BLKÖ:Sperges auf Palenz und Reisdorf, Joseph Freiherr von
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 36 (1878), ab Seite: 138. (Quelle) | |||
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Maria Theresia mit ihrem Gatten Franz Stephan Innsbruck besuchte, ein lateinisches Gedicht auf das Kaiserpaar, das alle Beachtung verdient. Auch sonst übte er sich schon in jungen Jahren in Abfassung lateinischer Inschriften, in kleineren Gedichten und versuchte sich sogar in Abhandlungen über Gegenstände von größerer Wichtigkeit. Nachdem er seine Studien beendet, betrat er in verhältnißmäßig jungen Jahren in Trient die juridische Laufbahn und wurde 1724 Secretär der landesfürstlichen Stadthauptmannschaft in Trient. Bald gab sich sein ungewöhnliches Geschick in Behandlung schwieriger Fälle kund, und so wurde er 1750 als Secretär nach Roveredo geschickt, wo er unter dem Grafen von Wolkenstein und Freiherrn von Hormayr (Vater) bei der Auseinandersetzung und den Verhandlungen der Grenzstreitigkeiten zwischen Tirol und dem Staate von Venedig in Verwendung stand. Diese Grenzberichtigungsgeschichte war schon sehr alt, und da es galt, sich gründlich in alte Urkunden einzustudiren, dabei Reisen an die streitigen Grenzpuncte zu unternehmen, [139] die wechselseitigen Ansprüche sorgfältig zu prüfen und nach Recht und Billigkeit zu entscheiden: so war diese Angelegenheit, die überdieß vornehmlich in seine Hände gelegt worden war, einerseits eine anstrengende, andererseits aber in Folge der gewonnenen Kenntniß der verwickeltsten Rechtsverhältnisse und geschichtlichen Zustände eine nicht minder lohnende Aufgabe. Durch die aus diesem Anlasse unternommenen Reisen hatte er eine genaue Kenntniß des Landes Tirol erlangt, und eine um so genauere, als er überall Messungen vorgenommen und nun auf Grund solcher Detailaufnahmen 1754 die erste Karte des südlichen Tirol ausgeführt hatte, welche dann auch in Kupfer gestochen wurde und die Grundlage für die nachmalige berühmte Karte Tirols von Peter Anich [Bd. I, S. 41] bildete, deren Ausfertigung in 16 Blättern zunächst durch ihn veranlaßt wurde. Seine ganze Arbeit über die Grenzverhandlung wurde alsdann an die Hofstelle nach Wien geschickt und dieselbe erregte durch die klare und gründlich ausgearbeitete Darstellung nicht geringes Aufsehen und war wohl auch die nächste Veranlassung zu seiner im Jahre 1751 erfolgten Berufung nach Wien, wo er im geheimen Haus-, Hof- und Staatsarchiv als Adjunct angestellt und 1756 in den Ritterstand erhoben wurde. In Wien lernte ihn der damalige als Hofrath und Referent in der Staatskanzlei bedienstete Friedrich Binder Freiherr von Kriegelstein, ein wissenschaftlich gebildeter Staatsmann, kennen und bis zu dessen Tode verband innige Freundschaft beide Männer. Am 13. September[WS 1] 1759 wurde S. Ministerial-Archivar. Indessen S. am Staatsarchiv in Wien thätig war, wurde seine Kraft im Lande seiner Väter nicht wenig vermißt; auch ließ er es nicht an Versuchen fehlen, um wieder eine Stelle in demselben zu erlangen; aber sie blieben vergeblich und als S. am 30. Juni 1763 zum Hofrath und Staatsraths-Officialen mit der Verwendung zu den wichtigsten diplomatischen Geschäften im Departement der auswärtigen Angelegenheiten befördert worden, so blieb er noch mehr und bleibend an Wien gefesselt. Indessen wollten ihm seine Landsleute, da er in seiner Stellung sein engeres Heimatland nie aus dem Auge ließ und namentlich unter der Kaiserin Maria Theresia für die Interessen desselben mit Erfolg thätig gewesen war, in ihrer Weise den Dank und die Anerkennung seiner Thätigkeit bezeugen, indem sie ihn in seiner Abwesenheit einstimmig unter die vornehmsten Landstände der Provinz aufnahmen und für einen Freund und Wohlthäter seines Vaterlandes erklärten. Aber Sperges, wie sehr er sich durch dieses Zeichen des Vertrauens seiner Mitbürger geehrt fühlte, lehnte die Stelle ab und blieb in Wien. Daselbst aber hatten die Kaiserin und namentlich Fürst Kaunitz, der die geistige Kraft seines Hofrathes kennen und schätzen gelernt, als eine Persönlichkeit gesucht wurde, um die im starken Verfall befindlichen österreichisch-italienischen Provinzen wieder einigermaßen zu heben, zunächst auf Sperges das Auge gerichtet, der nun auch im Jahre 1766 zum Referenten in den Mailändischen Geschäften ernannt wurde. Thatsächlich half S. mit Erfolg dem Verfalle, in welchem sich die Provinz befand, entgegenarbeiten. Der Handel wurde durch seine Maßregeln von neuem belebt, die in Unordnung befindlichen Finanzen wurden geregelt, dem Rechte, das durch Gewalt, Bestechung und Sorglosigkeit allmälig tief geschädigt worden war, ward Anerkennung und Würde verschafft [140] und so in kurzer Zeit der Wohlstand und Rechtszustand dieser wichtigen Provinz bedeutend gehoben. In Würdigung seiner Verdienste um den Staat erhielt S. im Jahre 1770 den St. Stephansorden und in Folge dessen im nächsten Jahre den erbländischen Freiherrnstand. Wurde im Bisherigen die staatsmännische Wirksamkeit Sperges’ näher gewürdigt, so bleibt uns eine nicht minder wichtige Seite seines Wirkens, nämlich die des Mannes der Wissenschaft und des Förderers derselben und der Kunst, darzustellen übrig. So waren denn die sich wieder aus ihrem Verfalle erhebende Hochschule zu Pavia, die neu errichtete Akademie der Künste und Wissenschaften zu Mantua, die patriotische Gesellschaft der Agronomie und der Manufacturen zu Mailand sein Werk. S. war einer der vornehmsten Beförderer der k. k. Akademie der bildenden Künste in Wien, welche ihn auch im Jahre 1768 unter ihre Ehren-Mitglieder aufnahm. Die während seiner amtlichen Stellung als Referent der lombardischen Provinz bei verschiedenen Anlässen geprägten Fest- und Gedächtniß-Münzen sind nach seinen Entwürfen mit den von ihm verfaßten Auf- und Umschriften geprägt, wie man denn auch kaum fehl gehen wird, wenn man alle damals in Oesterreich geprägten Denkmünzen als Werke seiner Erfindung betrachtet. Die Triumphpforte zu Innsbruck anläßlich der Ankunft Ihrer Majestäten ist nach seinem Entwurfe errichtet worden, und die von Anton Maulbertsch [Bd. XVII, S. 136] auf dem Plafond des großen Saales der Hofburg in Innsbruck gemalten Fresken sind nach Angaben von Sperges entworfen. Von den tirolischen Künstlern, welche ihm Unterstützung, Pensionen oder Beförderung zu verdanken haben, sind u. A. zu nennen: Maler J. B. Lampi [Bd. XIV, S. 57], Maler Martin Knoller [Bd. XII, S. 161], Kupferstecher Johann Peter Pichler [Bd. XXII, S. 237], Maler Johann Adam Schöpf[WS 2] [Bd. XXXI, S. 184], die Bildhauer Zauner und Zoller. Jedes keimende Genie fand an S. einen warmen Förderer und S. galt seiner Zeit in Wien neben Kaunitz als erster Kunstmäcen. Seine vielseitige und namentlich ihn vollends in Anspruch nehmende wichtige amtliche Thätigkeit gestattete ihm nicht, auch schriftstellerisch stark wirksam zu sein, daher sich denn auch seine schriftstellerischen Arbeiten, außer einigen lateinischen Gedichten in italienischen Sammelschriften auf nachstehende Werke beschränken: „Hercules in cunis Austriacis“ (Norimbergae 1742), eine von Sperges im Alter von 17 Jahren verfaßte Gelegenheitsdichtung. Wenn anläßlich derselben in Friedrich Schlichtegroll’s „Nekrolog auf das Jahr 1791“ (Gotha, Perthes, kl. 8°.) Seite 130 bemerkt wird, daß sie in Meusel’s „Lexikon der vom Jahre 1750 bis 1800 verstorbenen teutschen Schriftsteller“ (Bd. XIII, S. 224) nicht angeführt erscheint, so ist dieß ein Irrthum, denn die in Meusel unter dem Titel: „Serenissimo Archiduci Josepho Augusto humani generis delicio, aeternitati imperii, orbis exspectationi, Herculi in cunis Austriaco Genethliacum consecratum“ (Norimbergi 1742, 4°.) angeführte Schrift ist eben die von Schlichtegroll als „Hercules in cunis Austriacis“ bezeichnete; – „Tyrolis pars meridionalis cum limitibus Venetis publica auctoritate lustratis“ (1762, Fol.), Landkarten; – „Tyrolische Bergwerksgeschichte. Mit Urkunden“ (Wien 1765, 8°.), noch zur Stunde durch keine bessere Arbeit über Tirols Bergwesen [141] ersetzt. Bald nach seinem Ableben, welches rasch und während eines Gespräches mit einem eben bei ihm befindlichen Freunde mit lächelnder Miene erfolgte, wurden von dem Official bei der Staatskanzlei in Wien, A. Cremes, der von Sperges testamentarisch mit dieser Arbeit beauftragt worden, herausgegeben: „Jos. Spergesii, Palentini Centuria litterarum ad Italos, cum Appendice III Decadum ad Varios. Carmina juvenilia. Inscriptiones“ (Viennae 1793, 8°.) – diese posthume Schrift enthält nicht uninteressante Briefe an italienische Gelehrte, seine in der Jugend verfaßten lateinischen Gedichte und Epigramme, und dann die Inscriptionen auf jene Medaillen, welche S. anläßlich neu angelegter Wege, auf öffentliche Institute zum Besten des Staates und der Literatur, auf Bildsäulen seiner Monarchen u. s. w. verfaßt hat. In seiner letztwilligen Verfügung widmete er 10.000 fl. zu Studienstipendien für arme tirolische Jünglinge adeliger Geburt. Sperges ist wieder eine unserer edelsten österreichischen, nur zu bald vergessenen Persönlichkeiten. A. Freiherr von Krufft [Bd. XIII, S. 275] nennt ihn: „Catonem reipublicae, artium Maecenatem, amicorum Atticum“. Der Sänger Michael Denis zählte zu seinen Freunden. Sein Denkmal befindet sich in der Michaelskirche in Wien. Sein Bildniß besitzt die Innsbrucker Bibliothek mit den von seinem Freunde C. Dayser, in dessen Arme er seine Seele ausgehaucht, darunter geschriebenen Worten: „Virtutis seras custos rigidusque Satelles“.
Sperges auf Palenz und Reisdorf, Joseph Freiherr von (Kunstfreund und Geschichtsforscher, geb. zu Innsbruck 31. Jänner 1725, gest. zu Wien 26. October 1791). Sein Vater war tirolischer Gubernialrath und geheimer Archivar zu Innsbruck. Der Sohn, für die wissenschaftliche Laufbahn sich entscheidend, erhielt eine gelehrte Erziehung, welcher er alle Ehre machte, denn schon im Alter von 14 Jahren verfaßte er, als die Kaiserin- (De Luca), Das gelehrte Oesterreich Bd. I, 2. Stück. S. 185. – (Hormayr’s) Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst, fortges. von Mühlfeld (Wien, 4°.), 1810, S. 419. – Meusel (Joh. Georg), Lexikon der vom Jahre 1750 bis 1800 verstorbenen teutschen Schriftsteller (Leipzig 1808, G. Fleischer, 8°.) Bd. XIII, S. 223. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.). Zweite Abtheilung. Bd. IX, S. 997. – Neue Zeitschrift des Ferdinandeums (Innsbruck, 8°.) Bd. III, S. 1. – Oesterreichische Biedermann-Chronik (Freiheitsburg 1784, Gebrüder von Redlich, 8°.) S. 227. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1837, 8°.) Bd. V, S. 101 [nach diesem geb. 10. Jänner 1726]. – Oesterreichischer Plutarch. Herausgegeben von Hormayr (Wien, 8°.) Bd. XVI, S. 157. – Schlichtegroll (Friedrich), Nekrolog auf das Jahr 1791 (Gotha, Justus Perthes, kl. 8°.) II. Jahrgang, Band II, S. 113 u. f. – Staffler (Johann Jacob), Das deutsche Tirol und Vorarlberg, topographisch mit geschichtlichen Bemerkungen u. s. w. (Innsbruck 1847, Felic. Rauch, 8°.) Band I, Seite 457. – Vaterländische Blätter für den österreichischen Kaiserstaat (Wien, 4°.) 1808. S. 174.
- Porträte. 1) Unterschrift: „Jos. de Sperges Lib. Baro in Palenz | et Reisdorf, Reg. Ord. S. Stephani Eques | S. C. R. M. A. a Consiliis in rebus Italiae | MDCCLXXVIII.“ Weikert del., J. E. Mansfeld sc. (8°.). –2) Unterschrift: „Sperges“. J. Blaschke sc. (8°.) [auch im XVI. Bande von Hormayr’s „Plutarch“]. – 3) Vor der von Cremes veranstalteten Ausgabe seiner Briefe mit dem Motto: „Vicissim aut curam impendit populis aut otia Musis“.
- Sperges’ Denkmal in der Michaelerkirche zu Wien. Sperges hat sich die Inschrift darauf, als er im Jahre 1784 schwer erkrankte, selbst gemacht. Sie lautet: „Corporis sui anastasin heic exspectat | Jos. A. Sperges L. B. de Palenz | Caesaris Aug. a Consiliis in reb. Italic. | Ord. S. Stephani eques | munera et honores in republ. | sine ambitu adeptus | sine invidia gessit | sine fastidio reliquit | spe melioris vitae | et fiducia in J. Christum servator. Mundi | hunc ut eius animae propitius sit | viator praecare et vale | Excessit e vita d. XXVI. Oct. A. MDCCXCI | aetatis LXV.“
- Medaillon. Ein solches hat Joseph Vinazer im Jahre 1786 auf Sperges geprägt. Es zeigt sein gelungenes Bildniß mit der Umschrift: „Nec timede, nec temere“, welche sein Wahlspruch war.