Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
<<<Vorheriger
Mayer, J. A.
Nächster>>>
Mayer, J. J.
Band: 18 (1868), ab Seite: 123. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
in der Wikipedia
Bernhard Johann Alex. Meyer in Wikidata
GND-Eintrag: 117555843, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Meyer, J. B. A.|18|123|}}

53. Meyer, J. B. A. (Publicist, geb. im Mecklenburg’schen um das Jahr 1820).[BN 1] M., der die Studien an deutschen Hochschulen vollendet hat und Doctor der Philosophie ist, verdient als Gründer der seit dem Jahre 1863 in Wien erscheinenden „Oesterreichischen Revue“ eine Stelle im „Biographischen Lexikon des Kaiserthums Oesterreich“. Meyer ist Herausgeber und Redacteur dieser mit jedem Tage gehaltreicher werdenden Revue, wenngleich sein Name auf dem Unternehmen nicht genannt und Gerold als Verleger, der Factor Thierbächer der Gerold’schen Druckerei aber als verantwortlicher Redacteur erscheint. In Wirklichkeit ist Gerold’s Buchhandlung Commissionär der Monatsschrift „Oesterreichische Revue“. Der Vertrieb der Zeitschrift geschieht theils durch directe Zusendung von Seite des Herausgebers, theils durch die Gerold’sche Buchhandlung. Ueber Meyer’s persönliche Umstände ist wenig bekannt. Nur so viel darf als gewiß angesehen werden, daß Meyer ein bedeutender Publicist, früher ein „Archiv für Mecklenburg“ und später ein „Archiv für Preuß. Landeskunde“ herausgab. In dem letztgenannten Unternehmen vereinigte Meyer die besten vorhandenen Kräfte seines neuen Vaterlandes Preußen, und die hervorragendsten Männer der Verwaltung und der Wissenschaft erkannten die Bedeutung seines Unternehmens. Mit den bedeutendsten Vertretern der Wissenschaft in Berlin stand Mayer in inniger Beziehung. Mit Dan. Veit verband ihn das Band dauernder Freundschaft. Zu wiederholten Malen sollte Meyer in die Redaction der Cotta’schen „Allgemeinen Zeitung“ treten, er schlug jedesmal das Anerbieten aus. Meyer fand in den großen Unternehmungen wissenschaftlicher Art mehr Befriedigung, als an den politischen Vorgängen und ihren für den Tag bestimmten Darstellungen. Seine umfassende Bildung, seine tüchtige Gesinnung, seine vorsichtige Haltung, die nach keiner Seite hin verletzt, verschafften ihm von jeher viele Freunde, und die Männer der verschiedensten Parteien-Bekenntnisse brachten ihm gleiches Vertrauen entgegen. Reichensperger, der Führer der katholischen Partei am Rhein, Virchow, der berühmte Physiolog und Demokrat, Stöckhardt, der ausgezeichnete Agriculturchemiker in Tharand, u. A. zählen zu seinen vertrauten Verbindungen. Meyer hat den großen Gesichtskreis, den tiefdringenden Blick und den Geschmack, welcher den Leiter einer großen literarischen Unternehmung auszeichnen muß. Wäre die administrative Organisation, die seinem gelehrten Wesen mehr fremd ist, eine vollkommenere, mehr geschäftsmännische, so würde seine Unternehmung auch materiell den fremden Revues und Reviews gleichstehen. Vertrauend auf die liberale Geistesströmung unter Schmerling, kam Meyer nach Wien und gründete die „Oesterreichische Revue“. Einem Fremden von unbekanntem Namen mußten sich die größten Schwierigkeiten entgegenstellen, er besiegte sie nicht nur und erweckte allgemeine Theilnahme; er durfte bald die Glieder des Allerh. Hofes und des hohen Adels, die hervorragendsten Vertreter der Industrie zu Mitgründern und wohlwollenden Theilnehmern zählen. Weniger wirksam war die Unterstützung, welche die „Oesterreichische Revue“ von Seite der Journalistik fand. Anfangs erschien das Unternehmen in jährlichen 6 Bänden, deren einzelne sich nach je zwei Monaten folgten. Der Pränumerationspreisbetrug 20 fl. [124] für ein Jahr. Einzelne Bände wurden nicht abgegeben. Der Plan des Unternehmens liegt in seinen Leistungen ausgesprochen. Bieten wir die Biographie der „Oesterreichischen Revue“, so haben wir damit einen Abriß der Thätigkeit ihres Herausgebers, der nur durch sie in das öffentliche und geistige Leben während der ganzen Zeit seines Aufenthaltes in Oesterreich eingriff. Der 1. Band des ersten Jahrganges erschien am 22. März des Jahres 1863. Diese Verspätung hinderte nicht, daß mit Ablauf des genannten Jahres sämmtliche 6 Bände sich in den Händen des Publicums befanden. Die Ausstattung dieser Zeitschrift war und ist eine wahrhaft prachtvolle, der Stoff ein reichhaltiger, die Hauptgebiete des Wissens umfassend, bei steter Berücksichtigung der Bedürfnisse wie der Verhältnisse Oesterreichs. Unter den historischen und politischen Beiträgen der ersten Jahrgänge nennen wir den Essay: „Bonaparte in Italien“ (Bd. I–IV) und den „Die Bundesreform und der deutsche Fürstentag“, von Reg. Rath Dr. Weil (79 S.). Ersterer hat weit über die Grenzen Oesterreichs hinaus Beifall gefunden und den einstimmigen Beifall der deutschen Kritik hervorgerufen. Wir glauben heute den Namen des Verfassers nennen zu dürfen, es ist der ehemalige Hauptmann im Generalstabe, Aresin; ihn vorgeführt zu haben, Meyer’s specielles Verdienst. Sein Essay „Georg v. Frundsberg“ stellt in einem späteren Jahrgange das Bild dieses deutschen Feldhauptmanns der Landsknechte in durchsichtig feiner Darstellung hin. Das Bild der Schlacht von Pavia darf man keck als eines der besten historischen Gemälde bezeichnen. Die Memoiren-Literatur ist durch die „Memoiren des Grafen Černin aus den Jahren 1644–1645“, von Jos. Jireček, die Biographie, durch ein Lebensbild Slomsek’s, des Fürstbischofs von Lavant, von Dr. von Hoffinger, vertreten. Die jener Zeit lebhaft ventilirte Frage über den Werth des Besitzes des Festungsviereckes ist in einem instructiven Artikel des Grafen Uexküll behandelt. Oesterreich und das Nationalitätsprincip ist ein beachtenswerther politischer Aufsatz. „Die Erinnerungen aus der Zeit der Besetzung der Walachei durch österreichische Truppen“ sind aus der Feder des Grafen Wimpffen, der im Kriege von 1866 den Heldentod starb. Das Wenige, was wir hier anführen, genügt, um dem Leser den Werth dieser Publication nahe zu legen, welche in ihrer Art nicht bloß in Oesterreich, sondern auch in ganz Deutschland ihres Gleichen sucht. Ueberblicken wir die Zahl der Mitarbeiter, so fallen uns die Namen der ausgezeichnetsten Männer auf: v. Miklosich, als Sprachforscher, v. Hegedüs, als Kenner der ungarischen Justiz, Prof. Winkler über technischen Unterricht, v. Baumgartner, Freiherr v. Czoernig und Dr. Glatter, als Statistiker, Freiherr v. Hingenau, Hofrath v. Scherzer, die Professoren Schmarda, Peters, Simony, Dr. J. R. Lorenz, Franz v. Hauer, Kořistka u. A., als Naturforscher und Ethnographen; Laube, als Historiograph des Hoftheaters. Justiz, Unterricht, Literatur, Kunst, Theater finden in der „Oesterreichischen Revue“ fachmännische und geschmackvolle Behandlung. Ein Hauptgewicht ist darin auf National-Oekonomie gelegt. Freiherr von Hock ist einer der fleißigsten Mitarbeiter. Die Landwirthschaft vertreten Komers, Wessely u. m. A.; Dr. Peez, Ministerialsecretär Schmitt das Gewerbe. [125] Historische Essays bringen Dr. Max Falk, Dr. H. M. Richter und Prof. Höfler, Bontoux, Cassian liefern Treffliches über Verkehrsmittel. Im Jahre 1865 begann die „Oesterreichische Revue“ in monatlichen Heften zu erscheinen, in welcher Form sie auch jetzt noch ausgegeben wird. Die größte Sorgfalt in der Wahl der Stoffe und Mitarbeiter zeichnet ihren Leiter aus. Hervorragenden Antheil an dem Verdienste der Arbeiten und ihrer feinen gefeilten Darstellung hat Meyer durch seine höchst aufmerksame feinsinnige Behandlung des Sprachlichen. Die penible Sorgfalt bei den Correcturen hat ihm den Ruf eines Puristen erworben. Es muß noch bemerkt werden, daß während der Jahre, wo Ungarn sich immer mehr von dem cisleithanischen Reiche absonderte, die besten ungarischen Federn für die „Oesterreichische Revue“ thätig waren, was allerdings in dem vorsichtigen, nach keiner Seite hin verletzenden Auftreten ihres Leiters seinen Grund hat. Meyer hat während der Dauer seines Aufenthaltes in Oesterreich fast alle Provinzen des Kaiserstaates bereist, um den vielfachen Ansprüchen der verschiedenen Volksstämme gerecht werden zu können. So ist er mit fast allen leitenden und bedeutenden Männern persönlich in Verbindung getreten, um sich zu unterrichten, die besten Kräfte zu gewinnen und sie an der rechten Stelle zu verwenden. Es gibt im Augenblicke kein anderes Unternehmen in Deutschland, es wäre denn die Cotta’sche „Deutsche Vierteljahrschrift“, welche Aehnliches um ähnlichen Preis bietet. Die „Oesterreichische Revue“ steht aber der Vierteljahrschrift in Schönheit der Ausstattung voraus, und was die Menge des Inhaltes betrifft, so erscheinen von ihr jährlich zwölf Hefte, welche mindestens zweimal so viel bieten, als die vier Hefte der Vierteljahrschrift.

Berichtigungen und Nachträge

  1. Meyer, J. B. A. [Bd. XVIII, S. 123, Nr. 53], gest. zu Dresden am 2. November 1871.
    Deutsche Roman-Zeitung (Berlin, 4°.) IX. Jahrg. (1872), Bd. I, Sp. 794. [Band 28, S. 366]