BLKÖ:Winterl, Jacob Joseph
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Winterl, Joseph | ||
Band: 57 (1889), ab Seite: 89. (Quelle) | |||
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von Crantz [Bd. III, S. 25] befreundete, von dem er wesentlich gefördert wurde, und mit welchem er botanische Studien betrieb. Nachdem er daselbst zuerst aus der Philosophie, dann aus der Medicin die Doctorwürde erlangt hatte, begann er vorab in Oesterreich die ärztliche Praxis, wurde dann Physicus in den ungarischen Bergstädten, aber schon 1771 Professor der Botanik und Chemie an der Universität in Tyrnau, mit welcher er, bei ihrer Uebertragung nach Pesth, dahin übersiedelte. Zugleich mit seiner Professur, die er bis 1808 versah, war ihm seit 1770 auch die Aufsicht des botanischen Gartens in Ofen übertragen, für dessen Förderung er alle erdenklichen Mühen, und die größte Sorgfalt anwandte. Trotzdem er die erforderlichen Summen dazu von der Regierung immer vergebens erbat, brachte er ihn zu einer Bedeutung, daß man in Kreisen der Wissenschaft darüber erstaunte. Bereits 1785 war der erste Index der Flora dieses Gartens erschienen, ein zweiter folgte 1788. Im Jahre 1802 enthielt der Katalog schon 720 Genera, 3426 Species und 26 Varietäten. Winterl’s reiches Herbar gelangte in der Folge mit dem seines Freundes Crantz in den Besitz der k. Universität in Pesth. Im Gebiete der Botanik und Chemie schriftstellerisch thätig, hat Winterl herausgegeben: „Dissertatio medica proponens inflammationis theoriam novam“ (Wien 1767, Trattner); – „Specimen medicum exhibens synopsim reptilium emendatum cum experimentis circa venenis et antidota reptilium austriacorum“ (Viennae 1768, cum tab. 5 aer. inc., gemeinschaftlich mit Jos. Nic. Laurenti; – „De metalliis dubiis“ (ib. 1770), gemeinschaftlich mit J. G. Kaim; darin findet sich die erste, obwohl unzuverlässige Nachricht vom regul. Mangan; – „Systema artis pharmaceuticae“ (Tyrnaviae 1772, 8°.); – „Systematis chemici ex demonstrationibus Tirnav. pars rationalis et experimentalis“ (ib. 1773, 8°.); – „Flora Tirnaviensis“ (ib. 1774–1778); – „Methodus analyseos aquarum mineralium“ (Budae et Viennae 1781), eine zweite 1784 erschienene Ausgabe ist nur eine Titelausgabe; – „Monatliche Früchte einer gelehrten Gesellschaft in Hungarn“ (ebd. 1784, 8°.); – „Index horti botanici universitatis, quae Pestini est“ (1788, gr. 8°. mit 26 Tafeln Abbildungen), schon darin beschreibt er viele neue Pflanzen, von denen Dr. Kanitz in dem in den [90] Quellen benannten Werke eine Uebersicht gibt – „Die Kunst, Blutlauge und mehrere zur Blutfarbe dienliche Materien im Grossen zu bereiten und solche zur Blaufärberei anzuwenden“ (Wien 1790, 8°.); – „Ueber das Brown’sche System“ (Ofen 1798, gr. 8°.); – „Prolusiones ad Chemiam Saeculi XIX“ (1800, gr. 8°.); – „Accessiones novae ad prolusionem suam primam et secundam“ (ib. 1803, gr. 8°.), sein Schüler Johann Const. Schuster [Bd. XXXII, S. 247] arbeitete die „Prolusiones“ und „Accessiones“ um und gab sie in deutscher Sprache unter dem Titel: „Darstellung der vier Bestandtheile der anorganischen Natur“ (Jena 1804, Frommann, 8°.) heraus; – „De aqua soteria thermarum Budensium“ (Budae 1804, 8°.). In Zeitschriften und Fachwerken zerstreut Gedrucktes, u. zw. in Jos. Freiherrn Quarin’s „Animadversiones practicae in diversos morbos“: „Ueber einen Absud der Astragaluswurzel, von den Frauen in Ungarn als Heilmittel gebraucht“. In Crell’s „Annalen der Chemie“: „Bestandtheile des Kupfers“ [1788]; – „Zerlegung eines schwarzen zähen Bergöls aus Ungarn“ [ebd.], es ist dies eine Untersuchung des Bergöls von Moslavina und Peklenya auf der Halbinsel Muraköz“; – „Ueber die Bestandtheile des Körpers“ [ebd. 1789]. In Gehlen’s „Allgemeinem Journal der Chemie“: „Neue Versuche, um Andronin (einen angeblich von ihm entdeckten elementaren Körper) darzustellen“ [Bd. IV, 1805]; – „Rechtfertigung seiner Hypothesen“ [Bd. V, 1805]. In desselben „Neuem Journal für Chemie und Physik“: „Analyse des Schwarzowker Wassers“ [Bd. I, 1806]; – „Replik gegen eine Kritik seines Systems“ [ebd.]. – „Analysis der Erde von Myslin“ [Bd. II, 1806]; – „Neue Versuche, Andronin darzustellen“ [Bd. III, 1807]; – „Ueber Ritter’s Pendelversuche“ [ebd.]; –. „Beantwortung von Buchholz’ Prüfung seines Systems“ [Bd. IV, 1807]; – „Kritik der Hypothese, die das jetzige Zeitalter der Naturwissenschaft zum Grunde legt“ [Bd. VI, 1808]; – „Ueber seine angebliche Entdeckung“ [Bd. IX, 1810]. Ferner gab sein oben erwähnter Schüler J. C. Schuster nach Winterl’s Handschriften dessen „System der dualistischen Chemie“ (Berlin 1807, 8°.) heraus. Die unter Winterl’s Schriften oben verzeichnete „Flora Tyrnaviensis“ ist als Inauguraldissertation des Siegmund Horwatowsky erschienen, ebenso sind die Inauguraldissertationen „De partibus plantarum“ (1776) von Jos. Dan. Mauksch, „De generibus plantarum“ (1776) von Ign. Val. Kötzi, „De systemate sexuali“ (1776) von Joh. Petrus Schimert, „De rerum naturalium affinitatibus“ (1777) von Steph. Lumnitzer und „De Syngenesia“ (1778) von Siegm. Georg Rigler nach Aufzeichnungen der Vorträge Winterl’s verfaßt. Unser Gelehrter gehört zu den bedeutenden Männern seiner Zeit, was schon darin seine Bestätigung findet, daß ihn angesehene Gesellschaften der Wissenschaften, wie jene zu Göttingen, Heidelberg, Jena u. a. unter ihre Mitglieder aufnahmen. Sein Name wurde in Fachkreisen zu seiner Zeit viel und in rühmlicher Weise genannt, und wenn seine Hypothesen nicht unangefochten blieben, so mindert dies nicht die Anerkennung seines Forschergeistes, seines Scharfsinnes in seinen Untersuchungen, seines Strebens nach Erklärung der ewigen Weltgesetze. Namentlich um sein Adoptivvaterland Ungarn, in welches er durch [91] seine Ernennung zum Professor in Tyrnau versetzt worden, machte er sich mehrfach verdient; er untersuchte und analysirte chemisch die vielen Gesundbrunnen Ungarns; er versuchte bereits 1770 den Braunstein in „metallischer Gestalt“ herzustellen; er durchforschte die Flora Ungarns und beförderte die veredelte Obstzucht im Lande. Er bemühte sich auch, eine gelehrte Gesellschaft in Ungarn zu gründen, und soll ihm dies geglückt sein; wenn aber dieselbe keinen Bestand hatte, so ist die Ursache nicht in ihm, sondern in den Eigenthümlichkeiten des ungarischen Globus zu suchen, der sich zuerst alles Fremdartige aneignet und wenn er dessen Herr geworden, alle Spuren seines Ursprungs zu vertilgen bemüht ist, wie es heutzutage sich recht sichtlich zeigt, da alle deutsche Cultur, auf welcher ja die gesammte ungarische Cultur der Gegenwart aufgebaut ist, systematisch auszurotten gesucht wird.
Winterl, Jacob Joseph (Naturforscher, geb. zu Eisenerz in Steiermark, nach Anderen zu Steyer in Oberösterreich am 15. April 1739, gest. zu Pesth am 23. November 1809). Er widmete sich nach den Vorbereitungsstudien, welche er zu Garsten, Kremsmünster, und in der anfänglichen Absicht, sich dem geistlichen Stande zuzuwenden, aus der Theologie in Klosterneuburg machte, dem medicinischen Fache und hörte die darauf bezüglichen Disciplinen an der Wiener Hochschule, wo er sich mit dem nachmals berühmt gewordenen- Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. VI, S. 164 [nach dieser geb. zu Eisenerz 1732, gest. zu Pesth 23. November 1809]. – Winklern (Johann Baptist von). Biographische und literarische Nachrichten von den Schriftstellern und Künstlern, welche in dem Herzogthume Steiermark geboren u s. w. (Gratz 1810, Franz Ferstl, kl. 8°.) S. 273 [nach diesem geb. in Eisenerz 1782, gest. zu Pesth am 23. November 1809; die 8 in 1782 ist offenbar ein Druckfehler – für 1732]. – Fejér (Georgius). Historia Academiae scientiarum Pazmaniae Archi-Episcopalis ac M. Theresianae regiae literaria (Budae 1835, 4°.) S. 171 [nach diesem geb. zu Eisenerz 15. April 1739, gest. 24. November 1809]. – Bibliotheca hungarica historiae naturalis et matheseos. Magyarország természettudományi és mathematikai könyvészete 1472–1875. Készitették Szinnyei Jószef (Vater) és Dr. Szinnyei Jószef (Sohn) (Budapesth 1878, schm. 4°.) Sp. 841 [nach diesen geb. 15. April 1732, gest. 23. November 1809]. – Kanitz (August). Versuch einer Geschichte der ungarischen Botanik (Halle 1865, 8°.) S. 52 [nach diesem geb. zu Stadt Steyer am 15. April 1739, gest. am 29. November 1829]. – Poggendorf (J. C.). Bibliographisch-literarisches Handwörterbuch zur Geschichte der exacten Wissenschaften u. s. w. (Leipzig 1863, K. Ambr. Barth, gr. 8°.) Band II, Spalte 1339 [nach diesem geb. zu Eisenerz 15. April 1732, gest. zu Pesth 23. November 1809]. – Steiermärkische Zeitschrift. Redigirt von Dr. G. F. Schreiner, Dr. Albert von Muchar, C. G. Ritter von Leitner, Anton Schrötter (Gratz 1841, 8“), Neue Folge,. VI. Jahrg., 2. Heft, S. 44 [Geburts- und Sterbedatum stimmen mit Poggendorff überein]. – Annalen der Literatur und Kunst des In- und Auslandes (Wien, Doll, 8°.) Jahrg. 1810, Bd. I, S. 146 [nach diesem gest. am 24. November 1809]. – Baur (Samuel). Allgemeines historisch-biographisch-literarisches Handwörterbuch aller merkwürdigen Personen, die in dem ersten Jahrzehnt des neunzehnten Jahrhunderts gestorben sind (Ulm 1816, Stettini, gr. 8°.) Bd. II, Sp. 734.