Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
fertig
Band: 2 (1857), ab Seite: 176. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
Sebastian Brunner in der Wikipedia
Sebastian Brunner in Wikidata
GND-Eintrag: 118667734, SeeAlso
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Brunner, Sebastian|2|176|}}

Brunner, Sebastian (Doctor der Theologie und Philosophie, Schriftsteller, geb. zu Wien 10. Dec. 1814).[BN 1] Er ist der Sohn des Wiener Seidenzeug-Fabrikanten Jakob Brunner; vollendete den Gymnasial-Cursus am Schottengymnasium zu Wien, die philosophischen [177] Studien am Lyceum des kais. Convictes zu Krems und die Theologie an der Hochschule in Wien. Im J. 1838 zum Priester geweiht, war er Caplan u. Pfarrverweser an verschiedenen Orten der Wiener Diözese und zuletzt in Wien selbst, wo er zugleich Feiertagsprediger an der Universitätskirche ist. Zwei Studienjahre hintereinander bekleidete er die Decanswürde der philosophischen Facultät; der Csánad-Temesvárer Bischof ernannte ihn zum Consistorialrath. Er lebt gegenwärtig in Wien, ist Stiftungs-Superintendent der Wiener Universität und redigirt die im J. 1848 begründete „Wiener Kirchenzeitung“ (Wien, Verlag von J. F. Greß, 4°.), welche bereits im 10. Jahrgange (1857) herauskommt. In der literarischen Welt lenkte B. zuerst die Aufmerksamkeit auf sich durch seine Satire, die „Nebeljungen“, worin er mit kaustischem Witze die Hegel’sche Schule angriff. Seine zahlreichen Schriften sind theils theologischen, theils polemischen Inhalts, erstere in Prosa, letztere zum Theil in gebundener Rede. Sie sind aus dem Gebiete der Theologie: „Das Heil aus Sion. Ein Erbauungsbuch“, 2. Aufl. (Wien 1845); – „Friede in Christus. Kathol. Gebetbuch“, 2. Aufl. (Wien 1848, 16°., mit 2 K. K.); – „Hurter vor dem Tribunal der Wahrheitsfreunde“ (Regensburg 1849); – „Einleitung zur Homiletik der Neuzeit“ (Regensburg 1849, gr. 8°.); – „Kanzel und Politik. Für Dr. Veiths Freunde und Feinde“ (Wien 1850, gr. 8°.); – „Aus dem Nachlasse des Fürsten Alexander Hohenlohe“ (Regensburg 1851); – „Kirchen- und Staatsgedanken“, 2. Aufl. (Wien 1851); – „Homilienbuch für die Sonn- und Feiertage des Kirchenjahres“ 2 Bde. (Regensburg 1851, gr. 8°.); – „Rom und Babylon. Eine Beleuchtung confessioneller Zustände der Gegenwart“ (Regensburg 1852, gr. 8°.); – „Thomas a Kempis übersetzt“ (Stereotypausgabe, Wien 1853); – „Sternkalender für Katholiken“ seit 1853, bisher 5 Jahrgänge; – „Petrus und Paulus. Predigt“ (Wien 1853, Greß, 8°.); – „Zweifel und Trauer. Predigt“ (Eb.); – „Die kathol. Festtage“ (Regensburg 1854); – „Das Hohenpriester-Gebet Jesu Christi (Joh. 17. Hauptstück), in sieben Homilien“ (Regensburg 1855); – „Paulus in Athen (Apostelgeschichte, 17. Hauptstück). Ein Spiegelbild unserer Zeit“ (Wien 1856); – „Büchlein gegen die Todesfurcht“ (Wien 1856, Wendelin). – Schriften verschiedenen Inhalts. Hier lassen wir bei mehreren derselben die Motto’s folgen, weil daraus die Tendenz der Schrift entnommen werden kann: „Jerusalem. Frei aus dem Französischen des Mislin“ (Regensb. 1844); – „Geschichte von Wiener-Neustadt“, 2. Aufl. (Wien 1845, Mayer); – „Der Babenberger Ehrenpreis. In Gedichten“, 2. Aufl. (Regensburg 1846); – „Die Welt ein Epos“ 3. Aufl. (Regensburg 1846), mit dem Motto:

Das ist ein Epos wunderbar erklungen,
Die Schöpfungstage sind die sechs Gesänge;
Der Sänger Gott: Er selbst hat es gesungen,
Und ewig währen seine Liedesklänge. –

Das schon oben erwähnte „Der Nebeljungen Lied“ (Erste Aufl. 1845, 4. Aufl. Regensburg 1857); – „Der deutsche Hiob“, 2. Auflage (Regensburg 1846), mit dem Motto:

Ihr großen deutschen Geister,
Ihr kritisirt nicht schlecht,
Ihr nennt einander – Lumpen,
Und – jeder von euch hat Recht. –

woraus „Johannes Runge, der Luther des 19. Jahrhunderts, naturgetreu geschildert, Gedicht“ 3. Aufl. (Ebenda 1848, gr. 8°.) besonders abgedruckt erschien; – „Blöde Ritter. Poetische Gallerie deutscher Staatspfiffe“ (Regensb. 1848, 8°.), mit dem Motto:

Wo ist des Deutschen Vaterland?
Wo Einer ’sPulver einst erfand,
Und jetzt noch Jeder glaubt dabei,
Daß er der Miterfinder sei,
Das ist des Deutschen Vaterland. –

„Einige Stunden bei Görres“ (Regensburg 1848); – „Schreiberknechte. Eine Serenade für [178] das papierene Kirchenregiment. Gedicht“ 3. Aufl. (Regensburg 1849), mit dem Motto:

Ihr erzeugt Euch gegen Jene
Nur in Gnaden wohlgewogen,
Die vor Euch stehn – gleich der Bittschrift,
In der Mitte – eingebogen! –

„Die Prinzenschule zu Möpselglück. Schildereien aus der jungen Welt“, 2 Bde. (Regensburg 1848), mit dem Motto:

Es ist dahier im Scherz zu seh’n,
Wie wir im Ernst zum Teufel geh’n. –

„Des Genies Malheur und Glück. Eine Erzählung“, 2 Bde., 2. Auflage (Regensburg 1847), mit dem Motto:

Ich haß die Werke, wo sich die Citaten
Wie Eisgebirge haben aufgehäuft,
Und der Text als wie ein dünner Schatten,
Ganz matt und kränklich oben drüber streift. –

„Das deutsche Reichsvieh“ 2. Aufl. (Wien 1849); – „Fremde und Heimat“ 2. Aufl., 2 Bde. (Wien 1849); – „Mane, thekel, phares [gezählt, gewogen, getheilt], Daniel V. 25. Ein letztes Wort an die armen Reichen“, 3. Aufl. (Regensb. 1851), [auch in’s Französische übersetzt, Paris] mit dem Motto:

Es soll der Dichter, wie das Herz,
Im Leib der Menschheit schlagen,
Und ihre Lust und ihren Schmerz,
In sich gesammelt tragen;
So mag er jedes Siechthum lang
Vor seinem Ausbruch spüren,
Wenn Fieberschauer, kalt und bang
Sein Herz wie Eis berühren. –

„Diogenes von Azzelbrun“, 2. Aufl. (Wien 1853); – „Monarchie und Politik. Aus dem Spanischen von Palafox“ (Wien 1853); – „Woher, wohin? Geschichten, Gedanken, Bilder und Leute aus meinem Leben“ 2 Bde. (Wien 1855, Greß), mit dem Motto:

Wo bin ich her, wo soll ich hin?
Das sind die Lebensfragen schwer;
Sind sie gelöst, ich brauch nicht mehr,
Dann weiß ich, was ich soll und bin.
Wie ich nach einer Antwort rang,
Will ich erzählen hier getreu,
Daß es zu Nutz und Frommen sei,
Für jene, die noch ringen bang. –

„Götter und Lazzaroni. (Eine Reise durch Italien)“ (Braumüller), mit dem Motto:

Am Sarno schläft Pompeji, die schöne Büßerin,
Das Haupt bestreut mit Asche – geziert mit Zweigen grün,
Der Po strömt durch der Sarden und der Lombarden Land,
Hier schreib’ ich, was ich zwischen dem Po und Sarno fand.
Bald Götter und Heroen aus kaltem Marmelstein,
Bald wieder Lazzaroni aus Fleisch und aus Gebein,
Bald Stadt und Flur und Künste, bald Polizei und Paß,
Und vieles Andre will ich Dir künden, ohn’ Unterlaß. –

„Keilschriften. Geflochtenes Reimwerk“ (Regensburg 1856, 16°.). Auch schrieb B. zu Jos. Führichs „die klugen und thörichten Jungfrauen des Evangeliums“, in Stahl gest. von J. Lendner (Regensburg 1849, Fol.), den Text, wie auch zum Triumphzug.

Das Werk: „Woher wohin“ ist eine Autobiographie Brunners und gibt Aufschlüsse über seinen Bildungsgang und die Entwickelung jener Ansichten und Grundsätze, die er in seinen zahlreichen Schriften niedergelegt hat. – Blätter für literarische Unterhaltung (Leipzig, Brockhaus, 4°.) 1855, S. 271. – Allgemeine Zeitung 1856, Hauptblatt S. 964. – Dieselbe 1855. – G. Philipps und G. Görres Historisch-politische Blätter für das katholische Deutschland, redig. von Joseph Ed. Jörg (München 1854, gr. 8°.) XXXIV. Bd. S. 1032: „Aus Oesterreichs vormärzlicher Zeit.“ – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für gebildete Stände (Hildburghausen 1845) II. Suppl. Bd. S. 608.

Berichtigungen und Nachträge

  1. E Brunner, Sebastian [Bd. II, S. 176]. Seit 1865 apostolischer Protonotar. Das vollständigste Verzeichniß der inhaltreichen und verschiedenartigsten Schriften B.’s befindet sich seinem jüngsten Werke: „Die theologische Dienerschaft am [368] Hofe Joseph’s II. (Wien 1868, Braumüller, 8°.) angehängt.
    Neue freie Presse 1866, Nr. 721. – Fremden-Blatt. Von Gustav Heine (Wien, 4°.) 1865, Nr. 199. [Band 23, S. 367 f.]