Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
<<<Vorheriger
Sárkány, Joseph
Nächster>>>
Sarsteiner, Hermann
Band: 28 (1874), ab Seite: 249. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
Gyula Sárosi in Wikidata
GND-Eintrag: 1029251479, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Sárosy, Ludwig|28|249|}}

Sárosy, Ludwig, pseudonym Gyula (ungarischer Poet, geb. zu Eperies, nach Anderen zu Boros-Sebes im Arader Comitate 12. Februar 1816, gest. zu Pesth 16. November 1861). Von adeligen, aber mittellosen Eltern. Sein Vater, gleichfalls Ludwig, war Oberhofrichter im Boros-Sebeser Dominium. Der Sohn besuchte die unteren Schulen zu Szarvas, das Gymnasium zu Mezö-Berény, und als dieses nach Szarvas übertragen wurde, daselbst. Schon in seinen Studien zeichnete sich S. ebenso durch seine Talente wie seinen Eifer aus, und damals schon übersetzte er Berzsenyi’s [Bd. I, S. 344] Oden und Csokonai’s [Bd. III, S. 62] Gedicht an die Unsterblichkeit der Seele aus dem ungarischen Originale in’s Lateinische. Auch versuchte er sich damals bereits in eigenen Arbeiten, welche er im „Magyar Kurir“ unter dem Pseudonym Ludwik veröffentlichte. Als er in der Folge zur Fortsetzung seiner Studien nach Eperies sich begab, gewann er unter seinen Mitschülern bald einen Anhang, der unter seiner Leitung sich mit schöngeistigen Arbeiten beschäftigte und so eine Art literarischen Verein bildete, der seine Erzeugnisse in einem, „Kis köpü“ betitelten kleinen Album gesammelt hat. Dieß war der Anfang jenes Vereines, der sich später die Magyarisirung von Eperies zur Aufgabe gemacht und dieselbe mächtig gefördert hat. Nach beendeten Studien nahm er zuerst als Praktikant Dienste, wurde bald Comitats-Honorär-Subnotär, gab aber zu gleicher Zeit Privatunterricht aus der ungarischen Sprache, um den Sinn und die Liebe für die Muttersprache in den weitesten Kreisen zu wecken und zu beleben. Um diese Zeit veröffentlichte er auch das Buch: „Nyelvészkej vagy a magyar nyelv főnéhézségei szabàlyokban, párbeszédekben és példalapokban“, d. i. Kleine Grammatik [250] oder die Hauptschwierigkeiten der ungarischen Sprachlehre in Regeln, Dialogen und Musteraufsätzen (Kaschau 1837). Nachdem er die Advocatenprüfung abgelegt, wurde er Subnotär des Saroser Comitates, im Jahre 1840 Notär des Wechselgerichtes an dem Arader Stuhlgerichte. Die Revolution fand an dem Poeten einen begeisterten Partisan, aber auch sie ließ ihn nicht unbeachtet und Sárosy wurde im Jahre 1848 Präsident des Ober-Wechselgerichtes zu Pesth, später Kriegscommissär und zuletzt Deputier in Debreczin. Sein poetischer Ruhm datirt aus diesen Tagen, indem sein damals veröffentlichtes Gedicht: „Az arany trombita“, d. i. Die goldene Trompete, von jedem Huszaren und Honvéd gesungen wurde. Noch heute ist es nicht verschollen und im Volksmunde lebend, dürfte ein gedrucktes Exemplar kaum aufzutreiben sein, denn, obwohl zu seiner Zeit in Tausenden verbreitet, wurde es von den Behörden später sorgfältig gesucht und vernichtet. Nach der Waffenstreckung von Villagos entzog sich S. den Gerichten, die nach ihm fahndeten, durch die Flucht, ohne jedoch das Land zu verlassen. Er hielt sich auf dem Lande unter fremden Namen verborgen, bis er zu Gyöngyös, wo er als Lehrer unter dem Namen Albert Sorsich weilte, von Häschern entdeckt, verhaftet und in Untersuchung gezogen wurde. Glücklicher Weise waren die Tage der ersten Blutgerichte längst vorüber und der drakonischen Strenge jener Richter, welche Alles todeswürdig fanden, war eine noch immer strenge, aber bereits viel gemäßigtere Anschauung gefolgt. Sárosy, der, so lange man seiner nicht habhaft geworden,in contumaciam zum Tode und zur Güterconfiscation verurtheilt gewesen, wurde, da man von dem ersten Urtheile Umgang nahm und ein neues Verfahren einleitete, nun nach regelmäßig abgeführter Untersuchung zu mehrjähriger Festungsstrafe verurtheilt, aber schon nach zwei Jahren begnadigt, worauf er sich in Pesth niederließ und ausschließlich mit literarischen Arbeiten beschäftigte. In neue Verlegenheiten gerieth er zur Zeit des italienischen Krieges 1859. Im, genannten Jahre unternahm S. eine Reise durch Ungarn, um seine neuesten, noch ungedruckten poetischen Arbeiten öffentlich vorzulesen. Sowohl als Dichter beliebt, wie durch seine persönlichen Schicksale interessant, fehlte es ihm nirgends an zahlreichen Zuhörern. Ueber eines seiner Gedichte, das er in Arad oder in einer bei Arad gelegenen Ortschaft vorgetragen, wurde er denuncirt und in Folge dessen zur Verantwortung gezogen. Während die Staatsanwaltschaft in dem Gedichte Aufreizung zum Aufruhre erkennen wollte, behauptete der Dichter, das Ganze sei nichts weiter als eine Verspottung der Crinoline, und bestritt der Behörde das Recht, Verse, in denen der Poet eine Modethorheit geißelte, nach ihrer Weise zu deuten. Die Behörde erblickte nämlich darin einen Angriff auf die österreichische Herrschaft in Italien. Der Gerichtshof erster Instanz pflichtete auch den Anschauungen der Staatsanwaltschaft bei und verurtheilte Sárosy zu zweijährigem Kerker. Zum Glücke für denselben sahen der Gerichtshof zweiter Instanz und der Cassationshof die Sache anders an und meinten: der Staatsanwaltschaft sei es ganz und gar nicht gelungen, in überzeugender Weise darzuthun, daß die Diatriben gegen das angefeindete Kleidungsstück wirklich als aufrührerische Auslassungen anzusehen seien, und der Dichter wurde freigesprochen. Um ihm aber die Gelegenheit [251] zu benehmen, im Vaterlande „in patriotischen Gedichten zu machen“, wurde er nach Kufstein beordert und dort internirt. Nach seiner Rückkehr in’s Vaterland betheiligte er sich an einem größeren politischen Journale, jedoch war es ihm nicht beschieden, lange zu wirken. Im Alter von erst 45 Jahren raffte ihn der Tod dahin. Der Partezettel wurde von seinen Freunden „im Namen des Vaterlandes und der Literatur“ ausgegeben. Seine Bestattung war eine feierliche. Die Trauerrede hatte der ref. Superintendent Paul Török gehalten, dann wurde der mit einem Lorbeerkranze geschmückte Sarg in Begleitung von 48 Fackeln zum National-Theater getragen, wo der evang. Superintendent Joseph Szekay die Abschiedsrede hielt. Darauf wurde der Leichnam auf dem Kerepeser Friedhofe beigesetzt. Sárosy’s Gedichte sind meist in Journalen und Almanachen zerstreut. Eine Sammlung davon erschien in dem „Az én Album“, d. i. Mein Album (Pesth 1859). Er war ein Jugendfreund Franz Pulszky’s [Bd. XXIV, S. 71][WS 1] und der Gebrüder Vahot[WS 2]. Mit Karl Mészáros [Bd. XVII, S. 459] begann er die Herausgabe einer periodischen Schrift über Ungarns Geschichte, wovon jedoch nur das 1, Heft unter dem Titel: „Magyar évlapiai“ (Pesth 1857) erschienen ist. Der Hauptgrund seiner Verurtheilung im Jahre 1848 war eine damals von ihm (Debreczin 1848, Fol.) veröffentlichte poetische Verherrlichung des ungarischen Ministeriums, welche später von Ludasi-Gans [Bd. XVI, S. 134] in deutscher Uebersetzung (Leipzig 1851) mitgetheilt wurde. Noch sei erwähnt, daß S. für den Bau der Reformirtenkirche in Arad durch Vorlesungen seiner Dichtungen den ansehnlichen Beitrag von 18.000 fl. erzielt hatte. Als Dichter zählt S. zu den bedeutenderen aus der Schaar, die nach Petöfi aufgetaucht. Ein ungarischer Kritiker bemerkt über ihn als Poeten, daß seine Dichtungen sich durch ihre Kunstform und seltenen Wohllaut und Fluß der Sprache hervorthun. Der Metallklang des ungarischen Wortes und dessen bestrickender Zauber kommt eben in S.’s Dichtungen am vollsten zur Geltung. Sárosy hat sich im Jahre 1839 mit Arnoldine Pechy vermält, sie aber schon im folgenden Jahre durch den Tod verloren und in einigen tief empfundenen Gedichten betrauert.

Kertbeny (C. M.), Album hundert ungrischer Dichter. In eigenen und fremden Uebersetzungen (Dresden und Pesth 1854, Schäfer, Geibel, 12°.) S. 516. – Ungarns Männer der Zeit. Biografien und Karakteristiken hervorragendster Persönlichkeiten. Aus der Feder eines Unabhängigen [dieser Unabhängige ist C. M. Kertbeny] (Prag 1862, Steinhausser, 8°.) S. 317. – Presse (Wiener polit. Blatt. Fol.) 1861, Nr. 317, in der „Kleinen Chronik“. – Fremden-Blatt. Von G. Heine (Wien, 4°.) 1861, Nr. 319. – Danielik (József), Magyar irók. Életrajz-gyüjtemény, d. i. Ungarische Schriftsteller. Sammlung von Lebensbeschreibungen. Zweiter, den ersten ergänzender Theil (Pesth 1858, 8°.) S. 276. – Toldy (Ferenc), A Magyar nemzeti irodalom története a legrégibb Időktől a jelenkorig rövid előadásban, d. i. Geschichte der ungarischen National-Literatur von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart (Pesth 1864–1865, Gustav Emich, gr. 8°.) S. 377. – Trombita (ungarisches Journal) 1861, Nr. 9 u. 75. – Válkai (Imre), Irodalmi ’s muveszeti Daguerreotypek“, d. i. Literarische und kunstgeschichtliche Daguerreotypen (Wien 1858, L. Sommer, 8°.) S. 77. – Porträt. Unterschrift. Facsimile:

Az elet alom ... Az valódi bölcs,
Ki ebren él: de mindig almodók!

Sárosy Gyula.
Barabás (lith.) 1857 (Fol.).

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: [Bd. XXIV, S. 70].
  2. Emerich und Alexander.