Die Reichssteuergesetze von 1913

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Autor: Karl Theodor von Eheberg
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Titel: Die Reichssteuergesetze von 1913
Untertitel:
aus: Handbuch der Politik Zweiter Band: Die Aufgaben der Politik, Achtes Hauptstück: Die öffentlichen Lasten und Schulden, A. Lasten, 39. Abschnitt, S. 107−118
Herausgeber: Paul Laban, Adolf Wach, Adolf Wagner, Georg Jellinek, Karl Lamprecht, Franz von Liszt, Georg von Schanz, Fritz Berolzheimer
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1914
Verlag: Dr. Walther Rothschild
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Erscheinungsort: Berlin und Leipzig
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39. Abschnitt.


Die Reichssteuergesetze von 1913.
Von
Vom Geheimen Rat Dr. Karl Th. Ritter von Eheberg,
o. Professor der Staatswissenschaften an der Universität Erlangen.


Das Frühjahr 1913 brachte dem deutschen Volke eine gewaltige Überraschung. Unter Hinweis auf die langgestreckten, unter Umständen gegen mehrere Feinde zu schützenden Grenzen und auf die Verschiebung der europäischen Machtverhältnisse infolge der Vorgänge auf dem Balkan forderte die Reichsregierung eine Verstärkung der Truppen und der Kriegsmittel, wie sie niemals bisher gefordert worden war. Rund 117 000 Gefreite und Gemeine, 15 000 Unteroffiziere, 4000 Offiziere, 27 000 Pferde wurden neu verlangt; die Friedenspräsenzstärke sollte von 544 211 auf 661 176 Mann erhöht, also nach dem heutigen Stande der Bevölkerung ausgebaut werden. 63 000 Rekruten sollten jährlich mehr als bisher eingestellt werden; 18 Regimenter sollte die noch fehlenden dritten Bataillone, die 18 Jägerbataillone sollten Radfahrer- und Maschinengewehrkompagnien erhalten; 6 neue Kavallerie-Regimenter, eine Anzahl neuer Eskadrons, 3 neue Artillerieregimenter, Spezialtruppen und anderes mehr war vorgesehen. Dazu kam die Beschaffung von Kriegsmaterial, der Ausbau der Festungen und der Luftflotte, die Errichtung einer neuen Kriegsschule, zweier neuer Unteroffiziervorschulen, Vergrösserung der Kadettenschulen, Erhöhung der Dienstprämien für Unteroffiziere, Vermehrung des Beamtenpersonals, Verbesserung der Verpflegung. Die Forderungen sind mit ganz unwesentlichen Änderungen auch vom Reichstag und zwar mit erheblicher Mehrheit bewilligt worden.

Ausserordentlich wie die Grösse der Wehrvorlage war auch die Summe der zu ihrer finanziellen Deckung erforderlichen Mittel. Die einmaligen Kosten belaufen sich auf 898 Mill. Mk., von denen im ersten Jahre (1913/14) 435, im zweiten 285, im dritten 178 Mill. Mk. erforderlich werden. Dazu kommen noch 15 Mill. Mk. für die Schaffung eines Silberschatzes von 120 Mill. Mk., der wie der Kriegsschatz im Juliusturm für Zwecke der Mobilmachung Verwendung finden soll. An dauernden Mehrausgaben erwachsen im ersten Jahre 54, im zweiten 153, im dritten und in den folgenden Jahren 186 Mill. Mk.

Während die Wehrvorlage selbst im wesentlichen nach den Anträgen der Reichsregierung bewilligt wurde, ergaben sich bezüglich ihrer finanziellen Deckung mancherlei Meinungsverschiedenheiten. [108] Über das Prinzip hatte man sich allerdings bald geeinigt; wie die Reichsregierung so war auch die Mehrheit der Volksvertretung der Meinung, daß nicht nur die dauernde, sondern auch die einmalige Ausgabe durch Steuern zu decken sei, und beide trafen auch zusammen in dem Willen, die Mittel nicht, wie das bisher im Reiche vorwiegend geschehen war, durch Belastung des Verbrauches, sondern durch unmittelbare Besteuerung der Leistungsfähigkeit zu gewinnen. Über die praktische Verwirklichung aber dieses Grundsatzes im Einzelnen gingen die Ansichten erheblich auseinander.

Zur Aufbringung der Mittel für den einmaligen Bedarf sollte nach dem Regierungsentwurf ein einmaliger ausserordentlicher Wehrbeitrag in Form einer Vermögenssteuer erhoben werden. Diese sollte ½ vom Hundert aller Vermögen über 10 000 Mk. betragen; Personen mit mehr als 50 000 Mk. Einkommen sollten ohne Rücksicht auf Vorhandensein und Höhe von Vermögen mindestens 2 v. H. des Einkommens entrichten. Die Steuer sollte in zwei Raten in den Jahren 1914 und 1915 erhoben werden. Ihr Erträgnis wurde auf 990,3 Mill. Mk. geschätzt. Zur Deckung der laufenden Mehrausgaben sollten dienen:

1. Ein Mehr an (bisherigen) Etatseinnahmen von 24 Mill. Mk. für 1913/14, 16 Mill. Mk. für die weiteren Jahre.

2. Neue Stempelabgaben von Gesellschaftsakten und Versicherungsquittungen, die für 1913/14 auf 22, für 1914 und 1915 auf je 44, von da ab auf jährlich 52,5 Mill. Mk. veranschlagt waren.

3. Die sog. Besitzsteuer in Form von veredelten Matrikularbeiträgen, bezw. eine Vermögenszuwachssteuer. Die „veredelten“ Matrikularbeiträge sollten mit 1,25 Mk. vom Kopf der Bevölkerung nach Massgabe der Veranlagung zum Wehrbeitrag auf die Bundesstaaten umgelegt werden und diese verpflichtet sein, ihren Anteil durch Vermögens-, Einkommens- oder Erbschaftssteuern aufzubringen und zu diesem Zwecke derartige Steuern einzuführen oder bestehende zu erhöhen. In denjenigen Staaten, die eine solche Besteuerung nicht bis zum 1. April 1916 in Wirksamkeit setzen würden, sollte das dem Gesetzentwurf als Anhang beigegebene Besitzsteuergesetz in Kraft treten. Dieses Gesetz sollte also nur subsidiäre Geltung haben. Nach ihm sollte der Vermögenszuwachs in zweijährigen Zwischenräumen festgestellt und eine Steuer von 0,5–1,5 v. H. des Zuwachses und bei einem Gesamtwert des Vermögenszuwachses von mehr als 100 000 Mk. ein nach dessen Grösse abgestufter Zuschlag mit 0,1–1 v. H. erhoben werden; ein Zuwachs bis 2000 Mk. einschliesslich sollte steuerfrei bleiben. Die Besitzsteuer sollte 80 Mill. Mk. ertragen.

4. Die Einführung eines beschränkten Erbrechts des Staates, wovon man für 1913/14 5, für die späteren Jahre 15 Mill. Mk. erwartete.

5. Weitere Einnahmen sollten dadurch gewonnen werden, dass der Grundstücksumsatzstempel und die Zuckersteuer, entgegen früheren Beschlüssen, in der bisherigen Höhe bestehen blieben; als Ertrag war für den ersteren für 1914/15 und in den folgenden Jahren 20 Mill. Mk., für die letztere 40 Mill. Mk. jährlich in Ansatz gebracht worden.

Die Deckung der laufenden Ausgaben sollte sich also wie folgt gestalten (in Mill. Mk.)

1913/14 1914/15 1915/16 1916/17 u. folg.
Mehr an Etatseinnahmen 24 16 16 16
Neue Stempelabgaben 22 44 44 52,5
Erbrecht des Staates 5 15 15 15
Umsatzstempel 15 20 20
Besitzsteuer 80
Zuckersteuer 40
_______________________________
51 90 95 223,5

Die ersten drei Jahre sollten also erbringen 51 + 90 + 95 also zusammen 236 Mill. Mk. neuer Einnahmen, während der Bedarf, wie oben bemerkt ist, 54 + 153 + 186= 393 Mill. Mk. betragen hätte, so dass ein Fehlbetrag von 157 Mill. Mk. vorhanden war. Da dieser Fehlbetrag als vorübergehend angesehen wurde, so sollte zu seiner Deckung der Mehrertrag des Wehrbeitrages, nämlich 990,3 gegen 898 = 92,3, dann der Überschuss des Jahres 1911 mit 4,7, und der Überschuss [109] von 1912 mit 75,0 Mill. Mk., zusammen 172,0 Mill. Mk. Verwendung finden. Die den Bedarf von 157 Milk Mk. übersteigenden 15 Mill. sollten zur Bestreitung der vorhin erwähnten Silberankäufe Verwendung finden.

Der Raum verbietet es hier auf die Verhandlungen des näheren einzugehen, die im Reichstag und seiner Kommission über die Regierungsvorlagen gepflogen wurden. Nur deren Ergebnisse sollen kurz aufgezeichnet und die hauptsächlichsten Bestimmungen der Gesetze wiedergegeben werden; das prinzipiell Wichtige wird in einer Würdigung der neuen Steuern, die am Schlusse vorgenommen werden soll, hervorgehoben werden.

Der Gesetzentwurf über den Wehrbeitrag ist im Reichstage in wichtigen Punkten geändert worden. Zwar die steuerfreie Untergrenze ist die gleiche geblieben (10 000 Mk.) und neben dem Vermögen sollte auch das Einkommen getroffen werden; allein die Vermögenssteuer entfällt auch bei Vermögen bis 30 000 bez. 50 000 Mk., falls damit nur ein geringes Einkommen verbunden ist, und die Steuer vom Einkommen trifft nur das unfundierte Einkommen, sofern es 5 000 Mk. übersteigt. Die Steuersätze sind hier wie dort gestaffelt, doch ist die Staffelung beim Vermögen eine andere wie beim Einkommen. Die Entrichtung des Wehrbeitrags ist auf drei Termine verteilt.

Noch erheblicher waren die Änderungen bei der sog. Besitzsteuer. Den „veredelten Matrikularbeiträgen“ konnte der Reichstag keinen Geschmack abgewinnen, vielmehr sprach er sich für eine Reichsbesitzsteuer aus, die von allen Bundesstaaten nach reichsgesetzlichen Vorschriften durchzuführen sei. Auch der Entwurf des subsidiären Besitzsteuergesetzes selbst, der die Grundlage der Beratungen bildete, wurde erheblich verändert. An Stelle des zweijährigen trat ein dreijähriger Veranlagungszeitraum. Vermögensmassen bis 20 000 Mk. einschliesslich, ebenso Zuwachse bis 10 000 Mk. bleiben steuerfrei. Die Steuer ist progressiv gestaffelt; bei der Staffelung ist die Höhe des Vermögens und die Grösse des Zuwachses berücksichtigt.

Das Erbrecht des Staates ist nicht beschlossen worden; dagegen findet eine Mehrbesteuerung von Erbschaften in doppelter Weise statt. Einmal dadurch, dass das Besitzsteuergesetz prinzipiell auch die Erbanteile der Deszendenten erfasst, und zum andern dadurch, dass mehrere Sätze des Reichserbschaftssteuergesetzes erhöht worden sind. Der Anteil des Reichs am Rohertrag dieser Steuer ist von ¾ auf 4/5 erhöht worden.

Der Entwurf eines Gesetzes wegen Änderung des Reichsstempelgesetzes hat mit unwesentlichen Änderungen die Zustimmung des Reichstages gefunden. Darnach werden die Stempelabgaben von Gesellschaftsverträgen und Versicherungsverträgen, die bisher von den meisten Bundesstaaten in verschiedener Höhe erhoben worden sind, auf das Reich übernommen und einheitlich geregelt.

Mit dem Vorschlag der Reichsregierung die Zuckersteuer in der bisherigen Höhe beizubehalten, erklärte sich der Reichstag einverstanden; ebenso mit der Weitererhebung des Zuschlages zum Grundstücksstempel bis Ende des Rechnungsjahres 1916. Dagegen hat der Reichstag unter Zustimmung der Reichsregierung beschlossen, dass der Scheckstempel mit Wirkung vom 1. Januar 1917 ab aufgehoben und der Reichsanteil an der Zuwachssteuer vom 30. Juni 1913 ab nicht mehr erhoben werde.

Die neuen Reichsgesetze sind unterm 3. Juli 1913 erlassen worden.

Die finanzielle Wirkung der ganzen Gesetzgebung ist nun die folgende. Der Wehrbeitrag soll etwa 1000 Mill. Mk. erbringen, wovon etwa 880 Mill. aus der Besteuerung der Vermögen, 40 Mill. aus der Besteuerung der Aktiengesellschaften und 80 Mill. aus Einkommen fliessen sollen. Der Wehrbeitrag würde also etwa 90–100 Mill. Mk. mehr erbringen, als zur Deckung des einmaligen Bedarfs erforderlich ist. Die laufenden Ausgaben sollen in erster Linie durch die Vermögenszuwachssteuer gedeckt werden, die mit 95 Mill. Mk. veranschlagt wird. 50 Mill. sollen die Stempelsteuern erbringen, 10 Mill. die Erhöhung der Sätze der Reichserbschaftssteuer, 16 Mill. das Mehr an laufenden Einnahmen und 40 Mill. sollen aus dem Fortbestand der Zuckersteuer gewonnen werdeu. Das sind zusammen 211 Mill. Mk. Davon gehen aber sofort die bisherigen Erträge der Wertzuwachssteuer ab, die für 1912 mit 18 Mill. Mk. veranschlagt wurden, vom 1. Januar 1917 ab auch, wie erwähnt, der Zuschlag zum Grundstückumsatzstempel und die Schecksteuer, was einem weiteren Ausfall von etwa 23 Mill. Mk gleichkommt.

[110]

II. Bearbeiten

a) Der Wehrbeitrag. – Der Wehrbeitrag ist, wie das Gesetz sagt, „ein einmaliger ausserordentlicher Beitrag“. Steuerobjekt ist das Vermögen und in bestimmten Fällen das Einkommen. Er soll ausschliesslich zur Deckung der Kosten der Verstärkung der Wehrmacht, also für die einmaligen und die anderweitig nicht gedeckten fortdauernden Ausgaben der Jahre 1913 bis 1916 dienen.

Als Vermögen gilt alles bewegliche und unbewegliche Vermögen mit Ausnahme der Möbel, des Hausrates und sonstiger beweglicher Gegenstände, die nicht Kapitalvermögen oder Zubehör eines Grundstücks oder Bestandteile eines Betriebsvermögens sind. Vom Vermögen werden abgezogen die dinglichen und persönlichen Schulden des Pflichtigen und der Kapitalwert der einem Pflichtigen obliegenden Leistungen oder von ihm zu entrichtenden Renten. Nicht abzugsfähig sind die Haushaltungsschulden und solche Schulden und Lasten, die nicht im Zusammenhang mit beitragspflichtigen Vermögensteilen stehen. Die Berechnung des Vermögens erfolgt nach dem Stand am 31. Dezember 1913; bei Betrieben, die regelmässige jährliche Abschlüsse aufstellen, kann auch der Vermögensstand am Schlusse des letzten Wirtschafts- oder Rechnungsjahres zugrunde gelegt werden. Im allgemeinen wird der gemeine (Verkaufs-)Wert als Massstab genommen; jedoch gibt es Ausnahmen. So wird bei Grundstücken und Gebäuden, sofern der Besitzer nicht die Veranlagung nach dem gemeinen Werte vorzieht, der Ertragswert, bei Wertpapieren, die in Deutschland Börsenkurs haben, der Kurswert, bei Aktien ohne Börsenkurs, Kuxen, Anteilen an einer Bergwerksgesellschaft oder einer Gesellschaft m. b. H. der Verkaufswert, unter Umständen ein geschätzter Wert, bei anderen Kapitalforderungen in der Regel der Nennwert zu Grunde gelegt. Besondere Bestimmungen gelten für die Berechnung des Wertes immerwährender, zeitlich beschränkter und der auf Lebenszeit gewährten Renten und Nutzungen. Beitragsfrei sind Vermögen, die 10 000 Mk. nicht übersteigen. Bei einem Einkommen von nicht mehr als 2000 Mk. bleiben 50 000 Mk., bei einem solchen von über 2000–4000 Mk. einschliesslich bleiben 30 000 Mk. Vermögen beitragsfrei.

Als Einkommen gilt das auf Grund der Landeseinkommensteuergesetze festgestellte Einkommen. Als festgestellt wird das niedrigste Einkommen der Steuerstufe angenommen, in welcher der Steuerpflichtige zur Einkommensteuer veranlagt ist. In den Bundesstaaten, die noch keine Einkommensteuer haben, trifft die Landesregierung Bestimmungen über die Ermittlung des Einkommens. Restbeträge bis 1000 Mk. einschliesslich sind abgabefrei; ebenso alle Einkommen bis 5000 Mk. einschliesslich. Wird nachgewiesen, dass sich das Einkommen zwischen der Erhebung des ersten und der folgenden Drittel des Wehrbeitrages um mindestens 40% vermindert hat, so tritt auf Antrag Ermässigung der späteren Beitragsteile ein. Der Beitrag vom Einkommen soll nur das sog. unfundierte Einkommen treffen, da die Renten von Vermögen ja bereits mit der Abgabe von diesem belastet sind. Man musste also einer Bestimmung treffen, nach welchen Normen das unfundierte von dem Gesamteinkommen abzusondern sei. Um eine besondere Veranlagung des unfundierten Einkommens, die manche Schwierigkeiten bot, zu vermeiden, griff man zu dem Ausweg, bei Personen, die zugleich Vermögen und Einkommen haben, einen Betrag in Abzug zu bringen, der einer 5 prozentigen Verzinsung des abgabepflichtigen Vermögens entspricht, und den Rest als unfundiertes Einkommen anzunehmen.

Beitragspflichtig sind:

1. Mit ihrem gesamten inländischen Vermögen die Angehörigen des deutschen Reichs; ferner Ausländer, die, ohne eine fremde Staatsangehörigkeit zu besitzen, in einem deutschen Bundesstaat einen Wohnsitz oder ihren dauernden Aufenthalt haben, sowie solche Ausländer, die sich im Deutschen Reich dauernd des Erwerbes wegen aufhalten.

2. Mit ihrem inländischen Grund- und Betriebsvermögen alle natürlichen Personen ohne Rücksicht auf Staatsangehörigkeit, Wohnsitz oder Aufenthalt.

Diese beiden Kategorien sind auch bezüglich des Einkommens beitragspflichtig.

3. Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien, wenn sie im Inlande ihren Sitz haben, mit den in der letzten Jahresbilanz aufgeführten Reservekontenbeträgen und etwaigen Gewinnvorträgen, jedoch ohne Anrechnung der Fonds für Wohlfahrtszwecke. Gesellschaften, [111] die im Inlande keinen Sitz haben, sind mit ihrem inländischen Grund- und Betriebsvermögen beitragspflichtig. Beitragsfrei sind Gesellschaften mit geringen Gewinnen und unter gewissen Bedingungen solche inländische, die ausschliesslich gemeinnützigen Zwecken dienen.

Für die Veranlagung des Wehrbeitrags wird das Vermögen der Ehegatten zusammengerechnet, sofern sie nicht dauernd von einander getrennt leben. Bei Vermögen, das im Nutzgenuss steht, hat in der Regel der Eigentümer, bei Lehen, Fideikommissen und Stammgütern der Inhaber den Beitrag zu entrichten.

Steuerermässigungen treten in zwei Fällen ein: einmal um 5 v. H. bei Beitragspflichtigen, deren Vermögen 100 000 Mk. oder deren Einkommen 10 000 Mk. nicht übersteigt, für das dritte und jedes folgende minderjährige Kind; sodann um 10 v. H. für den dritten und jeden weiteren Sohn, der seine Dienstpflicht im Heer oder Flotte abgeleistet hat oder in den Jahren 1914–16 ableistet, sofern das Vermögen des Beitragspflichtigen nicht mehr als 200 000, oder sein Einkommen nicht mehr als 20 000 Mk. beträgt.

Die Steuersätze sind gestaffelt und steigen beim Vermögen von 0,15–1,5, beim Einkommen von 1–8 v. H. Ein bemerkenswerter Unterschied besteht zwischen der Besteuerung der Vermögen und der Einkommen insofern, als beim letzteren der betreffende Steuersatz vom ganzen Einkommen erhoben wird, während beim Vermögen sich der Steuerbetrag aus verschieden hohen Steuersätzen zusammensetzt. Die Abgabe vom Einkommen beträgt bei Einkommen bis 10 000 Mk. 1 v. H., erreicht bei 30–35 000 2, bei 40–50 000 3, bei 60–70 000 4, bei 80–100 000 5, bei 500 000 8 v. H. Wer also ein Einkommen von 45 000Mk. hat, hat 1350 Mk., wer 90 000 Mk. hat, 4500 Mk., wer 600 000 Mk. hat, 48 000 Mk. zu entrichten. Beim Vermögen stellt sich die Steuer für die ersten 50 000 Mk. auf 0,15, für die nächsten 50 000 auf 0,35, für die nächsten 100 000 auf 0,5,

für die nächsten 300 000 auf 0,7 v. H.
für die nächsten 500 000 auf 0,85 v. H.
für die nächsten 1 000 000 auf 1,1 v. H.
für die nächsten 3 000 000 auf 1,3 v. H.
für die nächsten 5 000 000 auf 1,4 v. H.
für die höheren Beträge auf 1,5 v. H.

Hat jemand z. B. ein Vermögen von 100 000 Mk., so zahlt er für 50 000 Mk. 0,15, für die zweiten 50 000 Mk. 0,35, im ganzen also 0,25 v.H. oder 250 Mk., bei 1 Mill. Mk auf 0,82 v. H. oder 7100 Mk. usw.

Die Veranlagung und Erhebung des Wehrbeitrages erfolgt durch den Bundesstaat, in dem der Pflichtige seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Jeder, der ein Vermögen von mehr als 20 000 Mk. oder bei mehr als 4000 Mk. Einkommen mehr als 10 000 Mk. Vermögen hat, ist verpflichtet, eine Vermögenserklärung abzugeben, in welcher die Vermögensverhältnisse nach dem Stand vom 31. Dezember 1913 klargelegt und die einzelnen Vermögensbestandteile mit Wertangabe aufgeführt werden. Die Veranlagungsbehörde prüft die Angaben und veranlasst gegebenen Falles weitere Erhebungen. Nach erfolgter Veranlagung gibt die Behörde dem Pflichtigen einen Bescheid über die Vermögensfeststellung und das Beitragssoll, den sog. Veranlagungsbescheid; ist das Vermögen, weil zu niedrig, beitragsfrei, so wird ein Feststellungsbescheid erteilt. Die Vermögensfeststellung ist zugleich massgebend für die künftige Veranlagung zur Besitzsteuer. Der Beitrag ist zu einem Drittel fällig mit der Zustellung des Veranlagungsbescheides und binnen 3 Monaten, das zweite Drittel bis zum 15. Februar 1915, das letzte bis dahin 1916 zu entrichten.

Aus den sonstigen Bestimmungen des Gesetzes sind noch bemerkenswert diejenigen über den Generalpardon, die auch in das Steuerwesen der Bundesstaaten und Gemeinden eingreifen. Darnach bleibt derjenige Steuerpflichtige, der bei der Veranlagung zum Wehrbeitrag oder in der Zwischenzeit seit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes bei der Veranlagung zu einer direkten Staats- oder Gemeindesteuer Vermögen oder Einkommen angibt, das bisher der Besteuerung entzogen war, von Strafe und Steuernachholung frei.

b) Die Besitzsteuer. – Die Steuer trägt ihren Namen nicht ganz mit Recht; denn nicht der Vermögensbesitz wird, wie beim Wehrbeitrag besteuert, sondern der Zuwachs, den der reine Wert des steuerbaren Vermögens in einem bestimmten Zeitraum, nämlich zwischen dem Anfang und dem Ende des jeweiligen Veranlagungszeitraums, erfährt.

[112] Der Begriff Vermögen ist der gleiche wie im Wehrbeitragsgesetz. Vermögen, die den Gesamtwert von 20 000 Mk. nicht übersteigen, sind steuerfrei; bei Vermögen über 20 000, aber nicht über 30 000 Mk. ist der Zuwachs nur insofern steuerpflichtig, als dadurch die steuerfreie Grenze überschritten wird. Erbt z. B. ein Mittelloser 25 000 Mk., so hat er nur von 5000 Mk. die Steuer zu entrichten. Beträgt der Zuwachs nicht mehr als 10 000 Mk., so entfällt die Steuer. Von dem steuerpflichtigen Zuwachs darf der Betrag in Abzug gebracht werden, um den die abzugsfähigen Schulden und Lasten am Beginn des Veranlagungszeitraumes das aktive Vermögen überschritten haben. Hat z. B. der Gesamtwert des Aktivvermögens zu Beginn der Periode 50 000 Mk., die Summe der abzugsfähigen Schulden 60 000 Mk. betragen, während am Ende der Periode das Gesamtvermögen sich auf 90 000 Mark beläuft, so wird nicht der Unterschied von 50 000 zu 90 000 also 40 000 Mk. der Steuer unterstellt, sondern der Zuwachs von 40 000–10 000 = 30 000, da die Schulden am Anfang der Periode das Gesamtvermögen um 10 000 Mk. überstiegen haben.

Die Feststellung des Zuwachses erfolgt erstmals am 1. April 1917 für den in der Zeit vom 1. Januar 1914 bis 31. Dezember 1916 entstandenen Zuwachs, späterhin in Zeitabständen von 3 zu 3 Jahren für die in den vorangegangenen 3 Kalenderjahren erfolgte Vermögensmehrung. Als Wert des steuerbaren Vermögens am 1. Januar 1914 gilt das nach dem Wehrbeitragsgesetz festgestellte Vermögen. Um Härten zu vermeiden, ist für die Berechnung des Zuwachses nicht immer der Vermögensstand am Anfang des jeweiligen Veranlagungszeitraumes sondern unter Umständen auch ein früherer Zeitpunkt massgebend, falls damals der Vermögensstand grösser war als zur Zeit der letzten Veranlagung. Gesetzt die Veranlagung ergebe

am 31. Dez. 1913 ein steuerpflichtiges Vermögen von 100 000 Mk.
am 31. Dez. 1916 ein steuerpflichtiges Vermögen von 150 000 Mk.
am 31. Dez. 1919 ein steuerpflichtiges Vermögen von 090 000 Mk.
am 31. Dez. 1922 ein steuerpflichtiges Vermögen von 130 000 Mk.
am 31. Dez. 1925 ein steuerpflichtiges Vermögen von 180 000 Mk.

dann liegt Ende 1916 ein steuerpflichtiger Zuwachs von 50 000 Mk vor; 1919 liegt ein Verlust vor; 1922 ist zwar wieder ein Zuwachs gegen 1919 gegeben, aber immer noch ein Ausfall gegen 1916, eine Steuer wird also nicht erhoben. Erst Ende 1925 bezw. Anfang 1926 tritt wieder Steuerpflichtigkeit ein und zwar für den Zuwachs von 30 000 Mk. zwischen 31. Dezember 1916 und dem gleichen Datum 1925. Andererseits kann die Steuerpflichtigkeit auch durch Zusammenrechnung der Zuwachse von zwei oder mehr Veranlagungsperioden entstehen, von denen jeder einzelne für sich steuerfrei wäre, die aber zusammen die steuerfreie Grenze übersteigen. Beträgt z. B. das Vermögen am 31. Dezember 1913 22 000 , am 31. Dezember 1916 25 000, am 31. Dezember 1919 33 000 Mark, so sind die einzelnen Zuwachse von 3000 und 8000 Mk. steuerfrei; verglichen mit 1913 ergibt sich aber insgesamt ein Zuwachs von 11 000 Mk., der zu versteuern ist.

Die Ermittelung des Vermögenswerts geschieht in der Regel wie beim Wehrbeitrag nach dem gemeinen (Verkaufs-) Wert der einzelnen Bestandteile. Für die Wertfestsetzung der Wertpapiere, Aktien usw. sowie von Renten gelten die oben erwähnten Bestimmungen des Wehrbeitragsgesetzes. Für Betriebe, in denen regelmässige jährliche Abschlüsse stattfinden, kann der Vermögensfeststellung der Stand am Schlusse des letzten Wirtschafts- oder Rechnungsjahres zu Grunde gelegt werden. Bei Grundstücken kann auf Antrag der Pflichtigen an Stelle des gemeinen Wertes der Betrag der Gestehungs- und der sonstigen Anschaffungskosten und besonderen Aufwendungen während der Besitzzeit treten, soweit sie in den Bauten und Verbesserungen noch vorhanden sind und nicht zu den laufenden Wirtschaftsausgaben gehören. Beim Erwerb von Todeswegen und im Wege der Erbteilung, beim Erwerb von Eltern und Voreltern, sowie bei Schenkung von Grundstücken und Gebäuden ist der Ertragswert massgebend, sofern nicht der Pflichtige die Veranlagung nach dem gemeinen Wert verlangt. Bei Erwerben vor dem 1. Januar 1914 gilt der bei Veranlagung des Wehrbeitrages festgestellte Wert des Grundstücks als Betrag der bis dahin entstandenen Gestehungskosten.

Was die Steuersubjekte betrifft, so sind steuerpflichtig nur physische Personen und zwar die Angehörigen des Deutschen Reichs und die diesen im Wehrbeitragsgesetz gleichgestellten Ausländer [113] mit dem Zuwachs an dem gesamten steuerbaren Vermögen, ferner alle natürlichen Personen ohne Rücksicht auf Staatsangehörigkeit, Wohnsitz und Aufenthalt mit dem Zuwachs an inländischem Grund- und Betriebsvermögen. Steuerpflichtig sind also auch die Abkömmlinge, sofern es sich um einen steuerbaren Zuwachs handelt. Das Vermögen der Ehegatten wird auch hier für die Veranlagung zusammengerechnet, sofern sie nicht dauernd getrennt von einander leben. Ist ein Ehegatte innerhalb des Veranlagungszeitraumes gestorben, so ist der aus dem Erbfall für den anderen Ehegatten sich ergebende Zuwachs insoweit steuerfrei, als das ererbte Vermögen in der Hand des verstorbenen Eheteils von der Steuer in Zukunft befreit gewesen wäre. Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn das ererbte Vermögen bereits vor dem ersten für die Steuerpflicht des Erblasses in Betracht kommenden Zeitpunkt, zunächst also vor dem 1. Januar 1914 vorhanden war, oder wenn von dem Vermögen vor oder nach der Verheiratung bereits der Wehrbeitrag oder die Besitzsteuer entrichtet worden ist. Der überlebende Ehegatte hat also nur dann vom nächsten Veranlagungstermine ab eine Besitzsteuer zu entrichten, wenn er durch die Erbschaft ein bis dahin noch nicht versteuertes Vermögen erhält.

Der Steuersatz beträgt 0,75 bis 1,50 v. H. je nach Grösse des Zuwachses. Z. B. 0,75 v. H. bei einem Zuwachs bis zu 50 000 Mk., 0,90 bei mehr als 50 000–100 000 Mk., 1,05 bei 100 000 bis 300 000 Mk., 1,50 bei mehr als 1 Million. Der Steuersatz erhöht sich aber noch je nach der Grösse des bereits vorhandenen steuerbaren Vermögens, z. B. um 0,1% des Zuwachses bei einem Vermögen von 100 000 Mk., um 0,2% bei einem solchen von 200 000 Mk., um 0,6% bei 750 000, 0,7 bei 1 Million, 0,9 bei 5, und 1 % des Zuwachses bei 10 Millionen. Die Progression ist also eine doppelte; sie bewegt sich zwischen 0,75 und 2,5 v. H. Beträgt der Zuwachs z. B. 80 000 Mk. und hat derjenige, dem das Vermögen zugefallen ist, bisher kein steuerbares Vermögen gehabt, so beträgt der Steuersatz 0,90 v. H., die Steuer also 720 Mk.; hat er aber schon ein Vermögen von 1 Million Mk. gehabt, so werden noch weitere 0,7 v. H. = 560 Mk. vom Zuwachs erhoben, so dass die Steuer sich auf 1280 Mk. beläuft.

Steuerermässigungen treten in den folgenden zwei Fällen ein:

1. Wenn ein Steuerpflichtiger, dessen Vermögen 100 000 Mk. nicht übersteigt, 3 oder mehr Kindern Unterhalt zu gewähren hat, so ermässigt sich die Steuer für das dritte und jedes weitere minderjährige Kind um 5 v. H. ihres Betrags.

2. Bei Vermögenszuwachs aus Erbschaft bis zu 50 000 Mk. einschliesslich ermässigt sich die Abgabe, wenn der Erbe ein Abkömmling des Erblassers ist und zur Zeit des Erbfalles das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, für jedes bis zur Vollendung des 21. Jahres fehlende volle Jahr um 5 v. H.; jedoch darf die Gesamtermässigung 50 v. H. der Abgabe nicht überschreiten.

Bezüglich der Veranlagung der Besitzsteuer gelten im wesentlichen die gleichen Bestimmungen wie beim Wehrbeitrag, namentlich auch die, dass sie wie auch die Erhebung durch die Steuerorgane der Bundesstaaten durchgeführt wird. Zur Abgabe einer Besitzsteuererklärung sind alle Personen mit einem steuerbaren Vermögen von 20 000 Mk. und mehr verpflichtet, wenn sie früher weder zum Wehrbeitrag noch zur Besitzsteuer veranlagt waren, sowie alle Personen, deren Vermögen sich seit einer solchen Veranlagung um mehr als 10 000 Mk. vermehrt hat. Neben anderen Sicherungsmassregeln, die eine richtige Steuererklärung verbürgen sollen, steht der Steuerbehörde auch das Recht zu, innerhalb 6 Monaten nach dem Tode eines Steuerpflichtigen von den Erben, bezw. von den Testamentsvollstreckern oder Nachlasspflegern ein Verzeichnis, über das hinterlassene Kapital- und Betriebsvermögen zu verlangen. Wenn sich aus den Vergleichungen der letzten und der früheren Steuererklärung ein steuerpflichtiger Zuwachs ergibt, so erteilt die Behörde dem Pflichtigen einen Bescheid über sein Steuersoll und die Vermögensfeststellung, den sog. Veranlagungsbescheid. Ergibt sich kein oder nur ein steuerfreier Zuwachs, so ist dem Pflichtigen, dessen Vermögen 20 000 Mk. übersteigt, ein Bescheid über den für eine künftige Veranlagung massgebenden Vermögensstand zu erteilen, der sog. Feststellungsbescheid.

Die Entrichtung der Steuer verteilt sich auf den dem Veranlagungstermin folgenden, mit dem 1. April beginnenden dreijährigen Zeitraum. Die Jahressteuer ist nach näherer Bestimmung der obersten Landesfinanzbehörde in gleichen Halb- oder Vierteljahrsbeträgen zu bezahlen. Sie [114] kann auch im voraus für den Rest des ganzen Erhebungszeitraums entrichtet, wie andererseits auf 3 Jahre gestundet und die Abtragung in Teilbeträgen gestattet werden.

Die Bundesstaaten erhalten für die erste Veranlagung und Erhebung der Steuer eine Vergütung von 10, später 5% ihrer Roheinnahmen.

c) Erhöhung der Reichserbschaftssteuer. – Das Erbschaftssteuergesetz vom 3. Juni 1906 erfährt im wesentlichen die folgenden Änderungen. Es wird erhöht:

1. die Steuer für Abkömmlinge ersten Grades von Geschwistern von 4 auf 5 v. H.;
2. für Abkömmlinge zweiten Grades von Geschwistern von 6 auf 8 v. H.;
3. für die entfernteren Verwandten von 10 auf 12 v. H.

Von dem Rohertrag, der aus der Erbschaftssteuer aufkommt, erhält das Reich 4/5 (bisher ¾), den Bundesstaaten verbleibt 1/5 ihrer Roheinnahmen.

d) Gesetz wegen Änderung der Reichsstempelabgaben. – Wie bereits erwähnt, beziehen sich die neuen Bestimmungen auf Gesellschaftsverträge und Versicherungsverträge.

Die Steuerbestimmungen über Gesellschaftsverträge treten an Stelle der bisherigen Nummer 1 des Tarifs zum Reichsstempelgesetz vom 15. Juli 1909. Die wichtigsten sind die folgenden.

Beurkundungen von Gesellschaftsverträgen, welche die Errichtung von inländischen Aktiengesellschaften oder Kommanditgesellschaften auf Aktien sowie die Erhöhung des Grundkapitals betreffen, werden mit 4½ v. H. des Grundkapitals oder der Kapitalerhöhung besteuert. Bei der Reichsbank, den deutschen Kolonialgesellschaften und den diesen gleichstehenden deutschen Gesellschaften beträgt der Steuersatz nur 3 v. H. Der gleiche Satz gilt für die Errichtung von Gesellschaften m. b. H. und die bei solchen Gesellschaften erfolgenden Erhöhungen des Stammkapitals oder die Einforderung von Nachschüssen. Der Satz erhöht sich auf 5 v. H., wenn solche Gesellschaft den Erwerb oder die Verwertung von Grundstücken betreiben. Bei Handwerkerbaugesellschaften, sofern diese Grundstücke zwecks Bebauung durch die Gesellschafter oder zur Sicherung ihrer Forderungen erwerben, erniedrigt sich der Satz auf 2,5 v. H. Bei den sämtlichen bisher genannten Gesellschaften wird auch das Einbringen von nicht in Geld bestehendem Vermögen je nach der Natur dieses Vermögens mit 1/20, ⅓ und ⅔ v. H., in einem Falle mit 3 Mk. besteuert. Besteuert wird ferner die Errichtung von offenen Handelsgesellschaften, sonstigen Erwerbsgesellschaften und Genossenschaften, bei letzteren, sofern der Geschäftsbetrieb über den Kreis der Mitglieder hinausgreift, mit 1/10 v.H. des Wertes der Einlagen nach Abzug der Schulden. Gesellschaften des bürgerlichen Rechts mit nur vorübergehenden Zwecken, haben 10 Mk., solche Gesellschaften ohne Erwerbszweck und Genossenschaften, deren Geschäftsbetrieb sich auf die Mitglieder beschränkt, 5 Mk. zu entrichten. Auch die Überlassung von Sachen oder Rechten aus dem Gesellschaftsvermögen an einen Gesellschafter, die Gesellschaft oder Dritte ist je nach Art der Gesellschaft und der abgetretenen Sachen und Rechte mit ⅔, ½, ⅓, 1/20 des Entgeltes, der Gegenleistung oder des Wertes der Forderung oder mit 3 Mk. steuerpflichtig. Von der erstmaligen Feststellung der Nutzung einer Gewerkschaft sind 100–500 Mk. zu entrichten. Befreit sind u. a. Krankenkassen, Baugenossenschaften, Versicherungsgenossenschaften und -anstalten, Unterstützungskassen u. dergl., denen die Versicherungsnehmer auf Grund gesetzlicher Bestimmungen beizutreten verpflichtet sind, und eingetragene Genossenschaften, welche die Gewinnbeteiligung ausgeschlossen haben. Die von der neuen Reichsstempelabgabe getroffenen Rechtsvorgänge und ihre Beurkundung sowie die von den aufgeführten Gesellschaften ausgegebenen Aktien usw. dürfen in den Bundesstaaten nicht weiter besteuert werden. Ausgenommen von dieser Bestimmung sind die Fälle, in denen es sich um die Überlassung von Grundstücken oder Berechtigungen zu Sondereigen oder um die Einbringung von solchen handelt.

Unter Tarifnummer 12 des Reichsstempelgesetzes erscheinen die neuen Vorschriften über die Besteuerung der Versicherungsverträge. Steuerpflichtig sind die Verträge über Feuer-, Einbruchdiebstahl-, Glas-, Transport- und Lebensversicherung. Die Steuer beträgt bei Lebensversicherungsverträgen einschliesslich der Versicherungen auf den Erlebensfall (Invaliditäts-, Alters-, Aussteuer-, Militärdienstversicherung u. dergl.) ½ v. H., bei der Transportversicherung, [115] je nachdem es sich um Kasko- und Baurisikenversicherung oder um sonstige Versicherungen handelt, 0,5 bzw. 1 v. H., bei der Einbruchsdiebstahl- und Glasversicherung 10 v. H. der Barprämie. Bei der Feuerversicherung wird die Steuer nach der Versicherungssumme bemessen und zwar beträgt sie bei beweglichen Gegenständen 15/100 Pro Jahr oder 15/1000 vom Tausend pro Monat also 15 bezw. 1½ Pfg. von 1000 Mk. oder einem Bruchteil, je nachdem die Versicherung auf mindestens 1 Jahr oder auf kürzere Zeit abgeschlossen ist, bei unbeweglichen Gegenständen unter den gleichen Voraussetzungen 1/20 bezw. 1/200 vom Tausend, also 5 Pf. für je 1000 oder 10 000 Mk. Befreit sind Rückversicherungen und solche Versicherungen, welche einzeln oder zusammen den Betrag von 3000 Mk. nicht übersteigen, die Versicherungen reichsgesetzlicher Art mit Einschluss der auf Grund berggesetzlicher Vorschriften errichteten Knappschaftskassen, reine Krankenversicherungen, Versicherungen von Bediensteten und Arbeitern gegen Todesfall oder Körperverletzung im Gewerbebetrieb und überhaupt alle nicht ausdrücklich als steuerpflichtig bezeichneten Versicherungen. Die nötigen Aufschlüsse hat der Versicherer den Behörden zu geben. Steuerpflichtig ist der Versicherungsnehmer; jedoch ist die Steuer vom Versicherer zu entrichten. Die nunmehr durch das Reich besteuerten Akte dürfen von den Bundesstaaten nicht weiter besteuert werden; die Bundesstaaten aber, die bisher aus deren Besteuerung Einnahmen gewonnen haben, erhalten bis 31. März 1915 die Durchschnittseinnahme der letzten 3 Jahre aus den eingebüssten Abgaben vom Reich ersetzt.

III. Bearbeiten

Bei Beurteilung der Reichssteuergesetzgebung vom 3. Juli 1913 wird zunächst die Tatsache Beachtung verdienen, dass der ganze grosse Mehrbedarf, auch der einmalige, auf Steuern übernommen worden ist. Von den fortdauernden Mehrausgaben ist dies ja selbstverständlich, nicht dagegen von den einmaligen. Hier lag es nahe, sie ganz oder zu einem erheblichen Teil durch Schuldaufnahme zu bestreiten und vor zwei Jahrzehnten hätte man diesen Weg auch beschritten. Finanztheoretisch wäre er auch nicht zu beanstanden gewesen. Denn die Sicherung des Reiches durch Verstärkung seiner Kriegsmacht kommt ebensowohl der Zukunft wie der Gegenwart zugute und es wäre kein Fehler gewesen, die Zukunft zur Deckung der einmaligen Ausgaben, mindestens insoweit hierdurch dauernde Werte geschaffen werden, heranzuziehen. Allein der Inanspruchnahme des Kredits, mochte sie auch prinzipiell berechtigt sein, standen schwere Bedenken entgegen. In erster Linie die Grösse der schon vorhandenen Verschuldung des Reiches und die Sorge vor einer weiteren Erhöhung der Zinsenlast für Ausgaben wirtschaftlich unrentabler Natur. Es macht sich eben der Jahrzehnte lang geübte Missbrauch im Anleihewesen und in der Behandlung einmaliger Ausgaben und die verkehrte Überweisungspolitik geltend. Eine gewissenhafte Finanzgebarung und vermehrte Steuereinnahmen zur rechten Zeit hätten der übermässigen Inanspruchnahme des Kredits gesteuert und seine Benutzung in der Gegenwart ermöglicht. Nun büssen die Söhne für die Sünden der Väter. In zweiter Linie liess allerdings der gegenwärtige Stand des Kapitalmarktes mit seinen hohen Zinsraten die Aufnahme einer Schuld von so beträchtlicher Höhe durchaus unrätlich erscheinen.

Es war ein kühner Gedanke, den ganzen einmaligen Bedarf und noch etwas darüber durch eine ausserordentliche Steuer aufzubringen und sein Urheber hat nicht an Ängstlichkeit gelitten. Noch vor einem Jahrzehnt würde man einen solchen Gedanken für utopisch gehalten haben. Es hat auch nicht an erfahrenen Leuten, Theoretikern und Praktikern, gefehlt, die ihm bei seinem Bekanntwerden achselzuckend und kopfschüttelnd gegenüberstanden. Aber vielleicht war es gerade die Einfachheit und Grosszügigkeit des Gedankens, die jede ernsthafte Opposition verstummen liess.

Wird der Finanzpolitiker es freudig begrüssen, dass sich ein Weg gefunden hat, den neuen Mehrbedarf ohne Schuldenmehrung zu decken, so wird der Sozialpolitiker sich nicht minder befriedigt fühlen, über die Art und Weise, wie die Steuerdeckung erfolgt ist. Schon seit längerem, besonders seit der Finanzreform von 1908/9 wurde die Forderung erhoben, neue Lasten nicht mehr auf den Verbrauch, sondern auf den Besitz zu legen. Die „Besitzsteuer“ wurde ein Programmpunkt weiter Kreise der Volksvertretung und der öffentlichen Meinung. Wie diese Steuer beschaffen sein sollte, war unklar; aber das Wort hatte eine suggestive Kraft. Vielleicht weil es so unbestimmt war und sich jeder darunter denken konnte, was er wünschte: der eine die Ausgestaltung der Erbschaftssteuer, [116] der andere die Einführung einer allgemeinen Vermögens- oder einer Vermögenszuwachssteuer und ein dritter etwa eine Erhöhung und Vermehrung der Verkehrssteuern. Aber die unklare Forderung musste, um für die Finanzen verwertbar zu werden, eine klare reale Gestalt, erhalten. Die Entwürfe der Reichsregierung und die Beschlüsse des Reichstages haben ihr diese gegeben. Als jene Forderung nach einer Besitzsteuer auftrat, ahnte man nicht, welch gewaltigen einmaligen und fortdauernden Bedarf schon die nächste Zeit bringen würde. So ist es nicht eine Besitzsteuer, sondern es sind mehrere Steuern auf die wohlhabenden, besitzenden Klassen geworden, mittels deren man dem Bedarf gerecht zu werden bestrebt war. Sie alle aber erfüllen das Ziel, das wohl in jenem unklaren Worte sich aussprach, sie alle liegen auf Vermögen und Erwerb.

Für die finanzwissenschaftliche Beurteilung ist aber der einmalige Wehrbeitrag von der sog. Besitzteuer und den anderen neuen Steuern trennen.

Der Wehrbeitrag ist seinem Wesen nach teils Vermögens-, teils Einkommensteuer, in beiden Fällen mit Progression. Für die volkswirtschaftliche Wirkung der Steuer ist es nun von grosser Bedeutung, ob sie aus den laufenden Einnahmen bestritten werden kann, oder ob das Vermögen selbst angegriffen werden muss.

Von der Steuer vom Einkommen wird man trotz der starken Progression unbedenklich das erstere annehmen dürfen. Sie beträgt beispielsweise bei 8000 Mk. Einkommen 80 Mk. bei 45 000 Mk. Einkommen 1350, bei 450 000 Mk. 31 500. Die Steuerleistung verteilt sich aber auf 3 Jahre, so dass tatsächlich in jedem Jahr nur ein Drittel des Steuerbetrages fällig ist. Die Besteuerung wirkt also so, als ob beim ersten Beispiel etwa 0,34, beim zweiten 1, beim dritten 2⅓ v. H. in jedem der drei Jahre zu entrichten wäre. Das mag dem Betroffenen im Zusammenhalt mit den anderen staatlichen und kommunalen Steuern sehr unbequem sein, aber die Beträge lassen sich aus dem Einkommen bestreiten, ohne dass der Besteuerte in seiner Lebenshaltung beengt wird oder gar das Vermögen angreifen muss.

Nicht ganz so einfach ist die Frage zu beantworten, ob der Wehrbeitrag vom Vermögen eine reelle oder nur eine nominelle Vermögenssteuer sei, d. h. ob zu seiner Begleichung das Vermögen selbst herangezogen werden muss oder ob er aus dessen Ertrag bestritten werden kann. Man wird aber, von besonderen Ausnahmefällen abgesehen, das letztere annehmen dürfen. Die Steuer beträgt, um ein Beispiel zu geben, bei einem Vermögen von 40 000 Mk. – unter der Voraussetzung also, dass daneben kein unfundiertes Einkommen vorhanden ist – 0,15 v. H. also 60 Mk. Nimmt man an, dass das Vermögen eine Jahresrente von 4% gewährt, so wären 60 Mk. Steuern von 1000 Mk. Rente zu geben, also etwa 4% der Rente. Da sich aber die Steuerentrichtung auf drei Jahre verteilt, so beträgt sie, unter der Annahme, dass Vermögen und Rente die gleichen bleiben, jährlich 1⅓ v. H. der Rente. Bei einem Vermögen von 400 000 Mk. wäre die Rente 16 000 Mk., die Steuer 2140 oder jährlich 713,33 Mk. oder 13,5 bezw. 4,4 v. H. Bei dem Nebeneinanderbestehen von beitragspflichtigem Einkommen und Vermögen liegen die Verhältnisse ähnlich. Hat jemand z. B. ein Einkommen von 40 000 und ein Vermögen von 300 000 Mk. angegeben, so werden zunächst von dem Einkommen 5 v. H. des Vermögens also 15 000 Mk. als Ertrag des Vermögens in Abzug gebracht; die restigen 25 000 Mk. gelten als unfundiertes Einkommen. Die Steuer ist also von 300 000 Mk. Vermögen und 25 000 Mk. Einkommen zu entrichten. Die erstere beträgt 1450, die letztere 400 Mk., der ganze Wehrbeitrag also 1850 oder jährlich 617 Mk., die aus dem jährlichen Gesamteinkommen wohl bestritten werden können, ohne dass das Vermögen selbst angegriffen zu werden braucht.

Es soll aber nicht in Abrede gestellt werden, dass Fälle möglich sind, in denen der Wehrbeitrag teilweise aus dem Vermögen selbst entrichtet werden muss; so wenn die Rente eine geringe ist, oder wenn das Vermögen in den 3 Jahren sich verringert. Allerdings sucht das Gesetz solchen unerwünschten Folgen vorzubeugen, indem es bestimmt, dass bei Einkommen von nicht mehr als 2000 Mk. 50 000, bei solchen von 2–4000 Mk. 30 000 Mk. Vermögen steuerfrei bleiben, und durch die andere Vorschrift, dass, wenn sich das Einkommen zwischen der Erhebung des ersten und des zweiten oder letzten Drittels des Wehrbeitrages um mindestens 40 v. H. vermindert hat, dann auf Antrag eine entsprechende Ermässigung der späteren Beitragsteile zu gewähren sei.

[117] Der Wehrbeitrag wird im § 1 des Gesetzes als ein einmaliger ausserordentlicher Beitrag bezeichnet. Er ist wie jede ausserordentliche Steuer eine Zwecksteuer und kann nur aus den Verhältnissen heraus beurteilt werden. Er verdient Anerkennung schon um der Tatsache willen, dass damit der oft verkündete Entschluss von Regierung und Parlament, keine Ausgaben mehr auf Anleihen zu übernehmen, es sei denn für werbende Zwecke, in einem Falle verwirklicht wurde in dem er auf eine harte Probe gestellt war. War die Anleihe ausgeschlossen, so konnte für die Aufbringung eines so gewaltigen Bedarfes, nur die Vermögenssteuer in Frage kommen, die in Deutschland schon seit alten Tagen für die Deckung ausserordentlicher Bedürfnisse Verwendung gefunden hat. Keiner anderen Steuer konnte ein gleiches zugemutet werden, am wenigsten einer Kombination von Steuern, die die alten Gegensätze wieder entfacht hätte. Dass der Wehrbeitrag auch auf das Einkommen ausgedehnt wurde, kann nicht beanstandet werden; denn es wurde damit der Tatsache Rechnung getragen, dass die durch die Wehrvorlage bewirkte Sicherung des Reiches nicht nur den Vermögensbesitzern zu gute kommt. Die Freilassung der Einkommen unter 5000 Mk. kommt dem Verlangen nach Schonung der schwächeren Steuerkräfte genügend entgegen. Mit einer einmaligen Vermögens- und Einkommensteuer für den Reichshaushalt können auch diejenigen sich aussöhnen, die regelmässige Reichssteuern dieser Art für bedenklich halten.

Was dann die Besitzsteuer betrifft, so ist zunächst unbedingt zuzugeben, dass sie den Vorzug verdient vor den veredelten Matrikularbeiträgen, wie die Regierung sie ursprünglich plante. Wir halten Matrikularbeiträge überhaupt für eine wenig empfehlenswerte Art der Bedarfsdeckung sowohl in Ansehung des Reichs wie der Einzelstaaten und geben einer unmittelbaren Reichssteuer den Vorzug vor jenen. Gegen die Art der Besteuerung aber kann man manche Bedenken erheben. Es wird kaum ausbleiben, dass die Besitzsteuer die weitere Ausbildung der einzelstaatlichen Vermögenssteuern erschwert. Bei den auch in den Einzelstaaten stets wachsenden Ausgaben bildete der weitere Ausbau der Vermögenssteuer durch höhere Steuersätze, progressive Abstufung und feinere Fassung des Vermögensbegriffes eine wertvolle Reserve, deren Ausnutzung nun durch den Zugriff des Reiches eine gewisse Schranke gezogen ist. Allerdings haben sich Regierung und Reichstag bemüht, durch die Form der Steuer solche Bedenken abzuschwächen. Die Steuer ist keine reine, das ganze Vermögen erfassende Abgabe, sondern eine in dreijährigen Intervallen veranlagte Steuer vom Vermögenszuwachs. Scheinbar tritt sie nicht in Konkurrenz mit den einzelstaatlichen Vermögenssteuern. Tatsächlich ist dies aber doch der Fall; wenigstens wird sie so empfunden werden. Demi sie ergreift Quoten desselben Vermögens, das auch die Einzelstaaten belasten, und sie ist ihrer Wirkung nach eine alljährlich neben der einzelstaatlichen Steuer zur Erhebung kommende Reichsabgabe. Wir sind der Meinung, dass man den finanziellen Erfolg auch mittels einer allgemeinen Erbschaftssteuer erreicht hätte, die den Vorzug gehabt hätte, die Vermögenssteuer für die Einzelstaaten frei zu lassen. Tatsächlich ergreift die Besitzsteuer prinzipiell ja auch die auf Ankömmlinge und teilweise auch die auf Ehegatten entfallenden Zuwachse und man hat daraus einen Jahresertrag von etwas über 42% der Besitzsteuer errechnet. Hätte man auch noch das letzte Fünftel des Rohertrages den Bundesstaaten abgenommen, das für diese doch keine grosse Bedeutung mehr hatte, so wären weitere 9 Millionen dem Erbschaftssteuerertrag zugewachsen. Was dann noch zu den 95 von der Besitzsteuer erwarteten Millionen fehlte, das konnte durch Erhöhung der Steuersätze und Progressionen und durch eine zweckmässige Gestaltung der Abgaben von Abkömmlingen und Ehegatten aufgebracht werden. Das Deutsche Reich hätte dann aus Erbschaften 150 bis 140 Milk Mk. statt wie bisher rund 43 und mit Anteil der Bundesstaaten rund 54 Mill. gezogen und diese Summe wäre nicht unverhältnismässig, wenn man vergleicht, dass Frankreich zur Zeit 370 Mill. Fr. = 296 Mill. Mk., England 26,8 Mill. Pf. St. oder über 540 Mill. Mk. aus ihnen bezieht. Allein wir wissen, dass es jenseits der Theorie praktisch-politische Verhältnisse gibt, die stärker sind wie jene und mit denen gerechnet werden muss.

Stellt man sich auf den Boden der sog. Besitzsteuer, so muss man anerkennen, dass sie den Vorzug verdient vor den von anderen Seiten empfohlenen Arten von Zuwachssteuern. Sie umfasst den ganzen Vermögenszuwachs, mag er aus Erbschaften, aus rentierendem Vermögen oder aus Erwerb stammen. Sie erfasst dieselbe Vermögensmasse in der Hand des Vermögensinhabers nur einmal und überlässt das Vermögen, das der Zuwachsbesteuerung unterlegen hat, für die weitere [118] Folge der ausschliesslichen staatlichen und kommunalen Besteuerung. Sie darf deshalb vom Standpunkte der einzelstaatlichen Finanzgebarung aus betrachtet als weit erträglicher angesehen werden wie eine reine Vermögenssteuer. Sie entspricht auch im Prinzipe dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und berücksichtigt wenigstens indirekt die Ertragsfähigkeit des Vermögens insofern, als durch die Besteuerung das rascher sich vermehrende Vermögen schärfer erfasst wird als das infolge geringerer Ertragsfahigkeit nur langsam wachsende. Auch die Progression der Steuersätze entspricht den Grundsätzen der Gerechtigkeit ebenso wie die andere Bestimmung, dass die Steuersätze in Verbindung gesetzt sind mit der Grösse des Gesamtvermögens.

Auf Einzelheiten einzugehen muss hier unterlassen werden; auch müssen wir darauf verzichten, die übrigen Steuergesetze, die zudem zu prinzipiellen Erörterungen weniger Anlass bieten, einer Würdigung zu unterziehen.