Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 53 (1886), ab Seite: 169. (Quelle)
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6. Weber, Beda (Schriftsteller, geb. zu Lienz im Pusterthale Tirols am 26. October 1798, gest. in Frankfurt a. M. am 28. Februar 1858). Der Sohn nicht unbemittelter Besitzer eines Bauerngutes, das diese selbst bewirthschafteten, erhielt er in seinem Geburtsorte, einem ob seiner herrlichen Lage vielgepriesenen Orte, der das seinige beigetragen haben mochte, die Phantasie des begabten Knaben zu wecken, von den Franciscanermönchen den ersten Unterricht, den der Vater, welcher selbst ein paar lateinische Classen besucht hatte, so weit es eben ging, zu fördern suchte. Dabei aber war der Letztere mit dem Wunsche des Sohnes, sich dem Studium zu widmen, ganz und gar nicht einverstanden, zumal die kriegerischen Zeiten die Verwerthung einer wissenschaftlichen Ausbildung mehr als zweifelhaft erscheinen ließen. „Wer nicht ein ehrsames Handwerk versieht, taugt [170] nichts“ pflegte der praktische Vater zu sagen, und so mußte Johannes – den Namen Beda erhielt er später als Klostergeistlicher – das Schusterhandwerk erlernen. Schon hatte er die drei Lehrlingsjahre hinter sich und sollte eben als Geselle die Wanderung in die Fremde antreten, als er seinem ehemaligen Lehrer, dem Franciscanermönch Clemens Spieglgraber, begegnete, der ihn ganz bündig anredete: ob er denn nicht vernünftig werden und studiren wolle. Nun ließ sich Weber auch nicht länger halten, wohl hatte er noch den Widerstand des Vaters zu besiegen – die Mutter stand auf des Sohnes Seite – und es gelang, er genoß ein halbes Jahr den Unterricht des erwähnten Mönchs im Latein und ging dann nach Bozen, um dort das Gymnasium zu besuchen. Zu einer Unterstützung des Sohnes wollte sich der Vater nimmer herbeilassen, so trat denn Johannes mit zwanzig Gulden und drei Empfehlungsbriefen seine Reise nach Bozen an. Bald fanden sich gute Menschen, die sich des Jünglings annahmen, er erhielt eine Hauslehrerstelle, und so war sein Unterhalt gesichert. Vier Jahre blieb er im Hause des Barons Joseph von Giovanelli, dessen Kinder er unterrichtete, und setzte dabei seine Studien fort, die ihm aber ganz und gar nicht genügten, weshalb er in einer eifrigen, doch regellosen Lectüre, zu welcher mit Ausschluß deutscher Bücher die Confessiones des h. Augustin, dessen Buch De Civitate Dei, die Briefe des h. Hieronymus, das griechische neue Testament u. a. gehörten, das Fehlende zu ergänzen strebte. Ueberdies förderte ihn der nähere Umgang mit dem Baron und dessen Schwester Antonie, die dem Jünglinge ihre volle Theilnahme zuwandten. „Scheinbar unheilbar an der Brust leidend, bezog ich“, schreibt Weber in seiner Selbstbiographie – wir führen diese Stelle absichtlich an, weil wir daraus erfahren, wie es mit seinen theologischen Anschauungen bestellt war – „im Herbste 1818 die Hochschule zu Innsbruck. Damals lehrten dort fast lauter Männer der Josephinischen Schule, im offenbaren Widerspruch mit der Kirche, zum Theile Spötter im Sinne der liederlichen Encyklopädisten. Ich ging in alle ihre Doctrinen ein, so weit sie mit dem Verstande erfaßt werden konnten, aber ohne Glauben dafür, ohne Zutrauen zu den lehrenden Personen oft trotzig und formlos gegen täglichen Frohn. Ich erhielt ein Stipendium von der Regierung, die Luft des Innthals machte mich gegen alle Erwartung gesund und viel Bewegung durch Berg und Thal rüstig und stark. Mein Studium ging auch hier wieder neben der Schule einher. Griechische und lateinische Philologie, neuere Sprachen, griechische Kirchenhistoriker, des Flavius Josephus, Eusebius, Theodoret und Anderer Werke, die poetische Literatur der Kirchenväter und nebenbei viele Nachholung der deutschen, die ich fast gänzlich vernachlässigt hatte, beschäftigten mich ganz. Auch fing ich die speciell tirolischen Studien an, welche später bekannte Schriften zur Folge hatten“. Im October 1820 trat Weber in das nahe bei Burgeis im Oberinnthal gelegene Benedictinerstift Marienberg. Nach jahrlangem Noviciat legte er, der bereits wieder zu kränkeln begann, am 21. October 1821 die Klostergelübde ab. Nun schickten ihn seine Oberen nach Innsbruck, wo seine Gesundheit wieder erstarkte und er die ersten zwei Jahre Theologie unter Bertoldi, Heilmoser, Probst und Anderen hörte und wie er selbst schreibt: die schmerzlichsten Studirnöthen [171] seines Lebens bestand, da er fast immer im Hader lag mit der Schule des Tages, die ihn in tödtlicher Langweile erdrückte, das Hebräische ausgenommen, das ihn anzog und zur Lesung der Psalmen trieb. „Der unwillkürliche Widerwillen gegen alle diese Josephinischen Jämmerlichkeiten zur Knechtung des freien kirchlichen Lebens verließ mich zeither nicht mehr.“ Im Herbst 1823 wurde er auf die bischöfliche Lehranstalt in Brixen geschickt, wo er unter Ambros Stapf [Bd. XXXVII, S. 144] Moral und unter Craffonara Dogmatik hörte. Nebenbei betrieb er auf seinen Bergwanderungen Botanik. Am 18. September 1824 erhielt er die Priesterweihe. Im folgenden Jahre studirte er an der bischöflichen Lehranstalt zu Trient Pastoraltheologie und was damit zusammenhing. „Auch hier“, schreibt er in seinem Selbstbekenntniß, „ging die Schule an mir fast verloren. Ich hatte keinen Sinn für Theorien, die ins Unglaubliche ausgesponnen wurden von Leuten, denen die praktische Seelsorge ganz unbekannt war. Ich zählte die Regeln, wie man predigen müsse, und es waren gerade 4000. Darüber verging mir aller Respect vor der Wissenschaft.“ Im Juni 1825 trat er als Caplan in der Pfarre Burgeis im Vintschgau in die Seelsorge, in welcher er dreizehn Monate wirkte, worauf er als Gymnasiallehrer in Meran angestellt wurde. Nebenbei half er bei dem damaligen Priestermangel an Sonn- und Feiertagen in der Seelsorge, besonders im Beichtstuhle aus. Nach vierzehnjähriger Verwendung im Lehramte wurde er auf seine Bitte nach St. Martin in Passeier als Caplan geschickt, wo er zwei Jahre in der sehr ausgedehnten Seelsorge – die Gemeinde wohnte im Umkreise von vier Stunden zerstreut und waren acht Bergschulen zu versehen – thätig war, dann aber ging er wieder als Professor nach Meran, wo er nun bis zum Jahre 1848 verblieb, in welchem ihn die politischen Wirren in einen neuen Wirkungskreis versetzten, indem er als Abgeordneter des Frankfurter Parlaments auf politischem Felde zu wirken berufen war. Während seines vieljährigen Aufenthaltes in Meran fällt im Sommer 1829 eine Reise über Florenz und Assisi nach Rom, und nach längerem Verweilen daselbst über Loretto und Venedig wieder nach Tirol zurück. Nun nahm er die unterbrochene wissenschaftliche Thätigkeit von neuem auf, übersetzte das Buch des Chrisostomus „Ueber das Christenthum“; vertiefte sich in die Geschichte seines Vaterlandes und schrieb das Werk „Das Land Tirol“ [die bibliographischen Titel der Werke Beda Weber’s folgen am Schlusse]; und endlich gerieth er „durch Zufall“, wie er selbst gesteht, „ins Gebiet der christlichen Mystik, die ihn sechs Jahre gefangen hielt“ und ein paar Werke zeitigte, welche wohl besser ungedruckt geblieben wären. Er gesteht selbst, „daß er durch diese Werke mit den Liberalen [vielleicht wäre richtiger das Wort Vernünftigen zu setzen] Tirols und Oesterreichs, mit der Regierungscensur und insbesondere mit jenen Bayern (hier ist offenbar Ludwig Steub gemeint) verfeindet wurde, welche in Tirol gegen Kirche und Priesterthum agitirten (?). Ihre Organe gegen mich waren die „Allgemeine Zeitung“ von Augsburg, „Die Grenzboten“ und andere Schmutzblätter (!!). Ihren fortwährenden und oft cynischen Angriffen hatte ich die Wahl nach Frankfurt und zum Mitgliede der kaiserlichen Akademie in Wien und der königlichen in München zu verdanken“ (??). [172] Bezüglich der Thätigkeit Weber’s im Frankfurter Parlamente, in welchem er den südtirolischen Wahlkreis Meran vertrat, und welches er im April 1849 verließ, verweisen wir auf S. 175, Quelle „Beda Weber’s Charakteristik von Heinrich Laube“. Diese Wahl ins Parlament aber war für Weber’s übriges Leben entscheidend, denn am 14. April 1849 wurde er vom Domcapitel in Limburg zum Domcapitular der dortigen Kathedrale und dem damit verbundenen Pfarramte der katholischen Bartholomäusgemeinde in Frankfurt a. M. postulirt, am 21. April vom Senate dieser Stadt zur genannten Stelle befördert, am 15. Mai vom Bischofe zu Limburg zum Pfarrverweser, bischöflichen Commissarius, geistlichen Rathe und Mitgliede des Ordinariates in Frankfurt ernannt, am 18. Juni von Pius IX. zur Annahme dieser Kirchenämter – denn Weber war bis dahin Benedictinermönch – säcularisirt, am 17. Juli zum Mitgliede der katholischen und gemischten Kirchen- und Schulcommission und zum Inspector der Domschule gewählt, am 24. Juli als Stadtpfarrer in Frankfurt und am 8. August 1849 als Domherr in Limburg installirt. Im April 1853 wollte ihn der Bischof von Limburg zum Stellvertreter in die Nassau’sche Ständeversammlung wählen lassen, Weber wurde jedoch von den Ständen, da er nicht Nassauer war, nicht zugelassen. Etwa ein Jahrzehnt war es ihm gegönnt, in dieser ihm bei seinem mehr auf das Praktische gerichteten Streben so zusagenden Sphäre zu wirken. Im Februar 1858 verkündeten die Blätter seinen plötzlichen Tod. „Am verflossenen Freitage (26. Februar)“, schreibt sein Biograph Leopold Müllergroß, „hatte er noch das Wort Gottes im Frankfurter Dome verkündet, sich durch die Vorstellungen des dringend abrathenden Arztes am Samstage nicht abhalten lassen, seine Functionen als Beichtvater zu verrichten, da finden wir ihn in der zehnten Morgenstunde des Sonntags (28. Februar) als schöne Leiche auf dem Bette liegen, in das er hingesunken war, einen unbeschreiblichen Ausdruck von Ruhe und Frieden im Gesicht. Niemand wollte sich überzeugen, daß er todt sei. Sein Leben war der Trost für die Hinterbliebenen, ein rundes heiliges Leben von 60 Jahren, das uns Allen zum Muster dienen kann.“ Bei Beda Weber, einem Manne voll Thatentrieb und Erregbarkeit, war auch die schriftstellerische und gelehrte Thätigkeit stets auf das Leben gerichtet und auf das innigste damit verzweigt, ebenso sehr ein Bedürfniß des Herzens als eine Objectivirung des Geistes. Der Akademiker Ferdinand Wolf, der seinem Collegen – denn dieser war Mitglied der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien – in der feierlichen Sitzung einen Nachruf widmete, glaubte über den verschiedenen Charakter der Schriften des Verewigten Aufschluß geben zu müssen und that es mit folgenden Worten: „Viele von Weber’s zahlreichen Schriften sind aus dem Interesse seines Berufes als Seelsorger und Theolog hervorgegangen und mußten bei seinem Glaubenseifer den Zeitströmungen gegenüber häufig polemisch auftreten; daher sind Productes seines Patriotismus die selbstständigen Werke und die in vielen Zeitschriften zerstreuten Aufsätze über die Topographie und Geschichte Tirols, unter welchen sein lebensfrisches historisches Gemälde: „Oswald von Wolkenstein und BLKÖ:Habsburg, Friedrich IV. mit der leeren Tasche''Friedrich'' mit der leeren Tasche“ nicht nur den fleißigen Forscher, sondern auch den künstlerisch begabten Geschichtsschreiber [173] bewährt hat.“ Als mit dem Patente vom 14. Mai 1847 Seine Majestät der Kaiser die Stiftung einer kaiserlichen Akademie der Wissenschaften aussprach, befand sich unter den durch kaiserliche Ernennung berufenen ersten Mitgliedern auch Beda Weber, den zwei Jahre später die Münchener Akademie unter ihre auswärtigen Mitglieder aufnahm. Wir lassen nun dieser Lebensskizze die chronologische Uebersicht der von Weber durch den Druck veröffentlichten Schriften folgen: „St. Chrisostomus 6 Bücher vom Priesterstande“ (Innsbruck 1833, Wagner, 8°.); – „Meran und seine Umgebungen oder das Burggrafenamt von Tirol. Für Einheimische und Fremde. Mit einer Karte“ (Innsbruck 1835, 8°., neue Aufl. 1845); – „Das Land Tirol. Mit einem Anhange: Vorarlberg. Ein Handbuch für Reisende“ 3 Bände (ebd. 1837 und 1838, kl. 8°.) [Einleitung: Nordtirol (Inn-Lech-Großachenregion); Südtirol (Etsch-Drau-Brenta-Sarkaregion); Nebenthäler. Vorarlberg]; – „Innsbruck. Ein historisch-topographisch-statistisches Gemälde dieser Stadt, nebst Ausflügen in die nahen Umgebungen. Ein Wegweiser für Einheimische und Fremde. Mit 1 Plan von Innsbruck, 1 Karte der Umgegend und mehreren Ansichten“ (Innsbruck 1838, gr. 8°.); – „Handbuch für Reisende in Tirol. In einem Bande. Nach dem grösseren Werke: „Das Land Tirol“. Dreifach verbessert und berichtigt. Mit 1 Tabelle und Karte“ (ebd. 1842, 16°., 2. Aufl. ebd. 1858), davon erschien eine französische Uebersetzung unter dem Titel: „Le guide du voyageur en Tirol. Traduit de l’Allemand par F. M. de Ring. Avec une carte géographique“ (ebd. 1844, 12°.); – „Denkbuch der Erbhuldigung in Tirol 1838. Mit Holzschnitt-Initialen“ (ebd., gr. 8°.); – „Tirol und die Reformation. In historischen Bildern und Fragmenten. Ein katholischer Beitrag zur näheren Charakterisirung der Folgen des dreissigjährigen Krieges vom tirolischen Standpunkte aus“ (ebd. 1841, gr. 8°.); – „Lieder aus Tirol“ (Stuttgart und Tübingen 1842, J. E. Cotta, 8°.) [vergleiche darüber die ausführliche Besprechung in Menzel’s „Literaturblatt“ 1842, Nr. 98 und 99 und die Literaturbeilage zum „Kometen“ 1842, Nr. 30, von J. Hammer]; – „Blüten der heiligen Liebe und Andacht. Gesammelt für Kenner und Liebhaber des inneren Lebens. Aus den Schriften der heiligen Giovanna Maria dalla Croce“ (Innsbruck 1845, 8°.); – „Die Gedichte Oswalds von Wolkenstein. Mit Einleitung, Wortbuch und Varianten herausgegeben“ (ebd. 1847); – „Die Stadt Bozen und ihre Umgebungen. Mit einer (in Stahl geschn.) Ansicht und (lith.) Karte (in Fol.) von der Umgebung von Bozen“ (Bozen 1849, Eberle, gr. 8°.); – „Oswald von Wolkenstein und Friedrich mit der leeren Tasche. In eilf Büchern“ (Innsbruck 1850, gr. 8°.); – „Predigten ans Tirolervolk“ (Frankfurt a. M. 1851, Sauerländer, 8°.); – „Andreas Hofer und das Jahr 1809. Mit besonderer Rücksicht auf Passeiers Theilnahme am Kampfe“ (Innsbruck 1852, gr. 8°.); – „Das Thal Passeier und seine Bewohner. Mit besonderer Rücksicht auf Andreas Hofer und das Jahr 1809“ (ebd. 1852, gr. 8°.); – „Charakterbilder aus Frankfurt“ (Frankfurt 1858, 8°.): – „Cartons aus dem deutschen Kirchenleben“ (Mainz 1858, 8°.); – „Professor Karl Vogt. Historisch-physiologisch geschildert“ 3. Aufl. (Frankfurt 1868, gr. 8°.), ist ein Separatabdruck aus den „Charakterbildern“; – „Johanna Maria vom Kreuze (Giovanna Maria dalla Croce) und ihre Zeit. Ein Lebensgemälde aus dem 17. Jahrhundert“ 3. Aufl. (Regensburg 1877, Manz, gr. 8°.); die erste Auflage dieser Schrift ist im Jahre 1846 erschienen; [174] – „Einige Ursachen der Wiener Krisis vom Jahre 1873“ (Leipzig 1874, Veit und Comp., gr. 8°.); dieses Werk finden wir im Kayser’schen Bücherkatalog Beda Weber zugeschrieben, doch können wir nicht recht begreifen, wie der nahezu schon zwei Decennien im Grabe ruhende Verfasser dazu kommt, über die Wiener Krisis 1873 zu schreiben; – „Vormärzliche Lieder aus Tirol“ (Jena 1859). Außerdem enthalten die „Frankfurter katholische Kirchenzeitung“, die von Görres begründeten „Historisch-politischen Blätter“ und die „Katholischen Blätter aus Tirol“ mehrere Aufsatze seiner Feder, die aber wohl meist in die vorgenannten Schriften aufgenommen sind. Es ist eine ebenso reiche als vielseitige Thätigkeit, die sich uns in Beda Weber vorstellt, denn er ist Poet, Geschichtsschreiber, Geo- und Topograph, Mystiker, Homilet und Politiker. Ein Urtheil über ihn zusammenzufassen, ist weniger schwierig, da er sich in Allem, was er schreibt, als Ultramontaner darstellt und seinen Ultramontanismus auch entschieden betont, dadurch aber seinen Schriften ein Gepräge gibt, das nicht jedem Leser gefällt und wo es sich wie bei Dichtungen um Kunst handelt, denselben nicht immer gerade zum Vortheil gereicht. Er selbst ist, je nach dem Standpunkte, den die Kritiker ihm gegenüber einnehmen, sehr verschieden beurtheilt worden. Während ihn die Einen verhimmelten, haben ihn die Andern verketzert, Beides mit Unrecht, denn Beda Weber ist ein guter Poet, ein fleißig beobachtender Topo- und Geograph, ein gründlicher Historiker, ein begeisterter Ascet und ein gewandter Homilet, der aber seine Stellung als Mönch und katholischer Priester immer und überall nicht genug betonen zu können glaubt, infolge dessen gegen anders Denkende unduldsam heftig auftritt und so, statt zu versöhnen, was doch Aufgabe des wahren Christen und Priesters ist, verletzt und verbittert, dabei aber sich in seinem heiligen Eifer nicht immer consequent bleibt und so z. B., während er auf einer Seite den bei dem Souper eines Frankfurter Kaufmannes zuerst aufgetauchten Ausdruck „Volkssouveränetät“ mit allem Spott und aller Entrüstung eines Conservativen überschüttet, mehrere Seiten später eben diese erniedrigte Volkssouveränetät als diejenige Macht bezeichnet, „die uns beistehen wird, daß wir Alle friedlich nebeneinander leben können“! – Der Mysticismus, den er in „Tirol und die Reformation in historischen Fragmenten“, „Giovanna Maria dalla Croce“ und „Blüten heiliger Liebe“ ganz offen zur Schau trägt, erscheint als ein Uebel, an dem er einige Jahre hinsiechte, von dem er sich aber wieder befreite, als er in den erschütternden Wirren des Jahres 1848 auch mitzusprechen anfing und auf das Feld der Politik gelangte, welches niemals der Acker ist, auf dem der echte Priester richtige Blüten pflücken wird. Alles in Allem ist Beda Weber ein streitbarer Priester des Herrn, der im Arsenal seiner Kenntnisse allerlei Waffen findet, mit denen er sich zu vertheidigen vermeint, ohne zu bedenken, daß immer er der Angreifer war und er also sich nicht wundern durfte, wenn die Angegriffenen gegen ihn zu Felde zogen. Gewiß besaß der Priester Beda Weber ungewöhnliche Geistesgaben, wovon er zeitweise auch schöne Proben gegeben, aber bei seinem Glaubenseifer verstieg er sich manchmal so sehr, daß das bekannte „weniger wäre besser“ gerade bei ihm hätte zur vollen Geltung kommen können. Man wird vielleicht nach prüfendem Ueberblick über seine zahlreichen Schriften [175] staunend fragen: wie er Akademiker geworden? Die Antwort darauf ist leicht. Er war bei der Stiftung dieses gelehrten Körpers ernannt worden; ob er je von demselben gewählt worden wäre, steht dahin.

I. Wolfgang Menzel und Heinrich Kurz über Beda Weber den Dichter. Mit einer Bewunderung, ja mit einem Entzücken, welchem wir bei Menzel in Beurtheilung poetischer Werke nicht zu oft begegnen, begrüßt dieser im Cotta’schen „Morgenblatt“ Weber’s Gedichte. Die poetischen Werke desselben beschränken sich im Ganzen auf eine Sammlung seiner Gedichte, die unter dem Titel: „Lieder aus Tirol“ 1842 erschienen sind, und auf eine zweite, betitelt: „Vormärzliche Lieder aus Tirol“ (Jena 1850), welche Heinrich Kurz ausdrücklich als Beda Weber’s Werk bezeichnete, obwohl der Dichter sie später verleugnete, was mit seinem ostentativen Priesterthum nicht ganz in Einklang zu bringen ist. Von den „Liedern aus Tirol“ schreibt Menzel: daß „diese Klänge aus den Bergen wunderbar das Herz erfreuen. Es ist etwas Niegehörtes, Fremdartiges, Neues in ihnen, und doch sind sie wieder so deutsch heimatlich, daß sie uns ahnen lassen, wie viel Musik noch im deutschen Volke schlummert... Seit Oswald von Wolkenstein erblindet auf dem hohen Bergschloß seiner Väter sein letztes Lied gesungen, war Tirol der deutschen Dichtkunst entfremdet. Nun rücken die Hochgebirge plötzlich in das Flachland der Poesie ein und behaupten ihre Rechte... Es handelt sich hier in der That nicht von einem Dichter mehr zu Tausenden, die wir schon haben, sondern von einem ganzen deutschen Lande, und zwar von einem der schönsten, als dessen erster poetischer Vertreter Beda Weber in den Kreis der Sänger tritt. Tirol war seit dem großen Jahre 1809 oft der Gegenstand dichterischer Bewunderung und Begeisterung für die Norddeutschen. Land und Leute wurden immer mehr erkannt und geliebt. Aber der poetische Genius des Landes lag gleich einem Endymion regungslos schlummernd in seiner Schönheit da und ließ sich nur von Anderen liebend betrachten, anreden und ansingen. Jetzt auf einmal schlägt er das Auge auf und redet selbst und mit so schöner Stimme, daß keine Ueberraschung lieblicher gedacht werden kann... Die meisten Lieder sind in der Stimmung eines Einsiedlers niedergeschrieben, eines frommen Beters, der von den schneeigen Alpen emporblickt zum dort näheren Himmel, der von hoher Empfindung wie von Adlerschwingen des Johanneischen Geistes getragen den Segen spricht über das schöne Bergland unter ihm, der aber auch hinabsteigt zum wackeren Volke, aus dem er hervorgegangen, der Leid und Freude und vor Allem die patriotischen Gefühle und die Wärme der Erinnerung an große Heldentage mit ihm theilt, und der endlich berührt vom Geisteshauch der gebildeten Außenwelt und gelockt durch die süße Stimme der Weltlust, nicht Blicke des fanatischen Zornes gegen sie schleudert, sondern lächelnd mit abwehrender Hand sie nur begrüßt, um von ihr zu scheiden, und in der dunklen Pforte des kleinen Klosters verschwindet. Gewiß eine seltene, großartige und zugleich höchst liebenswürdige Erscheinung und ganz außergewöhnlich in der Geschichte der neuesten Poesie“. – Und nun bringt Menzel eine ganz stattliche Folge von Auszügen, theils in ganzen Gedichten, theils in Bruchstücken, die wirkliche Perlen der Dichtung sind und bei denen uns nur Befremden erfüllt, daß solche Liederblüten in allen Anthologien fehlen, denn Beda Weber finden wir sonderbarer Weise nirgends vertreten: die Literaturgeschichten von Gottschall, Laube und Anderen schweigen über ihn. Nur Heinrich Kurz behandelt ihn, aber bedeutend kühler als Menzel, indem er von ihm schreibt, „es ist in Beda Weber’s Liedern eine reiche Phantasie und Gestaltungskraft nicht zu verkennen, und seine Naturbilder sind kräftig gezeichnet; allein meistens verschwimmen seine Gedanken in mystischer Ueberschwenglichkeit, die an Clemens Brentano erinnert.
II. Heinrich Laube über Beda Weber, den Frankfurter Parlamentarier. Laube berichtet über die Debatte, die Ausnahmestellung Oesterreichs zu Deutschland betreffend: „Am dritten Tage der Debatte, am 26. October (1848), sprachen vorzugsweise Oesterreicher. Beda Weber aus Meran, ein stark gebauter gelber Geistlicher, ganz mit der südlichen Physiognomie des katholischen Weltgeistlichen, sprach im Style von Abraham a Santa Clara gegen die revolutionären Widersacher Oesterreichs und erregte schallendes Gelächter namentlich durch folgende [176] Worte: „Was Herr Eisenmann in Bezug auf Ungarn sagt, ist eine rührende und romantische Liebe. Sie ist mir höchst ehrwürdig, denn wie jede uneigennützige, so ist auch diese nur um so inniger und besser, je weniger Ursachen hiezu vorhanden sind“. Ueber die Hauptfrage brachte er Zweierlei zum ersten Male auf die Tribune. Erstens, daß Oesterreich keine föderative, sondern auch jetzt eine einheitliche Verfassung erhalten solle und werde, und zweitens, daß das ganze Oesterreich „dem Reiche deutscher Nation beitreten könne“. Man nahm keine Notiz von diesen Aeußerungen. Der Redner selbst aber hat seine streng österreichischen Ansprüche consequent, hartnäckig, oft giftig geführt und verfochten bis zum Letzten, als einer der entschlossensten Parteimänner. Er hat Gedichte herausgegeben, und da er das „Deutsche“ mit großem und oft willkommenem Nachdruck zu betonen pflegte, so nahm sich Uhland, der an diesem Tage gerade unmittelbar vor ihm gesprochen hatte, gar eigenthümlich aus. Der Dichter neben dem Dichter, der Deutsche neben dem Deutschen, der Süddeutsche neben dem Süddeutschen, der Eine rechts, der Andere links. Beide auf Oesterreich pochend, der Eine dergestalt, daß Deutschland sich nach Oesterreich richten müsse, der Andere dergestalt, daß Deutschland über Oesterreich zu verfügen habe.“ – Als dann Laube später von Verhandlungen über das erbliche Kaiserthum berichtet, in welchen auch Beda Weber mitthat, schreibt er über ihn: „Neben dem rührenden, tief erwogenen, gründlich patriotischen Ernst Rümelin’s nahm sich Inhalt und Form Beda Weber’s übel aus. Er hielt einen luftigen Ton für angemessen solcher Frage und eine lustige Verleugnung all’ seiner Grundsätze. Er, der zur strengen Rechten gehörte, empfahl heute die Volkssouveränetät, Urwahlen, den Kaiser und wenn das nicht möglich, einen Präsidenten. Dahlmann selbst, welcher sich sonst so wenig um die Reden anderer Leute bekümmerte, bemerkte zum Eingange, daß ein so tief ernster Gegenstand nicht mit mannigfaltigen Späßen zu überschütten sei. Die Späße mögen dahingestellt bleiben, aber derlei unlautere Wendungen entschlüpfen nie dem öffentlichen Gewissen und fallen wie Mehlthau auf die Sache, welcher sie dienen sollen. Sie hätten hier doch gute Dienste geleistet, meint man? Diese Berufung auf Volkssouveränetät und einen Präsidenten hätte ja die glückliche Coalition mit der Linken so fruchtbar eingeleitet? Ach ja! die Lüge hilft wohl von einem Tage zum andern.“
III. Beda Weber’s Glaubensbekenntniß. Er faßte dasselbe in folgende Worte:

Nie verleugn’ ich meine Fahne.
Ja, ich bin ein Ultramontane
Mit den Worten, mit der That,
Treu der Kirche, wie dem Staat,
Und aus dieser Ultratreu
Sproßt die Liebe täglich neu.
Alle Menschen zu beglücken,
Und sie an mein Herz zu drücken,
Daß wir Alle, Brüdern gleich,
Liebend ruh’n im deutschen Reich.

IV. Beda Weber im Parlamentsalbum. Die S. Schmerber’sche Verlagshandlung in Frankfurt a. M. (Nachfolger Heinrich Keller) gab im Jahre 1849 ein „Parlaments-Album. Autographirte Denkblätter der Mitglieder des ersten deutschen Reichstages“ (gr. 4°.) heraus. Auch Beda Weber ist daselbst mit einem Autograph vertreten. Es lautet: „Am 13. August 1849. Alle staatlichen Institutionen, die nicht auf dem Grunde des positiven Christenthums ruhen, werden nur die Verwirrung vermehren, an welcher die europäische Menschheit krankt. Eine vollständige Trennung des Staates vom christlichen Wesen ist eine klägliche Bankerotterklärung der gegenwärtigen Generation und ein Verbrechen gegen die Menschenbildung. Auf einem solchen Wege gelangt man nicht zum Frieden und zum Glück der Völkerfreiheit, (sondern) zur Rohheit und Barbarei, wo keine wahre Freiheit möglich ist, Zum Glück ist die christliche Wahrheit stärker als die Thorheit der Menschen. Beda Weber“. [Im vorletzten Satze ist das in Klammern beigefügte Bindewort sondern zu ergänzen, welches im Stammbuchblatte fehlt.]
V. Porträts. 1) Unterschrift: Facsimile des Namenszuges: „Beda Weber“. Dauthagee 1853 nach der Natur gezeichnet und lithographirt. Gedruckt bei J. Höfelich[WS 1], Wien bei Joseph Bermann (gr. Fol.) [aus der Suite der Wiener Akademikers]. – 2) Facsimile des Namenszuges: „Beda Weber“. Schertle 1849 (lith.). Nach J. Seib’s Lichtbild gedruckt von Ed. Gust. May in Frankfurt a. M. Verlag der S. Schmerber’schen [177] Buchhandlung (4°.). – 3) J. Seyb dag., Anon sc. (4°.) Halbfigur.
VI. Quellen zu Beda Weber’s Biographie. Beda Weber’s Lebens- und Literaturbild. Von Brühl (Regensburg 1858, Pustet, 8°., XXXVIII und 268 S.). – Bote für Tirol und Vorarlberg, 1858, Nr. 52, S. 221: „Beda Weber. Nekrolog von Leopold Müllergroß“ [auch in „Deutschland“ 2. März 1858, Nr. 49 und in anderen Blättern]. – Derselbe, 1858, Nr. 57: „Nachruf an Beda Weber“. Von August Lewald. – Derselbe, 1858, Nr. 52: „Nekrolog“; Nr. 72 und 73: „Beda Weber’s Selbstbiographie“. – Brümmer (Franz). Deutsches Dichter-Lexikon. Biographische und bibliographische Mittheilungen über deutsche Dichter aller Zeiten. Unter besonderer Berücksichtigung der Gegenwart (Eichstett und Stuttgart 1877, Krüll, schm. 4°.) S. 475. – Didaskalia (Frankfurter Unterhaltungsblatt, 4°.) 1865, Nr. 234: „Von C. della Plinna“. – Deutschland. Belletristisch-literarische Beilage, 13. März 1858, Nr. 58: „Ein Kranz auf Beda Weber’s Grab“. – Feierliche Sitzung der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften am 31. Mai 1858 (Wien, kl. 8°.) S. 82–89. Von Dr. Ferd. Wolf. – Illustrirte Zeitung (Leipzig, J. J. Weber, kl. Fol.) 1844, Bd. II, S. 346. – Der katholische Christ, 1858, Nr. 12. – Katholischer Wahrheitsfreund. Herausgegeben vom Paulusvereine in Gratz (Gratz, 4°.) 28. August 1861, Nr. 35: „Beda Weber und der Missionär aus Albanien“. – Kehrein (Joseph). Biographisch-literarisches Lexikon der katholischen deutschen Dichter, Volks- und Jugendschriftsteller im neunzehnten Jahrhunderte (Zürich, Stuttgart und Würzburg, 1871, Leo Wörl, gr. 8°.) Bd. II, S. 237 [mit reicher biographischer Literatur]. – Kurz (Heinrich). Geschichte der neuesten deutschen Literatur von 1830 bis auf die Gegenwart. Mit ausgewählten Stücken aus den Werken der vorzüglichsten Schriftsteller (Leipzig 1872, Täubner, Lex. 8°.) S. 33 a, 34 b, 491 a, 865 a, 868 a, 873 b, 885 b. – Laube (Heinrich). Das erste deutsche Parlament (Leipzig 1849, Weidmann, kl. 8°.) Bd. III, S. 74 u. 265. – Männer der Zeit. Biographisches Lexikon der Gegenwart (Leipzig 1860, Karl B. Lorck, 4°.) I. Serie. Sp. 870. – Oesterreichischer Volksfreund (Wien, Fol.) Nr. 52: „Nekrolog“; 1858, Nr. 76 und 77 im Feuilleton: „Beda Weber’s Selbstbiographie“; 1865, Nr. 281 und 282 im Feuilleton: „Aus halbvergangener Zeit“. – Salzburger Kirchenzeitung (gr. 4°.) 1858, Nr. 10, 11, 12 und 13: „Beda Weber“. – Steub (Ludwig). Der Sängerkrieg in Tirol. Erinnerungen aus den Jahren 1842–1844 (Stuttgart 1882, Ad. Bonz und Comp., 8°., VIII und 493 S). [Ein großer Theil dieser interessanten Schrift, oder wohl gar das Ganze, war in der literarischen Beilage (Montags-Revue) der „Wiener (amtlichen) Zeitung“ 1881, Nr. 27 und 29–40 unter dem Titel „Literarische Unruhen in Tirol“ abgedruckt. Auf Grund eigener Wahrnehmungen stellt in anziehender Weise Ludwig Steub die literarische Bewegung in Tirol zu Anfang der Vierziger-Jahre dar. In den Vordergrund rückt er Beda Weber, von dem er ein Bild entwirft, welches mit anderen von Freunden oder Anhängern des Dichters entworfenen ganz und gar nicht übereinstimmt. Da ich denselben wohl persönlich kannte, nie aber in engeren Verkehr mit ihm getreten bin, so kann ich nicht beurtheilen, ob die Farben, welche Steub aufgetragen, immer die ganz richtigen und vielleicht hie und da etwas zu grell sind. Immerhin aber wird dieses Buch die unberechtigte Verhimmelung Weber’s dämpfen und dazu beitragen, ein annähernd richtiges Bild des seinerzeit vielbesprochenen und über die Gebühr erhobenen Tirolers zu gestalten.] – Tiroler Volksblatt (Innsbruck, 4°.) 1870, Nr. 40: „Vom Eisack. Beda Weber“. – Volksblatt für Tirol und Vorarlberg (Innsbruck, 4°.) 16. März 1858, Nr. 11 und 34: „Trauer um Beda Weber“. – Wiener Kirchen-Zeitung. Von Sebastian Brunner, 1858, Nr. 10 und 11. – Dieselbe, 24. October 1860, Nr. 43 und 44, Beilage: „Beda Weber’s Grab- und Leichenreden“. – Wiener Zeitung, 1858, Nr. 61, S. 840: „Beda Weber“.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: J. Hofelich.