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Diverse: Handbuch der Politik – Band 2

Der Begriff Vermögen ist der gleiche wie im Wehrbeitragsgesetz. Vermögen, die den Gesamtwert von 20 000 Mk. nicht übersteigen, sind steuerfrei; bei Vermögen über 20 000, aber nicht über 30 000 Mk. ist der Zuwachs nur insofern steuerpflichtig, als dadurch die steuerfreie Grenze überschritten wird. Erbt z. B. ein Mittelloser 25 000 Mk., so hat er nur von 5000 Mk. die Steuer zu entrichten. Beträgt der Zuwachs nicht mehr als 10 000 Mk., so entfällt die Steuer. Von dem steuerpflichtigen Zuwachs darf der Betrag in Abzug gebracht werden, um den die abzugsfähigen Schulden und Lasten am Beginn des Veranlagungszeitraumes das aktive Vermögen überschritten haben. Hat z. B. der Gesamtwert des Aktivvermögens zu Beginn der Periode 50 000 Mk., die Summe der abzugsfähigen Schulden 60 000 Mk. betragen, während am Ende der Periode das Gesamtvermögen sich auf 90 000 Mark beläuft, so wird nicht der Unterschied von 50 000 zu 90 000 also 40 000 Mk. der Steuer unterstellt, sondern der Zuwachs von 40 000–10 000 = 30 000, da die Schulden am Anfang der Periode das Gesamtvermögen um 10 000 Mk. überstiegen haben.

Die Feststellung des Zuwachses erfolgt erstmals am 1. April 1917 für den in der Zeit vom 1. Januar 1914 bis 31. Dezember 1916 entstandenen Zuwachs, späterhin in Zeitabständen von 3 zu 3 Jahren für die in den vorangegangenen 3 Kalenderjahren erfolgte Vermögensmehrung. Als Wert des steuerbaren Vermögens am 1. Januar 1914 gilt das nach dem Wehrbeitragsgesetz festgestellte Vermögen. Um Härten zu vermeiden, ist für die Berechnung des Zuwachses nicht immer der Vermögensstand am Anfang des jeweiligen Veranlagungszeitraumes sondern unter Umständen auch ein früherer Zeitpunkt massgebend, falls damals der Vermögensstand grösser war als zur Zeit der letzten Veranlagung. Gesetzt die Veranlagung ergebe

am 31. Dez. 1913 ein steuerpflichtiges Vermögen von 100 000 Mk.
am 31. Dez. 1916 ein steuerpflichtiges Vermögen von 150 000 Mk.
am 31. Dez. 1919 ein steuerpflichtiges Vermögen von 090 000 Mk.
am 31. Dez. 1922 ein steuerpflichtiges Vermögen von 130 000 Mk.
am 31. Dez. 1925 ein steuerpflichtiges Vermögen von 180 000 Mk.

dann liegt Ende 1916 ein steuerpflichtiger Zuwachs von 50 000 Mk vor; 1919 liegt ein Verlust vor; 1922 ist zwar wieder ein Zuwachs gegen 1919 gegeben, aber immer noch ein Ausfall gegen 1916, eine Steuer wird also nicht erhoben. Erst Ende 1925 bezw. Anfang 1926 tritt wieder Steuerpflichtigkeit ein und zwar für den Zuwachs von 30 000 Mk. zwischen 31. Dezember 1916 und dem gleichen Datum 1925. Andererseits kann die Steuerpflichtigkeit auch durch Zusammenrechnung der Zuwachse von zwei oder mehr Veranlagungsperioden entstehen, von denen jeder einzelne für sich steuerfrei wäre, die aber zusammen die steuerfreie Grenze übersteigen. Beträgt z. B. das Vermögen am 31. Dezember 1913 22 000 , am 31. Dezember 1916 25 000, am 31. Dezember 1919 33 000 Mark, so sind die einzelnen Zuwachse von 3000 und 8000 Mk. steuerfrei; verglichen mit 1913 ergibt sich aber insgesamt ein Zuwachs von 11 000 Mk., der zu versteuern ist.

Die Ermittelung des Vermögenswerts geschieht in der Regel wie beim Wehrbeitrag nach dem gemeinen (Verkaufs-) Wert der einzelnen Bestandteile. Für die Wertfestsetzung der Wertpapiere, Aktien usw. sowie von Renten gelten die oben erwähnten Bestimmungen des Wehrbeitragsgesetzes. Für Betriebe, in denen regelmässige jährliche Abschlüsse stattfinden, kann der Vermögensfeststellung der Stand am Schlusse des letzten Wirtschafts- oder Rechnungsjahres zu Grunde gelegt werden. Bei Grundstücken kann auf Antrag der Pflichtigen an Stelle des gemeinen Wertes der Betrag der Gestehungs- und der sonstigen Anschaffungskosten und besonderen Aufwendungen während der Besitzzeit treten, soweit sie in den Bauten und Verbesserungen noch vorhanden sind und nicht zu den laufenden Wirtschaftsausgaben gehören. Beim Erwerb von Todeswegen und im Wege der Erbteilung, beim Erwerb von Eltern und Voreltern, sowie bei Schenkung von Grundstücken und Gebäuden ist der Ertragswert massgebend, sofern nicht der Pflichtige die Veranlagung nach dem gemeinen Wert verlangt. Bei Erwerben vor dem 1. Januar 1914 gilt der bei Veranlagung des Wehrbeitrages festgestellte Wert des Grundstücks als Betrag der bis dahin entstandenen Gestehungskosten.

Was die Steuersubjekte betrifft, so sind steuerpflichtig nur physische Personen und zwar die Angehörigen des Deutschen Reichs und die diesen im Wehrbeitragsgesetz gleichgestellten Ausländer

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Handbuch der Politik – Band 2. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_2.pdf/128&oldid=- (Version vom 11.9.2021)