Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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kalabr. Hafenstadt, Brindisi
Band III,1 (1897) S. 902906
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Brundisium (spät und schlecht Brundusium, Brendesium Geogr. Rav. IV 31 p. 261; Brindisi Tab. Peut. und Itin. Hieros. 609; Brindice Geogr. Rav. V 12 p. 273; poetisch gekürzt Brenda von Ennius nach Fest. ep. 33; Einwohner Brundisinus; griech. Βρεντέσιον – Βρεντήσιον bei Polyb. XXI 24, 16 Abschreiberfehler – oder Βρενδέσιον, Ptol. III 1, 14. VIII 8, 4; Βρενδήσιον Etym. Gud.; Einwohner Βροντεσῖνοι auf der nur in Abschriften aus dem 16. Jhdt. bekannten Inschrift CIL IX 48 = IGI 674, wo Var. Βρουνδεσῖνοι und Βρενδεσῖνοι; Βρενδεσῖνοι auf der sehr alten Inschrift IGI 672, Βρωντεσίνη Inschr. v. Naxos Dittenberger Hermes XVI, 1881, 163), bedeutende Hafenstadt in Calabrien, jetzt Brindisi. Der Name soll aus dem Messapischen stammen und ,Hirschkopf‘ bedeuten, von der Ähnlichkeit der vielfach verzweigten Hafenbucht mit den Stangen eines Hirschgeweihs (Strab. VI 282: τῇ Μεσσαπίων γλώττῃ Βρεντέσιον ἡ κεφαλὴ τοῦ ἐλάφου καλεῖται. Steph. Byz.: Βρέντιον παρὰ Μεσσαπίοις ἡ τοῦ ἐλάφου κεφαλή, ὡς Σέλευκος ἐν δευτέρῳ γλωσσῶν. Hesych.: βρένδον ἔλαφον, ähnlich Etym. Gud. Schol. Bern. Lucan. II 609: Brundusium oppidum in fine Italiae, quod conplures auctores a forma situs cognominatum tradunt. est enim simillimum cervino capiti, quod sua lingua ,brunda‘ dixerunt). Schwankende Überlieferungen von einer griechischen Colonisation in der Urzeit (Gründer ein Sohn des Herakles, Brentus: Steph. Byz. s. v.; oder Diomedes mit flüchtigen Aitolern: Iustin. XII 1, 7, vgl. Heracl. Pont. r. p. 27; oder flüchtige [903] Kreter unter Anführung des Minos oder Iapyx oder Theseus: Strab. VI 282. Mythogr. Vat. II 125. Schol. Lucan. a. a. O.) lassen erkennen, dass das Griechentum in früher Zeit hier keinen festen Fuss gefasst hat. Als griechische Niederlassung im Brundisiner Gebiet erscheint dagegen Tarent, welches mit B. in vielfache Beziehungen trat (Strab. a. a. O. Iustin. III 4, 12) und den Handel zwischen der östlichen Hälfte Unteritaliens und dem Mutterlande im wesentlichen auf sich zu concentrieren [904] wusste (Polyb. X 1, 8). Der Hafen von B., dessen bereits Herodot (IV 99) gedenkt, blieb Stapelplatz für die einheimischen Völker (Scymn. c. 363: Βρεντέσιον ἐπίνειον τῶν Μεσσαπίων; vgl. Skylax 14). Die Stadt stand unter eigenen Fürsten (Strab. a. a. O.): eine einzige messapische Inschrift ist in B. gefunden, aber eine der längsten und vielleicht die älteste dieses Dialekts (Mommsen Unterital. Dialekte 60). Aus dieser Periode stammt auch (der Bronzecaduceus mit Inschrift (rechtsläufig)

[903] δαμόσιον Θουρίων (linksläufig) δαμόσιον Βρενδεσίνων (IGI 672. Mommsen Herm. III 298). Genaueres über die Stadt erfahren wir erst, seitdem dieselbe, nach Überwindung der Sallentiner 488 d. St. = 266 v. Chr. (Eutrop. II 17. Florus I 15 [20], Zonar. VIII 7 aus Cass. Dio) in die Hände der Römer kam. Eine Colonie latinischen Rechtes wurde 246 (Liv. ep. 19) oder 245 (Vellei. I 14) dorthin geführt: der Gründungstag waren die nonae Sextiles (Cic. pro Sest. 131; ad Att. IV 1, 4). Die Hauptsorge der Römer war, den vortrefflichen Hafen für ihre Seemacht nutzbar zu machen: er erscheint als Stützpunkt der Flottenoperationen schon im illyrischen Kriege von 229 (Polyb. II 11), sodann während des zweiten punischen Krieges gegen die Makedonier (Liv. XXIII 48, 3. XXIV 10, 4. 11, 3) und häufig während des ganzen 2. Jhdts. v. Chr. (Liv. XXXI 14, 1. XXXIV 52, [904] 1. XXXVII 4, 1. XLIV 1, 1. XLV 14, 8). Auch die Embleme der Colonialmünzen (nur Kupfer; Mommsen Röm. Münzwesen 284. 291. 321. 351): Neptun von Victoria gekrönt, oder Heros auf dem Delphin (Typus der Tarentiner) weisen auf die maritime Bedeutung der Stadt hin (Cat. Brit. Mus. Italy 154–157. Garrucci Mon. dell’ Italia II 121. Berliner Münzkatalog III 1, 213). Im hannibalischen Kriege hielt B. treu zu Rom (Liv. XXV 22, 14. XXVII 10, 7), nach dem Bundesgenossenkriege wurde es Municipium, und die Bürger der Tribus Maecia zugeschrieben (Kubitschek Imp. Rom. tributim discr. 39). Als im J. 83 Sulla vom mithridatischen Kriege zurückkehrte, um sich gegen die Marianer in Italien zu wenden, öffneten ihm die Einwohner Stadt und Hafen, wofür er sie mit Steuerfreiheit begnadigte, die der Stadt noch lange verblieb (Appian. b. c. I [905] 79: ἔδωκεν ἀτέλειαν ἣν καὶ νῦν ἔχουσιν). Sehr häufig genannt wird B. im Kriege zwischen Caesar und Pompeius (Caes. b. c. I 24–28. Cic. ad Att. IX 3. 13. 14. 15. Lucan. II 609–735. Cass. Dio XLI 12. Appian. b. c. II 40), ebenso bei den kriegerischen Operationen des Octavian und Antonius (Appian. b. c. III 11. V 56. 57–60. 93. Cass. Dio XLVIII 27–30. Plut. Anton. 35).

In der Kaiserzeit blieb B. Municipium und behielt seine Wichtigkeit als bedeutendster Handelshafen der Ostküste von Süditalien, sowie für den Personenverkehr nach Griechenland (Strab. VI 282. 283. Plin. n. h. III 101. Ulpian. Dig. XIV 1, 1, 12. Itin. Ant. 317. 323. 497). Vergil starb in B. auf der Rückkehr aus Griechenland 19 v. Chr. (Donat. vita Verg.); Agrippina landete hier mit der Asche des Germanicus (quod naviganti celerrimum fidissimumque appulsu erat, Tac. ann. III 1); auch später wird B. öfter bei Gelegenheit von Kriegszügen und Kaiserreisen genannt (Hist. Aug. M. Aurel. 9, 4. 27, 3; Sever. 15, 2). Eine Station der Kriegsflotte scheint nur unter Augustus und auf kurze Zeit in B. bestanden zu haben (CIL IX 41–43 mit Mommsens Bemerkung). Für das italische Strassennetz hatte B. grosse Bedeutung als Endpunkt der Via Appia, die seit dem 2. Jhdt. v. Chr. über Venusia-Tarentum nach B. führte (Itin. Ant. 119. Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 31 p. 261, s. Bd. II S. 241); Traian baute 109 v. Chr. (Meilensteine CIL IX 6003. 6004. 6008. 6013. 6015 u. s. w.: viam a Benevento Brundisium pecunia sua fecit; dem Kaiser wurde von den decuriones et municipes Brundisini im folgenden Jahre eine Statue errichtet: CIL IX 37) die nach ihm benannte directere Strasse von Benevent über Canusium und Gnathia nach B. (Itin. Ant. 118. 315; Hieros. 609. Tab. Peut. Geogr. Rav. IV 31 p. 261. V 1 p. 329 P.). Das Stadtgebiet von B. war ausgedehnt und fruchtbar, berühmt der Honig und die Wolle, welche dort produciert wurden (Strab. VI 282). Das Meer lieferte treffliche Fische (sargus, Enn. hedyph. 4 bei Appul. de mag. 39) und Austern (Plin. IX 169. XXXII 61). Nach Plin. XXXIII 130. XXXIV 160 wurden in B. Spiegel aus Kupfer und Zinn fabriciert. In später Zeit sank die Bedeutung von B. und statt dessen blühte Hydruntum (Otranto) auf; Prokop (b. Goth. III 18 p. 350. 27 p. 392) nennt die Stadt unbefestigt.

Das moderne Brindisi hat nur unbedeutende antike Reste: gegenüber der Einfahrt zum inneren Hafen eine hohe Cipollinsäule, nebst Basis einer zweiten, welche möglicherweise ein Leuchtfeuer trugen (ein grosser Leuchtturm befand sich auf der vor dem äusseren Hafen liegenden Insel Barra oder Pharos, s. o. S. 26); ferner Reste von Thermen und Wasserleitung. Die Nekropolen im Westen der Stadt liefern sehr zahlreiche Grabschriften, fast nur von Sclaven, Freigelassenen und geringen Leuten, wie in einer Hafenstadt mit grosser Arbeiterbevölkerung natürlich. B. wird erwähnt u. a. noch bei Plinius VI 216. X 141 (Vogelzucht). XVII 166 (Weinbau) u. ö. Mela II 66. Lib. colon. II p. 262 Lachm.; zweifelhaft die Unterschrift einer Constitution des Diocletian und seiner Mitregenten, Cod. Iust. V 16, 23 (Bartudizi Mommsen). CIL III 3171. VI 2375 a 30. 2382 b 31. IX 23. Lateinische Inschriften aus B. [906] CIL IX 32–214. 6096–6150. 6391–6396 c. Eph. epigr. VIII 2–51; griechische bei Kaibel IGI 672–684.

Nachträge und Berichtigungen

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Band S I (1903) S. 258 (EL)
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S. 902, 37 zum Art. Brundisium:

Den Namen leitet Kiepert A. Geogr. 453 vom albanesischen brente = das Innere ab. Neue Ausgrabungen in Brindisi Not. d. scavi 1891, 171 (Aquäduct). 1893, 87. 1899, 241 (Meilenstein der via Traiana); ferner (in jedem Jahrgang der Not.) zahlreiche, aber uninteressante Grabschriften aus der römischen Nekropole. Vgl. im allgemeinen Nissen Ital. Landesk. II 875–880; zur Litteratur Mau Katalog der röm. Institutsbibliothek I 110.

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Brundisium

Kalabr. Hafenstadt. (L) S I. = Brindisi (S III 217).