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kann auch im voraus für den Rest des ganzen Erhebungszeitraums entrichtet, wie andererseits auf 3 Jahre gestundet und die Abtragung in Teilbeträgen gestattet werden.

Die Bundesstaaten erhalten für die erste Veranlagung und Erhebung der Steuer eine Vergütung von 10, später 5% ihrer Roheinnahmen.

c) Erhöhung der Reichserbschaftssteuer. – Das Erbschaftssteuergesetz vom 3. Juni 1906 erfährt im wesentlichen die folgenden Änderungen. Es wird erhöht:

1. die Steuer für Abkömmlinge ersten Grades von Geschwistern von 4 auf 5 v. H.;
2. für Abkömmlinge zweiten Grades von Geschwistern von 6 auf 8 v. H.;
3. für die entfernteren Verwandten von 10 auf 12 v. H.

Von dem Rohertrag, der aus der Erbschaftssteuer aufkommt, erhält das Reich 4/5 (bisher ¾), den Bundesstaaten verbleibt 1/5 ihrer Roheinnahmen.

d) Gesetz wegen Änderung der Reichsstempelabgaben. – Wie bereits erwähnt, beziehen sich die neuen Bestimmungen auf Gesellschaftsverträge und Versicherungsverträge.

Die Steuerbestimmungen über Gesellschaftsverträge treten an Stelle der bisherigen Nummer 1 des Tarifs zum Reichsstempelgesetz vom 15. Juli 1909. Die wichtigsten sind die folgenden.

Beurkundungen von Gesellschaftsverträgen, welche die Errichtung von inländischen Aktiengesellschaften oder Kommanditgesellschaften auf Aktien sowie die Erhöhung des Grundkapitals betreffen, werden mit 4½ v. H. des Grundkapitals oder der Kapitalerhöhung besteuert. Bei der Reichsbank, den deutschen Kolonialgesellschaften und den diesen gleichstehenden deutschen Gesellschaften beträgt der Steuersatz nur 3 v. H. Der gleiche Satz gilt für die Errichtung von Gesellschaften m. b. H. und die bei solchen Gesellschaften erfolgenden Erhöhungen des Stammkapitals oder die Einforderung von Nachschüssen. Der Satz erhöht sich auf 5 v. H., wenn solche Gesellschaft den Erwerb oder die Verwertung von Grundstücken betreiben. Bei Handwerkerbaugesellschaften, sofern diese Grundstücke zwecks Bebauung durch die Gesellschafter oder zur Sicherung ihrer Forderungen erwerben, erniedrigt sich der Satz auf 2,5 v. H. Bei den sämtlichen bisher genannten Gesellschaften wird auch das Einbringen von nicht in Geld bestehendem Vermögen je nach der Natur dieses Vermögens mit 1/20, ⅓ und ⅔ v. H., in einem Falle mit 3 Mk. besteuert. Besteuert wird ferner die Errichtung von offenen Handelsgesellschaften, sonstigen Erwerbsgesellschaften und Genossenschaften, bei letzteren, sofern der Geschäftsbetrieb über den Kreis der Mitglieder hinausgreift, mit 1/10 v.H. des Wertes der Einlagen nach Abzug der Schulden. Gesellschaften des bürgerlichen Rechts mit nur vorübergehenden Zwecken, haben 10 Mk., solche Gesellschaften ohne Erwerbszweck und Genossenschaften, deren Geschäftsbetrieb sich auf die Mitglieder beschränkt, 5 Mk. zu entrichten. Auch die Überlassung von Sachen oder Rechten aus dem Gesellschaftsvermögen an einen Gesellschafter, die Gesellschaft oder Dritte ist je nach Art der Gesellschaft und der abgetretenen Sachen und Rechte mit ⅔, ½, ⅓, 1/20 des Entgeltes, der Gegenleistung oder des Wertes der Forderung oder mit 3 Mk. steuerpflichtig. Von der erstmaligen Feststellung der Nutzung einer Gewerkschaft sind 100–500 Mk. zu entrichten. Befreit sind u. a. Krankenkassen, Baugenossenschaften, Versicherungsgenossenschaften und -anstalten, Unterstützungskassen u. dergl., denen die Versicherungsnehmer auf Grund gesetzlicher Bestimmungen beizutreten verpflichtet sind, und eingetragene Genossenschaften, welche die Gewinnbeteiligung ausgeschlossen haben. Die von der neuen Reichsstempelabgabe getroffenen Rechtsvorgänge und ihre Beurkundung sowie die von den aufgeführten Gesellschaften ausgegebenen Aktien usw. dürfen in den Bundesstaaten nicht weiter besteuert werden. Ausgenommen von dieser Bestimmung sind die Fälle, in denen es sich um die Überlassung von Grundstücken oder Berechtigungen zu Sondereigen oder um die Einbringung von solchen handelt.

Unter Tarifnummer 12 des Reichsstempelgesetzes erscheinen die neuen Vorschriften über die Besteuerung der Versicherungsverträge. Steuerpflichtig sind die Verträge über Feuer-, Einbruchdiebstahl-, Glas-, Transport- und Lebensversicherung. Die Steuer beträgt bei Lebensversicherungsverträgen einschliesslich der Versicherungen auf den Erlebensfall (Invaliditäts-, Alters-, Aussteuer-, Militärdienstversicherung u. dergl.) ½ v. H., bei der Transportversicherung,

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Handbuch der Politik – Band 2. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_2.pdf/130&oldid=- (Version vom 12.9.2021)