der (frg. 2) überall herumgereist ist, um den Feinschmeckern erzählen zu können, wo die einzelnen Nahrungsmittel in bester Qualität vorkommen, diese Ergebnisse dar, gibt aber auch mehr oder weniger ausführliche Rezepte für die Zubereitung der Gerichte an. Dies hat dem Gedicht auch gelegentlich den Titel ὀψοποιΐα eingetragen. Besonders zahlreich sind die Fragmente über Fischzubereitung: so die der Sardelle (frg. 9), des χρύσοφρυς; (12), des σπάρος (13), des Meeraals (18), des ὗς (22), des κύων καρχαρίας (23), einer Schollenart (31), des αὐλωπίας (33), einer ἀμίη genannten Thunfischart (35), des σάγρος (36), der Schwanzstücke einer anderen Thunfischart, des λάβραξ, verschiedener Rochenarten (48/9). Aber daneben stehen Mitteilungen über die Zurichtung des Hasen (57), der Gans (58), von Teilen des Schweins (62). Daß die Wirkung dieses in epischem Stile und mit bewußter Nachahmung epischer Sprache geschriebenen Gedichtes eine große und anregende gewesen ist, sehen wir nicht allein aus den vielen Zitaten bei Athenaios, der öfters bewundernd von ihm spricht, sondern auch an der lateinischer Übersetzung des Ennius (Heduphagetica). Zu nennen ist auch Simos, der nach des Alexis Zeugnis (im Linos ; Athen. IV 164 d) eine ὀψαρτυσία schrieb.

B. Kochbücher der Römer.

Über die Entwicklung der römischen Küchenliteratur sind wir noch schlechter unterrichtet als über die der Griechen. Fest steht nur, daß die feine römische Küche in allem auf der griechischen fußt, und so werden wir sie uns in der Hauptsache als [942] eine Übersetzungsliteratur zu denken haben (vgl. Ennius). Eine Anzahl von Kochrezepten findet sich bei den landwirtschaftlichen Schriftstellern, vor allem bei Cato, von denen ich einen Mostkuchen (r. r. 121), Krapfen (79), einen Pudding (81) und einen Auflauf (84) hervorhebe. Gelegentlich begegnet einiges hieher gehörige auch bei Varro (2 Zitate aus ihm bei Apicius aus der Satura περὶ ἐδεσμ.) und Columella, öfter auch bei Plinius in der n. h. und manches Interessante in der Ψενα Trimalchionis des Petronius.

Von Caesars Freund C. Matius [vgl. Schanz Röm. Lit. I 2³ 504f.] erfahren wir durch Colum. XII 44, 1, daß er drei Bücher herausgab, von denen das erste ,der Koch‘, das zweite ,der Kellermeister‘ , das dritte ,der Früchteeinmacher‘ betitelt war. Dann besitzen wir Kunde von einem Schlemmer Apicius aus der Zeit des Tiberius (über die Persönlichkeiten dieses Namens vgl. die auch für das Folgende grundlegenden ‚Studien zu dem röm. Kochb. d. Apicius`, S.-Ber. Akad. Münch. 1920, 6 von Vollmer 29). Ganz erhalten (von kleineren Verstümmelungen, besonders in Buch VI, abgesehen , vgl. Vollmer 27. 35) ist uns unter dem Namen eines Apicius Caelius oder Caelii Apicius [Teuffel-Kroll Röm. Lit.⁷ II 204. M. Wellmann o. Bd. III S. 1254. Schanz Röm. Lit. 11 2,² 393f.] eine in 10 Bücher eingeteilte Schrift de re coquinaria [letzte Ausgabe von Chr. Schuch,² Heidelberg 1874; Neuausgabe von Giarratano und Vollmer bei Teubner im Druck; Übersetzung von R. Gollmer Das Apiciuskochbuch a. d. altröm. Kaiserzeit 1909 mit interessanten modernen Parallelen in der Einleitung und von Daneil 1911]. Vollmer weist a. a. O. 18ff. nach, daß der Titel verstümmelt überliefert und etwa Api(cii artis opsartyti)cae (libri X) herzustellen ist, und glaubt, das Werk, das man neuerdings der späteren Kaiserzeit zugewiesen hat, dem Zeitgenossen des Tiberius zusprechen zu sollen. Daß es auf griechische Vorbilder zurückgeht, wird aus den griechischen Lehnwörtern und Ausdrücken auf Schritt und Tritt klar. Wie es sich oft bis ins einzelne mit dem Heidelberger K. berührt, habe ich in meinen Opsartyt. S. 14 an mehreren Beispielen gezeigt. Dies beweisen auch die Büchertitel, die so ausgesucht seltene griechische Wörter enthalten, daß sie unmöglich von einem Epitomator oder Abschreiber stammen können (vollständig decken sie sich freilich mit dem Inhalt der Bücher keineswegs; Vollmer läßt die Frage S. 19 offen), und die zugleich beweisen, daß das Büchlein zur Literatur gerechnet werden wollte. Das 1. Buch, Epimeles betitelt, handelt von den verschiedensten Dingen: Herstellung künstlicher Weine (z. B. Rosenwein), künstlichem Ersatz von liburnischem Öl, dann vor allem von der Wiederbrauchbarmachung schlecht gewordener Substanzen (Wein, Fischtunke) und von der Konservierung der verschiedenartigsten Nahrungsmittel, aber auch medizinische Rezepte (nr. 29) und Tunken sind angeschlossen. Das 2. Buch (Sarcoptes) enthält Fleischgerichte der verschiedensten Art: Kroketts aus Seetieren, aus Hirn, Pilzen, Geflügel; auch ihrer Güte nach werden die Kroketts aufgezählt (49); Gullasch, Hühnerfrikassee, die verschiedensten [943] Arten von Würstchen (auch geräucherte), daneben freilich auch eine Art Mehlbrei mit Nüssen und Mandeln (53). Im 3. Buche (Cepuros) sind die Gemüse, oft mit verschiedenen Rezepten für dieselben Sorten, behandelt: Spargel, Kürbisse (auch gebraten), Gurken, Malven, Lauch, Mangold, Rüben, Rettich, grüne Salate, Karotten, Artschocken, aber auch Pilze und Schwämme haben sich der größten Beliebtheit erfreut. Die verschiedenartigsten Gerichte werden in Buch IV (Pandectes) vorgeführt: Sülzen, Eierkuchen, Fische, Fischklopse, Mischungen aus Fischfleisch mit Hirn u. a., Sardellenomelette, Ragouts und Kompotte, feine Vorgerichte. Besonders hervorgehoben zu werden verdienen die raffinierten Mischungen in 133 und 134 (patina Apiciana genannt). Mit den Herstellungsarten und Verwendungsmöglichkeiten der Hülsenfrüchte beschäftigt sich in der Hauptsache das 5. Buch (Ospreon): Suppen aus Erbsen und Linsen, Pürrees, dicke Erbsen mit Fleisch und Speck und Füllsel daraus für Hühner. Dem Geflügel gewidmet ist das 6. Buch (Aeropetes). Neben den auch unserer Küche geläufigen Vögeln wie Enten, Gänsen, Rebhühnern, Haselhühnern, Turteltauben, Fasanen, Haushühnern (in den verschiedensten Variationen) erscheinen Strauße, Kraniche, Drosseln, Pfauen, Flamingos und sogar Papageien. Zahlreich sind die Rezepte für wohlschmeckende Tunken, die angeführt werden. Von besonders feinen Gerichten handelt das 7. Buch (Polyteles): Saueuter, feine Appetitbissen (ofellae), Schweinebraten, Tunken für gekochtes Fleisch, die verschiedensten Teile des Schweines, Pökelfleisch, Lunge, dulcia (Süßigkeiten), von denen ich den ,armen Ritter' (302) hervorhebe, Zwiebelspeisen, Morcheln, Champignons, Trüffeln, Schnecken und allerlei Eiergerichte. Den verschiedentlich schon vorher besprochenen Gerichten von Vierfüßlern werden im 8. Buch (Tetrapus) zusammenfassende weitere solche Rezepte beigefügt. Wildschwein nebst Tunken; ebensolche für Hirschfleisch, Reh, Wildschaf, Rind, Kalb, Ziege, Lamm. Auch Braten von Lamm und Böckchen, gefülltes Schwein, Ferkel auf verschiedenste Arten nebst Saucen, Hasen und Haselmaus. Im 9. hingegen (Thalassa) sind Meertiere behandelt: Langusten, Tunken zu Rochen, Zubereitung von Tintenfischen, Polypen und ähnlichem, Muscheln, Seeigeln, Makrelen, Thunfisch, Herstellung falscher Fische. Den Beschluß in dem auffällig kurzen 10. Buch (Halieus) bildet neben einigen Tunken für gebratenen und gekochten Fisch auch ein Rezept für gedämpften Fisch. Auffällig bleibt im Vergleich zu den griechischen K. die sehr geringe Zahl von Fischrezepten.

An einschlägigen dichterischen Werken darf man auf das pseudovirgilische Moretum in diesem Zusammenhange hinweisen, das die Herstellung dieses ländlichen Gerichts (einer Kloßart) in anmutigem Rahmen schildert [vgl. Schanz Gesch. der röm. Lit. II 1³ 106f.].