BLKÖ:Montecuculi, Albert Raimund Zeno Graf

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Monsperger, Andreas
Band: 19 (1868), ab Seite: 41. (Quelle)
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Montecuculi, Albert Raimund Zeno Graf (Staatsmann, geb. zu Wien 1. Juli 1802, gest. ebenda 19. August 1852). Entstammt einer alten glorreichen Familie Oberitaliens, über welche die Quellen [S. 43] Näheres berichten. Er ist der Sohn des k. k. Kämmerers Grafen Pellegrin (geb. 13. Juni 1760, gest. 18. Jänner 1845) aus dessen Ehe mit Theresia Freiin Loën d’Enchède (geb. 17. Jänner 1772, gest. 11. October 1847). Graf Albert vollendete in Wien seine Studien und widmete sich alsdann dem Staatsdienste. Im Jahre 1830 war er überzähliger Regierungssecretär bei der oberösterreichischen Landesregierung, wurde im Jahre 1832 wirklicher Regierungsrath und Kreishauptmann zu Ried, in welcher Eigenschaft er im Jahre 1833 nach Salzburg kam. Dort blieb er bis zum Jahre 1837, indem er noch im Jahre 1835 mit dem Directorat der Gymnasien betraut wurde. Im Jahre 1838 erhielt er die Kämmererswürde und wurde Hofrath bei der oberösterreichischen Landesregierung und ebenda im Jahre 1843 Mitglied des Verwaltungs-Ausschusses des Franzisco-Carolinums. Im Jahre 1844 kam M. als Vice-Präsident des Landes-Guberniums der Lombardie nach Mailand. Im Jahre 1847 kehrte der Graf, zum Landesmarschall der niederösterreichischen Stände, geheimen Rath und Präsidenten der Steuerregulirungs-Provinzial-Commission ernannt, nach Wien zurück. Diesen Posten bekleidete Graf M., als zu Anbeginn des Jahres 1848 ein neuer Morgen über das verschlafene Oesterreich heraufdämmerte, und ihm war es vergönnt, wie weiter unten dargestellt wird, der Erste dem Kaiser Ferdinand die Nachricht zu bringen über die herrschende Stimmung in Wien, über das allseitige Verlangen nach Reformen und was im Verweigerungsfalle auf dem Spiele stehe. Schon in den der Bewegung am 13. März 1848 vorangegangenen Berathungen der Stände hatte der Landmarschall Graf Montecuculi das ganze Ansehen seiner Stellung in’s Gewicht gelegt, um einerseits von dem Fürsten Metternich Zugeständnisse zu erlangen, und um andererseits die immer höher fluthenden Wogen der Bewegung nicht alle Schranken durchbrechen zu lassen. Reschauer in dem in den Quellen benannten Werke erzählt, daß außer der Frau Erzherzogin Sophie namentlich auch die Fürstin Metternich für die Gewährung von Concessionen gewirkt habe, und daß es ihrer Intervention gelang, noch in der zwölften Stunde den greisen Staatskanzler zu Zugeständnissen zu drängen. Der Landmarschall Graf Montecuculi wurde von der Fürstin mit dem Fürsten in ein Zimmer eingesperrt, und sie erklärte den beiden Herren, sie öffne ihnen die Thüre nicht eher, als bis sie auf ihr Cavalierswort die Versicherung geben könnten, daß es zwischen ihnen zu einem vollständigen Einverständnisse gekommen sei. Der Landmarschall scheint während dieser Unterredung den Fürsten Metternich von der Nothwendigkeit überzeugt zu haben, daß die Regierung bei der am anderen Morgen bevorstehenden Eröffnung des Landtags durch ein entgegenkommendes Zugeständniß die Stände zu beschwichtigen und die allgemeine Zufriedenheit wiederherzustellen suche. In der That wurde auch in der Nachmittags stattgefundenen Sitzung der Staatsconferenz die schon früher „grundsätzlich“ genehmigte, später aber vertagte Berufung „vereinigter ständischer Ausschüsse“ neuerdings berathen und beschlossen. Noch in den Abendstunden [42] ergingen an den obersten Kanzler, Grafen Inzaghi, und an den Landmarschall, Grafen Albert Montecuculi, kaiserliche Handschreiben, welche die schleunige Einberufung der vereinigten Ausschüsse in Aussicht stellten. Aber dieses Zugeständniß, ein Tropfen Rosenöl in die Kloake des bisherigen absolutistischen Regimes, reichte nicht mehr aus, die Bewegung hatte sich bereits der edelsten Geister bemächtigt. Immerhin muß aber dem Grafen M. das Verdienst vorbehalten bleiben, daß er Alles versucht habe, um den Ausbruch einer Revolution in Oesterreich zu verhüten. Dafür, daß seine Vorstellungen an dem Starrsinne der Machthaber scheiterten, dafür konnte er wohl nicht. Im Uebrigen behielt er mitten in der Bewegung und namentlich an dem verhängnißvollen 13. März seine volle Geistesgegenwart, die ihn nicht verließ, je näher und näher die Wogen der Revolution an ihn und die Körperschaft, der er vorstand, herandrängten. Er traf, um Unglück zu verhüten, wie um Alles zu vermeiden, was die erregten Gemüther reizen könnte, alle Anstalten mit einer Umsicht und Gewandtheit, als wenn er dergleichen schon gewohnt wäre; aber Eines sollte ihm noch vorbehalten bleiben, die erste Nachricht dem Monarchen zu überbringen, zwischen welchem und dem Volke die Machthaber noch immer einen dreifachen Wall aufrecht erhielten. Da noch authentische Mittheilungen über diesen Vorgang fehlen, muß Vehse’s Darstellung hier benützt werden. Graf MontecuculiVehse nennt ihn irrthümlich Felix, Graf Felix Montecuculi, der nur niederösterreichischer ständischer Verordneter, aber niemals Landmarschall war, war jedoch bereits seit 1846 todt – also Graf Albert Montecuculi, durch die am 13. März entsendete Studenten-Deputation aufgefordert, ging zum Kaiser, um ihn über die Wünsche, die im Volke laut geworden seien, aufzuklären. Auf dem Wege dahin begegnete er im kaiserlichen Vorzimmer dem alten Fürsten Clemens Metternich. Wo wollen Sie hin? fragte dieser den Grafen – „Zum Kaiser“ war die Antwort – Zu dem können Sie nicht, zu dem geht der Weg durch mich. – Nach einem heftigen Wortwechsel drang aber Montecuculi dennoch in das kaiserliche Zimmer. Er stellte dem Kaiser vor, was auf dem Spiele stehe. Der Kaiser Ferdinand, bestätigend alle die Zeugnisse, die ihn einen der von Herzen wohlwollendsten Menschen nennen, hörte ihn ruhig an, bis er Alles gesagt hatte, und dann sagte er zu ihm, Alles, was er ihm eben berichtet, denen drüben (nämlich der Minister-Conferenz) zu wiederholen. Der Kaiser begab sich dann mit ihm in das große Sitzungszimmer der Staats-Conferenz. Hier wiederholte Montecuculi, was er dem Kaiser gesagt hatte, und hier erhielt Metternich die herbe Demüthigung durch den unverhohlenen Abfall seiner Getreuen, sie stimmten mit den Erzherzogen, die sich gegen ihn erklärten, sie ließen ihn fallen. Vergnügt äußerte der Kaiser in seinem wienerischen Dialekte – den er bekanntlich gewöhnlich sprach – „Jetzt kann ich doch auch mal Jemand eine Freude machen, ich hab’ es immer nicht gekonnt“. Dieß war wohl die schönste und auch wichtigste Stunde in Montecuculi’s Leben, und durch dieselbe lebt sein Name – jener seiner Familie steht schon durch Raimund Montecuculi, dessen Biographie S. 46, Nr. 4, folgt, glorreich da – in der Geschichte fort. Graf Montecuculi wurde später zum Staatsminister ernannt und kam, nachdem [43] Radetzky’s Siege Italien der Monarchie erhalten hatten, als Chef der 1. Section zum General-Gouvernement der Lombardie nach Verona, von dort aber als Chef der 1. Section im Ministerium des Innern nach Wien zurück, wo er auch bald darauf im Alter von erst 50 Jahren starb. Der Graf war schon im Jahre 1837, als er noch Kreishauptmann in Salzburg war, mit dem Ritterkreuze des Civil-Verdienst-Ordens der bayerischen Krone und im Jahre 1844 mit dem Commandeurkreuze des bayerischen St. Michael-Ordens ausgezeichnet worden. Seit 9. Juli 1828 war er mit Charlotte gebornen Fürstin zu Oettingen-Wallerstein (geb. 14. Februar 1802), Sternkreuz-Ordens- und Palastdame Ihrer Majestät der Kaiserin, vermält. Von den Kindern aus dieser Ehe sind noch am Leben: Graf Friedrich Karl Ludwig (geb. 4. Juni 1830), im kais. Civil-Staatsdienste; Gräfin Franziska Theresia (geb. 2. Mai 1832), Stiftsdame im adeligen weltlichen Fräuleinstifte am Hradschin in Prag, und Graf Raimund Ludwig Albert (geb. 22. November 1833), Officier in der kais. österreichischen Marine und seit 20. Jänner 1861 vermält mit Seraphine gebornen Gräfin Toulouse de Lautrec. Der älteste Sohn, Graf Albert (geb. 30. März 1829), war Lieutenant im Kürassier-Regimente König von Sachsen Nr. 3 und starb als solcher im Jahre 1854.

Reschauer (Heinrich). Das Jahr 1848. Geschichte der Wiener Revolution (Wien 1867, R. v. Waldheim, 4°.) S. 153, 167, 180, 187, 190, 191, 202, 206, 214–217. – Vehse (Eduard Dr.), Geschichte der deutschen Höfe seit der Reformation (Hamburg, Hoffmann und Campe, kl. 8°.) Abtheilung: „Oesterreichs Hof und Adel“, Bd. XI, S. 1. – Springer (Ant.), Geschichte Oesterreichs seit dem Wiener Frieden 1809 (Leipzig 1864 und 1865, S. Hirzel. gr. 8°.) Bd. II, S. 182. – Porträt. In Reschauer’s: „Das Jahr 1848“ auf S. 17 zusammen mit Schmerling, Stifft und Doblhoff [in trefflich ausgeführtem Holzschnitt].