Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Eleusinia, Spiele zu Ehren d. Demeter
Band V,2 (1905) S. 23302332
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2) Ἐλευσίνια hießen Spiele, die der Demeter zu Ehren, wahrscheinlich seit uralter Zeit, in Eleusis gefeiert wurden. Ob das Wort von dem Ort Eleusis oder einem alten Namen der Göttin (Eleutho oder Eleuthia) abzuleiten ist, ist nicht ausgemacht (für letzteres namentlich Rutgers van der Loeff De ludis Eleusiniis, Leyden 1903, 13ff.). Es gab trieterische (IG II p. 516 nr. 834 b = Dittenberger Syll.² 587 Z. 262) und penteterische E. (Dittenberger Syll.² 587, 259. 262. Aristot. Ath. Pol. 54; vgl. Mommsen Feste der Stadt Athen 179); diese, die also alle vier Jahre und mit größerer Pracht gefeiert wurden, hießen auch Ἐ. τὰ μεγάλα (IG II 5 p. 163 [2331] nr. 619 b = Dittenberger Syll.² 246, 26. Paton und Hicks Inscr. of Cos p. 138 nr. 105 = Dittenberger Syll.² 678, 4). Mit den Mysterien hatten die Spiele nichts weiter zu tun, gemeinsam war beiden Festen nur, daß sie der Demeter in Eleusis gefeiert wurden; Mysterien gab es in jedem Jahr, E. nur ein Jahr ums andere (so ist z. B. nach Dittenberger Syll.² 246 Demainetos als mehrjähriger Feldherr einmal bei der großen Eleusinien-, jährlich aber bei der Mysterienfeier amtlich tätig). Diesen inschriftlich bezeugten Tatsachen schienen andere Zeugnisse zu widersprechen. Einige spätere, nicht attische Schriftsteller brauchen Ἐ. und μυστήρια promiscue (die Beispiele bei Mommsen Athen. Feste 180f. van der Loeff a. a. O. 9ff.); konnte das auch nicht zu schwer oder gar entscheidend ins Gewicht fallen, so gab es doch auch Inschriften, die einmal ein Zusammenfallen von Eleusinien- und Mysterienfeier, sodann auch (was wiederum jenes wesentlich stützen mußte) jährliche E. zu bezeugen schienen (s. darüber namentlich Robert Gött. Gel. Anz. 1899, 535ff.). IG II 5 p. 103 nr. 385 = Dittenberger Syll.² 650, 22ff. lesen wir: ὡσ(σ)αύτως δὲ καὶ τῶν πρὸς Ἄγραν μυστηρίων γενο[μ]ένων δὶς ἐν τῶι ἐνιαυτῶι διὰ τὸ συντελεῖ[σθ]αι τὰ. Aber wie van der Loeff a. a. Ο. 7ff. ausgeführt hat, heißt συντελεῖσθαι nicht ,zu gleicher Zeit begehen‘, sondern einfach ,gefeiert werden‘, wie in vielen andern Inschriften, und es ist darnach aus den Worten nur zu schließen, daß gegen Ende des 3. Jhdts. (die Inschrift ist um 216 zu datieren) in den Jahren, wo es große E. gab, die kleinen Mysterien zweimal begangen wurden, vielleicht um denen, die zu dem Fest nach Athen kamen, die Möglichkeit zu geben, sich vor den bald auf die Eleusinien folgenden großen Mysterien in die kleinen einweihen zu lassen (aus IG II 315 = Dittenberger Syll.² 649, 10 geht hervor, daß im J. 282 die kleinen Mysterien nur einmal stattfanden; das kann sich daraus erklären, daß dies Jahr die kleinen [trieterischen] E. hatte, oder es ist eben eine zwischen 282–216 erfolgte Neuerung anzunehmen). Nicht weniger Schwierigkeiten machte IG II 741 = Dittenberger Syll.² 620. Nach der zuerst allgemein gebilligten Ergänzung Z. 74 ἐ[ξ Ἐλευσινίων] waren sowohl für 432 (Z. 66) wie auch für 431 E. bezeugt. Man suchte eine Auskunft, indem man entweder eine ausnahmsweise freie Anwendung des Namens E., der eigentlich nur den Spielen zukäme, für das Mysterienopfer annahm (so Dittenberger Syll.² p. 415 A. 27), oder unter den E. des zweiten Jahres jährliche von den großen Mysterien zu unterscheidende Festopfer verstanden wissen wollte (so Mommsen a. a. O. 184ff.). Beide Erklärungen waren mißlich (vgl. Robert Gött. Gel. Anz. 1899, 536f.), und Foucart Les grands Mystères d’Eleusis 144, 3 schlug zuerst vor Z. 74 statt Ἐλευσινίων zu ergänzen Παναθηναίων. Ihm schloß sich van der Loeff an und begründete diese Vermutung eingehend (7f.). Dittenberger Syll.² 620, 65 folgen auf die Panathenaeen die E., darnach das Opfer für die Demokratia (Ἀθηνᾶ Δημοκρατία IG III 165); im nächsten Jahr, wo es keine E. gab, folgte dann also ganz richtig (Z. 75) auf die Panathenaeen das Opfer für die Demokratia. [2332] Ein weiterer Schluß ergibt auch eine Zeitbestimmung für die Feier der E., die uns direkt nicht überliefert ist. Das Opfer für die Demokratia ist nämlich (nach van der Loeff 79f.) auf den 12. Boedromion anzusetzen, denn nichts anderes sei mit den Χαριστήρια τῆς Ἐλευθερίας (Plut. De gloria Ath. 7) gemeint (vgl. Xen. hell. II 4, 39). So müßten die E. in die Zeit zwischen dem 28. Hekatombaion, dem Haupttag der Panathenaeen, und dem 12. Boedromion gefallen sein, wahrscheinlich also in den Metageitnion, was der Jahreszeit nach gut mit der Bemerkung des Scholions zu Pind. Ol. IX 150 stimmt, das die E. als ein Erntedankfest für Demeter bezeichnet.

Über die Art der Feier erfahren wir das meiste aus IG II 834 b = Dittenberger Syll.² 587 258ff. Außer dem ἀγὼν πάτριος, der diesen Spielen eigentümlich gewesen zu sein scheint, über den wir jedoch Näheres nicht wissen (vielleicht ἀποβάται? vgl. Eratosth. Katast. 13; daß es sich um einen hippischen Agon handelt, macht die Stellung neben oder zwischen den ἱπποδρομίαι wahrscheinlich; ob in dem rätselhaften ἐπαιραιβατε IG I 5 = Ziehen Leg. sacr. 7 derartiges steckt? eine andere Vermutung v. d. Loeff 14f. vgl. auch Mommsen a. a. O. 188f.), fanden gymnische (ein πένταθλον τῶν ἀνδρῶν Dittenberger Syll.² 678, 4, 19, δόλιχος IG II 3 p. 37 nr. 1313, παγκράτιον der Männer nr. 1319) und musische Agone statt, ferner eine ἱπποδρομία (Dittenberger Syll.² 587, 260). Die Preise bestanden in Gerste von dem heiligen rarischen Felde (Dittenberger Syll.² 587. Schol. Pind. Ol. IX 150). Endlich werden auch eine Pompe (IG II 465 b) und große Opfer (IG II 741 = Dittenberger Syll.² 620) erwähnt. Die Bedeutung der Spiele geht auch daraus hervor, daß Auszeichnungen durch Kränze wie bei den großen Dionysien und Panathenaeen auch bei den E. verkündigt wurden (z. B. IG II 1 p. 219 nr. 444). Die Leitung der Feier lag den ἱεροποιοὶ κατ’ ἐνιαυτόν (Arist. Ath. Pol. 54. Dittenberger Syll.² 620) und vier jährlichen ἐπιστάται ob (IG II 5, 767 b. II p. 507 nr. 682 c; vgl. van der Loeff 121ff.).

Die Inschrift Dittenberger Syll.² 620, 66 erwähnt E. im J. 332 d. i. Ol. 112, 1 unter dem Archontat des Niketes (Dittenberger Syll.² II p. 415 A. 26. Kirchner Prosopgr. att. 10753). Darnach ist anzunehmen, daß die E. in die ungeraden Olympiadenjahre fielen. Schwieriger noch ist zu entscheiden, in welches Jahr die penteterische Feier fiel. van der Loeff 114ff. setzt sie auf ein erstes, die Trieteris also auf ein drittes Olympiadenjahr; sicher ergibt sich aus der Kombination von Dittenberger Syll.² 246 mit 650, 25, daß große E. in dem Jahr des Diokles gefeiert wurden, über dessen Datierung man aber noch nicht einig ist. – E. gab es auch in Lakonien IGA 79, vgl. Hesych. s. v. Paus. III 20, 5. van der Loeff 19ff. v. Prott Athen. Mitt. XXIX 1ff. – S. außer den zitierten Schriften Nebe De mysteriorum Eleusiniorum tempore et administratione publica, Diss. Halle 1886 (Diss. Hal. VIII). Tsuntas Ἐφημ. ἀρχ. 1883, 257. Pfuhl De Atheniensium pompis sacris, Berlin 1900, 43ff. Schoemann-Lipsius Griech. Altert. II 408.