2) Bischof von Ruspe in Byzacene, einer der hervorragendsten Schriftsteller der lateinischen Kirche um 525. Victor Tunun. Chron. a. 497 und Isidorus Hisp. de vir. ill. 27 verlegen mit Recht seine Blütezeit unter Trasamunds, des vandalischen Herrschers über Africa, Regierung (496–523). Gestorben ist F., wie eine sehr zuverlässige, schon im zweiten Jahr nach seinem Tod verfaßte Vita (s. Ferrandus) 64. 66 zu verstehen gibt, 1. Januar 532 (nicht 533, wie allgemein behauptet wird), wenn nicht schon, was sehr unwahrscheinlich bleibt, fünf Jahre früher. Da er am Todestage im 25. Jahre seines Episkopats stand und im 65. Lebensjahre, fällt sein Geburtstag in das J. 467, seine Ordination in 507. Er stammte aus vornehmer Familie, sein Großvater Gordianus gehörte zu den Oktober 439 bei der Eroberung Karthagos vor Geiserich nach Italien geflüchteten karthagischen Senatoren; sein Vater Claudius hatte einen Teil des Familienvermögens zurückerhalten und sich in Telepte angesiedelt; er war früh gestorben. Aber die Mutter, die Christin Mariana (Vita 4), sorgte für eine liberale Erziehung des Knaben; mit Homer und Menander wußte er bald glänzend Bescheid, nihil de Latinis permisit litteris edoceri. Der reiche Jüngling erhielt dann, wohl um 492, die Procuratur in Telepte, fühlte sich aber bald aufs stärkste von dem Mönchsleben angezogen und trat plötzlich in ein benachbartes Kloster ein. Die Klöster hat er, teils durch äußere Bedrängnis gezwungen, teils infolge seines Strebens nach immer strengeren Formen der Askese, mehrfach gewechselt. Abt wurde er schon vor 499, obendrein zum Presbyter geweiht bald nach 500; im Frühjahr 500 weilte er, gerade als Theoderich dort seinen glänzenden Einzug gehalten, in Rom. Wider seinen Willen, nur infolge seiner Berühmtheit, von den Ruspensern zum Bischof gewählt, sorgte er sofort in der Stadt für Klosteranlagen; schon nach wenigen Wochen wurde er mit ca. 60 anderen byzacenischen Bischöfen, die gegen das Verbot Trasamunds geweiht worden waren, über Karthago nach Sardinien geschickt und lebte hier längere Zeit im Verkehr mit den Leidensgefährten in Calaris. Später gründete er, auch nicht fern dieser Stadt, ein Kloster mit mehr als 40 Insassen. Inzwischen war er, anscheinend für ein paar Jahre, also etwa um 511, durch Trasamund nach Karthago berufen gewesen, wo sich der für theologische Streitfragen interessierte König mit ihm unterhalten wollte; seine antiarianische Agitationskraft hatte seine Rückbeförderung nach Sardinien nötig gemacht. Als Hilderich Mai 523 den Thron bestieg, kehrte F. mit allen Exilierten über Karthago in die Heimat zurück, hat auch noch mehreren byzacenischen Synoden beigewohnt und, abgesehen von
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dem letzten Lebensjahr, wo er entmutigt und zuletzt schwer krank war, seine Gaben im Dienst des katholischen Glaubens verwertet. Musterpredigen soll er damals (Vita 61. Isidor. XXVII 39) in größerer Zahl publiziert haben; von den unter seinem Namen veröffentlichten sind aber nur wenige echt. Auch eine Sammlung seiner Korrespondenz – einzelne Briefe von ihm konnten als libelli, z. B. der an die Nonne Proba de ieiunio et oratione, gesondert umlaufen – ist nur lückenhaft auf uns gekommen; sie erweist ihn als eine namentlich auch bei der römischen Aristokratie hochangesehene Autorität.
Seine gesamte literarische Tätigkeit ist der Verteidigung der katholischen Lehre, die ihm namentlich von Augustin als abgeschlossen erscheint, gegen Arianismus und Pelagianismus gewidmet, nebenher der Vertretung ethisch-asketischer Interessen. Von seinem wahrscheinlich letzten und umfassendsten Werk, den zehn Büchern contra Fabianum (s. d.), sind nur 39, zum Teil freilich recht große, Fragmente bis jetzt gedruckt worden; darin tritt auch seine Bekanntschaft mit dem griechischen Bibeltext wiederholt hervor; ganz verloren scheinen die ebenfalls erst nach 520 von ihm gegen den Semipelagianer Faustus von Riez gerichteten sieben Bücher de gratia Dei et libero arbitrio responsiones; um so wichtiger sind die um 523 abgefaßten III libri de veritate praedestinationis et gratiae Dei. Zu seinen frühesten Schriften gehören contra Arianos liber unus und ad Trasimundum libri III, die letztem rasch hingeworfen. Sorgfältig durchgearbeitet sind die drei Bücher ad Monimum, eine knappe Orientierung über alle damaligen theologischen Tagesfragen. Einen heftigen Ton schlägt er eigentlich nur in dem Buch ad Victorem, contra sermonem Fastidiosi Ariani an, sonst ist seine Darstellungsweise nüchtern und einfach, auch ziemlich korrekt. Er ist ein höchst gewandter Dialektiker, und die Fülle von Zitaten aus Bibel und älteren Kirchenlehrern, die er verwendet, entspringt nicht dem Mangel an eigenen Gedanken, sondern befriedigt einen an jeden Gelehrten des 6. Jhdts. in der Kirche gestellten Anspruch. Seine Werke bei Migne lat. 65, 151–954. Die literarische Kritik muß das letzte Wort über einige Addubitata noch aufschieben, bis ein hsl. gesicherter Text vorliegt; eine neue Ausgabe würde von hohem Wert auch als Beitrag zur Überlieferungsgeschichte der altlateinischen Bibel und des Augustinus sein.– F. Görres Ztschr. f. wiss. Theol. XXXVI 1, 500–511. v. Dzialowski Isidor und Ildefons als Literarhistoriker 1898, 45–50. G. Ficker Zur Würdigung der Vita Fulgentii, Ztschr. f. Kirchengesch. XXI 1901, 9ff.