Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Griechische Gottheit, teils identifiziert mit Artemis, Hekate u.a.
Band V,2 (1905) S. 26342635
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Enodia (Ἐνοδία, bei Paus. III 14,9 ἡ Ἐνόδιος). Die Göttin, welche in ihrem Wesen dem Hermes Enodios (s. d.) entspricht, wird bald als Artemis E. bezeichnet, bald mit der von Artemis nicht zu trennenden Hekate oder mit Kora bezw. Selene gleichgesetzt, oder sie erscheint als eine selbständige Gottheit E. So heißt sie z. B. Artemis E. im Kult von Opus in Lokris: IG IX 1, 281, in Epidauros: IG IV 1191. 1192. 1542 (vgl. 1190: Ἀρτέμιδι Ἐκάτῃ ἐπηκόῳ), auf Thera: Athen. Mitt. XXV 1900, 462 und in Lartos: IG XII 1, 914 vgl. 915. Und auch sonst wird E. als Epiklesis der Artemis aufgeführt, vgl. Anon. Laur. XII 8 (Schoell-Studemund Anecd. var. I 270); Cornut. 31. Sext. Empir. adv. mathem. IX 185. Hesych.. (vgl. Etym. M. 344, 42), wo auch auf die Jagdnetze ἐνόδια (Xenοph. Kyneg. VI 9 u. a.) hingewiesen wird. Als Hekates Beiwort findet sich E. beispielsweise bei Soph. frg. 492 Nauck². Eurip. Hel. 570. Orph. hymn. I 1 vgl. frg. 309 Abel. Hymn. mag. III 8 bei Abel Orphica 289. Hymn. in Hekat. v. 2 bei Bergk Poet. lyr. Gr.⁴ III 682. Artemidor. oneirocr. II 37, und im Kult scheint Hekate die Epiklesis E. mehrfach geführt zu haben, so z. B. in dem aus Paus. II 30, 2 bekannten Kult von Aigina: Lukian. navig. 15; dann in Kolophon, wo man nach Paus. III 14, 9 τῇ Ἐνοδίῳ schwarze Hunde opferte; und vor allem auch in dem aus Paus. II 22, 7 bekannten Kult von Argos; denn hier erzählte man, Hekate sei deswegen E. genannt, weil Inachos sie ἐν τῇ ὁδῷ gefunden habe. Steph. Byz. s. τρίοδος. Für eine Epiklesis der Selene (die aber hier nichts anderes ist als die als Mondgöttin aufgefaßte [2635] Artemis-Hekate) gilt E. dem Schol. Plat. Leg. XI 914 B. Mit Kora, Tochter der Demeter und Gemahlin des Pluton, fließt E. zusammen bei Soph. Antig. 1199 und Eurip. Ion 1048, wie sonst so häufig Kora und Hekate identifiziert werden (vgl. Roscher Myth. Lex. I 1898) und wie auch Kora die Epiklesis Hodia (s. d.) führt. Als selbständiger Name erscheint E. in Inschriften aus Larisa in Thessalien: Bull. hell. XIII 392, aus Pherai in Thessalien: Bull. hell. VII 60;: vgl. Polyaen. VIII 43 (hier auch Brimo und Artemis Pheraia), und aus Oreos auf Euboia: Bull. hell. XV 412 (wo die Ergänzung Ἀρτέμιδι nicht sicher ist); ebenso bei Euripid. frg. 308 Nauck². Anth. Pal. VI 199. Anth. Plan. 6. Philostrat. vit. Apollon. IV 13 u. a. Die Bezeichnung δαίμων Ἐ. findet sich in der Herodesinschrift von der Via Appia: IG XIV 1390 = CIG 26, und ebenfalls bei Plat. Leg. XI 914 B. Ihrem Wesen nach ist E. zunächst die Schutzgöttin der Wege und alles dessen, was auf der Straße geschieht, ebenso wie Apollon Agyieus und Hermes Enodios, mit denen sie deshalb auch bei Cornut. 34 und Schol. Plat. Leg. XI 914 B verglichen wird. Insbesondere schützt sie Gebäude und Grabdenkmäler, die an einsamer Straße liegen, vor Frevlerhand (vgl. die Herodesinschrift von der Via Appia). Sie wacht über das auf der Straße verlorene Gut (Plat. a. a. O.). Sie beschützt den Wanderer auf seiner Reise, und zum Dank für diesen Schutz weiht ihr z. B: Anth. Pal. VI 199 der glücklich Heimgekehrte als Symbol seiner Reise den Hut. Diesen Schutz gewährt sie dem Wanderer nicht nur bei Tage, sondern auch bei Nacht (vgl. Eurip. Ion 1048: Εἰνοδία θύγατερ Δήμητρος, ἅ τῶν νυκτιπόλων ἐφόδων ἀνάσσεις καὶ μεθαμερίων), und gerade wegen des nächtlichen Schutzes wird E. zu einer Art Ergänzung neben Apollon Agyieus und Hermes Enodios (Schol. Plat. a. a. O. καὶ γὰρ ἄμφω τὰς ὁδοὺς πληρο[σι φωτὸς, ὁ μὲν Apollon Agyieus – ἡμέρας, ἡ δὲ νυκτός); so verstehen auch schon Sophokl. frg. 492 und Eurip. frg. 308 unter E. speziell die Mondgöttin. Über den ganzen Zauberspuk, der sich des weiteren an diese Mondgöttin anschließt, über die neben Hekate E. stehende Hekate Trioditis, sowie über die an Straßen und Kreuzwegen aufgestellten Bilder der Göttin vgl. das Nähere im Artikel Hekate. Die Tyche ἐνοδῖτις bei Orph. hymn. 72, 2, welcher hier auch die Bezeichnung Ἄρτεμις ἠγεμόνη beigefügt wird, entspricht der E. Eine Weihinschrift aus Makedonien gilt der Eutychia Enodios Kotis: Revue des sociétés savantes 1858, 787 nr. 27. Hesych s. Κελευθείας erklärt die Keleutheiai (s. d.) als ἐνόδιοι δαίμονες.

[Jessen. ]