BLKÖ:Wenusch, Joseph Ritter von

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 55 (1887), ab Seite: 7. (Quelle)
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Wenusch, Joseph Ritter von (Componist, geb. zu Pottenbrunn in Niederösterreich am 10. Mai 1811, gest. in Wien am 6. September 1882). Der Sohn eines Pfarrschullehrers, erhielt er schon in frühester Jugend Unterricht im Gesange, Clavier-, Orgel- und Violinspiele, sowie in den Grundzügen des Generalbasses. Dabei entwickelte er einen solchen vom Talent begleiteten Eifer, daß er im Alter von erst neun Jahren schon kleine Musikstücke und Tänze componirte und bei Ausführung guter Kirchenmusik, welche der Vater eben, um seinen talentvollen Sohn noch mehr auszubilden und anzueifern, öfter mit nicht geringen Opfern veranstaltete, abwechselnd als Sopransänger, Violinspieler oder als Paukenschläger mitwirkte und zum Schlusse der Hochämter immer eine Orgelfuge vortrug, freilich ohne Pedal, da er dasselbe seiner kurzen Beine wegen nicht zu erreichen vermochte. So war denn Alles danach angethan, in ihm den Entschluß zu zeitigen, sich ganz der Musik zu widmen und zuletzt zum Compositeur sich auszubilden. Von diesen Gedanken erfüllt, richtete er denn auch seine weitere Ausbildung danach ein, prägte sich schwierige Musikstücke so ein, daß er sie fehlerlos aus dem Gedächtnisse vorzutragen im Stande war, und machte sich allmälig an den Vortrag eigener Compositionen, die er dann auch niederschrieb. Im Alter von zwölf Jahren erhielt er noch auf sein besonderes Bitten Unterricht auf der Clarinette, für die er eine besondere Vorliebe hatte, später noch auf dem Waldhorn und der Trompete, welche letztere zwei [8] er vornehmlich darum kennen lernen wollte, um sich über ihre Natur und ihre Eigenthümlichkeiten, sowie über ihre Wirkung bei der Instrumentation genau zu unterrichten. Als er dann vierzehn Jahre alt war, vollendete er die Kenntnisse seines Spieles auf verschiedenen Instrumenten noch durch jenes des Cello und des Contrabasses. Da er denn, wie es der Vater wünschte, den Lehrerberuf ergreifen sollte, horte er den pädagogischen Curs in St. Pölten, welchen er 1827 im Alter von 16 Jahren mit Auszeichnung beendete. Als es nun aber dazu kam, eine Lehrerstelle an einer Volksschule zu übernehmen, war dies doch nicht nach seinem Sinne; und vielmehr entschlossen, sich ganz der Musik zu widmen, erwirkte er durch vieles Bitten endlich 1828 vom Vater die Erlaubniß zum Aufenthalte in Wien, um sich dort unter der Leitung eines gediegenen Generalbaßlehrers vollends in der Musik und namentlich auch in der Composition auszubilden. In Wien aber, wo er mit mehreren erfahrenen Leuten, die ihm ebenso wohlwollten, als sie die Klippen einer ausschließlich musicalischen Laufbahn kannten, zusammenkam, wurde er durch sie bald auf die Schwierigkeiten seines Vorhabens aufmerksam gemacht und ihm von den Wohlmeinendsten der Rath gegeben, sich nicht ausschließlich der Musik zu widmen, sondern einen solchen Beruf zu wählen, welcher ihm für die ganze Lebenszeit einen sicheren Erwerb, für das hohe Alter aber die Aussicht auf einen sorgenfreien Ruhestand und nebenbei noch immer so viel Muße gewähre, seine Lieblingskunst, die Musik, zu pflegen, und wenn er wirklich die Begabung dazu besitze, auch in der Composition sich zu üben. Nach reiflicher Ueberlegung erkannte er nicht nur das Wohlmeinende, sondern auch das Richtige dieses Rathes und schritt auch sofort zur Ausführung desselben. Er schrieb sich als Zögling des polytechnischen Institutes ein und beendete bis 1832 die damalige Realschule und die Abtheilungen der technischen Fächer. Dann trat er im Mai 1833 als Practicant bei der damaligen Hofkriegsbuchhaltung ein, und allmälig vorrückend, beschloß er bei der an ihre Stelle getretenen k. k. Militär-Rechnungscontrolsbehörde seine active Beamtenlaufbahn im October 1875 als Militär-Oberrechnungsrath erster Classe. Beim Uebertritt in den Ruhestand wurde er für seine verdienstvolle amtliche Wirksamkeit mit dem Orden der eisernen Krone dritter Classe ausgezeichnet, worauf statutenmäßig seine Erhebung in den österreichischen Ritterstand erfolgte. Thatsächlich ließ ihm sein amtlicher Beruf immer noch Muße genug, seiner Lieblingsneigung zu huldigen, und alle seine freie Zeit, insbesondere aber die Morgenstunden, widmete er dem Studium der Musik und wenn ihm die Muse lächelte, der Composition. In den Jahren 1830 und 1831 hatte er bei Joachim Hoffmann [Bd. IX, S. 170, Nr. 16], einem gediegenen Lehrer der musicalischen Theorie und des Generalbasses, Unterricht genommen, nebenbei aber sich mit dem Studium der anerkanntesten Autoren der Compositionslehre und des Contrapunktes, so mit den Werken von A. Reicha, Dr. Adolf Marx, Dr. Gottfried Weber und Anderen beschäftigt. Mit diesen Studien und den damit verbundenen praktischen Ausarbeitungen verband er fleißiges Lesen von Partituren großer Meister, das Anhören gediegener Musikaufführungen, das Selbstspielen classischer Tonwerke und die Lecture fachmännischer Kritik. So vorbereitet, [9] schritt er dann in seinen Weihestunden zu eigenen Schöpfungen, deren vollständiges Verzeichniß, sowohl der gedruckten als der ungedruckten, unten folgt. In diesen Arbeiten zeigt sich Wenusch als gediegener Praktiker guter Schule, nicht für sensationellen Vortrag, aber für empfindungsvolles von der Stimmung echter Kunstweihe getragenes Spiel. Seine Compositionen im Lied und im Kirchenstyl gehen über den Charakter des Versuches nicht hinaus, sind aber regelrecht und treffen den richtigen Ton.

Vollständiges Verzeichniß der Compositionen von Joseph Ritter von Wenusch. [Das zwischen Verlagsort und Verleger gesetzte Jahr bedeutet das Jahr der Composition.] I. Im Druck erschienene Compositionen. „Streichquartett“ Op. 1 (Bonn 1844, Simrock). – „Abendglöcklein. Gedicht von Weschel. Lied mit Clavierbegleitung“ Op. 2 (Wien 1839, Diabelli). – „Ave Maria. Text von Heller. Für Gesang, mit Begleitung von Clavier, Cello oder Viola“ Op. 3 (Wien 1852, Witzendorf). – „Drei Lieder mit Clavierbegleitung. 1) Jägerunglück. Von Moriz Markl-Werner; 2) Der arme Sänger. Von Lebret; 3) An die Ferne. Von Jean CharlesOp. 4 (Wien 1852, Ant. Goll). – „Vier Rondinos für Clavier“ Op. 5 (Wien 1852, Witzendort). – „Praktischer Wegweiser zur Virtuosität im Clavierspiele“. I. Theil: „Tonleiterübungen in zehn brillanten Etuden, mit Bezeichnung des Fingersatzes auf vier Hände“ 10 Hefte. Op. 6. – II. Theil: „Die nothwendigsten Fingerübungen auf dem Clavier als brillante Musikstücke in Form von Etuden zu häuslichen Productionen“ 3 Hefte. Op. 7 (dieses und das vorige Wien 1855–1856, Spina) – III. Theil: „Praktische Anleitung zum schönen Vortrage für Anfänger im Clavierspiele“ 19 Nummern in 6 Heften. Op. 8 (ebd. 1862). – „Salve Regina. Solo für Sopran oder Tenor und Violine, mit Begleitung von Orchester oder von Clavier“ Op. 9 (Wien 1854, Spina). – „Brillante Uebungsstücke für das Pianoforte“ Op. 10. 12 Nummern in 4 Heften Wien 1863, Haslinger). – „Die fröhliche Jugend. Leichte Tänze mit Bezeichnung des Fingersatzes, 1. Heft: Walzer und Polka zu zwei Händen; 2. Heft: Quadrille zu zwei Händen; 3. Heft: Walzer zu vier Händen; 4. Heft: Quadrille zu vier Händen“ Op. 11 (Wien 1865, Witzendorf). – „Rondino im leichten Style für das Pianoforte“ Op. 12 (Wien 1865, Witzendorf). – „Wachtelschlag und Kuckukruf. 2 Rondinos für das Pianoforte zu vier Händen“ Op. 13 (Wien 1865, Haslinger). – „Leichte Etuden, mit besonderer Berücksichtigung der Tonleitern für das Pianoforte. 21 Nummern je zu einer Tonleiterübung und einem melodischen Trio“ 4 Hefte. Op. 14 (Wien 1867, Goll). – „Brillante Uebungen mit besonderer Berücksichtigung der Tonleitern“ Op. 15 (ebd. 1869). – „Leichte Melodien für das Pianoforte mit Notenlehrübungen für Anfänger“ 30 Nummern in 5 Heften. Op. 16 (ebd. 1870). – „Allen fleißigen Anfängern des Pianospiels zur Erholung gewidmet. 50 melodische Originalstücke“ 4 Hefte. Op. 17 (ebd. 1870). – „Sonatine für das Pianoforte ohne Octavenspannung und mit Bezeichnung des Fingersatzes“ Op. 18 (ebd. 1873). II. Ungedruckte in Handschrift vorhandene Compositionen. a) Lieder für eine Singstimme mit Clavierbegleitung: 1) „Armes Herz“. Von Theodor Körner. 2) „Sehnsucht“. Von Schiller. 3) „Der Bergmann“. Von Emmy. 4) „Der Anruf“. Von R....s. 5) „Möcht’ ein Vöglein sein“. Von Oesterlein. 6) „Liebesgabe“. Von demselben. 7) „Der Ungenannten“. Von Uhland. 8) „Die Heimkehr des Grenzers“ 9) „Kriegerscherz“. 10) „Blumensprache“. 11) „Liebesrosen“. 12) „Die Wolken“. 13) „Sternengruß“, Nr. 8–13 von Moriz Markl-Werner. 14) „Der Liebe Leichenbegängniß“. Von Heine. 15) „Die Wehmuth“. Von Goethe. 16) „Trinklied“. Von Doczkal. – b) Lieder für vier Männerstimmen: 1) „Der Wahrheit Hochgesang“. 2) „Geistliches Lied“. Von Novalis. 3) „Würde der Frauen“. Von Schiller. 4) „Vater unser“. Von Lothar Fürst Metternich, Sohn. 5) „Trinklied“. Von Bonnstätten. – c) Cantate: „Die Freundschaft“. Gedicht von Schiller. In Musik gesetzt für Solo, Chor, Singstimme mit Begleitung eines kleinen Orchesters (1849). – d) Musikdramen (Gesang mit Clavierbegleitung): „Der Käfig“ und „Feodore“. 2 Operetten von Kotzebue (1849). „Kosak und Freiwilliger“ Liederspiel von Kotzebue [10] (1850). – e) Compositionen für Clavier zu zwei Händen: 1) Drei Melodien: Pastorale. Sans souci. L’innocence (1854). 2) „Fortschreitende melodische Uebungsstücke für Anfänger im Clavierspiele mit einer Begleitung ad libitum für eine Hand“. 34 Nummern (1856). 3) „Abendgesänge“. 24 Nummern (1854). 4) „Fortschreitende Fingerübungen für das Clavier in Form von Variationen über ein Originalthema“. 48 Nummern (1866). 5) „Hundert kurze brillante Tonstücke als Finger- und Gedächtnißübungen“ (1870). 6) „Siebzig verschiedene Melodien“ (1871). 7) „Die ersten Tonleiterübungen im Clavierspiele“ (1878). 8) „Die ersten Fingerübungen für Anfänger im Clavierspiele in Form von Variationen mit beliebiger Begleitung einer Secondstimme“ (1878). – f) Compositionen für das Clavier zu vier Händen: 1) „Festmarsch“ (1848). – 2) „Zwei Rondinos“ (1850). 3) „Zwei Partien brillante Etuden-Walzer“ (1855). – g) Sonaten für Clavier zu zwei Händen: 1) „Sonatine in C-dur“, 2) „in A-moll“, 3) „in G-dur“. 4) „in C-dur“, alle vier im leichten Styl. 5) „Sonate in D-moll“, 6) „in A-dur“, 7) „in D-moll“. 8) „in Es-dur“, innerhalb der Jahre 1874–1878 componirt. – h) Sonaten für Clavier zu vier Händen: 1) „Sonatine in C-dur“ (1876), 2) „in F-dur“ (1876). 3) „in G-dur“ (1876), 4) „Große Sonate“ (1871). – i) Sonaten für Violine und Clavier: 1) „Große Sonate in C-moll“, bestehend aus Allegro, Adagio und Scherzo (1846). 2) „Sonatine in C-dur“, 3) „inE-dur“, 4) „Sonate in C-dur“, 5) „in D-dur“ (diese vier componirt 1877), 6) „in G-dur“. – k) „Phantasie in Fis-moll“, für das Clavier zu zwei Händen (1868). – l) Trio für Violine, Cello und Clavier: 1) „Trio in D-dur“, 2) „in A-moll“, 3) „in G-moll“ (1866). – m) Clavier-Quartette: 1) „Quartett in E-moll“ (1847). 2) „in F-dur“ (1835), 3) „in Es-dur“ (1846). – n) Quintette: 1) „Quintett für 2 Violinen, Viola, Cello und Piano in C-moll“ (1847), 2) „Quintett für 2 Violinen, 2 Violas und Cello in G-moll“ (1835). 3) „Quintett für 2 Violinen, 1 Viola und 2 Celli in D-moll (1846). – o) Streichquartette: 1) „in F-dur“ (1843), 2) „in A-moll“ (1845), 3) „in E-dur“ (1848), 4) „in C-dur“, mit Fuge im Finale (1846). – p) Kirchenmusik: 1) „Festmesse in F-dur“, für vier Solo- und Chorstimmen mit vollem Orchester (1850); 2) „Festmesse in D-dur“, für vier Solo, wie oben (1851); 3) „Festmesse in D-dur“, für Singchor mit vollem Orchester (1852); 4) „Pastoral-Festmesse in B-dur“, für vier Solo- und Chorstimmen mit vollem Orchester (1853); 5) „Kurze Messe in G-dur“, für Singchor mit Orchester (1855); 6) „Festmesse in G-dur“, wie Nr. 1 (1877); 7) „Festmesse in F-dur“, wie Nr. 1 (1879); – q) Gradualien und Offertorien: 1) „Ascendit Deus“ (1851); 2) „Benedictus“ (1851); 3) „Christus natus“ (1851); 4) „Ave Maria“ (1851); 5) „O altitudo“ (1852); 6) „Beatus vir“ (1853); 7) „Omnes Sancti“ (1855); 8) „Jubilate“ (1856), alle bisher genannten 1 bis 8 für vier Singstimmen mit Orchester und Orgelbegleitung: 9) „Deus misereatur“, Solo für Sopran mit Orgelbegleitung (1863); 10) „Pater noster“, Solo für Alt- oder Baßstimme und Cello, mit Begleitung des Orchesters und der Orgel (1855). 11) „De profundis“, 129. Psalm, Solo für Alt und Viola, Solo mit Orchester- und Orgelbegleitung (188°.). seine letzte Composition.
Neue Freie Presse (Wiener polit. Blatt) 1882, Nr. 6477. Morgenblatt. Seite 5 a und 14 a.