Agrippinenses, Bewohner der am linken Ufer des Rheins gelegenen, anfangs oppidum Ubiorum (Tac. ann. I 36, s. Ubii) oder auch Ara Ubiorum (Tac. ann. I 39. 57) genannten Hauptstadt von Germania inferior im Lande der Ubier. Dort war Agrippina, die Gemahlin des Kaisers Claudius, geboren und, quo vim suam sociis quoque nationibus ostentaret (Tac. ann. XII 27), setzte sie es durch (im J. 50), dass Veteranen und eine Colonie dorthin geführt wurden (in oppidum Ubiorum, in quo genita erat, veteranos coloniamque deduci impetrat, cui nomen inditum e vocabulo ipsius). Seit dieser Zeit hiess die Stadt colonia Claudia Augusta Agrippinensium (CIL IX 1584. abgekürzt C. C. A. A. z. B. auf einem Fabrikstempel Rhein. Jahrb. LXXIX 178 und auf Münzen; vgl. H. Düntzer Verzeichniss der röm. Alterthümer des Museums in Köln, 3. Aufl., 119ff.), oder kürzer colonia Agrippinensis oder Agrippinensium (Plin. n. h. IV 106. Tac. hist. I 56. 57. IV 20. 25. 55. 56. 63. Suet. Vitell. 10. CIL X 3896. Brambach CIRh 239. 549. 1931 u. ö.), und die Bewohner nannten sich mit besonderem Stolze Agrippinenses (Tac. Germ. 28; hist. IV 28; auf Inschriften nicht selten, z. B. CIL II 484. XII 674. 2397). Die Stadt wird noch oft von Schriftstellern und auf Inschriften erwähnt unter verschiedenen Namen: Agrippinensis (Ἀγρππινηνσίς) bei Ptol. II 9, 8, Colonia Agrippina (Itin. Anton. 254. 370. 375. 376), Agrippina civitas (Itin. Anton. 373), Agrippina (Itin. Anton. 372. Tab. Peut. Eutrop. VIII 2. IX 9. 17. Amm. Marc. XV 5. 11), blos Colonia (Itin. Anton. 377. 378, vgl. Notit. Gall. VIII 2 in provincia Germania secunda metropolis civitas Agripinensium, dazu in Hss. der Zusatz id est oder hoc est Colonia), woraus franz. Cologne, deutsch Cöln entstanden ist. Auf Inschriften üblich ist die Bezeichnung Claudia Ara, seltener das blosse Ara, vgl. CIL III 4456. 4465. 4475. 4479. VIII 2769. Henzen Annali dell’Inst. 1885, 259 nr. 22 u. a. Ein negotiator domo CL·AGRIP· in Aquileia CIL V 1047; auf Münzen des Postumus COL· CL· AGRIP· (Cohen Méd. imp. V). Vgl. über die verschiedenen Namensformen Desjardins Table de Peutinger 8 col. 3. Ch. Robert Les noms de Cologne (aus Bull. de numism. et archéol. publié par Serrure 1887). Aus den Inschriften scheint mit Sicherheit hervorzugehen, dass die Stadt zur Tribus Claudia gehörte. Ihre Bürger hatten das Ius Italicum, Digest. L 15, 18 (Paulus libro secundo de censibus … in Germania inferiore Agrippinenses iuris Italici sunt). Sie gelangte bald zu grosser Blüthe; unter anderem erfahren wir, dass sie ein Tempel des Mars schmückte (Suet. Vitell. 10). Die Inschriften nennen mehrfach decuriones, z. B. Brambach CIRh 239. 549 (decurioni coloniae Agrippinensis aedilicio du(u)mvirali, curatoricio, sacerdotali, ex comitibus, vom J. 352), ein curator der
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Stadt auf der schon erwähnten Inschrift von Benevent CIL IX 1584. Geschichtliche Daten sind verhältnismässig selten, zum Teil betreffen sie nicht unwichtige Ereignisse. Vitellius wurde in Cöln zum Kaiser erhoben (Tac. hist. I 57); ebenso übernahm Traian in Cöln als Imperator die Regierung (Eutrop. VIII 2); getötet wurden dort die beiden Victorinus (Hist. Aug. trig. tyr. 6. 7; vgl. Eutrop. IX 9); die von Constantin d. Gr. erbaute Rheinbrücke wird erwähnt Incerti paneg. Const. Aug. 13. Der Feldherr Silvanus wurde 355 in Cöln zum Kaiser erhoben und ermordet (Amm. Marc. XV 5); gleich darauf fiel die Stadt in die Hände der Alamannen und wurde zerstört (Amm. Marc. XV 5. 8. 11), von Iulian wiederhergestellt (Amm. Marc. XVI 3). Zur Topographie des alten Cöln sind zahlreiche Beiträge erschienen, besonders in den Rhein. Jahrb. und der Westd. Zeitschr. z. B. Düntzer Köln und seine Römerbrücke. Rhein. Jahrb. LXXXI 7ff.; Westd. Zeitschrift IV 23ff. Hübner Die röm. Rheinbrücke von Köln, Westd. Zeitschr. V 238ff. Schwörbel Zur Topographie und Gesch. von Köln, Rhein. Jahrb. 15ff.; Litteratur verzeichnet Hübner Rhein. Jahrb. LXXX 128. Den Inschriften verdanken wir die Namen einiger Strassen und Örtlichkeiten des alten Cöln: vicus Lucretius CIRh 348 (zu die deae Lucretiae Rhein. Jahrb. XLVII/XLVIII 124), ad Cantunas novas J. Klein Rhein. Jahrb. LXXIX 178ff., ad Forum hordiarium J. Klein ebenda 192. Im allgemeinen vgl. die zusammenfassende Abhandlung v. Veiths Das römische Köln, Bonn 1885, Winckelmannsprogr. Dort sind S. 43ff. die römischen Funde registriert (mit Fundkarte).