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Diverse: Handbuch der Politik – Band 2


II.

a) Der Wehrbeitrag. – Der Wehrbeitrag ist, wie das Gesetz sagt, „ein einmaliger ausserordentlicher Beitrag“. Steuerobjekt ist das Vermögen und in bestimmten Fällen das Einkommen. Er soll ausschliesslich zur Deckung der Kosten der Verstärkung der Wehrmacht, also für die einmaligen und die anderweitig nicht gedeckten fortdauernden Ausgaben der Jahre 1913 bis 1916 dienen.

Als Vermögen gilt alles bewegliche und unbewegliche Vermögen mit Ausnahme der Möbel, des Hausrates und sonstiger beweglicher Gegenstände, die nicht Kapitalvermögen oder Zubehör eines Grundstücks oder Bestandteile eines Betriebsvermögens sind. Vom Vermögen werden abgezogen die dinglichen und persönlichen Schulden des Pflichtigen und der Kapitalwert der einem Pflichtigen obliegenden Leistungen oder von ihm zu entrichtenden Renten. Nicht abzugsfähig sind die Haushaltungsschulden und solche Schulden und Lasten, die nicht im Zusammenhang mit beitragspflichtigen Vermögensteilen stehen. Die Berechnung des Vermögens erfolgt nach dem Stand am 31. Dezember 1913; bei Betrieben, die regelmässige jährliche Abschlüsse aufstellen, kann auch der Vermögensstand am Schlusse des letzten Wirtschafts- oder Rechnungsjahres zugrunde gelegt werden. Im allgemeinen wird der gemeine (Verkaufs-)Wert als Massstab genommen; jedoch gibt es Ausnahmen. So wird bei Grundstücken und Gebäuden, sofern der Besitzer nicht die Veranlagung nach dem gemeinen Werte vorzieht, der Ertragswert, bei Wertpapieren, die in Deutschland Börsenkurs haben, der Kurswert, bei Aktien ohne Börsenkurs, Kuxen, Anteilen an einer Bergwerksgesellschaft oder einer Gesellschaft m. b. H. der Verkaufswert, unter Umständen ein geschätzter Wert, bei anderen Kapitalforderungen in der Regel der Nennwert zu Grunde gelegt. Besondere Bestimmungen gelten für die Berechnung des Wertes immerwährender, zeitlich beschränkter und der auf Lebenszeit gewährten Renten und Nutzungen. Beitragsfrei sind Vermögen, die 10 000 Mk. nicht übersteigen. Bei einem Einkommen von nicht mehr als 2000 Mk. bleiben 50 000 Mk., bei einem solchen von über 2000–4000 Mk. einschliesslich bleiben 30 000 Mk. Vermögen beitragsfrei.

Als Einkommen gilt das auf Grund der Landeseinkommensteuergesetze festgestellte Einkommen. Als festgestellt wird das niedrigste Einkommen der Steuerstufe angenommen, in welcher der Steuerpflichtige zur Einkommensteuer veranlagt ist. In den Bundesstaaten, die noch keine Einkommensteuer haben, trifft die Landesregierung Bestimmungen über die Ermittlung des Einkommens. Restbeträge bis 1000 Mk. einschliesslich sind abgabefrei; ebenso alle Einkommen bis 5000 Mk. einschliesslich. Wird nachgewiesen, dass sich das Einkommen zwischen der Erhebung des ersten und der folgenden Drittel des Wehrbeitrages um mindestens 40% vermindert hat, so tritt auf Antrag Ermässigung der späteren Beitragsteile ein. Der Beitrag vom Einkommen soll nur das sog. unfundierte Einkommen treffen, da die Renten von Vermögen ja bereits mit der Abgabe von diesem belastet sind. Man musste also einer Bestimmung treffen, nach welchen Normen das unfundierte von dem Gesamteinkommen abzusondern sei. Um eine besondere Veranlagung des unfundierten Einkommens, die manche Schwierigkeiten bot, zu vermeiden, griff man zu dem Ausweg, bei Personen, die zugleich Vermögen und Einkommen haben, einen Betrag in Abzug zu bringen, der einer 5 prozentigen Verzinsung des abgabepflichtigen Vermögens entspricht, und den Rest als unfundiertes Einkommen anzunehmen.

Beitragspflichtig sind:

1. Mit ihrem gesamten inländischen Vermögen die Angehörigen des deutschen Reichs; ferner Ausländer, die, ohne eine fremde Staatsangehörigkeit zu besitzen, in einem deutschen Bundesstaat einen Wohnsitz oder ihren dauernden Aufenthalt haben, sowie solche Ausländer, die sich im Deutschen Reich dauernd des Erwerbes wegen aufhalten.

2. Mit ihrem inländischen Grund- und Betriebsvermögen alle natürlichen Personen ohne Rücksicht auf Staatsangehörigkeit, Wohnsitz oder Aufenthalt.

Diese beiden Kategorien sind auch bezüglich des Einkommens beitragspflichtig.

3. Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien, wenn sie im Inlande ihren Sitz haben, mit den in der letzten Jahresbilanz aufgeführten Reservekontenbeträgen und etwaigen Gewinnvorträgen, jedoch ohne Anrechnung der Fonds für Wohlfahrtszwecke. Gesellschaften,

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Handbuch der Politik – Band 2. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_2.pdf/126&oldid=- (Version vom 11.9.2021)