BLKÖ:Stifft, Andreas Freiherr (Unter-Staatssecretär)
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 39 (1879), ab Seite: 7. (Quelle) | |||
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[8] Reformators der medicinischen Studien und des gesammten Medicinalwesens im Kaiserstaate, Andreas Joseph Freiherrn von Stifft [siehe die S. 9]. Freiherr Andreas hatte im Elternhause eine sorgfältige Erziehung genossen und, eigenthümlich genug, weder dem gelehrten Fache seines Vaters, noch sonst einer wissenschaftlichen Richtung, die ihm den Weg zu den höchsten Stellen im Staate öffnete, sondern anfänglich dem Bankgeschäfte, später der Landwirthschaft sich gewidmet und war aus dieser in den Staatsdienst, in jener gewitterschwangeren Zeit eingetreten, in der sich die alten Beamten überlebt und es an neuen brauchbaren Beamten geradezu Noth war. Fassen wir zunächst den Staatsmann ins Auge, so hat ihm sein Ruf als ausgezeichneter Oekonom, in welcher Eigenschaft wir ihn weiter unten noch kennen lernen, den Weg in den Staatsdienst gebahnt. Er galt stets als Finanzcapacität ersten Ranges; dabei war er als Mitglied der liberalen Partei in den vormärzlichen Standen Niederösterreichs, in welcher man seinen Namen in Gesellschaft des Grafen Breuner, Ferdinands Grafen Colloredo-Mannsfeld, des Freiherrn von Doblhoff, Karls Ritter von Kleyle, des Fürsten Lamberg, Albrechts Grafen Montecucculi und Ritters von Schmerling zu nennen pflegte, ehrenvoll bekannt, und führte dies die Berufung S.’s, der bis dahin nie im Staatsdienste gestanden, als Unterstaatssecretär unter dem Finanzminister Philipp Freiherrn von Kraus [Band XIII, S. 150], im Ministerium Wessenberg-Doblhoff herbei. Zwei Jahre hindurch bekleidete er diese Stelle und trat von derselben erst zurück, als die Realisirung der Märzverfassung unwahrscheinlich geworden war. Wie oben erwähnt, trat Stifft vom Bankiergeschäfte, dem er sich ursprünglich zugewendet, zur Oekonomie über und galt bald als ein höchstausgezeichneter rationeller Oekonom. Im Jahre 1833 wurde er Mitglied der k. k. Landwirthschafts-Gesellschaft in Wien, welche ihn alsbald in ihren Ausschuß wählte, dem er durch 27 Jahre als eines der thätigsten Mitglieder angehörte, bis er im Jänner 1860, als 73jähriger Greis, diese Stelle, da er sie nur mehr dem Namen nach und nicht wie bisher in Thätigkeit bekleiden konnte, niederlegte. In den Verhandlungen dieser Gesellschaft zählte er zu den thätigsten und begabtesten Mitgliedern, und in der von derselben herausgegebenen „Allgemeinen land- und forstwirthschaftlichen Zeitung“ bilden seine Ansichten über Verpachtungs-Grundsätze, Hypothekar-Anstalten, über Einfluß des Imports und Exports, über Handels-Bilancen, Einfluß der Grundentlastung auf den bäuerlichen Grundbesitz, über die Basis der Grundsteuer und die Parallele zwischen Ertrags- und Werthkataster, die werthvollsten Beiträge über die wichtigsten Fragen des, volkswirthschaftlichen Gebietes, welche noch nach Jahren maßgebend sein werden. In einem seiner Nekrologe heißt es hinsichtlich dieser Arbeiten ausdrücklich: „Diese Artikel mit seinen anderen Arbeiten würden in manchem anderen Lande als gesammelte Schriften das würdige Denkmal eines volkswirthschaftlichen Talentes bilden.“ – Professor Arenstein, welcher eben die obgenannte land- und forstwirthschaftliche Zeitung redigirt, schrieb anläßlich des Ablebens des Freiherrn von Stifft: „Je seltener die Namen sind, welche bei völlig unabhängiger Stellung durch ihren Patriotismus und [9] durch ihr Rechtsgefühl unter die Freiwilligen des Fortschritts geführt werden, desto mehr Anerkennung verdienen die Wenigen, die gleich Baron Stifft ihre Fahne stets nicht nur vertheidigen, sondern dem feindlichen Sturm auch die Concession nicht machen, sie jemals zusammenzurollen, und die nur mit entkräfteter Hand, aber hoffendem Blicke an ihr zusammensinken.“ Mit Wehmuth müssen wir die Worte lesen, welche dem Verewigten ein Fachmann zuruft: „Karl von Kleyle [Band XII, S. 85] und Andreas Freiherr von Stifft waren die Dioskuren der Landwirthschafts-Gesellschaft in Wien. Die Constellation war ihrem Lichte nicht günstig, als sie culminirten, und als sich die Wolken verzogen – gingen sie unter.“ Freiherr Andreas war mit Emilie, geborenen Gosmar, einer Schwester der Gattin des bekannten Wiener Hof- und Gerichts-Advocaten und Musikfreundes Leopold Ritter von Sonnleithner [Band XXXVI, S. 11] vermält, welche ihm zwei Söhne und drei Töchter [siehe die Stammtafel] gebar. Von den Söhnen ist Freiherr Andreas besonders bemerkenswerth, dessen Biographie Seite 1 enthalten.
Stifft, Andreas Freiherr (Unter-Staatssecretär und Landwirth, geb. in Wien im Jahre 1787, gest. ebenda 25. Juni 1861). Der Sohn des berühmten kaiserlichen Leibarztes und- Komers (A. E.), Jahrbuch für österreichische Landwirthe (8°.) 1862, S. 325. – Bohemia (Prager polit. und belletr. Blatt. 4°.)1861, Nr. 151, S. 1427. – Springer (Anton), Geschichte Oesterreichs seit dem Wiener Frieden 1809. (Leipzig 1862, gr. 8°.) Bd. I, S. 303 und 396. – Vehse (Eduard Dr.), Geschichte des österreichischen Hofes und Adels, und der österreichischen Diplomatie (Hamburg, Hoffmann und Campe, kl. 8°.) Bd. X, S. 59. – Fremden-Blatt. Von Gustav Heine (Wien, 4°.) 1861, Nr. 174.
- Porträt. Im trefflichen Holzschnitte auf einem Blatte gemeinschaftlich mit Montecucculi, Schmerling und Doblhoff im I. Bande, Seite 17, des im Verlage von R. von Waldheim in Wien 1872 erschienenen Werkes: „Das Jahr 1848. Geschichte der Wiener Revolution.“ Text von Heinrich Reschauer. Illustrirt von V. Katzler, F. Kriehuber und Anderen.