18) Faustus, Bischof von Reji (Riez) in der Provence. Er war in Britannien geboren – wohl vor 410 – nach dem Zeugnis des Avitus epist. ad Gandobadum und Apoll. Sidon. ep. IX 9, 6; daß Spätere, wie die Africaner Possessor und Facundus von Hermiane, ihn (natione) Gallus nennen, ist kein Gegenbeweis, da sie über seine Vorgeschichte nicht orientiert sein können. Früh muß er in das Kloster zu Lerinum eingetreten sein; 433 wurde er dort als Nachfolger des von ihm verehrten Maximus Abt; als solcher ist er schon von Hilarius von Arles (s. vita Hilarii c. IX, Migne lat. 50, 1230) mit hoher Auszeichnung behandelt worden. Wider den Bischof von Fréjus hat er die Sonderrechte von Lerinum energisch vertreten; eine Synode unter Ravennius von Arles um 455 hat sich zu seinen Gunsten entschieden, Mansi Coll. conc. VII 907ff. Etwa 460 dürfte er zum Bischof in Riez ordiniert worden sein und beginnt nun als Prediger wie theologischer Schriftsteller und kirchlicher Führer zu wirken, z. B. auf den Synoden von Arles und Lyon um 474. Vgl. Sidonius carm. XVI euchariston ad F. episcopum. Auch eine politische Rolle spielt er als Legat des Kaisers an den Westgotenkönig Eurich (Apoll. Sidon. ep. VII 6, 4–10), nicht eben mit Glück. Denn 477 erobert Eurich den größten Teil von dem Rhonegebiet hinzu; dadurch wird sich auch das Exil des F. erklären, das seine Briefe 6 und 9 bezeugen. Brief 12 besagt, daß während der Verbannung Bischof Ruricius von Limoges sich seiner gütig angenommen hat und daß er wieder hat heimkehren dürfen. Gestorben mag er um 495 sein; Gennadius de vir. ill. 86 redet von ihm als von einem Lebenden. Über seine literarische Hinterlassenschaft sind wir noch nicht im klaren. Seine theologischen Interessen gipfeln 1) in der unentwegten Verteidigung chalcedonensischer Orthodoxie und 2) in semipelagianischer Behauptung menschlicher Freiheit neben der göttlichen Gnade – was zwar A. Engelbrecht S. XVIII der Prolegomena seiner Ausgabe von F.s Werken (Corpus script. eccl. lat. XXI 1891) noch einmal geleugnet [2094] hat. Aber je verdienstlicher die dort geführten Untersuchungen über F.s Leben und Schriften sind – auch alle frühere Literatur von Wert wird sorgfältig registriert und benützt –, um so unfasslicher für den Dogmenhistoriker ist jenes Urteil. Die seit 520 in Konstantinopel, Rom, Africa von Possessor, den skythischen Mönchen, Fulgentius von Ruspe gefällten Urteile dürften ausreichen; auch stehen nicht zufällig in dem berühmten Dekret des Gelasius (Thiel Epistolae roman. pontif. I 468) die opuscula Fausti Regiensis Galliarum als apocrypha hinter denen des Cassianus und Victorinus verzeichnet; apocrypha = häretisch, bezw. zur Lektüre für Christen ungeeignet. Engelbrechts Ausgabe umfaßt zwei Bücher de gratia (Dei), 2 de spiritu sancto, 12 epistulae, von denen mehrere bei Gennadius ebenso wie jene größeren Werke ausdrücklich bezeugt werden; von den 31 sermones haben gewiß ganz wenige unsern F. zum Verfasser. Über die etwaige Identifizierung andrer F.-Schriften mit anonym oder unter anderem Namen überlieferten Traktaten wird in den letzten Jahrzehnten lebhaft verhandelt, s. Bergmann Studien zu einer krit. Sichtung der südgall. Predigtliteratur 1898. Außerdem etwa Koch Der h. Faustas 1895.