BLKÖ:Milde, Vincenz Eduard

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Milchram, Jacob
Band: 18 (1868), ab Seite: 301. (Quelle)
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Milde, Vincenz Eduard (Erzbischof von Wien, geb. zu Brünn in Mähren nach Ginzel am 11., nach allen übrigen Quellen am 17. Mai 1777, gest. am 14., nach den meisten Quellen [302] unrichtig am 15. März 1853). Sein Vater war Bürger und Buchbinder zu Brünn. Der Sohn vollendete die Gymnasialstudien in seiner Vaterstadt, die philosophischen zu Wien und später in Olmütz; Physik und Mathematik waren zwei Lieblingswissenschaften Milde’s, und der damalige commandirende General in Mähren und Schlesien, Marquis von Botta, forderte ihn auf, sich um die Professur obiger Gegenstände an der Wiener Ingenieur-Akademie zu bewerben, ihm seine thatkräftigste Unterstützung zusichernd. Aber Milde’s Beruf zum geistlichen Stande war in seiner Seele zu deutlich ausgesprochen, als daß ihn selbst der Unwille seines Stiefvaters von dem Entschlusse, Priester zu werden, hätte abbringen können. Krank und ohne Empfehlung, als seine Schulzeugnisse, wendete sich M. nach Wien und bat um Aufnahme in das Alumnat. Sein Vertrauen sollte nicht getäuscht werden, er erhielt sie, obwohl kein Stiftungsplatz erledigt war. Nun begann für ihn die Zeit des Ringens nach vollendeter Ausbildung in seinem Berufe. Vier Jahre hörte er die Vorlesungen Jahn’s [Bd. X, S. 42], und mit solchem Erfolge, daß er bereits 1798 Correpetitor der Lehrkanzel für orientalische Sprachen wurde. Aber auch seine ohnehin schwächliche Gesundheit litt unter dem Einflusse einer so angestrengten geistigen Thätigkeit, und hat sich auch im Laufe seines langen Lebens nie so weit kräftigen können, um ihn nicht zu wiederholten Malen in seiner sonst so regen Thätigkeit zu hindern. 1800 zum Priester geweiht, wurde Milde Curat bei der Pfarre am Hof, 1802 Katechet an der Normalschule zu St. Anna und beim k. k. Civil-Mädchen-Pensionat, 1804 Religionslehrer an der Real-Akademie, welche vor Errichtung des polytechnischen Institutes mit der St. Annaschule vereinigt war. Im Jahre 1805 zum Professor der damals neuerrichteten Lehrkanzel der Erziehungskunde befördert, erhielt er auch den Rang eines Hofcaplans, in welchen Eigenschaften er bis zum Jänner 1810 in Wien verblieb. Während seiner Wirksamkeit als Hofcaplan hatte der Kaiser Franz Gelegenheit, ihn genauer kennen zu lernen, und zog ihn schon damals bei vielen Familienanlässen in sein näheres Vertrauen. Der Monarch schenkte dem jungen Hofcaplan sein ganzes Wohlwollen. Rücksichten auf seine schwächliche Gesundheit nöthigten Milde, um Verleihung der Pfarre Wolfpassing einzuschreiten, die ihm auch gewährt wurde. Bald jedoch erhielt er die einträgliche Stadtpfarre zu Krems, wo er als Dechant, Schuldistrictsaufseher und Director der dortigen philosophischen Lehranstalt, bald in weiteren Kreisen zu wirken begann. Hatte er schon früher sein Talent als Schriftsteller durch die von ihm herausgegebene Erziehungskunde bethätigt, so erregte er nun als Pfarrer zu Krems durch seine wirklich ausgezeichneten Kanzelvorträge, namentlich aber durch seine Fastenpredigten in der ganzen Gegend allgemeines Aufsehen. Man lobte schon zu jener Zeit die lichtvolle Anordnung und eindringliche Sinnverständlichkeit seiner Predigten, welche scheinbar für den Einfachsten der Zuhörer berechnet, auch auf die Gebildetsten einen mächtigen Eindruck hervorbrachten. Da sich in der Leitmeritzer Diöcese unter dem dortigen Clerus einige Unregelmäßigkeiten zutrugen, so wurde er, da ihn Kaiser Franz nicht aus den Augen verloren hatte, am 28. December 1831 zum Bischofe daselbst ernannt, und unterzog sich seiner schwierigen Aufgabe nach dem einstimmigen Urtheile seiner [303] Untergebenen mit Umsicht und Mäßigung. Im J. 1834 erfolgte seine Berufung auf den erzbischöflichen Stuhl in der Hauptstadt des Kaiserreiches. Diese Ernennung machte damals großes Aufsehen. Wien wurde bekanntlich erst im Jahre 1723 unter Papst Innocenz und während der Regierung Karl’s VI. zum Erzbisthume erhoben. Die Vorgänger Milde’s waren die Grafen Kollonitz [Bd. XII, S. 363], Trautson, Migazzi [S. 244 d. Bds.], Hohenwart [Bd. IX, S. 208] und Firmian [Bd. IV, S. 234]. Die Erhebung eines einfachen Bürgersohnes auf einen so glänzenden Posten nach so vielen Sprößlingen aus den ersten Adelsgeschlechtern der Monarchie konnte während der Regierung des Kaisers Franz als eine seltene Ausnahme betrachtet werden. Als Erzbischof Wiens findet sich der Name des Kirchenfürsten überall genannt, wo die Religion berufen wird, dem Wohl und Wehe der Menschen ihre Weihe zu ertheilen. Das Te Deum zum Danke für die Erlösung Wiens von der Geißel der Cholera (im Jahre 1832), die Trauerfeierlichkeiten für Kaiser Franz I., seinen großen Wohlthäter (1835), die Huldigungsfeier für den neuen Monarchen am 14. Juni 1835, die Einweihung des Monumentes für Kaiser Franz (1845), die erste Restauration (!) des uralten Domthurmes (1847 vollendet), die Feier so manchen Trauer- und Freudentages für das Allerhöchste Herrscherhaus – und im Jahre 1853 – der Segen, den er über den geretteten Träger der kaiserlichen Krone aussprach – es sind eben so viel Erinnerungen an sein segensvolles Wirken als Oberhirt der ersten Diöcese des Reiches. Auch sonst war seine Wirksamkeit während der zwei Decennien des Oberhirtenamtes in seiner Erzdiöcese ein umfassendes und wohlthuendes. In demselben Geiste, wie vordem als Bischof von Leitmeritz, wirkte er auch jetzt nun unter weit schwierigeren Verhältnissen fort. Er hatte mit vielen und gewaltigen Hindernissen zu kämpfen, heftige Gegner zu überwinden oder zu versöhnen. Aber sein klarer Verstand, seine Weisheit, Ruhe und Mäßigung, sein Scharfsinn und praktischer Blick drangen durch. Erst in den letzten Jahren vor der Revolution, als in Folge der Umtriebe mit dem heiligen Rocke zu Trier sich in der deutschen katholischen Welt ein finsterer Geist mittelalterlicher Verketzerung, der sich noch gegenwärtig bemerkbar macht, zu regen begann, wurden von Seite einer bekannten zelotischen Partei, welche besonders in Bayern hervortrat, in den kirchlichen Organen manche heftige Angriffe gegen die Person des Erzbischofs gemacht, welche hauptsächlich darin ihren letzten Grund fanden, daß in der Wiener Diöcese solche Uebergriffe nicht aufkommen konnten. Wer die Verdienste Milde’s um die Fortschritte wahrer Duldung auf kirchlichem Gebiete unter den damaligen Umständen durch einen Zeitraum von mehreren Jahren beobachtete, und die großen Anstrengungen kannte, womit er sich den fanatischen Bestrebungen gewisser Congregationen beharrlich widersetzte, der mußte die nächtliche Demonstration wahrhaft bedauern, welche am 5. April 1848 vor seiner Wohnung in der Bischofsgasse stattfand, und welche ihren Gipfelpunct in dem scheußlichen Placat vom 5. September 1848: „Die Geheimnisse des hochwürdigsten Wiener Consistoriums, oder das geistliche Kleeblatt: Erzbischof, Weihbischof und Kanzleidirector“ fanden. Nach diesem unvorhergesehenen Ereignisse, welches von Einzelnen ausging und der Wiener [304] Bevölkerung in ihrer Gesammtheit durchaus nicht zur Last gelegt werden kann, fühlte sich der Kirchenfürst in seiner Behausung nimmer recht heimisch, und zog sich für längere Zeit auf eines seiner Güter, das ihm vor Allem werthe Kranichberg, zurück. Dabei muß eines treffenden Wortes gedacht werden, womit ein geistvoller Verehrer des Kirchenfürsten den in seinem bitteren Schmerze über solche Unbill Befangenen tröstete, und welches freilich nur ausnahmsweise Giltigkeit behält, es lautet: „Es ist lauter gediegen Gold, wonach die Revolution mit Koth wirft“. Als nun zur Erzielung eines „harmonischen Zusammenwirkens des Staates und der Kirche zur Wahrung der heiligsten Interessen der Menschheit“ das Episcopat auf ministerielle Einladung vom 30. März 1849 am 29. April in Wien im erzbischöflichen Palais unter Vorsitz des damaligen Salzburger Erzbischofs, Friedrich Fürsten zu Schwarzenberg, zusammentrat, um jene Vereinbarung zwischen Staat und Kirche, genannt Concordat, zu berathen und zu beschließen, gegen deren Aufhebung in der Gegenwart der bei weitem größere Theil der Gemeinden der Monarchie entschieden sich erhebt, nahm M. seiner Stellung als Kirchenfürst zufolge auch daran Theil. Es ist übrigens bekannt, wie wenig Erzbischof Milde mit dem ganzen Vorgange übereinstimmte, und der herrliche Hirtenbrief vom 3. Mai 1850, in seinen von Dr. Ginzel gesammelten „Reliquien“ abgedruckt, beruhigte, wie Oel die ungestümen Wogen des Meeres besänftigt, die durch die Allerh. Entschließungen vom 18. und 23. April 1850 auf das Tiefste aufgeregten Gemüther. Am 9. März 1850 beging M. den fünfzigsten Jahrestag seines Priesterthums in aller Stille. Schon am 5. zog er sich in die einsame Zelle des Franziskanerklosters zurück und widmete die folgenden Tage bis zum 13. März ganz dem Gebete. Der Hirtenbrief vom 20. Februar 1853 in Folge des wider Se. k. k. Apost. Majestät Kaiser Franz Joseph am 18. Februar 1853 verübten Attentates war sein letzter Zuruf an seine Gemeinde. Auf den Aufruf des kaiserlichen Prinzen, zur Erinnerung an die glückliche Rettung des Monarchen eine Kirche zu erbauen, zeichnete er den Betrag von 5000 fl. Am 9. März g. J. war er bereits so schwach, daß er das Bett nicht mehr verlassen konnte; am 12. März aber, als der gerettete Monarch nach dem St. Stephansdome fuhr, um dem Herrn über Leben und Tod für seine Rettung zu danken, wollte sich der greise Kirchenfürst nochmals vom Krankenlager erheben, um seinen Herrn und Kaiser persönlich in seine Kirche einzuführen. Aber der Körper versagte ihm den Dienst. Gebrochen sank er auf sein Krankenlager zurück. Die Schwäche nahm nun von Tag zu Tag, von Stunde zu Stunde zu, man mußte eilen, ihm mit der letzten Oelung beizuspringen. Am Morgen des 14. März um halb 5 Uhr löste sich der Geist von seinen Banden. Es bleibt nur noch Einiges zu sagen übrig über Milde’s schriftstellerische Thätigkeit und über seinen letzten Willen. Milde’s schriftstellerische Thätigkeit beschränkt sich im Ganzen auf ein größeres Werk, es war die Frucht seiner Muße, nämlich das, man kann mit Fug und Recht es so nennen, berühmte: „Lehrbuch der Erziehungskunde“ (1. Auflage Wien 1811–1813, 2 Bde.; 2. Aufl. 1829, 3. Aufl. 1843; ein Auszug hievon erschien im Jahre 1821), welches bereits 1814 für alle Lehrkanzeln der Pädagogik der österreichischen Monarchie als Vorlesebuch vorgeschrieben wurde. Die erfahrensten [305] Männer in diesem Fache, sowohl im In- als Auslande, anerkannten die Brauchbarkeit dieses Leitfadens, welcher sich durch Klarheit und umfassende Uebersichtlichkeit auszeichnet. Ohne Vorliebe für ein modernes Erziehungssystem, wodurch gerade die tüchtigsten Werke dieser Art in ihrem Werthe beeinträchtigt werden, weist Milde im Gegentheile den Erzieher an, mit der Jugend und ihren Fähigkeiten nur die einfachsten Experimente vorzunehmen, und vor Allem die unverrückbaren Pfeiler der menschlichen Gesittung, Religion und Liebe zum Vaterlande, wie zur Familie, im jugendlichen Gemüthe zu befestigen. Dieses Werk war es auch, welches zunächst die Aufmerksamkeit des Kaisers Franz auf Milde lenkte, und ihm gleichsam den Weg zu seinen folgenden Ehren und Würden bahnte. Was sonst noch von Milde im Drucke erschien, sind die von Pr. Dr. J. A. Ginzel gesammelten und herausgegebenen „Reliquien von Vincenz Eduard Milde u. s. w.“, zweite Ausgabe (Wien 1859, Braumüller, 8°.), sie enthalten die Statuten für das Leitmeritzer Clerikal-Seminar; – „Die Anweisung für junge Priester zu höherer Standesbildung“; – „Drei Predigten über die Lehre von der Begnadigung“; – die „Rede bei der feierlichen Weihe des Kreuzes, das auf dem Thurme der St. Stephanskirche aufgesetzt wurde“; – „Christliche Betrachtungen in den Tagen der Gefahr der asiatischen Brechruhr“; – „Hirtenbrief und Weisungen an den Clerus“; – „Weisungen auf die Seelsorge in Bezug auf die Cholera morbus“; – „Scheidegruß an den Clerus der Leitmeritzer Diöcese“, – die zwei schon in der Lebensskizze erwähnten Hirtenbriefe anläßlich des Concordates und der Rettung Sr. Majestät des Kaisers, und endlich Milde’s letzten Willen. In diesem setzte er nach Berichtigung mehrerer ansehnlicher Legate „die armen, ohne ihre Schuld in Noth sich befindenden Priester des Säcular-Clerus und die armen Schullehrer der Wiener Erzdiöcese“ zu Universalerben ein und ordnete an, daß aus dem dazu zur Verfügung gestellten Vermögen die Erzbischof Milde-Stiftung für arme Priester und Schullehrer errichtet werde. Schon drei Jahre nach seinem Tode, am 14. März 1856, trat diese Stiftung in’s Leben, und wurden an diesem Tage – seinem Sterbetage – 60 Priester mit 100 und 200 fl. C. M. und 72 Schullehrer mit 100 fl. C. M. betheilt. Von den übrigen Verfügungen des Testamentes haben ein allgemeines Interesse die folgenden: die Metropolitankirche in Wien, die Kathedrale in Leitmeritz und die Kirche in Wolfpassing erhielten je tausend Gulden zur Stiftung einer heil. Messe; das Priester-Kranken- und Deficientenhaus in Wien erhielt seine Bibliothek; die barmherzigen Schwestern in Wien tausend Gulden; das Alumnat in Leitmeritz zehntausend; für seine Grabstätte ist ein Monument in Granit [s. d. Quellen S. 307] und ein Denkstein in der Kirche zu Leitmeritz einzumauern, dessen Grabschrift von ihm selbst angegeben war. Viele andere Bestimmungen beziehen sich auf seine nächste Umgebung und jene Personen, die mit ihm im engeren Verkehre standen. Sie bekunden alle den zarten, feinfühlenden Sinn des würdigen Kirchenfürsten, der jeden mit jener Gabe bedachte, die zunächst für ihn paßte, oder von dem der Geber wußte, daß sie ihm Freude machen würde. Was Milde’s öffentliche Stellung betrifft, so war sie in der That eine höchst schwierige, und eine um so schwierigere in seinen letzten [306] Lebensjahren, da sich in Kirchensachen eine Richtung kundgab, die von unberufener Seite mit allen offenen und geheimen Mitteln genährt, von dem würdigen Kirchenfürsten aber, so weit es in seiner Macht stand, entschieden abgewehrt wurde; denn erst sein Tod gab jener finsteren Partei die Möglichkeit, fester Fuß zu fassen und sich in einer für den Staat verderblichen Weise auszubreiten. Milde selbst stellte sich allen diesen Versuchen entschieden entgegen, wurde dadurch in gewissen Kreisen lästig, ja vervehmt, aber das Alles focht ihn wenig oder gar nicht an, Hindernisse beugten nie seine edle Seele, er ging immer gerade aus. Die Vorgänge am Rhein in den Dreißiger-Jahren betrübten ihn sehr, und als er dergleichen Verkehrtheiten – wie er sie gelindest nannte – nicht nachahmen wollte, hatte er viele Anfeindungen und Verfolgungen zu erfahren, die im Jahre 1848 in Insulten ausarteten; aber der Kirchenfürst ertrug sie mit Fassung und erwiederte sie mit Verzeihung. Er war kein Freund der Jesuiten, die sich ihm deßhalb auch nicht in Liebe zuwendeten, als aber im Jahre 1848 die Meute des aufgewiegelten Pöbels zu Gewaltthaten gegen die Congregation schritt, da nahm der Erzbischof für die an ihrer Person und an ihrem Eigenthume so freventlich Verletzten, im Angesichte der immer höher steigenden Wogen, den Schutz der Gesetze in Anspruch. Man hat Milde vorgeworfen: daß er nichts für die Kirche gethan; aber er that viel für die Kirche, zunächst jedoch mehr für die Armen, welche das heiligste Eigenthum der Kirche sind, wie das Testament beweist. Durch die Hand seiner Hausgeistlichen erhielten die Armen im Laufe jeden Jahres 12.000 fl. C. M. Von seinen Gaben für die Kirche seien erwähnt: 3211 fl. (diese und die folgenden in C. M.) zur Herstellung der Capelle im Wiener Alumnate; 1400 fl. zur Anschaffung einer Monstranze für das Alumnat; 585 fl. zur Herstellung der Capelle in St. Stephan; 4595 fl. für einen der Stephanskirche geschenkten goldenen Kelch; 9000 fl. auf Herstellung einer gothischen Capelle im Wiener Priester-Deficientenhause; 813 fl. auf einen Kelch für dieselbe Capelle; 1300 fl. auf Herstellung des Kreuzweges in Kranichberg; 3000 fl. auf die dabei errichtete Stiftung; 5000 fl. zur Dotation der Localie Kranichberg, 450 fl. auf eine Monstranze für die Kirche daselbst; auch sonst gab M. bei Lebzeiten zu verschiedenen Zeiten reichliche Spenden zu kirchlichen und wohlthätigen Zwecken, so anderthalb Jahre vor seinem Tode den barmherzigen Schwestern 20.000 fl. C. M., für eine Bettstiftung bei denselben 3000 fl.; den Elisabethinerinen 2000 fl.; dem Rettungshause in Wien 4000 fl.; an verschiedene Armeninstitute in Wien an seinem Jubiläumstage 3700 fl. u. s. w. Ein anderer Vorwurf, der gegen Milde von seinen Feinden erhoben wurde, ist: er war ein „Josephiner“. Wenn man aber unter Josephinern alle Gegner des geistlichen Zelotismus, aufgeklärte, von dem Geiste der Duldsamkeit beseelte, gründlich und wissenschaftlich gebildete Priester, ferner Priester versteht, welche von der unzertrennlichen Verbindung des Thrones und des Altares, des Staates und der Kirche, nicht aber von der Unterordnung des ersteren unter letztere, damit diese denselben ausnütze und zu ihren Zwecken ausbeute, überzeugt sind, dann war Erzbischof Milde wirklich ein Josephiner mit Leib und Seele, und dann ist in der Bezeichnung: Milde sei ein Josephiner gewesen, nicht [307] nur kein Tadel, sondern vielmehr ein herrliches Lob enthalten.

Reliquien von Vincenz Eduard Milde, weiland Fürsten-Erzbischofe der Kirche von Wien, nebst einem Abrisse seines Lebens (Wien 1859, Wilh. Braumüller, 8°.). [Herausgeber dieses Buches und Verfasser des darin enthaltenen Lebensabrisses Milde’s ist Prof. Dr. J. A. Ginzel. Hier muß einer Stelle in der Lebensskizze gedacht werden, die leicht irreführen kann. Es heißt nämlich gleich auf der ersten Seite: „Am 14. März dieses Jahres“ rief die Riesenglocke vom St. Stephansdom eine große Trauerpost hinaus u. s. w. Vincenz Eduard hatte an diesem Morgen das Zeitliche gesegnet“. Nun trägt das vor mir liegende Exemplar als Verlagsjahr das Jahr 1859; was leicht auf den Gedanken führen kann, Milde sei 1859 gestorben, denn das Datum der mit 1853 unterschriebenen Vorrede Ginzel’s kann leicht übersehen und wird gewiß zuletzt gesucht werden.] – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) IV. Suppl. Bd. S. 665. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. III, S. 668; Bd. VI, S. 555. – Czikann (Joh. Jac. Heinr.), Die lebenden Schriftsteller Mährens (Brünn 1812, Traßler, 8°.) S. 105. – Der österreichische Volksbote (Wien), V. Jahrgang (1853), Nr. vom 16. März, S. 245. – Presse (Wiener polit. Blatt) 1858, Nr. vom 26. November. – Allgemeine Theater-Zeitung, herausgegeben von Adolph Bäuerle (Wien, gr. 4°.) XLVII. Jghrg. (1853), Nr. 61, S. 254: Nekrolog; Nr. 63: Leichenfeier. – Illustrirte Zeitung (Leipzig, J. J. Weber, kl. Fol.) XX. Band (I. Semester 1853), S. 264 [mit irrigem Geburts- und Todesdatum, denn nach diesem wäre er am 17. Mai 1777 geboren und am 15. März 1853 gestorben; während er am 11. Mai 1777 geboren und am 14. März 1853 gestorben ist]. – Slovník naučný. Redaktor Dr. Frant. Lad. Rieger, d. i. Conversations-Lexikon. Redigirt von Dr. Franz Lad. Rieger (Prag 1859, Kober, Lex. 8°.) Bd. V, S. 326 [Geburts- und Todesdatum stimmen mit der Illustrirten Zeitung überein und sind falsch]. – Porträte. 1) In dem von Boor und Höfel herausgegebenen Bildnißwerke: „Oesterreichs Ehrentempel“. Guillouchirt (Wien, 4°.); – 2) Holzschnitt in der „Illustrirten Zeitung“, XX. Bd. (1853), S. 264.
Milde’s Grabdenkmal. Dasselbe befindet sich in der Taufcapelle des St. Stephansdomes. Die Zeichnung ist von dem Wiener Architekten Sitte; der Stoff ist Granit von Mauthhausen und Bronze. Die massige Unterlage enthält den Sarg, dann folgt die Tafel mit der weiter unten angegebenen Inschrift, wie sie Erzbischof Milde in seinem letzten Willen selbst angegeben hat, und welche die Reihenfolge der Aemter benennt, wie Milde sie bekleidet hat. Der Ueberbau hat die Form einer Pyramide, mit mehreren Nischen und kleinen Spitzsäulen ausgestattet. Die angefügten Bildnisse geben eine Anschauung des Gesammtcharakters des Kirchenfürsten, seiner ausgeprägten innersten Gesinnung und seiner öffentlichen folgestrengen Wirksamkeit. Die Nischen zu beiden Seiten der Inschriftentafel zeigen zwei Personengruppen, welche den Anfang und den Schluß der Thätigkeit des Verewigten darstellen. Die Nische rechts zeigt den Lehrer, der zu zwei Kindern geneigt, sie unterweiset (Anspielung auf Milde’s Beruf als Katechet), unter der Gruppe steht die Inschrift: „Die Liebe“; die Nische links zeigt einen das Sacrament im h. Meßopfer erhebenden Priester, dem ein Schullehrer und ein Alumnus dient (Anspielung auf den Unterstützungsfond, den Milde für arme Priester und Schullehrer gestiftet); unterhalb stehen die Worte „und das Gebet“, und nach der ganzen Breite des Raumes von einer Gruppe zur andern vollenden die Worte: „verbinden die Bewohner dieser und jener Welt“ den Satz. Oberhalb dieser Nischen erheben sich die Standbilder seiner Namenspatrone: Vincentius von Ferreri und des h. Bekenners König Eduard. Zwischen der Gruft und Inschrifttafel steht man das erzbischöfliche Wappen. Der nun folgende Aufsatz der Pyramide vermittelt den biblischen Trostspruch: „Verschlungen ist der Tod im Siege“, der die Basis dieses Aufsatzes bildet. Auf dieser Basis steht ein Spitzbogen-Tabernakel mit drei Nischen. Die mittlere doppelthohe zeigt als Sinnbild der Liebe ein schlankes Crucifix; die beiden Nischen zur Seite die Statuen des Glaubens und der Hoffnung mit ihren Emblemen. Ueber diesem Tabernakel strebt hoch in die Lüfte empor die Gestalt des Heilands der Welt, die Rechte segnend erhoben über den ganzen Bau, die Linke die wehende Triumphfahne haltend. Das [308] Grabmal mißt von der Sohle bis zur Spitze 18 Fuß, in der Breite 9 Fuß, in der Tiefe 3 Fuß, und ist eines der schönsten Denkmäler des an alten Monumenten so reichen Domes und überhaupt eine der trefflichsten Leistungen der Kunst der Neuzeit. Die von dem Kirchenfürsten selbst entworfene und in seinem Testamente enthaltene Inschrift des Monumentes lautet:
Vincentius Eduardus Milde
natus
Brunae in Moravia 11. Maji 1777
presbyter
Viennae 9. Martii 1800
Curatus ad novem choros angelorum
1800–1802
Catecheta scholae norm. real. et herularum
C. R. Capellanus aulicus et Universitatis
professor
1805–1810
Parochus in Wolfpassing
1810–1814
Canonicus Vien. Consist. Consil. Theol.
Doctor, Philosophiae Director, Decanus Cremsii
1814–1823
Episcopus Litomericii in Bohemia
1823–1832
Princeps Archiepiscopus Viennensis
C. R. Ordinis Leopoldi magni crucis eques
et praelatus
C. R. Majestatis a conciliis
obiit die 14. Martii anni 1853.
Orate pro me
.
Das Geburts- und Sterbedatum dieses Denkmals (11. Mai 1777 und 14. März 1853) beseitigen auch jeden weiteren Zweifel und stellen alle anderen Angaben als unrichtig dar.