Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Schaden, Nanette von
Band: 29 (1875), ab Seite: 40. (Quelle)
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Schadetzky, Karl (Ballet- und Pantomimenmeister, Tänzer und berühmter Darsteller der Charaktermaske des „Pierrot“, geb. zu Wien 28. December 1792, gest. ebenda 30. August 1852). Sohn eines Theaterfriseurs in der Vorstadt Jägerzeile in Wien. Er wurde in sehr früher Zeit in Kinderrollen im Marinelli’schen Theater in der Leopoldstadt (eröffnet 20. October 1781) verwendet, wo er als „Friseurbub“ in der Perinet’schen Caricatur „Prinzessin Evakathel und Prinz Schnudi“ durch eine verunglückte Flugmaschine in Lebensgefahr kam. Er verließ bald – zu Anfang dieses Jahrhunderts – Wien mit einem Balletmeister, kam zu dem Theater in Preßburg, später zu dem in Lemberg. Von da als Grotesktänzer in der verloren gegangenen Bedeutung dieses Wortes und als Mimiker in Anstandsrollen beschäftigt, kam er 1812 wieder nach Wien zurück in das Leopoldstädter Theater, das damals Karl Friedrich Hensler gepachtet hatte. An dieser Bühne blühte eben wie später nicht wieder das Ballet und vor Allem die Pantomime mit den italienischen Charaktermasken. Ein Ballet- und Pantomimenmeister wie Paolo Rainoldi, Johann Brinke in der Charaktermaske des Arlechino, Karl Schadetzky in jener des Pierrot (seit Ende 1821), Angiolina Rainoldi als Columbina, hoben dieses Genre, das in dieser Art seit fast 30 Jahren zum Märchen geworden ist, in den Zwanziger-Jahren gegenwärtigen Jahrhunderts zum Lieblinge der Wiener und Fremden. S. verblieb im Laufe von 33 Jahren unter allen Directoren an dieser Bühne, bis endlich im Sommer [41] 1845 Director Karl Carl in einer seiner Launen das gesammte Pantomimen-Personal (und damit auch S.) mit einem Male entließ. Von Ende 1845 bis Ostern 1850 privatisirte S. in Wien. Er trat während dieser Zeit in der von ihm neugeschaffenen Charakterrolle des Pierrot noch einige Male auf, so zum Benefice seines Freundes und ehemaligen langjährigen Mitcollegen Paul Rainoldi, der damals als Balletmeister im Theater in der Josephstadt engagirt war, dann auf einer improvisirten Bühne im Sperlsaale zu einem wohlthätigen Zwecke in einer Pantomime, endlich noch im Carl-Theater (11. Februar 1850) in der einactigen Pantomime „Harlekin als Koch“. Noch 1850 kam S. als Balletmeister nach Gratz, wo er u. a. z. B. den „Propheten“, einer Residenz würdig, in Scene setzte, und am 15. Februar 1850 mit der von ihm selbst verfaßten Pantomime „Die Nixe der Mur“ oder „Der in zwei Theile zerschnittene Brautwerber“ sein fünfzigjähriges Jubiläum als Mimiker und Tänzer beging. Im Jahre 1851 ging er in gleicher Eigenschaft nach Preßburg, 1852 im Jänner kam er nach Wien zurück in das damals unter Megerle’s Direction stehende Theater in der Josephstadt und war im Sommer desselben Jahres auch für die unter demselben Director eröffnete „Arena in Hernals“ thätig, erlag aber bald bei seinem vorgerückten Alter und der dürftigen Gage der Ueberanstrengung und starb – der burleske Pierrot im Nonnenspitale! – 60 Jahre alt, im Gumpendorfer Spitale der barmherzigen Schwestern an der galoppirenden Lungensucht. Ueber S.’s Leistungen als Mimiker und Grotesktänzer läßt sich für Jene, die ihn oder sein Genre nicht kannten, kaum ein Bild entwerfen; man nannte ihn zu jener Zeit ziemlich treffend „den Scholz der Pantomime“. S. schrieb während seiner langen Thätigkeit wohl über 20 Programme zu Pantomimen oder Balleten, und über die dreifache Anzahl von Theaterstücken ging in diesem Zeitraume über die Bretter, zu denen er Tänze, Evolutionen und Tableaux ersann und einstudirte. Einzelne seiner Pantomimen, wie z. B. „Die falschen Räuber“, „Die goldene Maultrommel“, gefielen sehr; eine, „Die Zauberscheere“, gegeben im Jahre 1822, ging wohl weit über 50 bis 60 Male in Einem Jahre über die Bühne, und sogar Kaiser Franz, der schon seit vielen Jahren keine Vorstadtbühne mehr besucht hatte, sah diese Gaukelei an und fand daran Gefallen. Als Ferdinand Raimund 1835–1836 seinen Schwanengesang, den „Verschwender“, von der Josephstädter Bühne auf jene der Inselvorstadt übertrug, ließ er die choreographischen Piecen von S. ausführen und insceniren. Der Erfolg brachte das Lob des sehr rigorosen Dichters für den Balletmeister S. ein. Dr. Märzroth in seinem Buche: „Geister und Gestalten aus dem alten Wien“ (Wien 1870, bei A. Prandel), gibt S. 119 in dem darin enthaltenen Artikel „Ein stummer Komiker“, welcher früher bereits in der 2. Beilage von Nr. 294 des Neuen Fremden-Blattes (Wien, 4°.) vom 26. October 1866 in seiner Folge von Wiener Memoiretten abgedruckt war, eine treffende Charakteristik des Wesens und der Darstellungsgabe S.’s, so weit eine solche mit Worten sich geben läßt. Schadetzky und seine Collegen waren Mimiker von einer nun ausgestorbenen Sorte. Wenn man auch entfernte Plätze im Schauspielhause einnahm, aber mit gesunden Augen oder guten Gläsern S.’s Mienen- und Geberdenspiel beobachtete, so konnte man die Situation vollkommen bis [42] in’s Einzelne verstehen’, das Ohr wurde gleichsam durch das Auge ersetzt. Was den äußeren Effect betraf, so durfte S. in der Maske des Pierrot sich nur zeigen und es erdröhnte das Haus wie sonst nur bei Scholz und Nestroy von Beifall und von Gelächter. Schadetzky’s Frau, Anna, gleich ihrem Gatten viele Jahre Mitglied des Leopoldstädter Theaters, überlebte ihren Mann um fast 20 Jahre und starb zu Krakau am 6. Jänner 1871.

Dr. Märzroth, Geister und Gestatten aus dem alten Wien (Wien 1870, 8°.) S. 77: „Praktikant. Dichter und Laufer“. – Fremden-Blatt. Von Gust. Heine (Wien, 4°.) 1871, Nr. 10. – Handschriftliche Notizen von Herrn Silas.