Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Stadt auf der Insel Thera, mit Hafen nahe dem Südcap und künstlichen Molen
Band V,2 (1905) S. 23382339
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3) Auf der Insel Thera, nur durch Ptolemaios Geogr. II 14, 23 bezeugt. Ptolemaios nennt auf der Insel Thera, die er ganz verkehrt in die Nähe von Attika und Euboia hinaufrückt, zwei Städte ,Eleusin‘ und Oia, und zwar setzt er Oia 10 Gradminuten östlich und 5 Gradminuten (oder nach einigen Hss. auf denselben Breitengrad) nördlich von E. Da es aber auf der Insel offenkundig nur eine Stadt gab, die hoch oben auf dem Messavuno, [2339] einem ins Meer vorspringenden Kalkfelsen lag, bemühte man sich früher, diese Stadt entweder E. oder Oia zu nennen (vgl. Boeckh CIG II p. 1085, Lemma zu nr. 2454 c, auch L. Ross Inselreisen I 60f. 69. III 31). Aber schon im 17. Jhdt. hatten Inschriftfunde gezeigt, daß die Stadt gleich der Insel Thera hieß, und der Lokalgelehrte de Cigalla, dem Michaelis, Weil und alle Neueren folgten, hatten daraus den richtigen Schluß gezogen, hatten auch aus weiteren Inschriften, deren eine Ross mißdeutete, den Namen Oia auf die Ruinen des Hafens am Nordfuße des Stadtberges bezogen. Somit lag es nahe, E. auf einen anderen Hafen im Süden zu beziehen, und anzunehmen, daß Ptolemaios, einem Periplus folgend, über den Hafenorten die abgelegene Bergstadt vergessen habe. Einen solchen Hafen findet man nahe dem Südcap der Insel; gebildet von zwei künstlichen Molen, die noch jetzt unter der See 360 und 110 m weit sich ausdehnen. Daß hier E. gefunden ist, hat schon Ross a. a. O. I 69 gesehen. Die Lage bietet manche Vorteile für einen Hafen; dem mäßig hohen, von Norden nach Süden sich erstreckenden Gabrielberg vorgelagert, ist er nicht, wie die Reeden am Fuße des steilen Messavuno, den Fallwinden ausgesetzt. Auch beweisen Gräber und Inschriften, die in das 6. oder 7. Jhdt. hinaufgehen, sowie der hier gefundene sog. Apollo von Thera, daß hier eine alte Ansiedlung war. Ich habe sogar die Möglichkeit hingestellt, daß diese Ansiedlung mit ihrem Hafen älter ist als die dorische Stadtgründung auf dem Messavuno und den früheren Kolonisten aus Mittelgriechenland, den ,Minyern‘ und ,Kadmeern‘ gehöre. Wie dem auch sei, für die Anlage der großen Hafenmauern wird man besser an die Ptolemaeer denken, welche in Thera noch unter Philometor eine Besatzung hatten und also auch einen sicheren Hafen brauchten. Gerade wenn E.-Exomyti damals der bevorzugte Hafen war, versteht man es, wenn eine Piratenflotte im 3. Jhdt. v. Chr. es vorziehen konnte, im anderen Hafen Oia zu landen (IG XII 3, 1291). Vgl. Hiller von Gaertringen Thera I 305f. III 50. 52. 236 (Wilski). 285 (Schrader). Für den Namen wird man daran denken, daß Eleusynios ein theraeischer Monatsname war, der vom Feste der Demeter Eleusinia benannt war. Diese Beziehung würde es auch erklären, warum der Ort nicht nur in älterer Zeit, sondern auch noch im 1. Jhdt. v. und n. Chr. von reichen Leuten als Begräbnisstätte bevorzugt wurde (Felsgräber bei der Echendra: Dragendorff Thera II 271ff.). Freilich ist ein Demeterkult zwar auf dem Messavuno, aber nicht in Eleusis nachgewiesen, wo überhaupt noch nicht systematisch geforscht wurde; man hat also auch (mit A. Schiff) das Recht, von allen kultlichen Beziehungen zunächst abzusehen und in E. den ,Ort der Ankunft‘ auf Thera zu erkennen, an den sich der Kult der ankommenden Göttin angeschlossen haben kann, aber nicht angeschlossen zu sein braucht.