Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Eleusinia, Epiklesis der Demeter und der Artemis
Band V,2 (1905) S. 23282330
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Eleusinia. 1) Ἐλευσινία. Der Demeter und Eileithyia gemeinsame Name Eleutho (s. d.), die aus Lakedaimon neben Demeter E. und Eileithyia bekannte Eleusia (s. d.) oder Eleuthia (s. d.), das Zusammentreffen der Namen Eleuthyia und Eleusina (s. d.) in Lato auf Kreta und der Umstand, daß bei Artemis die Epikleseis E. und Eileithyia zusammenfallen, machen es wahrscheinlich, daß den später scheinbar scharf getrennten Gottheiten Eileithyia (in ihren verschiedenen Namensformen) und Demeter E. die Vorstellung einer einzigen gemeinsamen Göttin zu Grunde liegt, welche Herrin ist über Geburt und Sterben, wie über Blühen und Wolken in der Natur; vgl. [2329] Toepffer Att. Geneal. 221. Wide Lakon. Kulte 175f. Gruppe Griech. Myth. 48. Kern oben Bd. IV S. 2725. Der Kult dieser alten Göttin scheint sich von Kreta aus über den Peloponnes und weiter nach Norden verbreitet zu haben, und während sich daraus einerseits der Kult der speziellen Geburtsgöttin Eileithyia entwickelte, erhielt anderseits derselbe Kult in Eleusis seine Ausgestaltung und Vertiefung nach der anderen, teils agrarischen, teils auf das Leben nach dem Tode bezüglichen Richtung. Wie auch der Name der Göttin anfangs gelautet haben mag (Eleutho, Eleusia, Eleuthia, Eleuthyia usw.), die Bezeichnung Ἐλευσινία wurde erst in Eleusis geprägt, und wie sich von Eleusis aus der Ortsname Eleusis selbst, dann der Monatsname Eleusinios und das Eleusiniafest verbreitete, so verbreitete sich von dem gleichen Orte aus auch der vertiefte Kult der Demeter Ἐλευσινία. An den Orten, wo schon die ältere Göttin (Eleuthyia usw.) verehrt wurde, scheint der eleusinische Kult bei seinem späteren Zurückströmen zumeist als etwas ganz Neues empfunden zu sein, so daß man, wie in Lakedaimon und anderwärts, Kulte der Demeter E. neben dem Kult der Eleuthyia–Eileithia stiftete; nur in Lato auf Kreta ist vielleicht Eleuthyia unter dem Einfluß des eleusinischen Kultes direkt zur Eleusina (s. d.) geworden. Wer von der eleusinischen Demeter sprach, brauchte nicht immer die volle Bezeichnung Δημήτηρ Ἐλευσινία zu wählen (wie z. B. Soph. Antig. 1120. Antimach. frg 63 Kinkel. Eratosth. frg. 19 Hiller: Ἐλευσίης Δημήτερος, bei Eustath. Hom. 1156, 59 Ἐλευσινίης. Orph. Hymn. 40. Cornut. 28. Strab. IX 395. Verg. Georg. I 163: Eleusinae matris u. a.); es genügte die einfache Bezeichnung Ἐλευσινία ohne Hinzufügung des Hauptnamens (vgl. z. B. Plat. Axioch. 13 p. 371 E und die in dieser Beziehung lehrreiche Inschrift aus Kukunari, Americ. Journ. of Archaeol. X 209ff. = v. Prott Leges Graec. sacr. I 46ff., wo B 43–48 Ἐλευσινία selbständig vorkommt, daneben dann Kore bezw. Chloe). Ebenso verstand man auch unter dem Plural Ἐλευσινίαι ohne weiteres Demeter und Kore, vgl. die Inschriften aus Epidauros Dittenberger Syll.² 804, 14 = IG IV 955 und aus Stratonikeia Bull. hell. XII 268, ferner Alkiphr. II 3. III 62. Lukian. Demon. 11 u. a. Über die Verbreitung des Kults der Demeter E. hat Kern im Artikel Demeter Abschn. II (s. o. Bd. IV S. 2714ff.) eingehend gesprochen. Es kommen dabei außer Eleusis und Athen (vgl. Eleusis Nr. 1 und Eleusinion) auch alle jene Orte in Betracht, auf welche der Name Eleusis (s. Nr. 2–7) übertragen ist, oder wo das Fest E. (s. Nr. 2) gefeiert wird bezw. der Monatsname Eleusynios (s. d.) vorkommt. Hier seien kurz nur diejenigen Plätze angeführt, für welche speziell E. als Epiklesis der Demeter direkt bezeugt ist: 1. attische Tetrapolis: Inschrift aus Kukunari s. o.; 2. bei Plataiai am χῶρος Ἀργιόπιος aus Herodots Schilderung von der Schlacht bei Plataiai bekannter Tempel der Demeter E., Herodot. IX 57. 62. 65. 69. 101. Nach Plut. Arist. 11 lag er bei Hysiai: 3. in Plataiai selbst: Tempel der Demeter E., Paus. IX 4, 3, vielleicht identisch mit dem vorigen; 4. in Basilis in Arkadien: Tempel, Fest und ἀγὼν περὶ τοῦ κάλλους, Paus. [2330] VIII 29, 5. Nikias bei Athen. XIII 609 f; 5. in Pheneos: Tempel und Mysterien, Paus. VIII 15, 1ff.; 6. bei Thelpusa: Tempel, Paus. VIII 25, 2–3. Δελτ. ἀρχ. 1891, 98ff. Über diese arkadischen Kulte vgl. insbesondere noch Toepffer Att. Geneal. 102. Immerwahr Kulte u. Mythen Arkadiens I 96ff. Kern oben Bd. IV S. 2732; 7. bei Therai am Taygetos: Heiligtum der Demeter E., wohin auch von Helos aus jährlich eine Prozession mit dem Korabild zog, Paus. III 20, 5. 7; 8) in Gythion: Le Bas II 240 = Rev. archéol. 1845, 216, wo freilich nur …α Ἐλευσι… erhalten, aber zweifellos Demeter oder Kora E. gemeint ist, da der Kult dieser Gottheiten daselbst sonst bezeugt ist, vgl. Paus. III 21, 8. Le Bas II 240 a = Athen. Mitt. II 378; 9. in Amyklai: Inschrift aus dem Amyklaion [Ἐ]λευσεινίαν, Ἐφ. ἀρχ. 1892, 26, 9; vgl. Paus. III 18, 8. CIG 1434. 1435. 1449. Über diese lakonischen Kulte vgl. Wide Lakon. Kulte 171ff., wo auch die weiteren auf die eleusinische Demeter bezüglichen Zeugnisse aus Lakonien zusammengestellt sind, wie die Inschrift aus Mistra CIG 1464, und die Zeugnisse für das E.-Fest: IGA 79 und Hesych.; vgl. Boethius de mus. I 1. v. Wilamowitz Timotheos S. 70; 10. in Epidauros: s. o. Bd. IV S. 2730 und die Erwähnung der Ἐλευσίνιαι bei Dittenberger Syll.² 804, 14 = IG IV 955, 14; 11. bei Mykale: Heiligtum der Demeter E., Herodot. IX 97. 101; 12. in Ephesos: Strab. XIV 633; 13. in Stratonikeia: Weihinschriften an die θεαὶ Ἐ. (Bull. hell. XII 268) und an Demeter als Δο[τείρα?] Ἐλευσινία, Hula-Szanto S.-Ber. Akad. Wien CXXXII 1894, II 19, 2. Daß der Kult der Demeter E. viel weiter verbreitet war, als sich aus dieser Zusammenstellung ergibt, sei unter Hinweis auf den Artikel Demeter nochmals ausdrücklich erwähnt.

Außer Demeter führte die Epiklesis E. gelegentlich auch Artemis. Aus Hesych Ἐλευσινία · ἀγὼν θυμελικὸς ἀγόμενος Δήμητρι παρὰ Λάκωσιν καὶ ἐν Σικελίᾳ τιμᾶται Ἄρτεμις καὶ Ζεὺς Ἐλευσίνιος παρ’ Ἴωσιν schlossen M. Schmidt und andere, indem sie die Interpunktion hinter Δήμητρι annahmen, auf eine Artemis E. sowohl in Lakedaimon wie in Sicilien. Wide Lakon Kulte 119f. setzt dagegen das Interpunktionszeichen hinter Λάκωσιν, so daß lediglich für Sicilien die Verehrung einer Artemis E. gesichert wäre. Ferner ist ein Kult der Artemis E. bezeugt für Antiocheia, Liban. orat. XI 109 Förster = I 306 Reiske: hier wird E. damit erklärt, daß das Kultbild einst von Antiocheia fortgeführt war, aber wieder zurückgelangte.