Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Neuplatoniker im 4.-5. Jh. n. Chr.
Band IX,2 (1916) S. 20622064
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17) Isidoros, Neuplatoniker, ist uns ausschließlich durch die Reste der Biographie seines Schülers Damaskios bekannt (s. o. Bd. IV S. 2040); diese ist vortrefflich rekonstruiert von Asmus Das Leben des Philosophen I. von Damaskios, Leipz. [2063] 1911 (vgl. Asmus Byz. Ztschr. XVIII 424. XIX 265). Ich zitiere nach Seiten und Zeilen von Asmus’ Übersetzung. Er stammte aus Alexandreia (Asmus XVIII 444); seine Lebenszeit läßt sich nur ungefähr bestimmen: gestorben ist er vor 526, denn die Abfassung der Biographie fällt vor dieses Jahr (vielleicht lange vorher), und im J. 478 genoß er bereits hohes Ansehen in der Schule (Dam. 96, 6. 31). Seine Geburt fällt wohl kaum nach J. 450 (ca. 454 nach Asmus XIX 282). Er wuchs in den heidnischen Kreisen von Alexandria auf und schloß sich besonders an Hierokles’ Schüler Theosebios und die ägyptischen Theologen Asklepiades (o. Bd. II S. 1631) und Heraiskos (o. Bd. VIII S. 421) an; eine Reise nach Athen brachte ihn mit Proklos und Salustios in Berührung; er kehrte aber wieder nach Alexandria zurück. Als in den letzten Lebensjahren des Proklos die Verhandlungen über dessen Nachfolge begannen, fiel Proklos’ Auge bald auf I., und dieser ließ sich nach einigem Sträuben überreden; diese Vorgänge scheinen durch das 96, 5 erwähnte Erdbeben in das J. 478 datiert zu werden. Vorläufig aber lehrte er in Alexandria und wurde hier durch Pamprepios (s. d.) zur Teilnahme an dem christenfeindlichen Aufstande des Illos (s. die Nachträge und W. Barth Kaiser Zeno , Basel 1894, 76) aufgefordert. Obwohl er den Charakter des Pamprepios richtig erkannte und deshalb ablehnte, wurde er doch in die vom Bischof Petros veranlaßte Verfolgung hineingezogen (jedenfalls nach dem Sommer 482) und vorübergehend verhaftet, so daß er es für richtiger hielt, nach Athen zu fliehen; dort scheint er gerade um die Zeit von Proklos’ Tode (J. 485) eingetroffen zu sein. Da vorläufig Marinos die Diadoche übernahm, so kehrte er bald nach Alexandria zurück, wo er jedoch in der Ausübung seiner Lehrtätigkeit behindert war; als dann Marinos durch Kränklichkeit gezwungen war, die Leitung der Schule niederzulegen, wurde I. nach Athen berufen, trat auch sein Amt an, fand aber bald die dortige Tätigkeit unerquicklich und kehrte nach Alexandria zurück, indem er Hegias (s. o. Bd. VII S. 2614) und Syrianos (s. d.) die Obhut über die Schule ans Herz legte. Verheiratet war er mit Domna, die er zu seinem Glücke bald verlor (118, 4). Sein Bruder Ulpianos (112, 24) wurde früher mit Ulpianos aus Gaza verwechselt, und das gab zu chronologischen Schwierigkeiten Anlaß (vgl. Zumpt Abh. Akad. Berl. 1842, 86). Als Philosoph war I. nicht bedeutend. Von Schriften erfahren wir nichts außer von Hymnen (38, 35); er war ungelehrt (25, 34. 27, 16) und hatte eine Abneigung gegen Rhetorik und Poesie (23, 34. 26, 29; etwas abweichend 38, 23). Auch von Geometrie verstand er nichts (97, 37). Nüchterne Denker wie Aristoteles und Chrysippos (Hierokles) hatten nicht seinen vollen Beifall (25, 10), um so mehr Iamblichos (23, 25. 24, 29), dessen theologische Richtung er teilte (16, 20). Namentlich scheint er sich in die ägyptische Theologie vertieft zu haben (25, 22. 60, 9). Doch soll er auch in der Dialektik tüchtig gewesen sein (117, 36). Seine eigentliche Begabung erblickte jedoch Damaskios in seiner Veranlagung für das Mantische (7, 8. 27, 21) und Wunderbare, das in der Biographie einen breiten Raum [2064] einnahm. Wernsdorf Diss. de Hypatia (Wittenberg 1747) 35. Brucker Hist. crit. philos. II² 347. VI 378. Zeller Philos. d. Gr. III 2⁴. 898.