Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Römischer Kaiser 333-350 n. Chr.
Band IV,1 (1900) S. 948952
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3) Constans, römischer Kaiser 333–350. Flavius Iulius Constans (Dessau 724–726), vierter oder vielleicht fünfter Sohn Constantins d. Gr., geboren von dessen Gattin Fausta (Dessau 723. CIL II 6209.[1] Seeck Ztschr. f. Numism. XXI 42). Er starb nach Eutr. X 9, 4. Zonar. XIII 6 p. 14 A im dreissigsten Lebensjahre, nach Vict. epit. 41, 23 im siebenundzwanzigsten. Da die erstere Zahl wie eine Abrundung der letzteren aussieht, wird man diese für zuverlässiger halten dürfen, was auch eine Münze zu bestätigen scheint (Seeck a. O. 39). Danach muss er um 323 geboren sein. Seinen Unterricht leiteten die hervorragendsten Rhetoren seiner Zeit (Liban. or. III 283), namentlich Aemilius Magnus Arborius (Auson. prof. Burd. 17, 15). Am Weihnachtstage 333 wurde er zum Caesar ernannt (Mommsen Chron. min. I 234. Euseb. laud. Const. 3; vit. Const. IV 40. Liban. or. III 285); dass in der folgenden Nacht ein Nordlicht erschien, deutete man als böses Omen für seine Regierung (Vict. Caes. 41, 14). Nachdem er sich noch eine Zeit lang am Hofe Vaters aufgehalten hatte (Liban. or. III 286), übertrug ihm dieser die Verwaltung Italiens noch vor dem Sommer 335 (Euseb. laud. Const. 3; vit. Const. IV 51). Später, wahrscheinlich kurz vor dem Tode seines Vaters (337), verlobte er sich mit Olympias, der kleinen Tochter des Praefecten Ablabius; nach dessen Tode (338) nahm er sie an seinen Hof und liess sie zu seiner Gattin erziehen, gelangte aber nicht zur Hochzeit, wahrscheinlich weil die Braut noch bis zu seiner Ermordung das heiratsfähige Alter nicht erreicht hatte (Athan. hist. Ar. ad mon. 69 = Migne G. 25, 776. Ammian. XX 11, 3). Das Consulat bekleidete er noch nicht als Caesar, sondern erst nach dem Ableben seines Vaters in den Jahren 339, 342 und 346.

Nachdem Constantin d. Gr. gestorben war (22. Mai 337), wurde der Regierungsantritt seiner Söhne durch Misshelligkeiten mit ihren Vettern, die gleichfalls zur Nachfolge berufen waren, noch um einige Monate verzögert. Erst als diese durch die Soldaten ermordet waren, nahmen C. und seine Brüder am 9. September 337 den Augustustitel [949] an (Mommsen I 235. Euseb. vit. Const. IV 68). Im Sommer 338 versammelten sich die drei Kaiser in Viminacium, um das Reich unter sich zu teilen (Iulian. or. I 19 A. 20 B. Liban. or. III 297. Seeck Ztschr. f. Kirchengesch. XVII 44). Die gegenseitige Missgunst der beiden älteren Brüder hatte hier zur Folge, dass sie sich mit den Gebieten, die schon der Vater ihnen zugewiesen hatte, begnügten und den Anteil des ermordeten Dalmatius in seinem vollen Umfange dem jüngsten zuwiesen, wodurch C. zum Beherrscher von Africa, Italien, Pannonien, Illyricum und Thrakien wurde (Vict. epit. 41, 20). Doch nahm Constantin II. eine Art von Vormundschaft über den fünfzehnjährigen in Anspruch, erliess Gesetze für sein Gebiet (Cod. Theod. XII 1, 27) und ernannte wahrscheinlich seine vornehmsten Beamten, weshalb auch Zosim. II 39, 2 ihre Reichsteile als gemeinsamen Besitz beider Brüder zusammenfasst (Seeck Ztschr. f. Numism. XXI 47). Auf diese Weise glaubte Constantin den Constantius übervorteilt und teils unmittelbar, teils mittelbar drei Vierteile des Reiches in seine Gewalt gebracht zu haben.

Schon gleich nach dem Auseinandergehen des Congresses von Viminacium, im Herbst 338, gewann C. einen Sieg im Donaugebiet, nach dem er den Titel Sarmaticus annahm (Dessau 724. Seeck Ztschr. f. Numism. XXI 56). Durch diesen Erfolg in seinem Selbstbewusstsein gehoben, beanspruchte er volle Unabhängigkeit und begann die Gesetzgebung für seinen Reichsteil selbständig auszuüben (Cod. Theod. X 10, 5. XII 1, 29. Seeck 54), wozu ihn seine intrigante Umgebung, namentlich der Tribun Amphilochius, aufgestachelt haben soll (Ammian. XXI 6, 2). In seinen Erwartungen getäuscht und unwillig über die Bevorzugung des jüngsten Bruders, verlangte jetzt Constantin II. die Dioecesen Italien und Africa für sich (Zonar. XIII 5 p. 11 C. Zosim. II 41, 1. Vict. epit. 41, 21). C. weigerte sich und suchte Anschluss an Constantius, dem er, um seine Unterstützung zu gewinnen, Thrakien abtrat (Zonar. a. O. Seeck 61). Um sich der streitigen Provinzen mit Gewalt zu bemächtigen, fiel Constantin Anfang 340 plötzlich in Oberitalien ein (Mommsen Chron. min. I 236. Socrat. II 5. Hieron. chron. 2356). C., der sich damals in dem dakischen Naissus aufhielt, wurde vollständig überrascht (Zonar. a. O. Cod. Theod. X 10, 5. XII 1, 29). Er sandte eine Vorhut eiligst nach Italien, durch die Constantin bei Aquileia besiegt und getötet wurde (Eutrop. X 9, 2. Vict. Caes. 41, 22; epit. 41, 21. Iulian. or. II 94 B. Sozom. III 2. Philost. III 1 = Migne G. 65, 480). Als der Kaiser selbst mit dem Gros des Heeres vor dem 9. April 340 in Aquileia anlangte (Cod. Theod. II 7, 3. X 15, 3), fand er den Krieg schon entschieden (Zonar. a. O.).

Diese Unruhen im Römerreiche dürften der Grund gewesen sein, dass die Franken 341 einen Einfall machten. C. zog ihnen entgegen und bekämpfte sie; doch gelang es ihm erst 342, sie zu besiegen und zu einem Bündnis zu zwingen (Mommsen I 236. Socr. II 10, 21. 13, 4. Hieron. chron. 2358. Liban. or. III 316ff. Dessau 728). Später hat er keinen grösseren Krieg mehr zu führen gehabt, weil die Barbaren seine Macht und Tapferkeit fürchteten (Ammian. XXX 7, 5. [950] Vict. Caes. 41, 23; epit. 41, 24). Zur Erhaltung der Ruhe an den Grenzen wird es beigetragen haben, dass der Kaiser sehr schnell in den Provinzen seines Reichsteils hin- und herreiste und überall durch seine persönliche Anwesenheit die Barbaren zurückschreckte (Liban. or. III 323). So finden wir ihn nach dem Sarmatenkriege von 338 am 6. April 339 in dem pannonischen Sabaria (Cod. Theod. X 10, 6, wo in der Datierung die beiden Kaiserconsulate von 339 und 342 verwechselt sind), Anfang 340 in dem dakischen Naissus (Cod. Theod. X 10, 5. XII 1, 29. Zonar. XIII 5 p. 11 D), am 9. April in Aquileia (Cod. Theod. II 7, 3. X 15, 3), am 25. Juni in Mailand (Cod. Theod. IX 17, 1). Von hier geht er 341 an die Donau, wo er am 24. Juni in Lauriacum erscheint (Cod. Theod. VIII 2, 1 = XII 1, 31), um gleich darauf nach Gallien in den Frankenkrieg zu eilen (vgl. Athan. de synod. 25 = Migne G. 26, 725). Nach Beendigung desselben ist er im Sommer oder Herbst 342 in Mailand (Athan. apol. ad Const. 4 = Migne G. 25, 600), dann am 25. Januar 343 in Boulogne (Cod. Theod. XI 16, 5), von wo er mitten im Winter nach Britannien übersetzt (Liban. or. III 320. Firm. Matern. de err. prof. rel. 28, 6), wahrscheinlich um dort einen Einfall der Picten und Scoten abzuwehren (Ammian. XX 1, 1. XXVII 8, 4). Am 30. Juni hält er sich in Trier auf (Cod. Theod. XII 1, 36; vgl. Athan. a. O.), gegen Ende des J. 344 in Aquileia (Athan. apol. ad Const. 3. 4. 15 = Migne G. 25, 597. 601. 613), am 15. Mai 345 wieder in Trier (Cod. Theod. X 10, 7; vgl. Athan. a. O.), dann in Köln (Cod. Theod. III 5, 7). Im J. 346 ist er in Italien, wo er sich am 23. Mai in Caesena (Cod. Theod. XII 1, 38), dann in Aquileia (Athan. apol. ad Const. 3. 4 = Migne G. 25, 597. 601), am 4. December in Mailand nachweisen lässt (Cod. Theod. IX 7, 3). Hier erscheint er auch am 17. Juni 348 (Cod. Theod. X 14, 3), geht dann nach Pannonien (Liban. or. III 318) und ist am 27. Mai 349 in Sirmium (Cod. Theod. VII 1, 2. VIII 7, 3). Endlich ereilte ihn im Januar 350 der Tod in Gallien.

Von entschieden christlicher Gesinnung, empfing er die Taufe, beschenkte die Kirchen reich (Athan. apol. ad Const. 7 = Migne G. 25, 604. Optat. III 3) und verbot den heidnischen Cultus (Cod. Theod. XVI 10, 2. 3. Sozom. III 17. Theodor. h. e. V 21, 2. Firm. Mat. 28, 6. Symmach. rel. 3, 4). In dem arianischen Streite nahm er Partei für Athanasius (Sozom. III 18). Als dieser von der Synode zu Antiochia verurteilt wurde, verlangte er durch einen Brief an Constantius Rechenschaft darüber, weshalb eine Gesandtschaft orientalischer Bischöfe ihn in Gallien aufsuchte (341) und ihm ihr Glaubensbekenntnis überbrachte (Socr. II 18. Athan. de synod. 25 = Migne G. 26, 725). Den verbannten Athanasius berief er mehrmals an sein Hoflager, und es ging das Gerücht, dass dieser ihn gegen Constantius aufgereizt habe (Athan. apol. ad Const. 2–5 = Migne G. 25, 597). Als die Briefe, durch welche C. die Rückberufung des alexandrinischen Bischofs forderte, fruchtlos blieben, veranlasste er 347 das Concil zu Serdica (Socr. II 20. Sozom. III 11). Als dessen Spruch dem Athanasius und dem gleichfalls verbannten Paulus von Constantinopel günstig war, drohte er seinem [951] Bruder mit Krieg, falls er sie nicht wieder in ihre Ämter einsetze (Socr. II 22. Sozom. III 20. Philostorg. III 12 = Migne G. 65, 500). Constantius, der seine Übermacht zu fürchten hatte, schrieb ihm darauf einen versöhnlichen Brief und erfüllte sein Verlangen (a. O. Athan. apol. c. Ar. 51 = Migne G. 25, 341).

Anfangs soll die Regierung des C. gut und gerecht gewesen sein (Eutrop. X 9, 3); später suchte er möglichst viel Geld aus den Unterthanen herauszupressen (Vict. Caes. 41, 23), verkaufte die Statthalterschaften (Vict. epit. 41, 24) und gestattete seinen Günstlingen die ärgsten Bedrückungen (Vict. a. O. Eutrop. a. O. Liban. or. I 427. Zosim. II 42, 1. Ammian. XVI 7, 5). Namentlich soll er seinen Buhlknaben alles erlaubt haben, meist jungen Barbaren, die er teils als Geiseln empfangen, teils mit Geld erkauft hatte (Zosim. II 42, 1. Vict. Caes. 41, 24. Zonar. XIII 5 p. 12 A. Ioann. monach. pass. S. Artemii 10 = Mai Spicilegium Romanum IV 347). Seine Ausschweifungen hatten ihm schon früh die Gicht zugezogen, die auf seine Laune und dadurch auch auf seine Regierung gleichfalls ungünstig einwirkte (Eutrop. X 9, 3. Zonar. XIII 6 p. 13 C. Vict. epit. 41, 24). Von seinem Vater hatte er dessen Vorliebe für Rhetorik geerbt. Den christlichen Sophisten Proairesios berief er an seinen Hof nach Gallien, machte ihn zu seinem Tischgenossen und entliess ihn später mit reichen Geschenken und der Titularwürde eines Magister Militum (Eunap. vit. soph. 90). Die Soldaten wusste er mit Kraft in ihren Schranken zu halten (Eutrop. X 9, 4). Bei einem Aufstande gegen den Officier Magnentius, der später gegen ihn zum Usurpator werden sollte, rettete er den Bedrohten durch sein persönliches Einschreiten (Zonar. XIII 5 p. 12 A). Doch trug er seine Verachtung gegen das Militär zur Schau (Vict. Caes. 41, 23) und machte sich bei ihm verhasst (Eutrop. X 9, 3. Zosim. II 47, 3).

Dies benutzten einige seiner Beamten, um eine Verschwörung gegen ihn anzuzetteln, an deren Spitze der Comes sacrarum largitionum Marcellinus stand (Zosim. II 42, 2. Vict. epit. 41, 22. Iulian. or. II 57 D. 58 C. 59 B). Ausserdem werden noch als Teilnehmer ein Chrestus genannt (Vict. a. O.) und namentlich Magnentius, der mit dem Comestitel die Legionen der Ioviani und Herculiani commandierte (Zosim. a. O. Zonar. XIII 6 p. 13 B). Während C. als eifriger Jäger (Liban. or. III 324) in den benachbarten Wäldern umherstreifte, benützte Marcellinus seine Abwesenheit, um am 18. Januar 350 (Mommsen Chron. min. I 237; vgl. Iulian. or. I 26 B) in Augustodunum die Spitzen des Heeres scheinbar zu einem Familienfeste bei sich zu versammeln. Als das Zechen schon bis in die Nacht hinein gedauert hatte und alles vom Wein erhitzt war (Iulian. or. II 56 C), erschien Magnentius, der sich unter einem Vorwande entfernt hatte, plötzlich in kaiserlichem Schmucke und liess sich zum Augustus ausrufen. Sobald die Soldaten in der Stadt davon erfuhren, schlossen sie sich dem Aufstande an (Zosim. II 41, 3–5. Vict. epit. 41, 22. Zonar. XIII 6. Hieron. chron. 2366). Auf diese Nachricht floh C. nach der spanischen Grenze, zuletzt nur noch von dem Franken Laniogaisus begleitet (Ammian. XV 5, 16). Bei dem Castell [952] Helena erreichte ihn Gaiso, den Magnentius ihm mit einer auserlesenen Schar nachgeschickt hatte, und tötete ihn (Zosim. II 42, 5. Vict. epit. 41, 23. Zonar. XIII 6 p. 14 B. Eutrop. X 9, 4. Iulian. or. I 26 C. II 55 D. Vict. Caes. 41, 23. Mommsen Chron. min. I 237. Socr. II 25, 7. Sozom. IV 1). Andere Versionen über seinen Tod bei Zonar. XIII 6 p. 13 D. Joh. Chrysost. in epist. ad Philipp. IV 15, 5 = Migne G. 62, 295.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Corpus Inscriptionum Latinarum II, 6209