Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Vater der Marpessa, aitolischer Flußgott, Sage vom Raub der Marpessa durch Idas
Band VI,1 (1907) S. 974975
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3) Vater der Marpessa bei Hom. Il. IX 557, zu erschließen aus deren Beinamen Εὐηνίνη, und durch diese Großvater der Kleopatra nach Schol. A Il. IX 556. Ein aitolischer Flußgott, berühmt durch die Sage vom Raub der Marpessa durch den Aphareïden Idas und von dessen Tod von Apollons eifersüchtiger Hand. Die Homerscholien zur Ilias a. O. κούρῃ Μαρπήσσας) geben zwei abweichende Darstellungen. a) Die auf Simonides frg. 216 (von Schol. B) zurückgeführte des Schol. B(L)VTownl. deckt sich ziemlich mit der apollodorischen in der Bibliothek (Ι, 7, 7f. § 59f. W.): E., nach Apollodoros Sohn des Ares und der Demonike, Bruder des Molos und Thestios, regierend in der Gegend von Pleuron und Kalydon, nach den Scholien zu Ortygia in (dem aitolischen) Chalkis, ist über Marpessas Raub durch Idas ergrimmt, setzt dem Entführer zu Wagen nach (der nach den Scholien durch seinen Flügelwagen, ein Geschenk Poseidons, im Vorteil ist), kann ihn aber nicht einholen und stürzt sich verzweifelt in den Fluss Lykormas, der nun seinen Namen [975] erhält (nach Apollodoros hat er vorher seine ihm nutzlos erscheinenden eigenen Pferde geschlachtet, und Marpessa ist schon vorher von Apollon umworben, den also E. begünstigt zu haben scheint). b) Auf Bakchylides dagegen, den Schwestersohn des Simonides, wird die Angabe zurückgeführt (frg. 61 aus Schol. Pind. Isthm. IV 92), E. habe die Schädel der Freier seiner Tochter Marpessa zu einem Tempel aufgeschichtet, wie Antaios, der Thraker Diomedes und der sophokleische Oinomaos. Der Ausdruck ist der Angleichung an die ähnlichen Mythen zu Liebe gewählt und nicht zu urgieren. Das Schol. BD Hom. Il. IX 556 spricht von einem Schmücken der Palastmauern mit den abgeschlagenen Freiersköpfen und nennt als Zweck die Abschreckung weiterer Liebhaber von der Umwerbung. Das ist offenbar die Überlieferung des Bakchylides. Hier ist E. König von Aitolien und pflegt die Freier seiner Tochter zur Wagenwettfahrt herauszufordern. Sie soll der Siegespreis für den sein, der ihn, den Vater (mit der Tochter im Wagen?) einholt. Bis jetzt ist dies jedem mißlungen, und er hat mit dem Tode büssen müssen. Da kommt Idas (aber nicht um diesen Kampf zu bestehen und so die Marpessa zu gewinnen, sondern), um Marpessa, die er beim Tanzreigen zu Ehren der Artemis gesehen, zu rauben. E. setzt nach, vergebens, mordet seine Pferde, stürzt sich ,ins Meer oder besser in den Lykormasfluß‘ usw. Der Zusammenhang ist zwischen Anfang und Ende des Mythos hier gestört, und zwar ersichtlich durch die Anlehnung an ein fremdes Vorbild, den Mythos von Pelops, Oinomaos und Hippodameia. Solche Neuerungen beliebte auch sonst Bakchylides. Weizsäcker irrt (Roscher Myth. Lex. II 97, 12ff.), wenn er beide Überlieferungen a und b erst zusammenwirft und dann meint, der Flügelwagen des Idas und des E. Verfolgung des Idas (a) sei vielleicht eine Reminiszenz an die Wettfahrt (b), wo vielmehr umgekehrt E. vorausfährt und der jedesmalige Freier (nicht so Idas !) ihn einholen will. Auch in der Etymologie (von εὖ-ἡνία) liegt kein Beweis zu Gunsten von b. Der Mythos geht dieser Probe aus dem Wege. Plutarch (parall. min. 40) gibt die gekürzte Version a mit abweichender Genealogie. E. ist von Ares mit Sterope erzeugt und erzeugt selbst die Marpessa mit einer Oinomaostochter Alkippe; also äußerliche Fühlung mit der in b benützten Oinomaossage. Zum Schluß wird E. ,unsterblich‘ wie in ,Dositheos‘ Αἰτωλικά frg. 5 aus Ps.-Plut. de fluv. 40, FHG IV 401, wo der Tanzreigen der Marpessa aus b entlehnt ist. Genealogie fehlt, die Schlachtung der Rosse desgleichen in beiden Plutarchstellen. Hygin. fab. 242 nennt in einer Liste von Selbstmördern Euhenus als Sohn des Herakles (Verwechslung mit E. Nr. 6 aus fab. 162). Der Lykormasfluß bekommt den Namen Chrysorrhoas (!). Tzetz. Lyk. 159 zählt E. mit Oinomaos, Antaios, Phorbas, Diomedes und Kyknos zusammen als Heroen auf, die aus Schädeln erschlagener Opfer einen Tempel erbauten. Zu v. 561 hat er die Sagenform (mit der reflektierenden Wendung: Marpessa zog den sterblichen Idas dem Apollon vor, weil dieser eines alternden Menschenweibes überdrüssig werden könnte).