BLKÖ:Baumgartner, Andreas Freiherr von

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 1 (1856), ab Seite: 191. (Quelle)
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Baumgartner, Andreas Freiherr v. (Staatsmann und Präsident der kais. Akademie der Wissenschaften, geb. zu Friedberg in Böhmen 21. Nov. 1793 nach dem Almanach der Akademie, nach anderen Werken 23. Nov. d. J.).[BN 1][BN 2][BN 3] Von seinem Vater ursprünglich bestimmt, Lehrer einer deutschen Schule zu werden, verlegte er sich in seiner frühen Jugend fast ausschließlich auf das Studium der Musik. Als er aber in seinem 11. Jahre die lateinische Schule in Linz besuchte, erwachte in ihm die Vorliebe für mathematische und naturwissenschaftliche Studien, denen er getreu blieb und welche die Grundlage seiner ganzen spätern Bildung und Laufbahn blieben. Im J. 1810 betrat er die Wiener Universität, erwarb den Doctorgrad und nahm 1815 als Assistent die Lehrkanzel der Philosophie, 1816 jene der Mathematik und Physik ein. 1817 ward er als Professor der Physik an’s Olmützer Lyceum berufen, wo er sein erstes Werk: „Die Aerometrie“ (Wien 1820) schrieb. Anfangs 1823 ging er nach Wien als Professor der Physik an der Universität zurück, daselbst[WS 1] hielt er stark besuchte Vorträge über populäre Mechanik. In Folge derselben entstand sein Werk: „Mechanik in ihrer Anwendung auf Künste und Gewerbe“ (Wien 1823) und die „Naturlehre“ (Ebend. 1823), ein Werk, für dessen Vortrefflichkeit der Umstand zeugt, daß es nicht nur auf den österreichischen, sondern auch auf den Universitäten anderer deutschen Staaten als Handbuch zu Vorlesungen eingeführt und bis 1845 in 8 Auflagen erschienen war. Dieses Werk ist eben so gründlich als allgemein verständlich und hielt mit den täglich gewonnenen unermeßlichen Berechnungen der Naturwissenschaften gleichen Schritt. In einem Supplementbande dazu (Wien 1851) hat B. seine eigenen mannigfachen physikalischen Erfahrungen niedergelegt. In Verbindung mit Ettingshausen und dann allein gab er die „Zeitschrift für Physik und verwandte Wissenschaften“ (1826–37) heraus, sie mit Ritter von Holger fortführend. Schließlich erschien von ihm: „Anleitung zum Heizen der Dampfkessel und zur Wartung der Dampfmaschinen“ (Wien 1841, mit 2 Tafeln u. 1 Tab.). Kränklichkeit nöthigte ihn, sich von dem Lehramte zurückzuziehen und seine Wirksamkeit als Director der k. k. Porcellan-, Gußspiegel- und Schmaltefabriken, dann als Chef sämmtlicher Tabakfabriken fortzusetzen. Von 1846–1848 leitete er die Errichtung der electrischen Telegraphen. 1847 ward er zum Hofrathe bei der allg. Hofkammer und zum Leiter des Eisenbahnwesens ernannt. Nach den Märzereignissen 1848 übernahm er im Ministerium Pillersdorf den Posten eines Ministers der öffentlichen Arbeiten und trat, als Doblhof das neue Cabinet gebildet, aus seiner Stelle, den Posten eines Sectionchefs im Ministerium der Finanzen übernehmend. Im J. 1851 ernannte ihn der Monarch zum Handelsminister, und da war er es, der auf dem in Wien abgehaltenen Zollcongresse mit Maß und Gerechtigkeit die Absichten der Regierung gegen die überspannten Forderungen einiger österreich. Industriellen verfocht. Am 14. Mai 1847 wurde er zum wirkl. Mitgliede, am 29. Juni 1855 zum Vicepräsidenten und Präsidenten der math.-naturw. Classe, seit 14. Juli 1849 zum Präsident-Stellvertreter, am 28. Juli 1851 zum Präsidenten der kais. Akademie der Wissensch. ernannt. Zu Ende des Jahres 1851 ward er vom Kaiser mit der Leitung des Finanzministeriums betraut, das er bis zum Wiedereintritte des Ministers Bruck, der mittlerweile den Gesandtschaftsposten in Constantinopel versah, leitete. Der Monarch ehrte B.’s zahlreiche Verdienste durch Verleihung des Ordens der eisernen Krone I. Classe und durch Erhebung in den Freiherrnstand. Viele einheimische und ausländische gelehrte Gesellschaften und Vereine sandten dem Gelehrten und Staatsmanne ihre Diplome zu. B.’s Verdienste um die Naturwissenschaft sind bedeutend, nicht sowohl durch glänzende Entdeckungen und scharfsinnige Beobachtungen, durch welche eine und die andere Lehre dieses heut mit so großem Erfolge gepflegten Gebietes des Wissens bereichert oder umgestaltet würde, sondern durch das überaus glückliche Geschick, die Theorien Anderer praktisch zu machen und die Physik, ohne ihre Würde zu schwächen, zu popularisiren.

Oestr. National-Encyklopädie (von Gräffer u. Czikann), (Wien 1835, 6 Bde.) I. Bd. S. 208. – (Brockhaus) Conversations-Lexikon (10. Auflage) II. Bd. S. 378. – Meyer, Das große Conversations-Lexikon (Hildburghausen 1844) III. Abtheil. 4. Bd. S. 950. – Nouvelle Biographie générale … publiée sous la direction de M. le D. Hoffer (Paris 1853) IV. Bd. S. 826. – Almanach der kais. Akademie der Wissensch. VI. Jhrg. 1856, S. 73. – „Lloyd“ (Zeitung in Wien) Abendblatt 1852 vom 21. Juni.– Porträt nach der Natur gez. und lith. von A. Dauthage (Wien 1854, Höfelich F.) mit Facsimile – Wappen: Ein quergetheilter Schild. Im obern blauen Felde zwei runde Scheiben, eine Zinn, die andere Kupfer, durch einen Blitzstrahl verbunden; im untern rothen Felde ein silberner Anker und silbernes Richtscheit in’s Schrägekreuz, darunter ein goldener Schlüssel, pfahlweise gestellt, Alles von einer Krone umschlossen.

Berichtigungen und Nachträge

  1. Baumgartner, Andreas Freiherr [s. d. Bd. I, S. 191], gest. zu Hietzing bei Wien 30. Juli 1865. Baumgartner war der Sohn eines bürgerlichen Bäckermeisters und Gastgebers in Friedberg. Aus seiner Ehe mit Elisabeth Skarnizl sind keine Nachkommen vorhanden. Nachdem Freiherr von B. in seinem Amte als Finanzminister von Freiherrn von Bruck war abgelöst worden, trat er in den Staatsrath zurück und wurde im Jahre 1861 von Sr. Majestät zum lebenslänglichen Mitgliede des Herrenhauses des österreichischen Reichsrathes ernannt. In politischen Fragen trat er selten hervor, zählte aber im Hause zu den Anhängern der Februar-Verfassung. Hingegen entfaltete er in Finanzfragen einige Thätigkeit; so wurde er in allen drei Sessionen zum Obmann der Finanzcommissionen des Herrenhauses, und im December 1862 zum Mitgliede in die reichsräthliche Staatsschulden-Controlscommission gewählt. Bei Beginn der (Ende Juli 1865) geschlossenen Reichsrathssession nahm er an den Geschäften des Herrenhauses noch Antheil, aber gegen die Mitte der Session verhinderte ihn bereits seine Krankheit, im Hause zu erscheinen, auch endete sein Leiden mit seinem Tode. Durch seinen Tod ist die Stelle eines Präsidenten der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften erledigt, welche er seit 28. Juli 1851 bekleidete. Noch ist eines Legates zu gedenken, das der Gelehrte gemacht. Vom [394] Jahre 1817–1823 war B. Professor der Physik zu Olmütz, welche Stadt ihn zu ihrem Ehrenbürger ernannte. B. verfügte nun letztwillig, daß der Stadtcommune Olmütz für die städtische Ober-Realschule seine gesammte physikalische, chemische und naturhistorische Bibliothek, ferner seine werthvollen Sammlungen von chemischen und physikalischen Apparaten zu übergeben seien. B. war Doctor der Philosophie der beiden Hochschulen zu Wien und Prag, Ehrendoctor der Medicin der Universität zu Jena, Großkreuz des kais. österr. Leopold-Ordens und Ritter 1. Classe des Ordens der eisernen Krone, ferner Ritter des kön. bayer. Maximilian-Ordens, und sonst noch von Bayern, Belgien, Preußen, Sachsen, Toscana, Parma und Rom mit Groß- und Ritterkreuzen einzelner Orden dieser Länder ausgezeichnet worden.
    Neue freie Presse (Wiener polit. Journal) 1865, Nr. 329 u. 331. – Unsere Tage. Blicke aus der Zeit in die Zeit (Braunschweig, Westermann), Bd. VII, S. 119 [die Angabe, daß er in der Nacht vom 28. auf den 29. Juli verschieden sei, ist falsch, denn der Partezettel gibt bestimmt an, daß er am 30. Juli um 4¾ Uhr Nachmittags gestorben sei]. – Die Presse (Wiener polit. Journal) 1865, Nr. 208 u. 213. – Wiener Chronik. Sonntags-Beilage der Const. österr. Zeitung 1865, Nr. 36. – Fremden-Blatt (Wiener Journal) 1865, Nr. 208, 212 u. 214 [unter den Wiener Notizen]. – Freiherrnstands-Diplom vom 20. August 1854. – Wappen. Quergetheilter Schild. Im oberen blauen Felde zwei runde Scheiben, und zwar eine von Zinn in dem rechten Oberwinkel, dann eine von Kupfer in dem linken Unterwinkel frei schwebend und durch einen Blitzstrahl verbunden, über den eine stählerne Magnetnadel in Pfeilform schräglinks gelegt ist. Im unteren rothen Felde ein silberner Anker und ein silbernes Richtscheit in’s Schrägekreuz und darüber ein goldener Schlüssel mit seinem Schließblatte rechts niederwärts und pfahlweise gestellt, alles von einer goldenen Krone umschlossen Auf dem Schilde ruht die Freiherrnkrone mit zwei darauf gestellten gekrönten Helmen. Auf der Krone des rechten Helms steht eine silberne Eule halbeinwärts gestellt, auf jener des linken ein ausgebreiteter goldener Adler mit roth ausgeschlagener Zunge, linkswärts sehend. Die Helmdecken sind rechts blau mit Silber, links roth mit Gold belegt. [Band 14, S. 393 f.]
  2. E Baumgartner, Andreas Freiherr [Bd. I, S. 191; Bd. XIV, S. 393].
    Schrötter (A. Prof.), Andreas Freiherr von Baumgartner. Eine Lebensskizze. Separatabdruck aus dem Almanach der kais. Akademie der Wissenschaften. XVI. Jahrg. 1866 (Wien 1866, Staatsdruckerei, 8°.). – Neues Fremden-Blatt (Wien, 4°.) 1867, Nr. 142, II. Beilage: „Verstorbene und Lebende“, Erinnerungen von Friedrich Kaiser. [Band 22, S. 475]
  3. E Baumgartner, Andreas Freiherr [Bd. I, S. 191; Bd. XIV, S. 393; Bd. XXII, S. 475].
    Hoffinger (Ritter v.), Oesterreichische Ehrenhalle u. s. w., wie bei Altschul, III. 1865, S. 44. [Band 24, S. 376]

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: deselbst