Marien Magdalenen Kloster in Lübeck

Textdaten
Autor: Jacob von Melle
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Titel: Das XXI. Hauptstück von S. Marien Magdalenen Kloster, oder der Burg
Untertitel:
aus: M. Jac. von Melle vormaligen Seniors und Hauptpastors zu S. Marien in Lübeck Gründliche Nachricht von der Kaiserl. freyen und des H. R. Reichs Stadt Lübeck welche den Einheimischen und Fremden aus unverwerflichen Dokumenten mit aufrichtiger Feder ertheilet wird. S. 267–275
Herausgeber: Johann Hermann Schnobel
Auflage: 3. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1787
Verlag: Georg Christian Green
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Erscheinungsort: Lübeck
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Quelle: MDZ München und Commons
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Das XXI. Hauptstück

von S. Marien Magdalenen Kloster,

oder der Burg.

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Die so genannte Burg, welche in alten Dokumenten Vrbs (arx, castellum propugnaculum) heißt, liegt an dem Norderende der Stadt, nahe bey dem Thore, welches nach ihr den Namen führet. Sie ward, ungefehr um das Jahr 1217 von dem dänischen Befehlshaber Albert Grafen von Orlamünde erbauet und dienete den Dänen, so lange sie Lübeck inne hatten, zu einer Festung, das blieb sie aber nur bis in das Jahr 1227, da das entscheidende Treffen [268] bey Bornhövet vorfiel, wozu einige beherzte Bürger, die das Jahr zuvor sich mit List der Burg bemächtiget und die Besatzung herausgeworfen hatten, die Veranlassung gewesen waren (S. das 3. Hauptst.). In dem gemeldeten Jahre verwandelte man diese Festung in ein Kloster, besetzte es mit Mönchen aus dem damals noch nicht lange errichteten Orden der Dominikaner oder Predigermönche und nannte es das Marien-Magdalenen Kloster; doch wohl aus wahrer Achtung und Dankbarkeit gegen diese Heilige, welche an dem, ihrem Andenken gewidmeten siegreichem Tage, mit ihrem Rocke vor der Sonne sich so ausnehmend gefällig gegen die Lübecker erwiesen hatte.

Nunmehr hatte die Stadt ein zweytes Mönchskloster und die Ordensbrüder, zu denen auch Hermann Korner, der Verfasser einer bekannten lateinischen Lübeckischen Chronik gehörete, blieben bis zur Zeit der Reformation im ruhigen Besitz desselben. Diese ließen beym Ausgange des vierzehnten Jahrhunderts gassenwärts, nach der Burgstraße zu, ein Brauhaus bauen, an dessen Mauer noch itzt viele Löwenbilder und Drachenköpfe, auch eine Menge höhnischer oder lachender Angesichter von gebackenen Steinen zu sehen sind. Wie es heißt, wollten hiermit die heiligen Väter der gegenüber wohnenden Bürger spotten, welche den Bau zu hintertreiben gesucht hatten.

Als Doctor Johann Bugenhagen 1531 auf des Raths und der Bürgerschaft Geheiß die Lübeckische Kirchenordnung abfaßte, ward unter andern auch dieses festgesetzt: [269] daß die Hälfte des Klosters zur Burg für die mit ansteckenden Krankheiten behaftete Armen, die andere Hälfte für Hausarme, die keine Wohnung hätten, bestimmt seyn sollte. Dieses findet sich itzund nicht. Es wohnen nur noch eine kleine Anzahl von Männern und Frauen darinn, welche unter der Aufsicht vier bürgerlicher Vorsteher, ihren Aufenthalt, freye Kost und andere Verpflegung haben und nunmehr, nach einer aus bewegenden Ursachen gefaßten Absicht, aussterben sollen.

Die auf einer Anhöhe liegende ziemlich hohe Kirche hat eine mit Glocken versehene Thurmspitze und enthält unter allen Kirchen die meisten übrig gebliebenen Denkmäler des vormaligen Römischkatholischen Gottesdienstes. Wenn man von der kleinen Burgstraße in dieselbe hineinkömmt, so findet man an der westlichen Seite eine kleine Kapelle, die vordem dazu bestimmet war, alle Sonnabend die Präbenden der heiligen Leichnammsbrüderschaft darinn auszutheilen. In der Höhe erblickt man ein Crucifix und neben demselben die Orgel, welche der Rathsverwandte Adde Severin 1713, da er noch als Bürger dieser Kirche vorstand, dahin schenkte. Auf derselben Seite folgen drey kleine Kapellen, in deren letztere eine Altartafel mit des Ritters S. Jürgen Bilde zu sehen ist, deren Besitzer die reitenden Diener sind, welche sie 1706 erneuern ließen. Zur Rechten dieser Kapelle steht ein Denkgemälde, das 1650, zum Gedächtniß eines Schneiders errichtet ward, der mit seiner Ehefrau einen Armleuchter dahin geschenkt hat.

[270] Weiter, neben dem Chore hin, hangen an der Mauer zwo Tafeln, die eine zum Gedächtniß eines Ehepaares Christoph Edelmanns und Catharina Plochhöfts, das ein gewisses Capital hergab und die Verfügung traf, daß alle Vierteljahr nach gehaltener Communion, ein Candidat predigen sollte; wozu in dem Jahre 1706 der Anfang gemacht ward; die andere zum Andenken Anna Christina Boeken, die 1746 zum Gebäude der Kirche 1000 Mark verehret hatte.

An der linken Seite sind vier Begräbnißkapellen; die erste ist des sel. Superintendenten Doct. Johann Gottlob Carpzovs Ruhestäte, dessen Bildniß über dem Portale aufgestellet ist. Die zweyte ist den Erben des Thumpropsts und Syndici, Doct. Johann Scheven zuständig. Die dritte kaufte 1707 der selige Senior und Pastor an Marien M. Jacob von Melle für sich und die Seinigen. Und die vierte bestimmte der ehemalige Pastor an S. Jakob Christoph Rhon 1723 zu seiner Ruhekammer.

Unweit der Thüre, die nach der großen Burgstraße führet, zeiget sich die Stundenuhr. An der Süderseite neben dem Chor, liegt die von Hieronymo Küsel 1752 neuerbauete Begräbnißkapelle. Etwas weiter hin, dieser Kapelle gegen über, steht ein von Hinrich Eckhof dahin geschenktes Gemälde von seltsamer Erfindung, da Christus vor Pontio Pilato erscheinet und von demselben, nach vorhergegangenen sonderbaren über ihn gefällten Urtheilen, ein im Römischen Gerichtsstyl abgefaßtes Endurtheil bekömmt.

[271] Zur Rechten der Thür, die nach dem Kirchhofe führet, auf welchem arme Leute, sonderlich aus den Schifferwohnungen begraben werden, hängt Johann Wilgens Tafel von 1597 und zur Linken befindet sich der Brauerknechte Stuhl, über welchen eine zum Andenken des heiligen Lorenz in Holz geschnitzte stark vergoldete Altartafel, woran die Hasenhartische Kapelle stößt.

In dem innern Chor befindet sich der hohe Altar, den der Ritter Henning Pauel von Weissenow, auf Victorsdorf und Neuenhof, des hiesigen Rathsverwandten und Ritters Georgs Sohn dahin verehret hat, an welchem man sein und seiner beyden Söhne und Töchter, die alle drey vor dem Vater im unverheyratheten Stande gestorben sind, mit Farben gemalte Bildnisse angebracht hat.

Zur Rechten des Altars findet man des Predigers dieser Kirche M. Erasmi Möllenhoffs Bildniß in Lebensgröße; zur Linken ein gleich großes Gemälde von der Auferstehung Christi, das Hans Götjens, ein 1678. 1. Jan. verstorbener Werkmeister zur Burg verfertigte und dahin schenkte, an welchem er sich selbst, unter der Gestalt Johannis des Evangelisten abgebildet hat. An derselben Seite ist der Beichtstuhl und daneben des Conrectors M. Carl Hinrich Langen und seiner Ehefrau zugemauertes Begräbniß. Oben drüber ist des Predigers Joh. Christoph Schwarzens Brustbild, welchem vor einigen Jahren des als Senior und Pastor an S. Aegidien verstorbenen ehemaligen Predigers Hinrich Menne Brustbild und noch [272] ein anderes Gemälde von der Abnehmung Christi vom Kreuze, zur rechten Hand beygefüget ward.

Gegen über, neben der Sacristey, stehen abermal zweene Prediger dieser Kirche abgebildet, als: Christian Möllenhoff und Emanuel Sebastian Harder; jener in Lebensgröße, dieser im Brustbilde.

In dem vordern Chore finden sich rings herum Gestühle und über denselben aus Holz geschnitzte Bilder der Heiligen und Mönche, in ihrer gewöhnlichen Tracht. Ueber dem Eingange ist der Singechor nebst den Schifferstühlen. Von diesem Chore ward vor Alters den Missethätern, bey ihrer Ausführung zum Richtplatz, die geweihte Hostie gezeiget; auch mußten sie daselbst ihre Beichte ablegen.

An dem ersten nördlichen Pfeiler sieht man eine Altartafel mit dem geschnitzten und stark vergoldeten Bilde der büßenden Einsiedlerinn Maria in Aegypten, welche die Schneidergesellen vor vielen Jahren erneuern ließen. Dieser gegen über, an dem ersten südlichen Pfeiler, steht eine ebenfalls geschnitzte und vergoldete Altartafel der heiligen Leichnammsbrüderschaft, welche 1496. auf dem damaligen Altar des heiligen Johannis gesetzt worden ist.

An dem zweyten nördlichen Pfeiler ist die Kanzel befestiget, die im Jahr 1732. sel. Johann Hasen Wittwe, Magdalena Elisabeth Bauerts, dahin geschenkt hat. An dem zweyten südlichen Pfeiler hängt eine stark vergoldete und 1681 erneuerte Tafel von S. Thomas Altar, wobey ehemals die Brauerknechte ihre Brüderschaft hielten.

[273] Mit einer eben so gemachten Altartafel, worauf die Wurzel Jesse, imgleichen die Zusammenkunft Marien mit Elisabeth zu sehen, ist der dritte nördliche Pfeiler gezieret und der gegen über stehende südliche Pfeiler trägt eine 1469 gemalte Altartafel, mit Klingenbergs, Kerkrings und Brekewolds Wapen.

Die alte Altartafel der ehemaligen Brüderschaft S. Antonii, welche 1522 verfertiget worden und mit dem Bilde dieses Heiligen bezeichnet ist, steht itzt am vierten nördlichen Pfeiler, neben welcher Hartwich Schlodtfelds und eine andere Gedächtnißtafel aufgestellet sind. Auch sind einige Bilder der Heiligen an dem vierten südlichen Pfeiler zu finden.

An der Wand, hinter den Stühlen des Amtes der Pferdekäufer, erblicket man ein schönes perspectivisches Gemälde, das der vorhin gedachte Werkmeister Hans Götjens 1658 dahin geschenket hat. Es enthält die Darstellung Christi im Tempel; und ein gewisser Jacob Bremer soll seine Kunst daran bewiesen haben.

In dem mittelsten Gange der Kirche hängen drey messingerne Kronenleuchter, von zwo Reihen, jede mit acht Armen versehen. Den mittelsten schenkte 1685 Joachim Rönnebeck, die andern beyden sind 1706 auf Kosten der Handwerksgesellen des Schusteramts und der Schneider verfertiget und dahin geschenket worden, als welche in den Umgängen bey dieser Kirche ihre Begräbnisse haben.

[274] Alle Sonntage und in der Woche Montags wird Gottesdienst gehalten. Im Sommer geschehen die Predigten von 7–8 und im Winter eine Stunde später. Auch wird in der Fasten des Mittewochs von 12–1 geprediget. Ausserdem muß in dieser Stunde seit 1706, alle Quartale des Sonntags, wenn des Morgens zuvor Communion gehalten worden ist, noch eine Predigt, welche ein hiezu bestellter Candidat ableget, die Andacht der Communicanten unterhalten.

Seit der Reformation haben der Burgkirche als Prediger gedienet:

Tilemann Vathowes, starb 1549.

Lorenz Mörsken, erw. 1550 ward irriger Lehre halber erlassen 1551. 20. Febr.

Moritz Köselitz, erwählt 1551. st. 1574.

Johann Dreyer, erwählet 1575, 21. Apr. ward 1576, nach S. Johannis berufen.

Hinrich Menne, von Steinheim aus Westphalen, dreyjähriger Prediger zu Bornholm, erw. 1576, nach S. Jakob berufen 1577, 9. Sept.

M. Bernhard Schürmann, von Darveld, erw. 1578, im Mart. nach S. Aegidien berufen 1587.

Johann Stricker (Stricerius) gewesener Pastor zu Grube in Holstein, erw. 1587, 5. Jul. st. 1598, 23. Jan.

Christoph Daßdorf, aus Weimar, ehemaliger College der lateinischen Schule zu S. Catharinen, erw. 1598, 1. Jun. st. 1613, 25. Mai.

M. Albert Reimers, ward bey Lebzeiten des vorhergehenden erw. 1610, 5. Oct. nach dem Thum berufen 1617, 12. Jun.

[275] M. Hinrich Flügge, erw. 1617, 26. Jun. starb 1619, 15. Mai.

Hinrich Glambeck (M. Martin, Past. an S. Jakob S.) Prediger zu Travemünde, erw. 1619, 19. Aug. nach dem Thum berufen 1626, 16. Mai.

M. Hermann Weber (Textorius) von Horschwinkel, aus Westphalen, von Travemünde hieher berufen 1626, st. 1644, 17. Decemb.

M. Erasmus Möllenhoff, erw. 1645, 19. Jun. starb 1669, 26. Aug.

M. Thomas Honstede, erw. 1670, 18. Aug. ward Pastor zum Thum 1684, 13. Nov.

Otto Blank, von Schönkerken, aus Holstein, erw. 1685 5. Febr. ward Prediger zu S. Peter 1687, 30. Jun.

Christian Möllenhoff, (des vorhergehenden M. Erasmi Sohn) erw. 1687, 11. Aug. st. 1697, 11. Aug.

Emanuel Sebastian Harder, von Gröbenisse, aus Holstein, erw. 1698, 19. Mai, st. 1714, 4. Nov.

M. Hinrich Scharbau, erw. 1715, 15. Aug. ward Pastor zu S. Aegidien 1733, 9. Jul.

Johann Christoph Schwarz, erw. 1733, 20. Aug. st. 1761, 6. April.

Hermann Harksen, aus Bremen, erw. 1761, 13. Aug. ward Prediger bey der deutschen Gemeine an S. Peter zu Petersburg 1766, erlassen 18. Jul. nahm Abschied 7. Sept. selbigen Jahres, st. 1770.

M. Friderich Gottlieb Wiedeburg, erw. 1766, 16. Oct. ward ebenfalls Prediger bey der deutschen Gemeine an S. Peter zu Petersburg 1767, erlassen 28. Aug. nahm Abschied 6. Sept. starb 1769, 17. Jul.

Johann Hake, von S. Lorenz herein berufen 1767, 1. Oct.