Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Strom in Hispania Baetica
Band II,2 (1896) S. 27632764
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Baetis. Der älteste bekannte Name für den grossen Strom des südlichen Spaniens, den die Sage auf dem Silberberg entspringen lässt, weil das Land Tartessos (s. d.) im höchsten Altertum schon das Silber lieferte, ist Tartessos (Tartesus Avien. ora marit. 225. 284, Ταρτησός Stesichoros frg. 5 bei Strab. III 148. Steph. Byz. s. v. Aristot. meteor. I 13 p. 350 b. 2. 14, wo durch eine Verwechselung der Tartessos vom Pyreneberg, der Istros und der ,erste Strom‘, der in den atlantischen Ocean mündende Teil des Nils, vom Silberberg herkommen; mirab. auscult. 135. Paus. VI 19, 3, wo er Ταρτήσσιος genannt wird. Orph. Argonaut. 1248). Er hiess bei den Eingeborenen auch Πέρκης (Steph. Byz. vielleicht aus Hekataios) oder Certis (Liv. XXVIII 22, 1); dann allgemein Baetis (Βαῖτις Steph. Byz. Strab. III 148. 162. Marcian. II 9. Agathem. II 10. Ptol. I 12, 10. 14, 7. II 4, 4. Geogr. Rav. 321, 5. Eustath. zu Dionys. perieg. 337), der heutige Guadalquivir, d. h. der grosse Fluss. Er entspringt in den Gebirgen des südwestlichsten Teils der späteren tarraconensischen Provinz, ungefähr in der Mitte zwischen dem nördlich an einem seiner rechten Nebenflüsse liegenden Castulo (s. d.) und dem südlich davon am Nordabhang des Schneegebirges liegenden Ort Acci (Guadix), die Strabon unter dem Gesamtnamen des Orospeda (s. d.) zusammenfasst; genauer in den Gebirgen südlich von Tugia (Toya), dem saltus Tugiensis (nach Plin. III 9), der Wasserscheide, von der auch der östlich fliessende Tader seinen Ausgang nimmt. Erst nördlich, dann fast durchgehends südwestlich fliessend, betritt er im Gebiet der Oretaner, wenig östlich von Ossigi, die Provinz. Von dort aus zählen die Meilensteine der via Augusta von den Pyrenaeen bis Gades (a Baete et Iano Augusto ad oceanum CIL II 4701. 4703–11, ab Iano Augusto qui est ad Baetem usque ad oceanum 4712–15, ab arcu unde incipit Baetica 4721); der Ianusbogen, der die Grenze der Provinz bezeichnete, stand wahrscheinlich auf der Brücke über dem Fluss. Anfangs unbedeutend, wird er bald durch die Aufnahme zahlreicher Nebenflüsse ein mächtiger Strom, von Corduba, 1200 Stadien von seiner Mündung, und Ilipa an für kleinere, von Hispalis an für grössere Fahrzeuge schiffbar (Strab. III 141f. Plin. a. a. O.); die lintrarii, navicularii und scapharii von Hispalis bilden angesehene Genossenschaften (CIL II 1168. 1169. 1180. 1182). [2764] Seine Länge beträgt nach Marcian (a. a. O.) 3350 Stadien, nach den römischen Angaben (Iul. Honor. 36 B 1. Cosmogr. Aethici 81, 30 Riese) 410 Millien, was der Wirklichkeit ungefähr entspricht. Bis Ilipa ist Ebbe und Flut des Oceans in ihm zu spüren (Strab. III 174). Auf der Strecke zwischen Hispalis und Hasta bildet er zwei grosse Inseln und einen seeartigen Sumpf, die sieben Meilen langen Marismas von Nabrissa, im alten Periplus des Avien (v. 284) der ligustinische See genannt; der Name der Ligurer wird auch sonst mit den ältesten Nachrichten über Iberien verknüpft. In ursprünglich drei Armen, die von der späteren griechischen Sage zu dem dreileibigen Geryoneus gestaltet worden sind, mündet er unweit Gades in den atlantischen Ocean. Sein Delta bildet die Insel Erytheia, auf ihr weideten die Rinder des Geryoneus, nachdem die Sage von ihrem ursprünglichen Ort in den fernen Westen verlegt worden. Die Feststellung der drei Mündungen bietet Schwierigkeiten, da der Text des alten Periplus durch die Zusätze Aviens undeutlich gemacht ist und der Lauf des Flusses sich verändert zu haben scheint; Müllenhoff (D. A. I² 126f.) hält den Guadalete für eine der alten B.-Mündungen. Später hiess das Flussdelta das Aestuarium von Hasta (Ptol. II 4, 4), und man kannte nur zwei Mündungen (Strab. III 148. Mela III 5 u. a.). Von der Bedeutung des die fruchtbare Provinz mitten durchschneidenden Flusses zeugt die grosse Zahl antiker Städte, die einst seine Ufer säumte; unter ihnen Corduba und Hispalis, die beiden Hauptstädte der Provinz. Dass er Silber oder Zinn mit sich geführt habe, ist eine grundlose Fabel, die aus der Sage von seinem Ursprung aus dem Silberberg und der etymologischen Verbindung des Berges Cassius auf der Insel Erytheia mit κασσίτερον entstanden ist. Bei den Geschichtschreibern wird der Fluss häufig erwähnt; nach ihm erhielt der nach der Abtrennung Lusitaniens übrig bleibende Teil der jenseitigen Provinz den Namen Baetica.

Unter der bei Strab. III 141 irrtümlich angeführten Stadt Baetis ist unzweifelhaft Italica, die römische Stadt am B. unweit Hispalis, gemeint (s. d.).